Anne Holt - Der norwegische Gast

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    Inhalt:


    Ein Zug entgleist, die 196 Fahrgäste können sich in ein nahe gelegenes Hotel retten, bevor ein Schneesturm sie dort einschließt. Unter den Gästen ist auch die ehemalige Kommisarin Hanne Wilhelmsen, die seit ihrem letzten Einsatz im Dienst querschnittsgelähmt ist. Diese Behinderung ermöglicht ihr oft eine andere Wahrnehmung der Ereignisse um sie herum.


    Nicht lange nach der Einquartierung im Hotel kommt es zu einem Mord. Und es soll nicht bei dem einen Toten bleiben. Wer ist der Mörder? Wann schlägt er wieder zu und wen wird es als nächsten Treffen? Die von den Naturgewalten zur Gemeinschaft gezwungenen Menschen werden nervös, es kommt zu Spannungen in der unfreiwilligen Gruppe. Einer von Ihnen muss der Mörder sein, das Hotel ist von meterhohen Schneemauern umgeben, niemand kann herein oder heraus. Auch die Kommunikation zur Außenwelt bricht ab. Und wer sind die geheimnisvollen Gäste, die im Königswaggon mitgereist sind und sich nun unter dem Dach verbarrikadiert haben?


    Meine Meinung:


    Dieses Buch sollte man eigentlich im Winter lesen, wenn draußen der Wind an den Fenstern rüttelt und es drinnen so richtig gemütlich ist.
    Es ist ein richtig schöner, klassischer Krimi. Ein wenig erinnert er an "Zehn kleine Negerlein" von Agatha Christie, eine Gruppe von Menschen sitzt fest und mindestens einer von ihnen ist ein Mörder. Auch der komplette Ausfall der Technik trägt zum klassischen Krimigefühl bei, es wird ganz auf die altmodische Art des Beobachtens, Zuhörens und Schlussfolgerns ermittelt. Keine Computeranalysen von Fingerabdrücken, kein Abgleich der Passagierlisten mit den Verbrecherdatenbanken oder Ähnliches. Über die Gäste ist nur soviel bekannt, wie sie selbst offen legen. Mit Ausnahme der etwas prominenteren Gäste natürlich.


    Neben dem Kriminalfall ist es eine interessante Charakterstudie von Menschen in Extremsituationen. Das Verhalten der verschiedensten Typen ist immer wieder spannend zu beobachten, so dass der Mordfall an sich ab und an ein wenig in den Hintergrund rückt. Es wird sehr realistisch gezeigt, was zum Beispiel eine Panik in einer größeren Gruppe ohne Ausweg anrichten kann.


    Die Charaktere sind ein vielfältige Mischung, wie man es bei der zufälligen Mischung bei einer Zugreise auch erwarten kann. Viele von ihnen geben im Laufe der Geschichte Teile ihres Lebens preis, entwickeln Leben. Sie sind fassbar und entwickeln sich mit der Zeit.


    Die Kommissarin als Hauptcharakter war mir anfangs noch sehr suspekt. Sie gibt sich Menschen gegenüber betont abweisend. Trotzdem zeigt sie immer wieder deutlich, dass sie ihr eigentlich nicht egal sind. Vor allem wenn es um hilflose Menschen geht. Sie versucht einen Säugling vor dem Erfrieren zu retten, kümmert sich um einen einsamen Jugendlichen, versucht beim Ausbruch einer Panik ein niedergetrampeltes Kind zu retten. All das zeigt eine sympathischere Seite von ihr, die sie anfangs gut verbirgt. Aber auch ihr tut der Zwangsaufenthalt unter anderen Menschen gut, sie taut nach und nach etwas auf und wird mir sehr sympathisch. Sie ist ein Mensch mit Sorgen und Problem und ihrer Art damit umzugehen, die nachvollziehbar ist.


    Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen, ich habe es an einem Tag durchgelesen. Es wird sicher nicht mein letztes Buch von Anne Holt sein, da ich diese Art des Krimis, in dem auch die beteiligten Menschen eines genaueren Blickes gewürdigt werden und nicht nur Namen bleiben, sehr gut gefällt.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Vielen Dank für die Rezension. Ich warte gerade noch auf die Zusendung des Buches. Ich habe alle Anne Holts. Es lohnt sich sehr. :smile:
    Judith


    EDIT: Habe das Zitat gelöscht, da ja klar ist, worauf sich der Beitrag bezieht. Da ist es nicht nötig, die gesamte Rezension zu zitieren. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()


  • Vielen Dank für die Rezension. Ich warte gerade noch auf die Zusendung des Buches. Ich habe alle Anne Holts. Es lohnt sich sehr. :smile:
    Judith


    EDIT: Habe das Zitat gelöscht, da ja klar ist, worauf sich der Beitrag bezieht. Da ist es nicht nötig, die gesamte Rezension zu zitieren. LG, Saltanah


    Ja, das ist gut. Wusste nicht ob oder nicht zitieren. Werds mir merken :redface: :smile:

  • Hallo zusammen,


    ich durfte dieses Mal das Buch auch wieder vorablesen. Und bin positiv überrascht. :breitgrins:


    Meine Rezension:


    Klassischer Krimi der Extraklasse.


    Ein Zug entgleist, die knapp 200 Fahrgäste können noch rechtzeitig in ein nahegelegenes Hotel gerettet werden bevor sie dort vom Schneesturm eingesprerrt werden. Unter den Gästen ist auch die ehemalige Kommisarin Hanne Wilhelmsen, die seit ihrem letzten Einsatz im Dienst querschnittsgelähmt ist.


    Dann kommt der klassische Part in der ersten Nacht passiert ein Mord. Und das soll nicht der einzigste bleiben. Doch wer ist der Mörder? Schon haben wir den Stoff aus dem Krimilegenden gemacht sind. Das Hanne Wilhelmsen den täterkreis auf 195 Personen und das Hotelpersonal begrenzen kann macht die Sache nicht einfacher. Natürlich kommt es auch direkt zu spannungen der unfreiwillig zusammen eingesperrten Leute. Jeder verdächtigt jeden. Einer von Ihnen muss ja schließlich der Mörder sein. Da das hotel mittlerweile von meterhohen Schneebergen bedeckt ist kann auch niemand hinein oder hinaus. Ganz klassich fällt natürlich auch die Stromversorgung sowie die Telefonverbindung aus, kein Kontakt zu Außenwelt möglich. Und wer sind die geheimnisvollen Gäste, die im Königswaggon mitgereist sind und sich nun unter dem Dach verbarrikadiert haben? Ist vielleicht einer von Ihnen der Mörder?


    Meine Meinung:


    Dieses Buch ist ein klassicher Winterschmöker, den man am besten bei klirrender Kälte eingemummelt in eine Winterdecke mit einer Tasse heißem Tee genießt. Wirklich charmant an diesem Krimi ist das er sich ließt wie ein alter Agatha Christi Roman, alle klassichen Elemente sind vorhanden. Endlich mal wieder ein Krimi zum mit Raten und ohne technischen Schnickschnack wie Computeranalysen von Fingerabdrücken, Abgleich der Passagierlisten mit den Verbrecherdatenbanken oder Ähnliches. Erst ist dies sehr seltsam, da man mittlerweile nicht anderes mehr gewohnt ist. Hat man sich jedoch erst in die Situation eingedacht macht es unheimlich Spass mit der Ermittlerin den Morden auf den Grund zu gehen. Ein wenig wie Cluedo spielen.


    Sehr schön stellt die Autor die einzelnen Charakter, sowie ihr verhalten in dieser Situation dar. Was passiert mit einer Gruppe die unfreiwillig in eine solche Notlage gerät und nun auch noch einen Mörder in den eigenen Reihen zu haben scheint?
    Alle Charakter entwickeln sich mit der Zeit weiter und werden immer fassbarer, um so mehr sie aus ihrem Leben preis geben. Andere bleiben auf Grund fehlender Informationen rätselhaft.


    Auch die anfangst sehr unsympatisch und schroff wirkende Ermittlerin, gewinnt im Laufe des Buches immer mehr an Sympatie.


    Fazit:
    Ein wirklich schönes Leseerlebniss, endlich mal wieder ein klassicher Krimi. Ich habe zwar noch nie ein Buch dieser Reihe bzw. der Autorin gelesen, dies wird aber mit Sicherheit nicht das letzte gewesen sein. Es ist sehr entspannend und aufregend zugleich endlich mal wieder einen Krimi dieser Art zu lesen. Vor allem das die Protagonisten Tiefe und Charakter bekommen und nicht nur graue Schemen bleiben, wie es leider in der momentanen Flut von amerikanischen Thrillern der Fall ist, gefällt mir ausgesprochen gut.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    Dreamy

    Lieber barfuß als ohne Buch. <br />(Isländisches Sprichwort)<br /><br /><br />:leserin:

  • Dreamy: freut mich ja, dass wir der gleichen Meinung sind. Teilweise sogar der selben, oder wieso kommen mir einige Deiner Sätze so bekannt vor? :zwinker:



    Unter den Gästen ist auch die ehemalige Kommisarin Hanne Wilhelmsen, die seit ihrem letzten Einsatz im Dienst querschnittsgelähmt ist.


    Und wer sind die geheimnisvollen Gäste, die im Königswaggon mitgereist sind und sich nun unter dem Dach verbarrikadiert haben?



    Computeranalysen von Fingerabdrücken, Abgleich der Passagierlisten mit den Verbrecherdatenbanken oder Ähnliches.


    Alle Charakter entwickeln sich mit der Zeit weiter und werden immer fassbarer, um so mehr sie aus ihrem Leben preis geben.


    (Der wurde leicht umgestellt)



    Sorry, aber ich setze mich ja auch hin und mache mir Gedanken was ich schreibe. Wenn es dann aussieht als ob jemand das als Vorlage benutzt und nur leicht umstellt, teilweise nicht mal das, finde ich das nicht ganz fair.


    Sollten wir wirklich nur zufällig die gleiche Meinung und einen sehr ähnlichen Schreibstil haben, entschuldige ich mich für diesen Kommentar.

  • Nach einem Zugunglück sitzen knapp 200 Menschen eingeschneit in einem Hotel fest – unter ihnen Hanne Wilhelmsen, ehemalige Polizistin, die seit einer Schussverletzung querschnittsgelähmt an den Rollstuhl gefesselt ist.
    Noch in der ersten Nacht geschieht ein Mord. Ein mitgereister Pastor wird erschossen. Er soll nicht der letzte Tote bleiben und Hanne Wilhelmsen ist es schließlich, die geschickt kombiniert und ohne die Möglichkeiten der modernen Kriminaltechnik den Mörder ermittelt.


    Anne Holt liefert mit „Der norwegische Gast“ einen Krimi, der bedingt durch die räumliche Enge nur eine begrenzte Anzahl an möglichen Tätern bietet. Der Leser kann sich mit Hanne Wilhelmsen zusammen auf die Suche begeben und bis kurz vor Schluss bleibt offen, wer es letztlich war.


    Dies hat man dem Erzählstil Anne Holts zu verdanken. Sie lässt den Leser nur begrenzt an den Gedanken Hanne Wilhelmsens teilhaben. Man erfährt zwar, dass sie den ein oder anderen Verdacht hat und der Lösung immer näher kommt, aber konkrete Äußerungen tätigt sie nicht.


    Etwas störend beim Lesen war für mich der ständige Wechsel zwischen der Anrede „Du“ und „Sie“. Anfangs dachte ich noch, dass es sich um vereinzelte Fehler handelt, aber sie zogen sich dann doch durch das ganze Buch.


    Inhaltlich hat mir „Der norwegische Gast“ hingegen sehr gut gefallen. Die Handlung war glaubwürdig, unvorhersehbar und spannend. Ausgesprochen gut hat mir auch die Zeichnung der Figuren.


    Obwohl sich Hanne Wilhelmsen von Beginn an verschlossen, unfreundlich und unnahbar gibt, zeigt sie mit fortschreitender Handlung zunehmend andere Facetten ihrer Persönlichkeit. Es machte großen Spaß, ihre Gedankengänge mit ihr zusammen zu beschreiten und ich war des Öfteren beeindruckt von ihrer Willensstärke und der Ruhe, die sie ausstrahlte.


    Bei Magnus Streng, dem kleinwüchsigen Arzt, war ich mir lange Zeit nicht ganz sicher, was ich von ihm zu halten habe. Seine freundliche, teilweise aufdringliche Art empfand ich zeitweise als ziemlich nervig

    Vermutlich muss man ihn einfach als lebenslustigen, positiven, überfreundlichen Menschen akzeptieren.


    Es gibt noch einige andere Personen, die mir außerordentlich gut gefallen haben – dazu gehören unter anderem Berit Tverre und Geir Rugholmen – aber ich möchte nicht zuviel von der Handlung verraten.


    Die Nebenhandlung, in der es um den ominösen zusätzlichen Waggon am verunglückten Zug ging, hätte ich nicht unbedingt benötigt. Die Spekulationen um die Insassen des Waggons (waren es nun Mitglieder des Königshauses oder nicht) habe ich als unnötig empfunden, zumal es am Ende auch keine Aufklärung gab, was mich doch etwas geärgert hat.


    Unabhängig von Inhalt und Stil möchte ich noch zwei Aspekte positiv hervorheben.
    Zum einen finde ich es klasse, dass das Buch ein Lesebändchen hat – und dann auch noch so ein hübsches. Vielleicht kann nicht jeder meine Begeisterung darüber nachvollziehen, aber ich habe es bis jetzt nur in sehr wenigen gebundenen Büchern erlebt, dass ein Lesebändchen vorhanden war. Zugegeben, ich lese mehr Taschenbücher als Hardcover-Ausgaben und habe deshalb keinen sehr großen Überblick über die Nutzung von ihnen, aber dennoch möchte ich diesen Punkt nicht unerwähnt lassen.
    Zum anderen fand ich die Beschreibungen der Beaufort-Skala am Anfang jedes Kapitels unglaublich toll. Dass sie sehr passend war, muss man wohl nicht betonen, aber sie haben sich als sehr treffende Beschreibung für den Inhalt erwiesen. Einerseits werden die Wetterbedingungen immer schlechter und andererseits wird auch die Handlung immer explosiver.


    Abschließend kann ich sagen, dass sich der positive Eindruck der Leseprobe bestätigt hat. Das Buch lässt nur wenige kleine Wünsche offen und macht Lust auf mehr Bücher von Anne Holt, um Hanne Wilhelmsen noch besser kennen zu lernen.


    Meine Wertung: 4ratten



    [size=7pt]Edit: Spoiler eingefügt, hatte ich vorhin vergessen.[/size]

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

    Einmal editiert, zuletzt von Stephi ()


  • Die Nebenhandlung, in der es um den ominösen zusätzlichen Waggon am verunglückten Zug ging, hätte ich nicht unbedingt benötigt. Die Spekulationen um die Insassen des Waggons (waren es nun Mitglieder des Königshauses oder nicht) habe ich als unnötig empfunden, zumal es am Ende auch keine Aufklärung gab, was mich doch etwas geärgert hat.


    Aber es gab doch eine Aufklärung? Zumindest hat sie sich bemüht, den besonderen Gast sehr genau zu beschreiben. Dass ich ihn dennoch nicht wirklich identifizieren konnte, liegt wohl an meiner Unwissenheit in dem Gebiet.

  • Aber es gab doch eine Aufklärung? Zumindest hat sie sich bemüht, den besonderen Gast sehr genau zu beschreiben. Dass ich ihn dennoch nicht wirklich identifizieren konnte, liegt wohl an meiner Unwissenheit in dem Gebiet.


    Naja aber die Aufklärung war doch sehr ungenau und schwammig. Ich glaube nicht, dass das an deiner und meiner Unwissenheit liegt, dass wir ihn offensichtlich beide nicht identifizieren konnten. :breitgrins: Klar weiß man, dass es sich um eine wichtige Person handeln muss, aber das war es dann auch. Und die eigentliche Handlung hätte auch so funktioniert. Um die Informationen über Margrete Koht zu bekommen, hätte man Hanne Wilhelmsen sicherlich auch einen anderen Weg finden lassen können, so dass Severin Heger in meinen Augen ersetzbar ist.


    Liebe Grüße
    Stephi

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Da gebe ich Dir recht. Der Teil war nicht unbedingt nötig.


    Und bin erleichtert, dass es doch nicht nur an meiner Unwissenheit lag. Ich kam mir wirklich ziemlich dumm vor, weil sie ihn so genau beschrieben hat und trotzdem bei mir nur ein großes Fragezeichen über dem Kopf blieb. :breitgrins:

  • So, Anne Holts "Der norwegische Gast" war mein erster Krimi und ich versuche mich jetzt mal an einer Rezi, obwohl mir das ohne Vergleichsmöglichkeiten wohl etwas schwerer als sonst fallen wird.


    Inhalt:


    Aufgrund eines Zugunglücks sitzen die rund 200 Insassen in einem zugeschneiten Hotel in der Nähe von Bergen fest. Unter ihnen befindet sich auch die querschnittsgelähmte Ex-Polizistin Hanne Wilhelmsen, sowie eine Gruppe von Gästen, die anscheinend bevorzugt behandelt werden und um deren Identität verschiedene Gerüchte existieren. In der ersten Nacht wird der bekannte Geistliche Cato Hammer kaltblütig umgebracht, was in der gefangenen Gruppe Panik aufkommen lässt. Wer ist der Mörder? Begnügt er sich mit einem Mord? Wer sind die geheimen Gäste?


    Meine Meinung:


    Anne Holt schafft es mit ihrem Krimi an die alte Krimitradition anzuknüpfen, indem sie ihrer Ermittlerin sämtliche technischen Hilfsmittel vorenthält. Die Gruppe im Hotel Finse 1222 ist von der Außenwelt abgeschlossen und jeder steht unter Verdacht.


    Dies ist die extreme Ausgangslage, in die die Autorin ihre Charaktere geschickt platziert. In dieser Extremsituation entwickelt sich jeder Charakter auf seine eigene Weise weiter und häufig entdecken die Figuren so ganz neue Seiten an sich. Dies wird vor allem deutlich bei der Protagonistin Hanne Wilhelmsen. Die ehemalige Ermittlerin, die nach einer folgenreichen Schussverletzung, stets versuchte von ihren Mitmenschen abzukapseln und so immer mehr zur Außenseiterin wurde, hat nun keine Möglichkeit mehr, sich der Gesellschaft im Hotel zu entziehen, da es so scheint, als würden sich viele Gäste auf sie verlassen. Diese wiedergewonnene Verantwortung hilft Hanne dabei, sich in die Gruppe einzufügen und mehr zu sein als nur die introvertierte, lesbische, querschnittsgelähmte Ex-Polizistin, die sie außerhalb des Hotels zu sein scheint.


    Gut gelungen fand ich außerdem die angespannte Stimmung, die die Autorin geschaffen hat. Der Sturm, die Kälte, die Panik im Hotel und die anfängliche Zurückgezogenheit der Protagonistin trugen dazu bei, dem Leser stets ein ungutes Gefühl zu vermitteln, was wohl das Ziel eines jeden Krimis sein sollte. Dieser Effekt wurde noch verstärkt durch die Beschreibung der Beaufort-Skala, die jedem Kapitel vorangestellt war.


    Weniger gut gefallen hat mir hingegen der zweite Handlungsstrang (wenn man das so nennen kann). Die Geschichte um den geheimen "Gast" sollte wohl Verwirrung stiften und den Leser, wie auch die Protagonistin, von der eigentlichen Suche nach dem Mörder ablenken. Allerdings fand ich, dass dies durch einfachere Mittel wohl etwas besser gelungen wäre. Diese Rahmenhandlung wäre meiner Meinung nach nicht nötig gewesen.


    3ratten



    Übrigens: Ich habe auch nicht verstanden, wen Anne Holt da zu Schluss beschrieben hat...

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Da ich alle Holts gelesen habe, möchte ich auf jeden Fall hinzufügen, dass die Wilhelmsen immer schon ein sehr besonderer Typ war.
    Ruppig und zurückgezogen keineswegs erst seit sie im Rollstuhl sitzt. Ich weiß nicht wie es auf mich wirken würde, wenn ich jetzt mit diesem Band eingestiegen wäre.
    Ich finde, dass da dann ganz viel fehlt. Wilhelmsen hat so viel schon durchgemacht und all das müsste man meiner Meinung nach mitdenken können müssen, wenn man nun an das neue Buch rangeht und den Charakter versucht zu erfassen.
    Klar, nicht jeder kann von jeder Serie alles gelesen haben. Mir ist das aber immer sehr wichtig.
    Wenn ich eine neue Serie entdecke, dann kaufe ich mir immer erst alle Vorgänger.


    Hier wurde immer wieder auf Agatha Christie verwiesen. Ich möchte hinzsetzen, dass es, wenn überhaupt, dann eine Hommage allgemein an den klassischen englischen Krimi ist. Da kann man viele Namen nennen. Ich habe gerade Dorothy Sayers "Gaudy night" gelesen. Auch ein typisches Beispiel von festem Rahmen: Oxford


    Was aber sehr stark an Agatha Christie erinnert, das ist, dass ein Zug feststeckt. Der Orientexpress ist solange im Schnee festgesteckt bis Hercule Poirot den Fall gelöst hat. Hier ists eine Entgleisung im Schnee, aber es erinnert schon sehr.


    Ich bin mit der neuen Holt erst auf Seite 70, deshalb kann ich noch keinen Gesamteindruck von mir geben.


    Ich finds schade, dass ich ihn nicht gelost habe. Teuer erkauft :rollen:

    Einmal editiert, zuletzt von Judith ()


  • Ich denke, dass ich schon erraten habe wen sie meint.


    Das dachte ich mir zuerst auch, aber sie beschreibt ihn dann als "sehr schönen Mann", was meiner Meinung nach so gar nicht passt. Außerdem fände ich es ja schon zu offensichtlich. :gruebel:

    &quot;This was another of our fears: that Life wouldn&#039;t turn out to be like Literature&quot; (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Das dachte ich mir zuerst auch, aber sie beschreibt ihn dann als "sehr schönen Mann", was meiner Meinung nach so gar nicht passt. Außerdem fände ich es ja schon zu offensichtlich. :gruebel:


    Sehe ich auch so, Mrs. Dalloway. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen, weil es in meinen Augen einfach zu konstruiert wäre. :schulterzuck:

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Sehe ich auch so, Mrs. Dalloway. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen, weil es in meinen Augen einfach zu konstruiert wäre. :schulterzuck:


    Zum einen: Er war sogar richtig gutausehend. Es gab ja eine Zeit bevor er sich zum Terrorismus entschlossund ein großer Playboy war. Zum anderen: in dieser völligen Überzogenheit liegt doch der ganze Witz. Ihr sagt beide, dass ihr es dachtet, aber zu offensichtlich fändet, aber genau damit spielt Holt ja. Und konstruiert ist das nicht, sondern einfach ein absolut witziger Einfall und eben voller Ironie. Und auch verdammt schwarzem Humor und an an dieser Stelle wird die Norwegerin Holt sogar richtig british.

  • @ Judith


    Ich habe es nicht gedacht, als ich das Buch gelesen habe. Ich habe deine Meinung gelesen und das war nur meine Reaktion. :zwinker:

    :leserin: Plichota/ Wolf: Oksa Pollock - Die Unverhoffte<br /><br />SLW - Annabas: 1/10<br />SLW - Seychella: 0/10

  • Hier auch mal kurz meine Meinung dazu:


    Frostige Faszination!
    Durch die Leseprobe konnte man leicht erkennen das dies ein Buch werden würde mit einer Protagonistin über die sich die Welt leicht streiten könnte. Normalerweise rümpfe ich die Nase wenn es um einen Krimi geht aber gerade diese Tatsache hat das Buch für mich so faszinierend wirken lassen.
    Die Protagonistin ist eine ehemalige Ermittlerin die durch einen „Berufsunfall“ an den Rollstuhl gebunden ist. Von Anfang an wird dem Leser signalisiert, das es sich hierbei um eine Frau handelt die Mitmenschen gegenüber eher kühl, abweisend und auch gefühllos und mürrisch erscheint, was von ihr durchaus beabsichtigt wird. Sie verabscheut es durch ihr Handicap mitleidige Blicke auf sich zuziehen und sich auch noch helfen lassen zu müssen. Bitten tut sie grundsätzlich nur in Ausnahmefällen. Aber durch die „Finse-Katastrophe“ wie dieses Ereignis später genannt wird, ändert sich auch dieses Verhalten, stockend und langsam, aber es verändert sich. Hilfe ist bitter nötig, nicht nur für sie, sondern auch für alle andern unfreiwilligen Hotelgäste.


    Der Kriminalroman lebt von außergewöhnlichen und sehr skurrilen Charakteren die sich herrlich miteinander verbinden und sprichwörtlich ein Netz weben. Sei dabei der kleinwüchsige Dr. Streng, der verschlossen-mürrische und häufig offen anklagende Jugendliche Adrian oder die undurchsichtige Geistlichen-Gemeinschaft zu nennen.
    Der spezielle Charakter der Hauptperson Hanne, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, nähert sich auf mitreißende Weise ebenso seltsamen Menschen, die sich selber anziehen, aber auch abstoßen, gegenseitig Aufmerksamkeit einheimsen oder einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen.


    Eine Gruppe, in einer Extremsituation, auf sich alleine gestellt. Schnell taucht die Frage auf, wer nun eigentlich das Sagen hat. Demokratie? Gruppenbildung? Ausgrenzung? Schon hier wirkt das Buch kritisierend und zugleich verwirrend. Passend dazu befinden sich Ausländer, verschleierte und „farbige“ Menschen unter den Gästen.


    Häufig tauchen in kurzen aber (in)-gehaltvollen Dialogen aktuelle Themen auf, wie al-Quaida oder die allgemeine Terrorpolitik in den USA.
    Durch lustige, ernste, groteske oder einfach erschreckende Aussagen gerät der Leser in einen Strudel von Lachen und Stirnrunzeln.


    Da die Protagonistin selber eine erfahren Frau ist, an deren Gedanken man nicht nur die Behinderung erkennt, sondern auch einfach die Tatsache das sie „gelebt hat“ erscheinen viele Situationen anders als man es als Außenstehender erwartet hätte. Selbst von Zweifeln geplagt und an alte Vorurteile denkend kann der Leser auch eintauchen in philosophisch-religiöse Fragen. Um nur ein Beispiel anzubringen:
    „Was bedeutet es, ein guter Mensch zu sein? Ist man einer, wenn man Gutes tut? Oder ist es, da wir Menschen nun einmal mit einem ungeheurem Egoismus ausgestattet sind, eher eine Frage der Fähigkeit, unsere Mängel einzusehen und unsere Fehler zu bedauern?“


    Anne Holt gelingt es mit Feingefühl und Gespür für den wirklich richtigen Moment Witz, Ironie aber auch Verzweiflung, Wut und Ernsthaftigkeit genau abzuwiegen und dem Leser das zu präsentieren wonach er gerade zwischen den Zeilen anfängt zu suchen.
    Immer noch faszinierend finde ich die Figur der Hanne, die ich kaum so beschrieben kann wie ich sie erlebt habe.
    Das einzige was ich zu kritisieren habe, sind die Vorrausdeutungen. Sätze wie "Aber das alles wusste ich zu dem Zeitpunkt ja noch nicht". Ab und an, habe ich über diesen Sätzen die Augen gerollt, obwohl es eine doch recht ausgefallene Art und Weise ist, solche Geschehnisse zu beschreiben.


    Wer mit einem ab und an recht frostigem aber mitreißendem Haupt-Charakter umgehen kann, und sich auch einmal in eine andere Art des „Miterlebens“ hineinfühlen möchte, für den ist dieses Buch ein muss!


    Also ich würde sagen 4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Ich bin, was du träumst.<br />Ich wache immer über dich.<br />Ich bin, was deine Hand lenkt.<br />(gez. Seele)

  • Ich durfte auch Probelesen:


    Gleich mehrere Rätsel


    Ein Zugunglück, ein Schneesturm, 196 Menschen in einem Hotel eingeschlossen...
    So wird der Leser gleich von mehreren Rätseln in den Bann gezogen. Zum einen natürlich der Mord an einem Pastor, der nicht der einzige Tote bleiben wird. Außerdem gibt es einen geheimnisumwobenen, bewachten, zusätzlichen Eisenbahnwaggon. Benutzt von der norwegischen Königsfamilie? Oder doch der Transport eines hochgefährlichen Terroristen? Und nicht zuletzt die unfreiwillige Ermittlerin, Hanne Wilhelmsen. Eigentlich aus dem Polizeidienst durch eine Schußverletzung im Dienst ausgeschieden und seither an den Rollstuhl gefesselt, gewährt sie nur langsam Einblick in ihr Leben und ihre Gedankenwelt.
    Ein schönes Buch für alle Fans von unblutigen Morden!


    Der seltsame Mann am Ende hat mir allerdings auch nicht wirklich was gesagt. Aber Lust auf die restlichen Wilhelmsen-Bände hab ich bekommen...


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Manuela2205 ()