Hallo,
Doris Lessing: Hunger nach dem großen Leben
Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Diese längste von Doris Lessings afrikanischen Erzählungen erschien in Deutschland erstmals 1956 unter dem Titel „Hunger“ in dem Band „Der Zauber ist nicht verkäuflich“, Verlag Tribüne Berlin. Ich besitze noch die Taschenbuchausgabe des Diogenes Verlages von 1976, darin diese Erzählung noch unter dem Titel „Hunger“ erschien. Nach Recherchen in diversen Internetantiquariaten erschien diese Erzählung, damals, also 1976, offenbar auch schon unter dem Titel „Hunger nach dem großen Leben“, ebenfalls beim Diogenes Verlag. Kurios, ja fast unglaublich, das ein und dieselbe Geschichte unter zwei diversen Titeln kusierte. Die Verwirrung kann noch vervielfältigt werden, wenn man bedenkt, dass der bei Diogenes lieferbare Titel „Der Zauber ist nicht verkäuflich“ inhaltlich nicht identisch mit der gleichnamigen Ausgabe von 1956 ist.
Der Originaltitel im Englischen ist „Hunger“. Dass man die deutsche Übersetzung in „Hunger nach dem großen Leben“, unter dem Titel sie heute zu erwerben ist, erweiterte ist klug, weil man erstens Verwechslungen mit Knut Hamsuns Roman „Hunger“ vermeidet und zweitens dem Inhalt des Buches näherkommt, denn hier ist wirklich „Der Hunger nach dem großen Leben“ gemeint, dem Leben in der Stadt, der Stadt der Weißen.
Ein afrikanischer Jugendlicher will sein Dorf verlassen und in die Stadt ziehen. Er träumt davon, wie die Weißen leben. Sie wohnen in Häusern aus Stein, nicht in Lehmhütten. Jabavu, so heißt der Junge, lauscht den Leuten, die aus der Stadt kommen und an seinem Dorf vorüberziehen. Er träumt von einem besseren Leben. Sein Bruder geht mit dem Vater in der Früh täglich auf das Feld, Jabavu geht nur mit, wenn er will. Lieber versucht er, sich das Lesen beizubringen und sehnt sich auf den Tag, an dem sein großes Abenteuer beginnt, eine mehrtägige Reise, natürlich zu Fuß, in die Stadt. Doch so einfach hat er es in der Stadt nicht. Da er zu wenig Lebenserfahrung hat, gerät er unwillentlich in die Hände einer Diebesbande, aus der er sich erst lösen kann, als er mit den Gesetzen in Konflikt kommt.
Doris Lessing hat eine sehr schöne lebendige Erzählung geschrieben, die realistisch aufzeigt, wie groß die Gräben zwischen den Schwarzen und Weißen ist. Unmöglich, zumindest damals in den 40er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, dass ein Eingeborener in die Fußstapfen Weißer schlüpfen kann, denn die Eingeborenen werden zu geringstem Lohn ausgebeutet und stehen in Schatten des großen Lebens (damals wurde es noch für unmöglich gehalten, dass ein Afroamerikaner Präsident werden kann, klar!). Die Erzählung konzentriert sich schließlich auf Organisation, Arbeitsweise und dem Leben in einer Diebesbande. Gerade hier wird eine Brücke bis in unsere Zeit geschlagen, denn in sozialen Brennpunkten der Welt, gibt es auch heutzutage Menschen, die sich, weil sie nicht anders können, vom Diebesgut leben. Diese großartige Erzählung möge jedem Leser in die Hände gelegt werden, denn erstens wird sie so lebensecht erzählt, dass man das Buch nicht aus der Hand legen mag und zweitens macht uns diese Erzählung bewusst, was für katastrophale Lebensverhältnisse sich aus Armut und Unterdrückung entfalten können. Schließlich die Überlegung „was wäre wenn“? Was wäre wenn Jabavu immer in seinem Dorf geblieben wäre, und mit seinem Vater jeden Tag in der Früh auf dem Acker gegangen wäre? Sollte nicht jedem Menschen die Chance gegeben werden, sein Leben zu ändern, sein Leben zu verbessern? Wie schwierig das unter bestimmten Umständen sein kann, zeigt uns diese Geschichte.
Liebe Grüße
mombour