Das Ende von Band 5 ist erreicht und ich bin etwas zwiegespalten. Zum einen, weil die Leserunde damit zu Ende ist: Einerseits denke ich "Hurra, ich habe meine erste Leserunde (trotz zwischenzeitlichem Zeitverlust) gemeistert und es hat super viel Spaß gemacht!". Andererseits "Jetzt muss ich ein halbes Jahr warten, bis es weitergeht! "
Zum anderen ist es der Abschluss der Geschichte: Einerseits bin ich sehr froh, dass Phileasson noch einen Seeschlangenzahn bekommen hat. Aber musste es wirklich auf diese Weise sein? Ich hätte es viel eher akzeptieren können, wenn Beorns Mannschaft irgendwo in der Grotte einen gut versteckten Seitengang übersehen hätte, in dem noch weitere Zähne verborgen liegen, oder wenn der schwarze Achazpriester (oder was auch immer er in Wirklichkeit ist) noch welche für ein Ritual in seinem Dorf aufbewahrt hätte, oder sogar, wenn Asleif irgendwie über Leif noch an einen Zahn herangekommen wäre. Aber dass genau zum richtigen Zeitpunkt (zum zweiten Mal!) eine Seeschlange auftaucht... da sind mir Zufall und Glück doch zu sehr präsent. Ich hatte in anderem Zusammenhang ja schon einmal den Begriff des deus ex machina bemüht.
Ich kann mir dieses zweimalige Auftauchen von Seeschlangen jeweils genau zum Zeitpunkt wenn sich eine der Ottajaskos am Friedhof befindet nur auf zwei Arten erklären. Entweder kommen sterbende Seeschlangen dort im 5-Minuten-Takt an, so dass man rein statistisch gesehen eine sehr gute Chance hat, eine anzutreffen wenn man eine gewisse Zeit dort verweilt. Oder göttliches Eingreifen hat die Seeschlangen jeweils geschickt. Ersteres ist sicherlich ausgeschlossen, sonst hätten dort viel mehr Kadaver und Zähne liegen müssen. Letzteres könnte ich im Zusammenhang mit der Wettfahrt noch akzeptieren, aber dazu hätte es irgendwelche Anhaltspunkte im Text geben müssen, und dafür habe ich keine gefunden. Die geäußerte reine Vermutung, dass die erste Seeschlange vielleicht von einem Kind Swafnirs gebissen wurde, reicht mir da nicht. Insofern war mir die zweite Seeschlange eine etwas zu einfache Lösung des Problems. Was natürlich nicht heißen soll, dass Phileassons Kampf gegen die sterbende Seeschlange einfach war...
Davon abgesehen hat das Ende meine Erwartungen voll erfüllt. Den Kampf gegen die Echsen, um die Gefangenen zu befreien, fand ich sehr eindrucksvoll. Zunächst hat Leomara eine Vision, in der sie erstmals nicht einfach nur Worte von sich gibt sondern direkt mit einem Gegenüber kommuniziert. Das ist ein völlig neuer Aspekt, und gerade im Zusammenhang mit dem vermeintlichen schwarzen Echsenpriester sehr interessant. Ich hätte gerne mehr darüber erfahren, wer der Priester wirklich ist und wer da aus Leomara gesprochen hat, sowie auch über die Pyramide in der Grotte und das dort gefangene Grauen. Die Blutmagie, die der Priester gewirkt hat, um den Strand zu überschwemmen und selbst zu entkommen und der mühelose Widerstand gegen den Ignifaxius deuten an, wie überaus mächtig er ist. Aber einige Geheimnisse müssen auch bleiben. Wenn immer alles aufgeklärt würde, wären Charaktere wie Abdul, Rakorium und Hilbert, Vascal und auch Tylstyr bald überflüssig.
Abdul hat mich wieder beeindruckt mit seinen Elementargeistern (oder was war das genau? Dschinne?). Er scheint immer öfter zur richtigen Zeit die richtigen Zauber zu sprechen, und seltener deplatzierte Magieausbrüche zu haben (oder bekommen wir das nur nicht mit?). Es scheint mir auf jeden Fall ein bisschen so, als ob der zeitliche und räumliche Abstand zum Himmelsturm ihn wieder etwas mehr die Kontrolle über sich selbst und seine magische Macht zurückgewinnen lässt. Die generelle Verwirrtheit, die sich zum Beispiel darin zeigt, dass er seine eigene Situation als Gefangener völlig verkennt, wird ihn aber wohl für immer begleiten.
Auch Tylstyr kann sich immer mehr profilieren. Er wird mehr und mehr zu einer wichtigen Stütze für die Ottajasko, einerseits in den Kämpfen, in denen er voll fokussiert und unerschütterlich durch seinen Ignifaxius kritische Unterstützung liefert. Andererseits durch den Zauber, mit dem er durch andere Augen blicken kann. Dazu die Entzifferung der Inschrift auf der Steinplatte in der Pyramide mit seinem Übersetzungszauber. Und dann ist da ja noch das Elfenbuch, dessen Geheimnis es zu lösen gilt... Ich würde sagen Tylstyr und Abdul haben mir in diesem Band am besten gefallen.
Andere Charaktere, die ich ebenfalls mag, sind in diesem Band etwas mehr in den Hintergrund getreten. Dazu gehören zum Beispiel Salarin und Vascal. Gefallen haben mir die Szenen mit Praioslob, für mich auch ein sehr interessanter Charakter und eine gute Ergänzung der Ottajasko mit einer eigenen Entwicklung seit seinem Dazustoßen. Die Geschichte um Shaya und Cessimasab hat mich auch interessiert, da ich Shaya als Figur sehr mag (wer nicht? Alle mögen Shayaaa!!), aber sie hat mich nicht so gefesselt wie andere Dinge in diesem Buch. Dabei kann ich nicht einmal genau sagen warum, denn auch die Figur Cessimasab hat mir sehr gut gefallen und ihr Tod war für mich sehr bedauerlich. Vielleicht, weil von Anfang an (oder spätestens seit dem Auftauchen von Lirobajid) klar war, dass es nicht gut ausgehen kann. Die Ankündigung, dass Shaya im nächsten Band keine Perspektivfigur sein wird, finde ich etwas schade aber durchaus nachvollziehbar und passend. Und es bietet die Möglichkeit, wieder andere Figuren mehr ins Rampenlicht zu rücken.
Lailath... mit ihr werde ich einfach nicht warm. Für mich war der Schluss irgendwie seltsam, dieser plötzliche Sinneswandel von ihr und der Versuch, sich in die kämpfende Ottajasko zu integrieren. Passt nicht, sie bleibt für mich ein Fremdkörper, auch wenn Phileasson sogar von "unserer Staubelfe" spricht. Ohm ist dieses Mal ziemlich blass geblieben. Er gehört auch nicht direkt zu meinen Lieblingen, aber zumindest ist er ein solider Bestandteil der Ottajasko. Aber diesmal blieb er auf die ein, zwei Liedchen beschränkt, die er geträllert hat. Irulla ist als Spurenleserin und mit ihren Wurfwaffen zuverlässig wie eh und je. Gefallen hat mir die Episode mit der knallbunten Kleidung und dem Tempelbesuch. Galandel... mit ihren Lebenskräften schwindet auch mein Interesse. Das von mehreren erwartete Treffen zwischen ihr und Galayne gab es nicht. Ich denke so langsam müssen wir uns von ihr verabschieden, aber wenn es so ist stimmt mich das auch nicht sonderlich traurig. Mirandola hätte ich bei der Abarbeitung der Figuren fast vergessen, was wohl deutlich macht, wie ich zu ihr stehe.
Was Beorns Ottajasko angeht, so finde ich dort im Moment die Neuankömmlinge Dolorita und Orelio am interessantesten, wobei letzterer nur im Prolog glänzte und die Vorschusslorbeeren im nächsten Band erst noch zurückzahlen muss. Eilif ist die Frau fürs Grobe, deren Faust größer ist als ihr Hirn. Sie blieb dieses Mal hinter ihrem Auftritt in Silberflamme zurück. Auch von Galayne und Selime war nicht übermäßig viel zu lesen, wie eigentlich zu fast allen "alten" Charakteren in der Ottajasko. Die Ausnahme war natürlich Pardona, über die wir einiges Neues erfahren haben, und die sich arrogant wie eh und je benimmt. Und natürlich Zidaine und Tjorne, wobei ich beiden nach Ende dieses Bandes weniger abgewinnen kann als vorher. Die ganze Zidaine-Story wird mir zu langatmig. Insgesamt kann ich wohl sagen, dass die drei Charaktere, die auf Beorns Seite am häufigsten in Erscheinung getreten sind, Pardona, Zidaine und Tjorne, mich am meisten genervt haben und am ehesten verzichtbar sind.
Beeindruckend war natürlich noch der Tod von Iskir.
Was die beiden Drachenführer angeht: Bei Asleif gab es für mich keine größere Überraschung. Er hat sich verhalten wie wir ihn kennen. Fokussiert auf die Wettfahrt ohne das Wohl seiner Ottajasko aus den Augen zu verlieren, ein charismatischer Anführer, der nicht nur mutig vorangeht sondern auch mit Taten die Treue seiner Ottajasko rechtfertigt. Allein der Kampf gegen den Utharshai hat seine Größe eindrucksvoll gezeigt. Beorn hat mich da schon etwas mehr überrascht. Einerseits als eloquenter Rhetoriker, als er Leifs Mannschaft überzeugt, andererseits bei der Anordnung beim Angriff auf das Schiff niemanden zu töten. Für mich hat er sich hier auf einem ähnlichen Niveau gezeigt wie Phileasson. Allerdings wird ihm immer die Geschichte mit Hrolf nachhängen, den er willentlich geopfert hat, und allgemein hat er die düsteren Charaktere in seiner Ottajasko versammelt. Wie weit wäre er ohne Pardona bei den letzten beiden Aufgaben gekommen?
Nachdem Phileasson nun auch einen Schlangenzahn besitzt komme ich nicht umhin, noch einmal den Bogen zum Anfang des Buches zu spannen: Das Eingreifen des Namenlosen. Hat es überhaupt etwas gebracht? Beorn liegt zwar nun einige Tage in Führung, aber ist das dem Namenlosen zu verdanken? Aus meiner Sicht hat Phileasson die meiste Zeit mit der Dschungeldurchquerung verloren, und die ist nicht auf den Namenlosen zurückzuführen. Wenn Phileasson am Ende nicht (sonderlich) von der falschen Prophezeiung benachteiligt war, woran lag das? Hatte er einfach nur Glück (so wie beim Auftauchen der Seeschlange)? Oder haben die Götter das Spiel des Namenlosen durchschaut und auf Phileassons Seite eingegriffen? Jedenfalls scheint mir das Eingreifen des Namenlosen keine nachhaltige Wirkung zu zeigen, was ich bei einem Gott doch irgendwie erwartet hätte...