Gilbert Adair - Und dann gab's keinen mehr

  • [size=11pt]Gilbert Adair – Und dann gab’s keinen mehr. Evadne Mounts dritter Fall. (2008, Originaltitel: And then there was no one)[/size]


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    Was kann ein Krimi-Autor tun, der zwei erfolgreiche Agatha Christie-Pastiches* verfaßt hat und nun seine Trilogie mit einem Paukenschlag beenden will? Genau: er durchkreuzt sämtliche Schemata und liefert einen völlig neuen und ungewöhnlichen dritten Teil.


    Anders als in den beiden vorherigen Bänden befinden wir uns nun im Jahre 2011 auf dem Sherlock-Holmes-Festival im Schweizerischen Meiringen, direkt an den Reichenbachfällen gelegen, an denen einst der berühmte Detektiv von seinem Schöpfer Conan Doyle "in den Tod gestoßen" wurde. Neben den geladenen Teilnehmern des Festivals gibt es auch einen Überraschungsgast: den umstrittenen aber auch genialen Autor Gustav Slavorigin, der seit einem amerikafeindlichen Buch aus Angst vor Mordanschlägen im Untergrund lebt. Doch am letzten Tag der Veranstaltung, genau am 11. September 2011, wird Slavorigin im Sherlock-Holmes-Museum ermordet aufgefunden, ein Pfeil steckt in seiner Brust. Die Festivalteilnehmer werden gebeten, während der polizeilichen Untersuchungen vor Ort zu bleiben, was zwei von ihnen - den Ich-Erzähler und realen Krimiautor Gilbert Adair und die fiktive Krimiautorin und Hobbyermittlerin aus den früheren Adair-Krimis Evadne Mount - veranlaßt, nun selbst mit dem Ermitteln zu beginnen.


    Und hier sieht man schon, worum sich dieses Buch nun eigentlich dreht. Es geht weniger um den Fall an sich, wobei es natürlich eine Lösung gibt, als eher um postmoderne Spielereien und Tricks des Autors. Der Ich-Erzähler Adair trifft auf dem Festival auf die Krimiautorin Evadne Mount, dem lebendigen Vorbild seiner Romanfigur mit dem gleichen Namen. Doch mehr und mehr verschwimmen die Grenzen zwischen "realen" Personen im Buch, die aber für den Leser auch nur fiktiv sind, und den im Roman für den Ich-Erzähler fiktiven Figuren. In wessen Hand liegt denn nun eigentlich noch die Erzählung der Geschichte? Wer wird letztlich die Überhand gewinnen im fulminanten Zweikampf zwischen Mount und Adair, der natürlich - wie könnte es anders sein - an den Reichenbachfällen stattfindet?


    Wer sich schon immer mal gefragt hat, was man denn nun unter einem postmodernen Roman versteht, welche Kennzeichen ihn - unter anderen - ausmachen, der findet hier ein amüsantes und kurzweiliges Anschauungsexemplar. Zwei kleine Anmerkungen habe ich noch, die mich etwas irritiert haben:
    1) Im Buch werden sehr häufig andere Bücher genannt, meist die zwei Vorgängerbände aus der Trilogie. In der deutschen Übersetzung werden meistens die englischen Titel angegeben, manchmal aber auch die deutschen, ohne erkennbaren Grund, warum nun welche Variante gewählt wurde.
    2) Adair arbeitet viel mit Fußnoten, was die postmoderne Struktur noch unterstreicht. Der deutsche Übersetzer ergänzt allerdings oft noch eigene Fußnoten, die sich aber nicht immer nur mit schwer übersetzbaren Stellen befassen, sondern des öfteren auch dem deutschsprachigen Leser Anspielungen und Sachverhalte erklären, was der Autor für den Originaltext wohl nicht für nötig hielt (und hierbei handelt es sich nicht nur um typisch britisches, das ein deutscher Leser evtl. nicht versteht). Bei einem Klassiker, der in einer anderern Zeit spielt, sehe ich das ein, aber bei einem modernen Roman? Da fühle ich mich als Leser der Übersetzung schon etwas bevormundet...



    Trotzdem bekommt das Buch von mir 4ratten



    *Ich verwende hier das Wort "Pastiche", denn Adair sprich von sich selbst als einem "Pasticheur" und von seinen Evadne Mount-Krimis als "Pastiches". Im Gegensatz zur Parodie, die oft satirisch oder komisch ist, ist ein Pastiche von der Hochachtung vor dem Original geprägt (ähnlich wie eine Hommage). (Quelle: Wikipedia)