Dieses Buch ist mein Beitrag zu Laos in unserem Projekt "Wir lesen uns rund um die Welt". Ich habe es im englischen Original unter dem Titel "The Coroner's Lunch" gelesen.
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Laos, 1976:
Eigentlich hatte der 72-jährige Arzt Dr. Siri Paiboun nach der Machtübernahme durch die Kommunisten, für die er 30 Jahre lang gekämpft hatte, in den wohlverdienten Ruhestand gehen wollen. Aber das Schicksal - hier verkörpert durch die kommunistische Führung - wollte es anders. Da viele gerade hochausgebildete Leute das Land verließen, müssen die dagebliebenen weiterhin nach Kräften arbeiten. Dr. Siri wird, da sonst niemand qualifiziertes mehr vorhanden ist, die Arbeit des Leichenbeschauers übertragen. Zwar hat er von Obduktionen keine Ahnung, aber mit Hilfe einiger alter Lehrbücher sowie seinen beiden Gehilfen, der Krankenschwester Dtui und dem Obduktionsgehilfen Mr Geung, der trotz seines Down-Syndromes in Routinesituationen sehr gut funktioniert, schafft er es, seine Arbeit einigermaßen gut durchzuführen.
Zu gut - denn als er die Leiche einer hohen Parteigenossin seziert, erkennt er, dass bei ihrem Tod nicht alles mir rechten Mitteln zugegangen ist. Auch die anderen Leichen, die ihm unters Messer kommen, haben Geheimnisse, die sie seinem zwar ungeübten, aber neugierigen Auge anvertrauen - zum Leidwesen verschiedener Leute, denen das einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht.
Als schließlich drei Wasserleichen gefunden werden und es sich herausstellt, dass es sich bei ihnen um Vietnamesen handelt - und zwar um hohe Tiere, die auf dem Weg in die laotische Hauptstadt mysteriöserweise verschwunden waren - und es so aussieht, als wären die laotische Führung in deren Verschwinden verwickelt, bahnt sich eine außenpolitische Krise an. Zusammen mit einem vietnamesischen Kollegen versucht Dr. Siri, eine Ausweitung der diplomatischen Krise in einen bewaffneten Konflikt zu verhindern, denn irgendetwas stimmt auch hier nicht - der Tod der Vietnamesen hatte andere Ursachen als es den Anschein hat.
Dass es vielleicht besser gewesen wäre, weniger genau zu arbeiten, merkt Dr. Siri, als ein Mordanschlag auf ihn verübt wird.
Ich hatte mir von diesem Krimi viel erwartet, hoffte auf einen neuen Volltreffer à la Mma Ramotswe, wurde aber enttäuscht.
Dr. Siris Laos kam mir viel weniger authentisch vor als Mma Ramotswes Botsuana. Zwar werden die schwierigen Arbeitsbedingungen mit dem eklatanten Mangel an grundlegendem Arbeitsmaterial ebenso deutlich beschrieben wie das Leben unter einem kommunistischen Regime, in dem es überall "chicken counters", Spitzel gibt, die Abweichungen von der richtigen Lehre an die Behörden melden, was zu "Umschulungen" oder Schlimmerem führen kann. Unter diesen Bedingungen waren mir die Protagonisten allerdings trotz Angst vor Anschwärzung sehr frei mit kritischen Äußerungen über die bestehenden Verhältnisse, sie schienen die Auswüchse des neuen Regimes doch sehr gelassen über sich ergehen zu lassen. Überhaupt wirkte die Beschreibung der äußeren Verhältnisse nicht wirklich echt, sondern eher als exotische Kulisse.
Auch in der Personenzeichnung hat Mma Ramotswe die Nase vorn. Ich konnte mir bis zum Ende kein wirkliches Bild der Protagonisten machen. Glaubwürdig waren sie in meinen Augen nicht. Dr. Siri erschien absolut nicht wie ein über Siebzigjähriger, der zudem noch ein hartes Leben im laotischen Dschungel hinter sich hat, Mr. Geungs Downs-Syndrom wurde nur aus Erklärungen, nicht aber aus seinem Verhalten wirklich deutlich, aber vor allem hatte ich nie Laotier, sondern Westler vor den Augen, was nicht zuletzt an der Sprache lag.
Wenn zum Beispiel eine ältere, verwitwete Frau (eine Laotierin wohlgemerkt) von ihrem insgeheimen Schwarm zum Abendessen eingeladen wird, auf diese lang ersehnte Einladung mit "You bet" antwortet, klingt das in meinen Ohren grundfalsch. Eine exotische Atmosphäre kann so für mich nicht aufkommen.
Ebenfalls gestört hat mich die Art des Humors. Auch der erscheint mir sehr westlich, eher amerikanisch, und mit Ami-Humor habe ich sowieso meine Probleme. Jedenfalls finde ich es absolut nicht witzig, wenn (im "Vorspann sozusagen, noch vor dem 1. Kap., daher kein Spoiler) von einem Menschen, der an ein Gewicht gebunden aus einem Flugzeug geworfen wird und in einen See stürzt, folgendes geschrieben wird:
ZitatBy the time he reached the surface of Nam Ngum reservoir, he was already ahead by two seconds. If this had been the Olympics, he would have scored a 9.98 or thereabouts. There was barely a splash.
Schließlich war da auch noch der übernatürliche Einschlag. Trat der am Anfang noch dezent in Form von Dr. Siris Träumen auf, so nahm er immer größeren Raum ein und störte mich zunehmend.
Nein, Dr. Siri ist (leider) nichts für mich, aber da befinde ich mich - wenn ich mir die Bewertungen im britischen und us-amerikanischen Amazon anschaue - in der Minderheit, ja, ich bin die Minderheit . Gebt ihm also ruhig eine Chance, vielleicht trifft er euren Geschmack eher als meinen.