Heinrich Hoffmann - Struwwelpeter

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 4.705 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schokotimmi.

  • Hallo ihr Lieben,


    die meisten werden sicherlich den Struwwelpeter und die Geschichten um den Daumenlutscherbub, Hanns Guck-in-die-Luft, etc. kennen. Mich würde mal interessieren, ob man das heutzutage überhaupt Kindern noch zum Lesen geben soll/darf?


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    Ich habe das Buch als Kind selbst oft vorgelesen bekommen, ebenso wie meinen anderen Geschwistern und uns hat es nicht geschadet.
    Irgendwie hat meine Mutter vor kurzem angefangen, meinem Neffen (wird nächste Woche 3 Jahre) die Geschichte vom Konrad, der am Daumen lutscht zu erzählen (sie kann die Geschichte auswendig :breitgrins:) und eine meiner Schwestern hat das Buch und wir haben ihm die ganzen Geschichten vorgelesen. Bisher hat er noch keine Anzeichen von bleibenden Schäden gezeigt. Im Gegenteil, er will die Geschichten immer wieder hören.


    Klar, es ist schon recht veraltet und die Pädagogik passt in die heutige Zeit eher wenig rein, aber für mich sind es und waren es einfach nur Geschichten. Ich hatte nie Angst, dass der Schneider kommt wenn ich am Daumen lutsche, etc.


    Ich bin mal auf eure Meinungen gespannt :smile:


    :winken:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Huhu Kathchen! :winken:


    Wenn die Lektüre nicht mit ernsten persönlichen Drohungen verbunden ist, wird sie Kindern vermutlich auch nicht schaden - die verkraften ja bekanntermaßen eine ganze Menge. Märchen z. B. sind ja meist auch nichts für zarte Gemüter. Ich selbst allerdings habe den Struwwelpeter schon als Kind gehasst (nicht gefürchtet), vielleicht weil ich diesen riesigen pädagogischen Zeigefinger gespürt habe, gegen den ich noch heute allergisch bin. Meinen eigenen Kindern habe ich ihn entsprechend auch nicht gekauft - die "Botschaft" gefällt mir nicht, und ich möchte sie weder ernsthaft noch spielerisch vermitteln.


    Etwas vom Thema ab: Meine Abneigung gegen den Struwwelpeter hatte natürlich auch spontane Vorurteile gegen den Autor zur Folge. Neulich habe ich dieses Buch gelesen:

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    Es zeigt Hoffmann vor allem in seiner Eigenschaft als Arzt und Psychiater, aber auch als Familienvater, und macht ihn zu einer durchaus interessanten, wenn auch in wissenschaftlichen Irrtümern der Zeit und in persönlichen Verstrickungen befangenen, Persönlichkeit.

  • Ich habe den "Struwwelpeter" als Kind geliebt. Meine Mutter kann die ein oder andere Geschichte heute auch immer noch auswendig. :breitgrins: Als ich das Buch vor ein paar Jahren beim Arzt im Wartezimmer dann nochmal in der Hnnd hatte, war ich total erschrocken über die Grausamkeit der Geschichten. Aber als Kind fand ich sie überhaupt nicht schlimm. Und ich finde es verdammt schade, dass meine Mutter das Buch irgendwann mal weggegeben hat. Ich denke, ich würde die Geschichten meinem Kind auch vorlesen. Und ich mein, so schlecht pädagogisch können die Bücher nun auch nicht sein. ;)

  • Ich habe den Struwwelpeter gehasst (muss mich heute noch schütteln wenn ich nur das Cover sehe) einfach so was von schrecklich.
    Meine Oma hat es vor Jahren dann wieder gekauft um es meinem, damals noch kleinem, Sohn zu schenken. Ich habe es ihr gleich zurück gegeben mit dem Kommentar: "So was wird er nicht lesen".
    Konnte schon als Kind einfach nicht glauben was da steht :rollen:.....fand es einfach nur abartig.


    Ich mochte aber z.B. auch nie Rotkäppchen oder Max und Moritz, und bei mir haben solche Geschichten auch Ängste ausgelöst.
    Lag vielleicht auch daran, dass ich diese Geschichten alleine gelesen habe, ohne mit jemanden darüber zu reden.......keine Ahnung.
    Ich finde trotzdem zumindest den Struwwelpeter sollten Eltern ihren Kindern ersparen.


    Andere Märchen habe ich aber durchaus gerne und viel gelesen aber einige haben mich das Fürchten erst gelehrt.

  • Ob ich das meinen eigenen Kindern geben würde, kann ich so jetzt gar nicht sagen - käme auch drauf an, wie zartbesaitet sie sind.


    Ich hatte den Struwwelpeter als Kind und konnte ihn teils auswendig, mich hat die Brutalität der Geschichten kaum gestört. Den Bogen zur Realität hab ich da nie geschlagen und folglich auch keine Ängste entwickelt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich hatte das Buch auch als Kind. Obs einem nun gefällt oder nicht, ich sehe nicht wie es schädlich sein sollte. Kinder knüpfen da glaube ich einfach nicht den Bezug von den in Buch dargestellten Sachen zu realer Brutalität. Für die sind das nur Geschichten mit bunten Bildern.

    Hier steht ein cleveres und inspirierendes Zitat!

  • Ich finde das Buch schon brutal. Dem einen wird der Daumen abgeschnitten, die andere verbrannt. :rollen: Ich finde, dass Struwelpeter nicht unbedingt ein Kinderbuch ist.

  • Ich hatte kürzlich mal wieder einen alten Struwwelpeter in der Hand und finde, die Geschichten sind ganz unterschiedlich brutal. Am übelsten finde ich die Daumenlutschergeschichte, und Paulinchen mit den Streichhölzern und der Suppenkaspar sind sicher auch nichts für zarte Gemüter. Der Rest geht eigentlich, wie die drei, die ins Tintenfass getaucht werden, weil sie den Mohren ausgelacht haben, oder der fliegende Robert.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hallo,


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    wir haben seit Weihnachten die Version des Struwwelpeters vom gondolino Verlag und ich muss sagen, ich bin hin und her gerissen. Unsere Große liebt das Buch und findet die Geschichten auch nicht grausam oder befremdlich. Bestimmte Verhaltensregeln assoziert sie aber schon, z.B. den Zappel-Philip oder den fliegenden Robert (d.h. bei Gewitter und Sturm geht man nicht allein raus).
    Ich denke mir manchmal schon, wie grausam, aber hey ich bin doch auch normal ( was heißt das schon) und Kinderlieder z.B. sind manchmal auch nicht besser. ( Fuchs du hast die Gans gestohlen, z.B.)


    Das die Lehren in den Geschichten alle Quatsch sind, kann ich auch nicht sagen, Still sitzen können oder nicht mit Feuer spielen oder auch keine Quälerei gehören für mich schon dazu...


    Also, wenn man mal die Erwachsenen-Sichtweise, die alles 1:1 überträgt, abstellt, kann man es Kindern auf jeden Fall vorlesen.
    Wie gesagt unsere Große ist noch nicht mal 3 und mag das Buch sehr.


    Gruß
    schokotimmi

  • Als Kind mochte ich das Buch nicht. Die Geschichte vom Suppenkasper fand ich schrecklich und die anderen auch. In der pädagogischen Ausbildung dient das Buch heute als abschreckendes Beispiel für "schwarze Pädagogik". Es ist als historisches Werk trotzdem interessant.
    In einer Kita oder einem Arztwartezimmer würde ich es auf keinen Fall mehr anbieten.

  • Puh, heißt das jetzt ich wende bei meinen Kindern "schwarze Pädagogik" an, weil ich die Geschichten vorlese?
    Ich würde es auch wirklich nicht schlimm finden, wenn ich es beim Arzt z.B. entdecken würde. Ich kann ja immer noch selbst entscheiden ob ich es vorlese.


    Grüße
    schokotimmi

  • Ich habe mir die Geschichten als Erwachsene nie angesehen, aber als Kind mochte ich den Struwwelpeter. Ich hoffe, daraus wird jetzt nichts über meine Persönlichkeit geschlussfolgert :zwinker:
    Ich weiß aber auch, dass ich bereits als Kind ganz klar wusste, dass es sich um Geschichten handelt! Mir war klar, dass die im Buch dargestellten Konsequenzen für mich als Kind nie eintreffen würden, und auch die Kinder im Buch nicht real sind. Auch dass mir meine Eltern mit dem Buch sozusagen ein paar Manieren beibringen wollten, war mir eigentlich bewusst.
    Vielleicht liegt das aber auch daran, dass meine Eltern mit mir über das Buch gesprochen haben und wir uns nach den Geschichten noch kindgerecht darüber unterhalten haben, ob das ganze denn Sinn macht und was es zu bedeuten hat.


    Von irgendwelchen Schäden kann ich jedenfalls nicht berichten :zwinker:

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Puh, heißt das jetzt ich wende bei meinen Kindern "schwarze Pädagogik" an, weil ich die Geschichten vorlese?


    Nein. Denn Struwwelpeter ist ein Weisser. (Müsste es nicht eigentlich "dunkel pigmentierte Pädagogik" heissen? Man darf ja heute einen Neger nicht mehr schwarz nennen, oder? :breitgrins: ) Was ich sagen will: Lass Dich von übereifrigen Gutmenschen nicht ins Bockshorn jagen. Auch wenn sie sich Pädagogen nennen. Im Arztwartezimmer sind natürlich die Illustrierten mit ihren Red Sonjas und den Sex-Ratgebern ("Meine Freundin hats am liebsten von hinten, aber mir steht er nicht") bedeutend angebrachter ... :zwinker:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Danke sandhofer, ich ändere nicht gleich meine Erziehungsmethoden, aber interessant finde ich solche Aussagen schon. Ich habe aber schon öfter festgestellt, dass ich manchmal etwas altmodisch in meinen Ansichten und Erwartungen an das Benehmen meiner Kinder bin bzw. wie ich es erreiche.


    Grüße
    schokotimmi

  • Ich habe den Struwwelpeter als Kind auch gemocht sowie auch alle anderen Märchen. Und laut meiner Mutter gab es auch schlichtweg kaum andere Bücher für kleine Kinder. Ich denke, Kinder sind da häufig intelligenter als die Erwachsenen so meinen. :zwinker: Und man muss die vermeintlichen Ängste und Sorgen ja nicht verstärken. Wenn man als Eltern da ruhig bei bleibt und den Kindern vermittelt, dass das eben nur Geschichten sind, wird es das Kind auch so aufnehmen.

    Gruß suray

  • Das Buch lag bei meinem Kinderarzt im Wartezimmer. Daher kannte ich es. Ich wußte als Kind, dass es sich um Geschichten handelt. Ich kannte auch Grimms Märchen, in denen ja oft die Guten von den Bösen gefressen werden. Ich kannte auch Max und Moritz. Struwwelpeter hatte für mich aber schon damals eine andere Dimension - so würde ich es aus heutiger Sicht beschreiben. Die abgschnittenen Daumen und der verhungerte Suppenkasper waren mir als Kind schon eine Nummer zu krass. Aus dieser persönlichen Erfahrung habe ich den Struwwelpeter nicht Kindern vorgelesen. Als dieses Buch dann auch in der Fachschule für Sozialpädagogik für ungeeignet gehalten wurde, fühlte ich mich in meiner Ansicht bestätigt.


    Antwort differenziert genug ?

  • Hallo Gringo,


    danke für die ausführliche Antwort. Ich kann zwar deine Gedanken verstehen, aber ich kann die Erkenntnis nicht ganz teilen. Ich finde nämlich dass es in dem Buch durchaus Werte gibt, die ich auch heute noch vermittele - der Zappel-Philip z.B. Auch zur Geschichte des Suppenkaspers habe ich aus privaten Gründen ein anderes Verhältnis und sehe das ganze nicht so krass. Aber gut, dass dies kein Kinder-"Problem" ist sollte ich mir dabei vllt. manchmal sagen.


    Nehme ich z.B. die Geschichte vom Feuerzeug - das Kind verbrennt und das ist wohl das schlimmste was passieren kann, aber warum Kindern nicht die schlimmsten Folgen einer verbotenen Handlung zeigen. Wenn man dazu mit den Kindern spricht finde ich dass, nachdem ich es jetzt bestimmt schon 10mal vorgelesen habe nicht wirklich schlimm.


    Ich denke aber auch, dass es jeder selbst entscheiden kann und soll. Ich persönlich würde es z.B. nicht verschenken, wenn ich die Reaktion bzw. Einstellung dazu nicht weiß. Für mich persönlich ist das Buch aber OK und als "Kinderbuchklassiker" habe ich es gern daheim.


    Viele Grüße
    schokotimmi