Driss Chraïbi - Inspektor Ali im Trinity College

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.844 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von JaneEyre.

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    Kurzbeschreibung
    Schlaksige Beine, kurzer Schnauzbart, abgewetzte Hosen und Sportschuhe - Inspektor Ali ist eine Provokation für die steifen Beamten von Scotland Yard. Der große Liebhaber der Poesie, Kreuzworträtsel und schöner Frauen wird nach Cambridge geschickt, wo eine marokkanische Prinzessin tot aufgefunden wurde. Mord oder Selbstmord? Ein diplomatisches Debakel droht.


    Meine Eindrücke
    Selten habe ich ein Buch in der Hand, bei dem ich nach zwei Seiten bereits einen heftigen Lachanfall bekam. Inspektor Ali lieferte mir aber genau das mit einem Telefonat, das er aufgrund seiner atemberaubend schönen Frau Sophia aber erst einmal völlig vergisst. Spritzig geht es weiter. Ali lässt keine Gelegenheit aus, anders zu sein als die anderen und übertreibt dabei schamlos, wenn es seinen Zwecken dient. Gleichzeitig überrascht er mit Schlussfolgerungen à la Sherlock Holmes, die er einfach aus vorhandenen Informationen zieht und für die er zum Teil seine Lebenserfahrung nutzt (auch, wenn diese keine 40 Jahre umfasst). Er erledigt eine Finte nach der anderen und lockt den Täter in eine trickreiche Falle.


    In einer Empfehlung steht über dieses Buch, man treffe auf schwarzen Humor und eine Satire mit Kultur-Knalleffekt über die Unterschiede zwischen Nord und Süd. Wie wahr! Bei einigen Passagen musste ich in der Tat aufpassen, Chraïbi nicht auf den Leim zu gehen. Ali benimmt sich stellenweise äußerst klischeehaft: Er tritt in traditioneller Djellaba auf oder lässt seine Versuche mit britischer Kleidung so enden, dass er aussieht wie Lord Peter Wimsey.
    Ali ist eine Figur, die noch aus anderen Gründen im Gedächtnis bleibt. Er liebt die Poesie - mit der Besonderheit, dass er es ausschließlich auf verstorbene Autoren abgesehen hat. All die zeitgenössischen Namen, denen er begegnet, sagen ihm rein gar nichts. Dafür verblüfft er die Briten mit Kenntnis uralter englischer Werke, die er aus dem Stegreif zitieren kann. Sein Standard-Kommentar: "Ist aber schon längst tot." Superintendent Westlake von Scotland Yard wird sich dagegen vielleicht diesen Spruch merken: "Und wenn ich Ihnen wie ein Idiot vorkomme, dann nur, weil ich wirklich einer bin."


    Ali markiert eine Mischung aus Macho und Schlitzohr, das man mit Augenzwinkern entwaffnen kann. Weit gefehlt. Am Ende offenbart er, dass er zwar ein Schlitzohr ist, aber keinesfalls das harmlose, pfiffige und sympathische. Er zögert keinesfalls mit noch ärgeren Finten, um seine Vorstellungen von Gerechtigkeit durchzusetzen. Auf der letzten Seite könnte dem einen oder anderen Leser gut und gerne der Bissen im Hals stecken bleiben.


    4ratten

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  • Das klingt ja wirklich sehr vielversprechend! Ich glaube, den Inspektor Ali möchte ich auch bald kennen lernen. Leider ist laut Krimi-Couch nur eins der drei Ali-Bücher übersetzt worden.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Das klingt ja wirklich sehr vielversprechend! Ich glaube, den Inspektor Ali möchte ich auch bald kennen lernen. Leider ist laut Krimi-Couch nur eins der drei Ali-Bücher übersetzt worden.


    Laut Wikipedia spielt Inspektor Ali auch in Ermittlungen im Landesinnern schon mit. Ob das aber als „Inspektor-Ali“-Krimi durchgeht ... ? :winken:


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • Laut Wikipedia spielt Inspektor Ali auch in Ermittlungen im Landesinnern schon mit. Ob das aber als „Inspektor-Ali“-Krimi durchgeht ... ? :winken:


    Im Anhang meines Buches steht über die Ermittlungen im Landesinneren folgendes:
    ... Dienstreise von zwei Polizeibeamten aus der Hauptstadt ins zurückgebliebene Hinterland ... zeigt die Obszönität einer Zweiklassengesellschaft, die unter neuer Maske die Ungerechtigkeit kolonialer Strukturen fortsetzte. Hier tritt zum ersten Mal der zunächst naive Inspektor Ali auf, der sich auf seinem sicheren Regierungspöstchen ausruht und die Tage am liebsten schlafend im Schatten verbringt, bis er allmählich lernt, wie man eine Machtstellung für die Beförderung privater Interessen benützen kann.


    Ich persönlich vermute, dass das Ermittlungen-Buch eher auf Marokko-interne Konflike abzielt als auf die Ermittlungen und dass sich Ali erst später im Kopf von Chraïbi zu einer eigenständigen Figur entwickelte, die eine eigene Serie verdiente. Aber das müsste ich mir auch erst "erlesen".


    Den ersten "offiziellen" Ali-Roman scheint es auch auf englisch zu geben:

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    Mehr werden wir von Ali leider ohnehin nicht zu lesen bekommen, da Chraïbi vor etwas mehr als einem Jahr verstorben ist. Zumindest meinem ersten Eindruck nach wäre das eine Serie, von der ich gerne mehr gelesen hätte.

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  • Driss Chraïbi – Inspektor Ali im Trinity College


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    Inhaltsangabe:


    In Cambridge wird eine marokkanische Prinzessin tot aufgefunden. War es ein Mord oder Selbstmord? Aus diplomatischen Gründen der wird in Casablanca polizeiliche Unterstützung angefordert, und die Wahl fällt auf Inspektor Ali. Dieser fliegt nach England und verwirrt mit seinen unkonventionellen Methoden nicht nur die dortige Polizei, sondern auch Zeugen und Verdächtige ...


    Der erste Satz:


    „Durch das weit zum Garten hin geöffnete Schlafzimmerfenster drangen duftende Schwaden von Jasmin du Glyzinie herein.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Ich bin von dieser Geschichte ziemlich enttäuscht Vielleicht hätte ich sie nicht als Krimi lesen sollen, sondern als „sonstige Belletristik“, denn dann hätten mich die groben Patzer nicht so gestört.


    Für den Krimi spricht, dass es eine Tote gibt und Ermittler. Dagegen spricht, dass Inspektor Ali seine Erkenntnisse völlig aus der Luft greift und diese für den Leser nicht nachvollziehbar sind. Ähnlich wie bei Agatha Christies Hercule Poirot gibt es in der Schlusszene eine Auflösung und die Entlarvung des Täters, dies passiert aber ohne jede nachträgliche Erklärung, wie Inspektor Ali gerade darauf gekommen ist. Die Geschichte wird dadurch komplett unglaubwürdig und für einen Krimi wirklich unbefriedigend.


    Auch mit der Person des Inspektor Ali hatte ich meine Schwierigkeiten. Er agiert übertrieben, flegelhaft, unsympathisch und machomäßig. In der Schlussszene wird er zwar sympathischer, da war es für mich aber schon zu spät, ich mochte das Buch schon nicht mehr. Die übrigen Personen sind sehr flach, klischeehaft und schematisch dargestellt, was sicher auch damit zusammenhängt, dass es sich um eine sehr kurze Geschichte handelt, das Buch umfasst nur ca. 150 Seiten – das lässt für eine Entwicklung der Charaktere keinen Raum.


    Schade, ich hatte mir wirklich mehr versprochen.


    Meine Bewertung: 2ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


    Viele Grüße von Annabas :winken:

  • Oh wie unterschiedlich die Meinungen doch sind - also selbst entscheiden wie ich das sehe. Kommt sicher immer darauf an wie man an ein Buch rangeht.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Das stimmt, habe ich auch gedacht, als ich Annabas Rezi gelesen habe. Ihre Charakterisierung stimmt auch absolut: Der Kerl ist schlimmer als Schimanski. Ali habe ich aber irgendwie nie so ganz ernst genommen. Ich wurde z. B. das Gefühl nicht los, dass der Autor absichtlich übertrieben hat. Daher kam ich mit der Figur des Ali auch gut klar.


    Jetzt bin ich aber erst recht gespannt, was Du dazu sagen wirst :winken:

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  • Noch hab ich ihn ja nicht - aber er steht mal auf der Wunschliste :winken:

    Liebe Grüße JaneEyre

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