Hermann Hesse - Das Glasperlenspiel

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  • So... im Urlaub hab ich jetzt auf den zweiten Anlauf geschafft "Das Glasperlenspiel" nun endlich doch komplett zu lesen .....
    Ich werde mich jetzt mal ganz vorsichtig an eine Besprechung wagen.




    Das Glasperlenspiel
    Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht


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    Zunächst zum Inhalt:


    Das Glasperlenspiel ist kein einheitliches Buch im Sinne eines Romans der von vorne bis hinten durchgeht.
    Das Buch gliedert sich in mehrere Abschnitte:


    1. Einleitung über das Glasperlenspiel
    2. Lebensbeschreibung des Magisters Ludi Josef Knecht
    3. Josef Knechts hinterlassene Schriften (Gedichte und 3 Lebensläufe)


    1.


    Bereits die Einleitung stellt an den Leser eine hohe Herausforderung, denn noch sehr abstrakt wird darin der Ursprung des (imaginären) Glasperlenspiels dargestellt, als ein hochgeistiges, über alle wissenschaftlich logischen Zusammenhänge und Universitätssparten, hochgelehrte "Spiel" . Ich bin mir ziemlich sicher daß ich damals (kann mich aber nicht mehr genau daran erinnern) beim ersten Leseversuch vor ungefähr 20 Jahren schon an dieser Einleitung gescheitert bin. Zuviel hab ich nicht verstanden und zuviel hat mich schlicht gelangweilt. Nun 20 Jahre später mit etwas Lebenserfahrung und vielleicht auch allgemeinem Wissen mehr (und vor allem dem Wissen daß eine Einleitung normalerweise nicht endlos ist ;) und sich öfter mal zieht) überwand ich also diese Hürde.


    Dazu ist zu sagen, daß sie viele einzelne interessante Gedanken enthält und daß man sie benötigt um der Geschichte später sinnvoll zu folgen. Allerdings empfehle ich - einfach lesen, das aufnehmen was man in dem Moment bereit und in der Lage ist und dann den Rest des Buches lesen. Am Ende ... die Einleitung nochmals lesen :breitgrins: , vieles ist dann klarer.


    2.


    Danach folgt die Lebensbeschreibung eines Mannes mit Namen Josef Knecht, beginnend bei seiner Kindheit bis zu seinem Tod. Er wurde als Waise schon als kleiner Junge in die "imaginäre" Welt auf unserer realen Erde - Kastalien - aufgenommen, die zum einen Zentrum und Ausbildungsstätte des Glasperlenspiels ist, eine geistige Elitewelt und zu anderen eine Art wissenschaftlicher Orden mit strengen, klaren Aufstiegs- und Lebensregeln ist, in der Frauen übrigens keine Rolle spielen :rollen: , Frauen existieren nur "draußen" im "echten" Leben, genauso wie "Familie" und "Arbeit" um sich sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Innerhalb des Ordens gibt es nur die rein geistige Hinwendung zur Wissenschaft, zur Forschung, Vervollkommnung und zum Glasperlenspiel. Allenfalls Freundschaften bilden sich heraus ....


    Zurück aber zur Lebensbeschreibung: Josef wächst also in den Schulen Kastaliens heran und ist ein ruhiger, eher introvertierer, aber immer eigenständig denkender Schüler. Natürlich hat auch bei ihm die Pupertät gewisse rebellische, freitheitsliebene Auswirkungen und außerdem lernt er noch einen Jungen der "echten" Welt kennen der nur Gastschüler in Kastalien ist und der sich für ihn zu einer größeren Prüfung seiner kastilischen Überzeugung entwickelt, ihm aber letztlich zum Freund wird der für sein ganzes Leben wichtig sein wird.


    Josef wird seines Lebens, nach seiner Studentenzeit, zum herausragenden Glasperlenspieler und steigt in der Hierarchie (die zeitweise arg detailliert beschrieben wird) Kastaliens auf, zu einem der höchsten Posten.


    Dort angelangt nehmen seine Gedanken und sein Leben durch vielerlei Einflüsse einen für Kastalien und den Orden ungewöhnlichen Weg ....



    3.


    Am Ende der Lebensgeschichte sind ihr Schriften des Josef Knecht nachgestellt.


    Zum einen die Gedichte die er im Laufe seiner Schüler - und Studentenzeit geschrieben haben soll.
    Hier möchte ich das Gedicht "Stufen" herausheben: Immer schon eins meiner liebsten Gedichte :) . Dieses Gedicht ist eng mit der ganzen Geschichte, des Lebens Josef Knechts, wie im Grunde mit jedem Leben verbunden und es war für mich einer der Aspekte, die das Buch für mich dann im Nachhinein doch so besonders lesenswert machte. Das Gedicht ist auch in die Lebensgeschichte geflochten.


    Zum anderen folgen dann noch drei Lebensläufe die der Student Josef Knecht an seine Schulleitung als einzige Auffgabe während seiner freien Studienjahre zu liefern hatte. Sie heißen "Der Regenmacher" "Der Beichtvater" und "Indischer Lebenslauf" . Diese drei Lebensläufe stellen einerseits eigenständige Kurzgeschichten dar und stehen andererseits in engem Zusammenhang mit Knechts Gedanken und seinem Leben.




    Meine Gedanken dazu (sicherlich nicht abschließend und nur ein kleiner Teil dessen was mir im Verlauf des Buches und danach durch den Kopf flitzte und was man im allgemeinen dazu sagen kann) :


    Wie ja schon gesagt ... diese Buch hat es mir nicht ganz leicht gemacht, schon beim Lesen nicht, aber noch schwieriger ist für mich jetzt hier eine Rezension zu schreiben. Ich versuche es aber trotzdem weil ich denke daß das Buch hier auf jeden Fall seinen Platz haben soll und weil ich mir vorstellen könnte, daß jeder der es mal gelesen hat, dazu den ein oder anderen Gedanken dazu beitragen möchte.


    Zunächst erzähle ich kurz wie es dazu kam daß ich gerade jetzt das Glasperlenspiel gelesen hab obwohl ich ja nicht mehr ein ganz altertypischer junger Hesse-Leser bin, den meist liest man Hessebücher ja in frühen Jahren, wie auch ich das getan hab. So mit 16, 17 Jahren konnte ich mich schon sehr für Bücher wie "Narziss und Goldmund" , "Siddhartha" , "Freunde" u.ä. begeistern. Dann folgte erstmal eine sehr lange Hessepause.


    Vor ca. 2 Jahren (also nach fast 20 Jahren ) fiel mir ein Gedicht auf, daß ich seither liebe, es heißt "Beim Schlafengehen" und ist von H. Hesse, daraufhin kaufte ich mir einen Gedichtband und fand viele mir sehr zusagende, mir aus der Seele sprechende Gedichte des Autors u.a. auch "Stufen", aber auch noch einige andere. Daraufhin bekam ich Lust wieder einmal Hesse zu lesen und begann mit "Siddhartha" , las mich durch diverese kürzere Geschichten wie "Die Morgenlandfahrt" (was sich besonders bei dieser Geschichte als sehr hilfreich für "Das Glasperlenspiel" herrausstellte) und andere, durch "Der Steppenwolf" usw. Ich stelle fest daß Hesse mir immer noch zusagte, wenn inzwischen auch auf andere Art. Natürlich seh ich manche Dinge anders, nicht mehr so eindeutig wie damals und manchmal fühlte ich mich sehr belehrt, manchmal spricht der Autor doch wie ein wissender Lehrer der uns auf den "richtigen" Weg führen will und bei sowas wehr ich mich im Inneren recht schnell, gleichzeitig wehre ich mich bei vielen Passagen dann doch irgendwann gg. diese rein geistige Betrachtung des Lebens, den das ist nur ein Teil des "echten" Lebens der oft das sinnliche, handfeste Leben ausgrenzt und doch sprechen mir viele seiner typischen Gedanken und Ideale und seine leise Melancholie doch immer noch aus dem Herzen.....
    Vielleicht hab ich mir doch noch mehr aus meiner Jugendzeit bewahrt als ich dachte ;)


    Was "Das Glasperlenspiel" abhebt von anderen Hesse-Büchern ist vielleicht genau die Erkenntnis die auch Josef Knecht im Laufe seines Lebens macht, daß das geistige Leben zwar viel gibt und viel lehrt, den Menschen intellektuell bildet und in ungeahnte geistige Ebenen führt , daß dies aber nicht das ganze Leben ist. Daß die Welt "außerhalb" Kastiliens, außerhalb der geistigen Elitewelt .... einfach zum Leben gehört, letztlich das Leben ist und das man das Leben erleben und nicht "nur" erdenken muß.


    Ein Thema mit dem Hesse sich in allen Büchern befasst, die Trennung (oder Verbindung) zwischen geistiger und tatsächlicher Welt und deren Wertigkeit findet hier eine Art "Abschluß", zumindest seh ich das (ohne wirklich alles von Hesse gelesen zu haben) . Im Grunde tritt mit "Das Glasperlenspiel" eine Art Ernüchterung in Hesses Werk, ein Art intensiverer Realitätsbezug, der die hohe, ausschließlich geistige Welt ein wenig auf den Boden der Tatsachen bringt. Hm.. im Grunde sehr schwer zu beschreiben. Ich hoffe man versteht ein wenig was ich ausdrücken möchte.


    Weiter finden sich in dem Buch viele der typischen Hessegedanken wieder und anders verwoben. Die lebenslang währende Entwicklung des Mensch, die ewige Suche nach einem Sinn und der Bezug auf die tiefen Werte wie Liebe und geistige Vollendung, Vervollkommnung und die Suche nach innerer Ruhe, seine persönlichen Motive wie die Liebe zur Musik und zu vielfältigen Wissenschaften und der Versuch alles zu vereinen, einen Grundgedanken, eine Symbiose aus all dem zu finden. Genaus das spricht mich so an Hesse an - der lebenslange Versuch die Verbindung von gestern, heute und morgen zu schaffen, die Verbindungen zwischen den Menschen und der Welt, dem Leben zu suchen. Aber das geht jetzt alles über eine Rezension etwas hinaus und ist auch kaum in Worte zu fassen, ist mehr ein Gefühl.


    Das Leben ist nicht so ideal wie Hesse es sich wünscht (und aus diesem Wissen daraus entstanden ja u.a. all seine Gedanken) , die Erklärungen nicht so einfach und eine geistige Anschaung nicht so ohne weiteres ins raue Leben transportierbar und ich bin nicht so weltfremd das nicht zu wissen und trotzdem geben mir Hesses sprachlich so schön (manchmal fast zu eindeutig) vermittelte Ideale immer mal wieder ein wenig Kraft und Auftrieb mit manch innerem Gefühl vielleicht doch nicht völlig allein dazustehen.


    Ich empfehle "Das Glasperlenspiel" erst nach Lektüre mehrerer anderer Hesse-Bücher zu lesen, insbesondere "Siddhartha" und "Die Morgenlandfahrt" und "Der Steppenwolf" fand ich hilftreich um jetzt das Buch komplett zu lesen und vielleicht in Ansätzen auch zu verstehen.


    Nicht umsonst ist es das Abschlußwerk von Hermann Hesse. Das Ende eines vielleicht langen inneren Weges, der die geistige Welt mit dem vollständigen, echten Leben verbindet und vielleicht sogar versöhnt. Das eine geht nicht ohne das andere und das hat auf seinem Weg auch Josef Knecht erfahren müssen und schon in jungen Jahren geahnt.


    Ein Buch über die innere Entwicklung eines Menschenlebens, gültig allein nur für den imaginären Josef Knecht und doch auf eine besondere Art für fast jedes Menschenleben :)


    Zur Abrundung hier noch das Gedicht "Stufen" aus dem Buch, den das ist die beste Inhaltsangabe und Rezension des Buches die es im Grunde gibt:


    Stufen


    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.


    (Hermann Hesse)


    [size=8]EDIT: Habe aus Copyrightgründen den Rest des Gedichtes gelöscht. Wer es weiter lesen will: eine Internetsuche bringt reichlich Treffer. LG, Saltanah


    Und auch diese Gedicht finden manche Leute nervig, weils so belehrend, schulmeisterlich wirkt (wirken kann) .... ich mochte es immer und hab es immer so verstanden wie es auch im Buch wunderbar erklärt worden ist, den dieser Kritik stellt der Autor sich auch im Buch. Aber das soll man ruhig selber nachlesen :)


    Ich hoffe ihr könnte ein bisschen was mit dem Geschriebenen anfangen, wie gesagt, ich tu mich nicht ganz leicht hier ne Rezesion abzugeben, dafür ist das Buch viel zu umfangreich und muß mindestens nochmal gelesen werden. Allein über die drei Lebensläufe am Ende könnte man jeweils noch etwas schreiben, aber im Grunde sieht man an diesen Lebensläufen die Gedankengänge des Josef Knecht in jungen Jahren und des Hermann Hesse in seinem ganzen Leben, all die möglichen Optionen im Leben, alle die Variationen ... und doch immer die Suche nach Sinn und geistiger Vervollkommnung und zum Abschluß dann die Frage ob nicht doch alles vielleicht ein Traum ist. Diese letzte Geschichte "Indischer Lebenslauf" ist so typisch für Hesse und wieder auch nicht, für mich war sie fast überraschend. Er selbst schreibt ja sogar im Glasperlenspiel, daß die drei Lebensläufe vielleicht das Wichtigste an dem Buch sind .... den das Buch ist aus einer übergeordneten Sicht des Erzählers geschrieben.


    Insgesamt ein für mich gelungener (wenn auch etwas erkämpfter) Abschluß meiner persönlichen, zweiten Hessephase .... die zwar noch nicht ganz zu Ende ist, die aber einen gedanklichen Rahmen gefunden hat. Manches seh ich anders als früher, manches noch genauso wie mit 16 ;) nur um viele Schattierungen erweitert. Kein einfaches Buch, aber .... um mit den Worten eines Freundes zu reden: Wenn man sich drauf einläßt kann es einen bereichern :)


    Die Person des Josef Knecht ist mir nicht so nahe gerückt wie so manch andere Figuren in Hesses Büchern, ich blieb immer ein wenig außen vor und betrachtete das ganze eher als Beobachter, konnte mich nicht so einleben wie in vielen anderen Büchern, dafür war die Welt doch manchmal zu entrückt. Gerade aber auch deshalb bewahrte ich einen anderen Blickwinkel auf die Ereignisse, die Beweggründe und Gedanken der einzelnen Personen. Dieser Josef Knecht kam mir nur in einigen Momenten nahe ... aber dann sehr intensiv und oft jetzt stärker noch im Nachhinein, als während des Lesens. Im Grunde hab ich das Buch aus einem zweifachen Abstand betrachtet - einmal der Abstand des "Erzählers" auf die Lebensgeschichte und dann noch mal mein Abstand zum Erzähler und zur Geschichte. Für mich eigentlich eine sehr untypische Herangehensweise an ein Buch, den normalerweise lebe ich mitten in der Geschichte mit ;)


    Seltsam mutete mir die strenge, fast erdrückende Hierarchie dieses kastalischen Ordens an, die doch das freiheitliche Denken so vordergründig propagiert und erhöht, der Einzelne muß sich sozusagen freiwillig unterwerfen und fügen - Abweichungen sind kaum vorstellbar. Möglicherweise ist dies aber auch bewußt so gesetzt um die Zweispältigkeit und die Weltfremdheit dieser abgeschotteten Elite-Welt zu verdeutlichen. Auch die Ausblendung von Frauen, Familie usw. war gelegentlich schwierig und ich begehrte innerlich immer mal wieder auf, ob der schwebenden, übergeistigen Denkensweise der Kastalanier ... aber genau das ist wohl auch beabsichtigt (nicht das Frauenthema, das ist Zeichen der Zeit in der das Buch geschrieben wurde und generell tauchen bei Hesse Frauen eher mal als Ablenkung der Männer beim "Hochgeistigen" auf, manchmal schon fast als Versuchung :breitgrins: den hehren Zielen abtrünnig zu werden, aber... das muß man als Frau mit Humor und vielleicht lieber mal nicht überbewerten ) .



    Mich würde übrigens sehr interessieren wie jemand, der in Musiktheorie gebildet ist das Buch und die Musik-Aspekte darin bewertet ... ich fand viele Gedankengänge zu Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Wissenschaften sehr interesant, insbesondere der Gedanke der gemeinsamen Grundthemen und visualisierten Formen, aber nur abstrakt interessant ohne das genauer unterfüttern zu können, mangels entsprechendem tieferen Wissens.



    Tja ... Dies ist eine sehr persönliche Betrachtung geworden, mit vielleicht manch Eigenem, neutral betrachtet Überflüssigem; aber anders wars mir nicht möglich.




    Wäre schön wenn sich noch der ein oder andere Glasperlenspielleser hier mit seinen Gedanken anschließen würde, denn ich denke erst in der Summe von Meinungen findet man eine repräsentative und vielleicht ergibt sich ja das ein oder andere Gespräch darüber.




    Ratten und Empfehlungen vergebe ich nicht, das hielte ich für vermessen und auch schwierig, da es wohl doch recht speziell ist. Da muß sich wirklich jeder sein eigenes Bild machen. Ich würd sagen, jeder der Hesse irgendwann mal mochte, sollte das Buch lesen, man sollte es aber keinesfalls als erstes Hesse-Buch lesen und jeder der Hesse sowieso überhaupt nicht mag, wird auch dieses Buch mit ziemlicher Sicherheit nicht mögen, obwohl es mehr Vielfalt und Antsichten bzw. Weltoffenheit, Lebensoffenheit und weniger Melancholie und Bedauern beinhaltet als alle anderen von ihm gelesenen Bücher vorher.




    Das wars erstmal :redface:
    Viele Grüße !


    Yvaine :)




    EDIT
    Rechtschreibfehler und Kleinigkeiten verbessert.


    @Salthana: Sorry, wußte nicht daß man sowas auch mit Angabe des Autors nicht zitieren darf. Aber jeder der das Gedicht nicht kennt und lesen will findet es ja problemlos im Netz wie Du schon gesagt hast.

    Einmal editiert, zuletzt von Yvaine ()

  • Na, das ist ja mal ne anständige Rezi. Ihoffe, du willst nicht gleich über ihn promovieren. :zwinker:


    Hat Spaß gemacht, das zu lesen.


    Gruß, Thomas

  • Hallo Yvaine,


    herzlichen Dank für deine ausführlichen Gedanken zum Glasperlenspiel. Mir geht es ähnlich wie dir. Vor etwa 25 Jahren habe ich das Buch gelesen. Damals bekam man noch die erste Auflage des Suhrkamp-Taschenbuchs aus dem Jahre 1972, die ich immer noch hüte. Leider befinde ich mich in dem Dilemma, dass nur noch ein kleiner Eindruck des Romans hängengeblieben ist. Damals habe ich den Roman als einen mystischen Roman gelesen, besonders die Geschehnisse in dem kastilischen Orden, verleiteten mich in diese Denkrichtung.


    Was das Glasperlenspiel nun wirklich ist, das wird offensichtlich mit Absicht im dunkel gehalten. Im Lexikon der Weltliteratur von Wilpert kann man lesen (auszugweises zitieren ist mit Quellenangabe erlaubt :breitgrins: :(


    "gedacht ist wohl an
    eine äußerste Sublimierung und Abstrahierung aller
    Ergebnisse menschlicher Wissenschaften in Formeln,
    die im Symbolwert farbiger Glasperlen ausgedrückt
    werden. Der Glasperlenspielmeister vermag durch
    Erfindung sinnvoller Kombinationen der Perlen neue
    Wahrheiten zu setzen;"

    [Werklexikon: Das Glasperlenspiel. Wilpert: Lexikon der Weltliteratur, S. 18013
    (vgl. Wilpert-LdW, Werke, S. 480) (c) Alfred Kröner Verlag
    http://www.digitale-bibliothek.de/band13.htm ]


    Wenn du Fragen zur Musiktheorie hast, dann stelle sie ruhig konkret (Angabe der Textstelle, Kapitelangabe). Vielleicht finde ich eine Antwort.


    Es gibt das Taschenbuch "Musik" von Hermann Hesse. Darin ist der Aufsatz "Klassische Musik" aus dem Roman enthalten. Weiterhin gibt es von Hesse das Gedicht "Orgelspiel", welches zum 02.07.1937 als Privatdruck erschien. In dieser Erstausgabe wird das Gedicht als eines von Josef Knecht bezeichnet.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Hm .. da bin ich wohl ein wenig ins Schreiben gekommen .... censored.gif



    @klassikfreund


    .... hatte ich nicht vor :breitgrins: lachen001.gif




    @mombur


    Danke für die weiteren Leseanregungen zum Thema und Dein Angebot bgl. der Textstellen :) . "Musik" steht schon seit längerem bei mir auf der imaginären Leseliste, aber insgesamt brauch ich jetzt erstmal ne Pause zum Glasperlenspiel und zu Hesse, hab ich gemerkt als ich versuchte die Textstellen zu finden . Wenn ich's irgendwann nochmal lese dann hoffe ich auf Dein Angbot zurückkommen zu dürfen, aber momenten .... brauch ich was andres zum Lesen :zwinker:


    Ich hab noch ein wenig darüber nachgelesen was es mit dem "mystischen" Roman auf sich hat und hab u.a. folgenden Satz bei Wiki gefunden: "Das Wort bezeichnet heute im allgemeinen Sprachgebrauch Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer höchsten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung. " (Quelle). Insofern paßt die Bezeichnung auf jeden Fall zu dem Buch, allerdings wär sie mir selbst nicht eingefallen (hab ehrlichgesagt aber auch nicht über eine Bezeichnung nachgedacht).


    Was das Glasperlenspiel anbelangt glaub ich auch gar nicht daß man es noch näher beschreiben könnte ... weil es tatsächlich wohl recht schnell an die Genze des Möglichen gehen würde. Das ist ja etwas das ich an Hesses Büchern u.a. mag, dieses Verschwimmen von Realität, Imaginärem und Philosophischem, wie auch die Verbindung aus östlichem und westlichem Gedankengut. Wobei man das Imaginäre bei ihm, auch immer als eine Art Traum deuten könnte ... als etwas Schwebendes von dem man nicht weiß - war es wirklich (innerhalb der Geschichte) oder hat die Person das nur geträumt und ist das überhaupt ein Unterschied....


    Ja... aber jetzt dann in nächster Zeit eher was Klareres ... ;) , obwohl ich immer wieder dazu neige mir Bücher rauszusuchen die im Raum zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit schweben. Jeder hat wohl bei Büchern so das ein oder andere "Beuteschema" :breitgrins:





    Viele Grüße und einen schönen Tag :)



    Yvaine

    Einmal editiert, zuletzt von Yvaine ()

  • also ich habe glasperlenspiel rund bis zur hälfte gelesen und jetzt liegt es seit nem halben jahr im regal. wie ihr bereits gesagt habt, ist die einleitung schon eine zumutung, aber ich hab ein schlechtes gewissen es liegen zu lassen :breitgrins:

    Heinrich Heine: "Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen"

  • Bei mir liegt "Das Glasperlenspiel" auch noch rum. Ich habe aber die Hoffnung, dass ich es nächstes Semester lesen kann, da eine Dozentin bereits angekündigt hat, dass sie einen Hesse-Kurs anbietet. Da wäre ich dann dabei und würde so auch noch effektiv an meinem SUB arbeiten. Welch glückliche Fügung... :breitgrins:

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • @ Yvaine
    Da ist dir ja wirklich eine ganz tolle Rezension gelungen. Ich kann mich Klassikfreund nur anschließen - hat Spaß gemacht, sie zu lesen.
    Auch dir kann ich mich eigentlich in allen Punkten anschließen. Besonders die Idee, den Anfang nach dem Buch nochmal zu lesen. Ich hatte damals eine Jubiläumsausgabe, bei der zusätzlich ein kleines Heft mit Zusatzinformationen war und ich lese sowas (aus Angst vor Spoilern) immer erst nach dem Buch, hätte es aber beim "Glasperlenspiel" lieber vorher lesen sollen, weil es einiges klarer und verständlicher machte.
    Das Buch hat wirklich seine Längen, ich habe mich auch teilweise ganz schön durchquälen müssen, war aber von den Idee des "Glasperlenspiels" so begeistert, dass ich es zu Ende gelesen habe. Und ich bin froh, dass ich das getan habe, weil es meinen Blick auf viele Dinge geändert hat und ich jetzt z.B. nicht mehr so sehr auf die Mathemathik schimpfe, die ich so gar nicht mag. :breitgrins:
    Die Lebensläufe am Ende fand ich damals beim Lesen eher uninteressant, aber witzigerweise haben sie mich im Nachhinein am meisten beschäftigt und tun es heute noch.
    Wichtig hätte ich vielleicht noch gefunden zu erwähnen, dass Hesse sehr lange an dem Buch geschrieben hat und dass er zwischendurch viele Pausen einlegen musste. Ich fand dass das Buch im Gegensatz zu anderen Büchern von Hesse nicht so flüssig war und könnte mir vorstellen, dass das teilweise an den eher schlechten Umständen lag unter denen er es geschrieben hat.


    Ist schon ein paar Jahre her, dass ich es gelesen habe, danke für die nette Erinnerung daran. :smile:

    Das Wertvollste, das ein Mensch dir schenken kann, ist seine Zeit, denn sie ist unwiederbringlich verloren.

  • Hi Yvaine,
    gratuliere zur interessanten Beschreibung!


    Meine Meinung: Gähn. Das ist das meist unausgelesenste Buch der Welt - sowie gleich Ulysses (nicht steinigen!) danach. Ich gebe es zu, ich schaffe es nicht. Ich lese und lese und irgendwann geht es ZACK ----- und die Augen bleiben zu. Jedesmal und dann hab ich nicht mehr die Muße es nochmals zur Hand zu nehmen für die nächsten Jahre und dann ... wie auch immer, es ist ein Kreis.
    Ich hab Hesse so gern, aber das geht leider nicht. Sogar (!) die Hörspielversion ist die Qual.
    Daher gebe ich zwei Bewertungen ab:


    1.) Qualität: 5ratten
    2.) Lesevergnügen: 1ratten


    al cori

  • Ich mag das Buch sehr. Ist sein esoterischstes Werk. Besser aber finde ich Narziss und Goldmund.

  • Hallo!


    Ich hab da gleich mal eine Frage an die Hesse-Kenner: Bis jetzt hab ich mich durch alle Hesse-Bücher (bis auf Siddharta, das ich mit 16 gelesen hab) wirklich durchquälen müssen. Auf meinem SUB liegen jetzt noch das Glasperlenspiel und der Steppenwolf. Nach dem Durchlesen dieses Threads glaub ich aber, dass ich beide getrost herschenken kann. Würdet ihr mir da zustimmen?


    Lg, Line

  • Nein, das sind beides wunderbare Bücher. Hesse ist neben Ernst Jünger einer der letzten , die es mit dem schreiben noch richtiig drauf hatten. kenn hier wer das buch über die begegnung Serranos mit Hesse und Jung ?

  • Hi Line,
    der Steppenwolf ist genial. Ein tolles Buch. Zum Glasperlenspiel wurde schon einiges gesagt....
    Probiere es einfach...!
    lg cori

  • Nach dem Durchlesen dieses Threads glaub ich aber, dass ich beide getrost herschenken kann. Würdet ihr mir da zustimmen?


    Getrost würde ich nicht gerade sagen; es sind vielleicht die besten Werke von Hesse. Was nun allerdings noch nicht allzuviel heissen will ... :breitgrins: :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • "Der Steppenwolf", "Das Glasperlenspiel" - meine Damen und Herren, traut Euch an "Demian", wenn ihr noch ein herrlich junges Alter habt, oder "Gertrud" oder "Unterm Rad", das sind Bücher! Bei den zwei Ersten merkt man richtig, dass Hesse in Indien war. Da hat man das ... ich "chill jetzt eine Runde mit einer Wasserpfeife und philosophiere über das Leben" - Feeling. DAs ist nicht meines.
    Ihr werdet es nicht glauben, nach 17 Jahren lesen an diesem Buch, bin ich ein paar Seiten weitergekommen - und eingeschlafen - aber, mir wurde das Glasperlenspiel endlich erklärt - darauf muss man nämlich lange warten und ... ich verstehe es, aber irgendwie auch nicht. So tümple ich noch weitere Jahre in dem Buch herum und warte auf Erlösung.

  • Inhalt
    Hermann Hesse wählt für seinen Roman einen anonymen Berichterstatter, ein Ordensmitglied der Glasperlenspieler, der das Leben des Meisters Josef Knecht erzählt.
    In der fiktiven Provinz Kastalien werden begabte Knaben in Eliteschulen unterrichtet und erzogen, um nach Abschluss ihrer Studien entweder in den Orden aufgenommen zu werden, oder dessen hohes geistiges und moralisches Niveau in die Welt hinauszutragen.
    Das Glasperlenspiel ist ein Spiel mit den geistigen Werten und Inhalten unterschiedlicher Kulturen, wobei der Musikwissenschaft eine besonders wichtige Rolle zukommt. Ziel ist es, die wissenschaftlichen Disziplinen in allen nur erdenklichen Varianten zu einer harmonischen Einheit zu verbinden. Dazu ist fächerübergreifendes Denken erforderlich, das den Sinn des menschlichen Geistes für das große Geheimnis des Lebens schärfen soll.
    Der 12jährige Josef Knecht wird in einer dieser Eliteschulen Kastaliens ausgebildet und erzogen. Er fügt sich problemlos in den Orden, deren Mitglieder sich zu Besitz- und Ehelosigkeit verpflichtet haben und erreicht schon in jungen Jahren die höchste Stufe der Hierarchie, indem er, ohne dies angestrebt zu haben, ja fast gegen seinen Willen, zum Magister Ludi, zum Glasperlenspielmeister, gewählt wird.
    Gegen Ende des 1. Teiles hegt Knecht jedoch erstmals Zweifel am Sinn seines bisherigen Lebens. Er findet an seinem Amt keine Freude mehr, fürchtet um den Fortbestand Kastaliens und hat Sehnsucht nach der ihm weitgehend unbekannten "normalen" Welt.
    Mit Hilfe eines ehemaligen Studienkollegen, der ihn als Hauslehrer für seinen Sohn engagiert, gelingt ihm zwar der Einstieg in dieses andere Leben, doch ehe er dort richtig Fuß zu fassen vermag, ereilt den Flüchtigen sein Schicksal.
    Das Buch endet mit verschiedenen Schriften des Magister Ludi, Gedichten und drei erfundenen Lebensläufen aus verschiedenen Zeitaltern.


    Meine Meinung
    Hesses Streben nach Einheit, nach Frieden und Harmonie jenseits aller Religionen, muss sicher vor dem zeitlichen Hintergrund gesehen werden (er begann die Arbeit an diesem Roman 1931 und veröffentlichte ihn 1943 in der Schweiz), doch überwiegt der mystische und philosophische Anteil in seinem Alterswerk für meine Begriffe allzu sehr.
    Die Fantasieprovinz Kastalien ist ein künstliches Gebilde, in dem rein geistige Werte vorherrschen und die Meditation einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Die Ordensmitglieder können sich ein Leben lang jedem beliebigen Studium widmen, wie nutzlos und weltfremd auch immer es sein möge. Kein Kastalier muss seine Zeit jemals mit der Ausübung handwerklicher Tätigkeiten zum Broterwerb vergeuden. Wie dies wirtschaftlich möglich sein soll, verrät der Autor zwar nicht, doch lässt er durchblicken, dass die Provinz Kastalien vor Konflikten mit der "normalen" Welt nicht verschont bleibt.
    Es fiel mir nicht leicht, mich mit Hesses fremdartiger Gedankenwelt anzufreunden, und ich konnte seinem Fantasiegebilde nur wenig Sympathie entgegenbringen. Die tiefschürfenden philosophischen Hintergrundinformationen waren mir zu langwierig und hemmten meinen Lesefluß zeitweise sehr.
    Außerdem übte die Figur des Josef Knecht absolut keine Faszination auf mich aus. Er war mir von Anfang an zu glatt geschliffen, zu blutleer und steril; ein Charakter ohne Ecken und Kanten, ohne Zweifel und menschliche Schwächen, mit einem Wort, ein Wesen wie aus einer anderen, rein geistigen Welt. Keine pubertären Höhen und Tiefen konnten sein Seelenleben erschüttern, keine erste Liebe brachte ihn aus dem Gleichgewicht, kein ungeliebter Lehrer vermochte seinen Widerspruch zu erwecken.
    Sogar seine späteren Probleme mit seinem Amt kamen mir künstlich und konstruiert vor. Welche Seelenkämpfe hatte er denn auszustehen? Woran ist er denn letztlich tatsächlich gescheitert? Das alles schildert Hesse nicht so, dass es mich gepackt, dass ich mit Josef Knecht hätte leiden und hoffen können.
    Außerdem vermochte ich mich in die allzu gehobene Sprache des Meisters nur schwer hineinzufinden, obwohl sie sich für eine derart philosophische Lebensbetrachtung sicher bestens eignet.
    So muss ich abschließend feststellen, dass mich weder Stil noch Inhalt begeistern konnten und sich kein rechtes Lesevergnügen einstellen wollte.
    Dennoch ist auch in diesem Werk Hesses Genie spürbar, das in jedem Falle gewürdigt werden muss.

    Einmal editiert, zuletzt von Büchersylli ()


  • Eine ausführliche Rezi dazu findet sich in meinem Blog.


    Hallo,


    ich finde es unschön, hier nur die Kurzeinträge zu lesen. Zum anderen findet man deinen Blog ohne Link auch nicht. Aber ich möchte keine Links klicken, sondern hier deine Eindrücke lesen.


    Ein Forum kann nur funktionieren, wenn sich hier die Diskussionen über Bücher abspielen.


    Gruß, Thomas