Joseph Conrad: Lord Jim

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  • Joseph Conrad: Lord Jim


    Erstmals 1899/1900 im Blackwood's Magazine veröffentlicht; erste Buchausgabe 1900.


    Klappentext:


    Für die im Hafengeschäft tätigen Weißen und für die Schiffskapitäne war er einfach Jim - mehr nicht. Er hatte natürlich noch einen anderen Namen, er war aber ängstlich darauf bedacht, daß keiner ihn nannte. Sein Inkognito, löchrig wie ein Sieb, sollte keine Person verbergen, sondern ein Faktum. Wenn dieses Faktum sein Inkognito lüftete, verließ er auf der Stelle den Hafen, in dem er sich gerade aufhielt, und zog in den nächsten - gewöhnlich weiter östlich gelegenen. Später, alsi ihn das schmerzhafte Bewußtsein des Unerträglichen für immer fort aus den Seehäfen trieb und hinein in die jungfräulichen Urwälder - fügten die Malaien der einen Silbe seines Inkognitos ein Wort hinzu. Sie nannten ihn Tuan Jim - was soviel hieß wie Lord Jim.


    Meine Ausgabe: Band 4 einer 1998 im Haffmans Verlag (Gott habe ihn selig!) in einer Neuübersetzung erschienenen kleinen Werkausgabe.


    Meine Meinung (Achtung - der eine oder die andere könnte sich "gespoilert" fühlen!):


    Lord Jim ist einer jener Männer, die, wie so manche in Conrads Werken, halb in den Dschungel des Fernen Ostens flüchten, halb von ihm aufgesogen werden. Alle haben sie was zu verbergen, und sei es nur ihre eigene Nichtigkeit, die Sinnlosigkeit ihres Lebens. Alle werden sie im Dschungel gross, oder erhalten wenigstens den Anschein von Grösse. Alle gehen sie letzten Endes am Dschungel, im Dschungel, an den Menschen zu Grunde. Doch erst dieser Untergang gibt dem Leser den Sinn, den Schlüssel zum Wesen dieser Männer.


    Conrad scheint mir im deutschen Sprachraum etwas vergessen zu gehen, was ich äusserst bedauere. M.M.n. einer der ganz Grossen, und Lord Jim ein Meisterwerk.


    5ratten 5ratten :tipp:


    Edit: Tippfehler korr.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

    Einmal editiert, zuletzt von sandhofer ()

  • Hallo,
    vor "Lord Jim" hatte ich "Der Geheimagent" gelesen und fand die beiden Bücher vom Stil her schon ziemlich unterschiedlich.
    Bei "Lord Jim" musste ich mich konzentrieren um den Faden nicht zu verlieren.
    Trotzdem haben mir beide Bücher natürlich gefallen.


    Vielleicht sollte man noch erwähnen, daß Josph Conrad von Haus aus Kapitän war, d.h. gerade das Schiffsunglück konnte er natürlich sehr realistisch beschreiben.


    Viele Grüße
    Leseratte

  • Für mich ist Conrad (noch immer) einer der wichtigsten Autoren überhaupt. Viele Schriftsteller des 20. Jahrhunderts haben von ihm profitiert. Somerset Maugham bekam regelrechte Anfälle beim Versuch, Conrad literarisch nachzueifern.
    Natürlich ist Conrad zum Teil etwas schwer zu lesen. Auch in 'Lord Jim' wird nicht eine Handlung von A bis Z erzählt, sondern Zeiten, Orte und Erzählperspektiven werden vermischt. Ich für meinen Teil habe es immer so gehalten, dass ich seine Romane ein- bis zweimal in deutscher Sprache las, dann zwei- oder dreimal im Original, später wieder auf deutsch. Bei 'Lord Jim' bin ich so auf ungefähr 24 Mal Lesen gekommen. Bei anderen Erzählungen klappte es
    teilweise schon früher. Ich kann Ihnen aber versichern (das ist jetzt von Conrad gestohlen), dass ich auch beim zwanzigsten Mal noch ein paar Kleinigkeiten aufschnappte, die ich vorher nicht erkannt hatte. Wunderbare Kleinigkeiten!


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    Der herausragende Film "Apocalypse Now", frei nach Conrads "Herz der Finsternis", war der Grund, warum ich schon länger etwas von Joseph Conrad lesen wollte. Ich habe mir dann recht spontan „Lord Jim“ als Einstieg ausgesucht.


    Den Titel „Lord“ hat Jim von den südostasiatischen Eingeborenen erhalten, deren Oberhaupt er war. In diese abgelegene Gegend war er in dem Versuch gelangt, sich vor der westlichen Zivilisation zu verstecken. Als junger Offizier zur See hat Jim einen ernsten Fehler begangen und ihm wurde daraufhin das Patent entzogen. Er arbeitete zunächst als Schiffsagent, doch vor der Geschichte der Verfehlung, die schon fast zu einer Anekdote der westlichen Seeleute, Reeder und Händler wurde, konnte er sich nicht verstecken und wann immer das Gespräch auf das unglückselige Geschehen kam, warf er sein Leben hin und zog zum nächstbesten Ort, immer weiter fort von der westlichen Welt. Mitten im Dschungel konnte Jim dann letztendlich nach einiger Zeit des Glücks seinem Schicksal nicht mehr entkommen.


    Jims Geschichte wird uns von Kapitän Marlowe erzählt, der sich als väterlicher Freund Jims fühlte. Durch diese Perspektive kann man nie so wirklich ergründen, wie Jim wirklich ist, ist das, was Marlowe beschreibt, Realität oder Schönfärberei, welche Gefühle Jims nimmt er nicht wahr oder deutet sie falsch. Es bleibt der Eindruck eines seltsamen, komplizierten Menschen, den die einfacher gestrickten Charaktere einfach nicht verstehen können und der sich sicherlich auch selbst häufig etwas vormacht. Als moderner Mensch möchte man ihm zu einer Therapie raten, um sich von den negativen Geschehnissen seiner Vergangenheit zu lösen und sich selbst verstehen zu lernen.


    Stilistisch empfand ich das Buch als schwierig. Beim Lesen habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie ich der Erzählung nicht mehr folgen konnte, meine Gedanken abschweiften und ich feststellen musste, dass mir von der letzten halben Seite nichts mehr im Gedächtnis geblieben ist. Dazwischen gab es aber auch immer wieder Stellen, wo ich das Bedürfnis hatte, die Stelle noch einmal laut zu lesen, so eindrucksvoll fand ich die Ausdrucksweise.


    „Lord Jim“ zu lesen war eine interessante Erfahrung und über Jim ließe sich noch ewig diskutieren. Hellauf begeistert bin ich aber nicht, dazu musste ich mich zu oft in die Handlung zurückzwingen. Ich bin mir aber sicher, dass es ein Buch ist, in das sich Menschen verlieben können.



    4ratten

  • Ich habe das Buch vor langer Zeit gelesen. Vielleicht war ich noch zu jung, aber ich weiß noch, daß es mir nicht sehr gut gefallen hatte. Ich meine mich zu erinnern, daß ich es als schwierig und langatmig empfand. Aber das ist lange her und weil ihr so positiv darüber schreibt, werde ich es mir bestimmt noch einmal vornehmen!

    Ein Buch ist ein Freund, der deine Fähigkeiten aufdeckt; <br />es ist ein Licht in der Finsternis und ein Vergnügen in der Einsamkeit;<br />es gibt, und es nimmt nicht.<br />&lt;b&gt;Mosche Ibn Esra &lt;/b&gt;<br /><br />:leserin: &lt;b&gt;Der An

  • Meine Meinung
    Lord Jim erzählt die Geschichte eines Mannes, der eine falsche Entscheidung getroffen hat. Damit kann er nicht umgehen und fragt sich ständig, was er hätte anders machen können. Ober eine Antwort darauf finden kann, wird nicht klar. Denn die Geschichte wird nicht von ihm, sondern von einem Dritten erzählt. Dadurch habe ich mehr von den Gefühlen Jim gegenüber als von seinen wahren Gefühlen erfahren.


    Wie schon beim Herz der Finsternis hatte ich Probleme mit der Geschichte. Manches hat mir sehr gut gefallen, anderes überhaupt nicht und ich hatte Schwierigkeiten, mich auf das Gelesene zu konzentrieren. Anders als beim Herz der Finsternis ist der positive Eindruck nicht so stark.
    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.