Charlotte Lyne - Die zwölfte Nacht

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.703 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von illy.

  • Charlotte Lyne ~ Die zwölfte Nacht


    Historischer Roman



    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Seiten: 670
    Verlag: Blanvalet
    Format: Taschenbuch
    Erschienen: Juni 2008



    Zum Inhalt:

    England im 16. Jahrhundert. Die junge Catherine Parr hat zwei Herzenswünsche: Sie will eines Tages ein Buch schreiben - ein für eine Frau undenkbares Vorhaben! Und sie will Tom Seymour, ihren Freund aus Kindertagen, heiraten. Doch alles kommt ganz anders: Am Hof Heinrichs des VIII. geraten Catherine und ihr Liebster in den Strudel einer stürmischen Zeit. Freie Geister leben gefährlich in dieser Ära dramatischen Wandels, und so muss Catherine mit Klugheit und Geschick darum kämpfen, sich und Tom vor Kerker und Fallbeil zu bewahren ...


    Zur Autorin:
    Charlotte Lyne, geboren 1965 in Berlin, studierte Germanistik, Latein, Anglistik und Italienische Literatur in Berlin, Neapel und London. Ihren Großeltern aus Riga und Danzig verdankt sie ihre Verbundenheit mit der Ostsee und die Leidenschaft für deren Geschichte und Sagenwelt. Derzeit arbeitet Charlotte Lyne an ihrem neuen Roman. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in London, und wenn sie nicht gerade schreibt, ist sie Übersetzerin und Lektorin.


    Meine Meinung:
    Nach Langem hatte ich mal wieder Lust, einen historischen Roman zu lesen und bin auf "Die zwölfte Nacht" von Charlotte Lyne gestoßen. Dieser Roman beschäftigt sich ausgerechnet mit meinem "Lieblingsthema", der englischen Renaissance, mit Heinrich VIII. und seinen 6 Frauen, mit den Glaubenskämpfen in England. Klar, dass das in meinem Regal landen musste. Klar auch, dass ich mit hohen Erwartungen an dieses Buch herangegangen bin, da ich erstens der Meinung bin, schon einiges über die Zeit zu wissen und zweitens immer den Vergleich zu bereits gelesenen Büchern ziehe.


    So ganz wurden meine Erwartungen nicht erfüllt.
    Ich hatte so meine Anlaufschwierigkeiten, mit dem Buch warm zu werden. Das dauerte 300 Seiten. Keine guten Voraussetzungen, aber abbrechen wollte ich es auch nicht (immerhin 12 Euronen). Nach meiner Empfindung lag das eindeutig an der Sprache. Für diese Zeit, um der sich das Buch dreht, fand ich die Wortwahl stellenweise nicht angemessen und einfach zu umgangssprachlich bis plump. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich Schwierigkeiten hatte, mich in die Zeit hineinversetzt zu fühlen, wie es andere Bücher vermögen. Von Zeit zu Zeit beschlich mich das leise Gefühl, einen Groschenroman in der Hand zu halten, denn die Liebesgeschichte um Catherine Parr und Thomas Seymour wird schon sehr bis ins Detail ausgewalzt und auseinandergenommen. Manch einem mag das gefallen, aber nun gut.


    Was mir rein förmlich nicht sehr gefiel, war, dass Gedanken von den handelnden Personen kursiv geschrieben waren, damit man das auch ja mitbekommt. :rollen:


    Bis auf die Hauptpersonen, Catherine und Thomas und einigen anderen wenigen, fand ich die Charaktere recht schwach und unmarkant, vor allem Heinrich VIII. hat mir hier nicht gefallen. Zu viel Schwarz-Weiß-Malerei.


    Allerdings fand ich die Schilderung der Glaubenskämpfe zwischen Katholiken und Reformatoren sehr gut und authentisch...von der Verbrennung der Klöster und Kirchen auf Heinrichs Befehl bis hin zu der Folterung vermeintlicher "Ketzer". Nur gut, dass man weiß, dass es am Ende gut für den "Neuen Glauben" ausgehen und Königin Elizabeth England später ins "Goldene Zeitalter" führen wird.


    Zum Ende hin gefiel mir das Buch deutlich besser, denn der anfängliche Prolog (beginnend mit Bischof Cranmers Verbrennung auf dem Scheiterhaufen) bildet einen Rahmen mit dem Epilog, einige Jahre nach Catherine und Thomas' Tod.


    Alles in allem ein mäßig unterhaltsamer Roman mit einigen Schwächen, vor allem sprachlich, aber dennoch recht gut recherchiert ohne erkennbare oder grobe historische Fehler.


    Ich schwanke noch..aber ich denke, ich bin heut mal großzügig und vergebe


    3ratten



    EDIT
    Huhu, ich habe den Betreff etwas angepasst. LG Seychella

    Einmal editiert, zuletzt von Seychella ()

  • Meine Meinung


    „Die zwölfte Nacht“ erzählt die wunderbare und ergreifende Lebensgeschichte einer faszinierenden Frau, der letzten Ehefrau Heinrich VIII. von England - Catherine Parr. „Die zwölfte Nacht“ ist geprägt vom Kampf um die Gründung der Anglikanischen Kirche, einer melodramatischen Liebesgeschichte, die tief ans Herz geht und einem eindrucksvollen Einblick in das Hofleben Heinrichs und dessen Persönlichkeit.


    Die Handlung ist in zwölf Teile gegliedert, die zwölf Nächte, was ich persönlich wunderschön fand, da diese zwölf Nächte eng mit dem Brauch der zwölften Nacht verwoben sind, die in der Handlung einen ganz besonderen Platz einnimmt. Allein dadurch ergibt sich ein einprägsamer roter Faden. Charlotte Lyne erzählt berauschend tief gehend, lässt ihre Figuren Zwisprache mit sich und Gott aber auch Freunden halten, lässt den Leser an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben und ist dabei äußerst anspruchsvoll. Das Buch hat mich äußerst emotional berührt und mich so manche Träne vergießen lassen. Der Schreibstil und die Sprache fordern Zeit, Zeit ,die man diesem wunderschönen Roman schenken sollte, er muss wirken können, sich entfalten und den Leser berühren. „Die zwölfte Nacht“ hallt lange nach, noch Tage danach musste ich an Catherine Parr denken, noch ein wenig mehr über sie lesen, in Erfahrung bringen, wo sie bestattet ist, mir Bilder ansehen. Der Roman macht Lust auf mehr, setzt ein gigantisches Interesse an dieser Epoche frei. Ich habe mich auch vorher schon für Heinrich VIII. interessiert, aber dieses Buch hat mich süchtig nach ihm und seinen Ehefrauen, seinen Nachkommen gemacht.


    Die Figuren sind eindrucksvoll und mit viel Liebe und Sinn fürs Detail ausgearbeitet. Oberflächlichkeit und schwarz/weiß-Malerei sind für Charlotte Lyne Fremdwörter. Sie sind facettenreich, unglaublich lebendig und überzeugend. Jeder einzelner Charakter konnte mich restlos überzeugen. Und die Hauptfiguren Catherine und Thomas, aber auch der König, kamen mir unglaublich nah, Catherine vielleicht ein wenig zu nah. Besonders gelungen ist die Entwicklung der einzelnen Figuren. Wie sie wachsen oder verkümmern, wie sie brechen oder an Selbstbewusstsein gewinnen, wie sie versuchen sich selbst zu zerstören oder lieber mit der Masse mitlaufen, um ihr Leben zu retten. Je nachdem was das Leben für sie bereit hielt, entwickeln sich die Charaktere bis ins letzte absolut überzeugend.


    Auch wenn Charlotte Lyne das Leben Catherine Parrs erzählt, vergisst sie dabei nicht auf innen- und außenpolitische Ereignisse einzugehen und widmet gerade den religiösen Entwicklungen viel Zeit, nicht zuletzt, da Catherine Parr selbst eine recht treibende Kraft war und sich für die Anglikanische Kirche stark machte. Dabei trifft man auf bedeutende und eindrucksvolle Persönlichkeiten dieser Zeit. Auch die Entwicklungen am Hofe betrachtet die Autorin immer wieder, so dass man über Heinrich und seine Persönlichkeitsentwicklung sehr gut ins Bild gesetzt wird. Und dabei wirkt nichts aufgesetzt oder konstruiert, sondern man bekommt den Eindruck, es könne sich ganz genauso zugetragen haben.


    Charlotte Lyne ist es gelungen, eine ausgewogene, äußerst ansprechende, packende und faszinierende Geschichte zu erzählen, wobei sie sich eng an die historischen Fakten gehalten hat. Dort, wo sie sich Freiheiten heraus genommen hat, wird in ihrem sehr persönlichen Nachwort extra eingegangen. Ein ganz besonderes Bonbon ist das wunderbare Personenverzeichnis, das unheimlich viel Aufschluss über Verwandtschaftsbeziehungen gibt und mich in nur einem Satz endlich hat begreifen lassen, warum Lady Jane Grey glaubte, einen Anspruch auf den Thron zu haben. Aber Vorsicht, wer sich in der Geschichte dieser Epoche noch nicht so auskennt, sollte lieber erst zum Schluss einen Blick hinein werfen, da auch Todestage verzeichnet sind.


    Fazit: Charlotte Lyne hat uns eine wirklich spannende und erzählenswerte Geschichte mit einer sehr tragischen Hauptfigur, die man einfach nur ins Herz schließen kann, geschenkt. Ich habe das Buch wirklich genossen und freue mich schon sehr auf mehr von dieser äußerst viel versprechenden und sympathischen Autorin.

    Meine Bewertung


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Liebe Grüße<br />Melli

  • Catherine Parr ist ein unscheinbares, aber aufgewecktes Kind, das zur Regierungszeit von Heinrich VIII. als Tochter einer Adelsfamilie aufwächst. Von Kindheit an verbindet sie eine tiefe Freundschaft mit den Seymour-Geschwistern, besonders mit dem ungebärdigen Tom, den sie schon als kleines Mädchen eines Tages heiraten möchte. Mit weiblichen Spielchen hat Catherine wenig am Hut, dafür lernt sie umso begieriger lesen und schreiben, liebt gelehrte Diskurse und träumt davon, eines Tages ein Buch zu schreiben.


    Standesgemäß wird sie mit einem jungen Adeligen verheiratet, sobald sie alt genug ist, aber der Platz in ihrem Herzen gehört einzig und allein dem rothaarigen Tom, der zu einem wahren Frauenhelden herangewachsen ist.


    Die Jahre gehen ins Land, Heinrich versucht seine ungeliebte erste Ehefrau zugunsten Anne Boleyns loszuwerden, lässt diese hinrichten, heiratet Catherines Freundin Jane Seymour, die dann im Kindbett stirbt ... und eines Tages wird Cathie selbst die letzte Frau an der Seite des unberechenbaren Herrschers sein.


    Heinrich und seine Frauen faszinieren schon Generationen von Lesern und Autoren. In diesem Buch rückt Charlotte Lyne eine Frau in den Mittelpunkt, die in vielen anderen Büchern hinter den anderen Frauen, besonders der tragischen Figur Katharina von Aragon und der schillernden Anne Boleyn, zurückstehen muss. Auch in diesem Roman ist sie äußerlich eher unauffällig und höfischem Getändel abgeneigt, verfügt jedoch über einen messerscharfen Verstand und großes Interesse an der Politik und ganz besonders an den religiösen Umwälzungen unter Heinrich VIII., der bald die Papisten und bald die Reformer verfolgen lässt.


    Der Romantitel ist mit Bedacht gewählt, denn das Zwölfnachtsfest (heute Dreikönig) ist immer wieder Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, jene Nacht, in der sich die Machtverhältnisse umkehren und "erlaubt ist, was uns frommt" - und in zwölf Nächten wird die Erzählerin das Leben der Frau schildern, die den berüchtigten Heinrich am schließlich überlebt hat.


    Stilistisch zeigt sich das Buch etwas eigenwillig mit ungewöhnlichen Metaphern und leicht altertümelnden Formulierungen. Die eine oder andere Liebesszene gerät ein wenig arg schwülstig, was zum Glück nicht häufig vorkommt und durch gelungene Charaktere ohne Weichzeichner und schlagfertige Dialoge wettgemacht wird, die oft durch schwarzen Humor glänzen.


    Durchaus empfehlenswert.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • :klatschen:
    Toll, dann weiß ich schon, was ich tudorstechnisch als nächstes kaufen möchte! :zwinker: (Nachdem ich mir erstmal Mary, Bloody Mary von Carolyn Meyer bestellt habe :smile:).

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried

  • Die Tudors und vor allem Henry VIII und seine Frauen sind für mich der interessanteste Teil der englischen Geschichte und das Buch wartet schon eine Weile in meinem Regal darauf, gelesen zu werden - jetzt hab ich wieder richtig Lust darauf bekommen :zwinker: Mal sehen, vielleicht ist es ja demnächst endlich dran :breitgrins:

    SLW 2010:<br />Fremdsprachen-Liste: 1/5<br />Ein-Wort-Liste: 1/5

  • „Die zwölfte Nacht“ ist in erster Linie die Geschichte von Catherine Parr, ihrer lebenslangen, aber lange unerfüllten Liebe zu Thomas Seymour und ihrem gemeinsamen Streben nach einer Erneuerung der Kirche. Gleich zu Beginn sind mir meine rudimentären Kenntnisse der englischen Geschichte aufgefallen. Parr, Seymour, Boleyn: Namen die ich schon mal gehört hatte und die eine wichtige Rolle spielten, nur welche oder wann genau, hatte ich keine Ahnung. Von Heinrich VIII hatte ich eine Erinnerung an seine Figur bei Madame Tussaud und ich erinnerte mich auch an den Spruch: „Divorced, beheaded, died. Divorced, beheaded, survived“ über das Schicksal seiner Frauen.


    Die Autorin hat das Buch in zwölf Kapitel aufgeteilt, die mit Zeilen aus dem englischen Weihnachtslied „The Twelve Days of Christmas“ überschrieben sind und lässt in jedem Kapitel anhand des „Twelfth Night“-Fests, einer Feier zum Ende der Weihnachtszeit, am Vorabend des Dreikönigstags, das jeweilige Jahr Revue passieren, eine Struktur, die mir sehr gut gefiel. Am Ende des Buches hat die Autorin ein Glossar und ein Verzeichnis der ja doch fast ausschließlich historisch verbürgten Personen angehängt und erläutert außerdem, in wie weit sie sich schriftstellerische Freiheiten genommen hat. Das spricht für einen sorgfältigen Umgang mit Geschichte, etwas, was mir bei historischen Romanen doch recht wichtig ist.


    Die Hauptfigur Catherine konnte einem so manches Mal leidtun: immer wenn man glaubte, jetzt wendet sich endlich alles zum Guten, bekam sie den nächsten Schlag und aus einer glücklichen Beziehung wurde wieder nichts – auch wenn ich nicht wirklich nachvollziehen konnte, was so toll an diesem Thomas Seymour gewesen sein soll. Der Darstellung von Catherines Glauben wurde zwar einiges an Raum gegeben, aber die inneren Konflikte konnten mich nicht überzeugen, was aber auch an meiner fehlenden Gläubigkeit liegen kann. Das ganze hin und her, wer warum ein Ketzer ist oder nicht und welche Rituale gerade verboten sind, wurde jedenfalls deutlich genug beschrieben, interessant fand ich zu sehen, wie die einzelnen Parteien, auch über die Hochzeitspolitik Heinrich VIII, versuchten Einfluss auf ihn zu nehmen. Die für mich interessanteste Figur war allerdings die junge Elisabeth, die mein ganzes Mitgefühl und meine Sympathie hatte.


    Charlotte Lyne hat mir jedenfalls einen ganz ordentlichen Überblick über die Regierungszeit Heinrich VIII verschafft und mich dabei gut unterhalten – was will man mehr?


    4ratten