Gary Jennings - Marco Polo. Der Besessene

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  • Gary Jennings: Marco Polo – Der Besessene
    (erschienen 1984, dt. 1985)


    Klappentext:
    Eine Reise voller Abenteuer und Gefahren führt Marco Polo aus dem mittelalterlichen Venedig über die Levante und die Seidenstraße bis nach Khanbalik, dem heutigen Peking. Von unerschütterlicher Neugier besessen, wird er ein leidenschaftlicher Sammler von Sitten und Sprachen, betätigt sich als Händler, Krieger, Liebhaber, Spion und Steuereinnehmer. Im Dienst des Großkhans Kubilai kämpft er gegen tibetische Bergvölker, bereist die Pfefferinseln der Sunda-See und dringt bis nach Hinterindien vor. Auf dem Sterbebett soll Marco Polo gesagt haben: „Ich habe nicht einmal die Hälfte von dem erzählt, was ich erlebt und getan habe.“
    Jene andere Hälfte und noch einiges mehr erzählt Gary Jennings.


    In diesem Roman wird aus dem Leben von Marco Polo erzählt, beginnend mit seiner Jugend in Venedig und bis zum Ende seiner Reise, die er mit Vater und Onkel unternahm. Jennings liefert hier sehr bildhafte und detaillierte Beschreibungen von Landschaften, Menschen und Gebräuchen, die das Buch zu einem wirklich spannenden und flüssigen zu lesenden Reisebericht machen, in dem auch hier und da der Humor nicht zu kurz kommt. Bei aller Ausführlichkeit wird es, abgesehen von einigen Erlebnissen im letzten Viertel des Buches, nicht langweilig.


    Als überflüssig empfand ich die teilweise ausführlich beschriebenen Ekel erregenden Szenen und die zahlreichen erotischen Abschnitte, die oft schon eine Tendenz ins Pornografische aufweisen. Ich vermute, dass dem Autor hier entweder die Fantasie durchgegangen ist oder er das Gefühl hatte, seinen Lesern auf den über 1000 Seiten mehr bieten zu müssen als einen simplen Reisebericht, womit er das Buch auf ein etwas seichtes Niveau herunter zieht.


    Es wurde schon oft bezweifelt, dass Marco Polo diese Reisen selbst unternommen hat, unter anderem aufgrund der Tatsache, dass er die Große Mauer in seinen Berichten nie thematisierte. Jennings tut einiges dafür, um Marco Polo zu rehabilitieren, indem er den Abenteurer hier die Mauer des öfteren ansprechen und ihn außerdem erwähnen lässt, dass er ihre Existenz in seinen früheren Berichten unterschlagen hat. Diese Passage liest sich etwas unrund, wenn man die Hintergründe erahnt, warum sie in die Handlung eingeflochten wurde. Außerdem vergleicht Polo im Roman Buddhismus und Taoismus, was in seinen autobiografischen Schriften ebenfalls unterlassen wird. Mir stellte sich dadurch auch immer wieder die Frage, welche Teile der Erzählung der Wahrheit entsprechen und was lediglich vom Autor dazugedichtet wurde. Zeitweilig waren die Erlebnisse so haarsträubend, dass sie unmöglich der Wahrheit entsprechen können, was den Genuss am Lesen doch etwas trübte.


    Als störend empfand ich zunehmend die vielen Begriffe der jeweiligen Landessprachen, die immer wieder auftauchen und oft unklar blieben, da auf Fußnoten oder ein Glossar verzichtet wurde. Dem Buch sind zwei Karten mit Polos Reisewegen vorangestellt, die allerdings sehr spärlich beschriftet sind. Leider fehlte eine Zeittafel mit wichtigen Daten aus Polos Leben, die die Handlung gut abgerundet hätten.


    Ein Buch mit einem interessanten und spannenden Thema, das leider durch einige allzu fantasievolle und unglaubwürdige Ereignisse bisweilen leicht kitschig anmutete. Wenn man gewisse Szenen herausstreichen und das Werk um vielleicht 200 Seiten kürzen würde, wäre es ein schöner Roman.


    Eigentlich wäre es vier Ratten wert, aber wegen des Fehlens der kleinen Extras, die einem recherchemüden Leser das Leben erleichtern, und den zu häufigen Gräuel- und Bettgeschichten gibt es nur


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


  • Als überflüssig empfand ich die teilweise ausführlich beschriebenen Ekel erregenden Szenen und die zahlreichen erotischen Abschnitte, die oft schon eine Tendenz ins Pornografische aufweisen. Ich vermute, dass dem Autor hier entweder die Fantasie durchgegangen ist oder er das Gefühl hatte, seinen Lesern auf den über 1000 Seiten mehr bieten zu müssen als einen simplen Reisebericht, womit er das Buch auf ein etwas seichtes Niveau herunter zieht.


    Daran kann ich mich irgendwie gar nicht mehr erinnern. :redface: Das habe ich wahrscheinlich verdrängt. :zwinker:


    Bei den Ekel erregenden Szenen kann ich dir nur zustimmen. Obwohl ich das Buch schon vor vielen Jahren gelesen habe, kann ich mich an bestimmte Dinge immer noch besser erinnern als mir lieb ist.

  • Von einer Szene habe ich in etwas abgewandelter Weise sogar nachts geträumt, und zwar als der Kerkermeister über seine Foltermethoden sprach. Das hat mich lange beschäftigt. So viel Fantasie war gar nicht nötig, um sich das ausführlich beschriebene Vorgehen vorzustellen. Ich habe mich dahingehend gerettet, den Abschnitt nur zu überfliegen, aber selbst da habe ich noch zu viel abbekommen. *schüttel*

  • Auf Grund Eurer Kommentare bin ich mir jetzt ziemlich sicher, daß ich genau dieses Buch vor Jahren auch schon mal angefangen und wegen extremer Ekelgefühle abgebrochen hatte. Da es sich inzwischen wieder in meinen SuB geschlichen hatte, habe ich es jetzt ganz schnell noch wieder daraus entfernt. Es gibt Dinge, die muß ich einfach nicht lesen.


    Schönen Gruß,
    Aldawen