Rohinton Mistry - So eine lange Reise. Ein Indien-Roman

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 3.256 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aldawen.

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    Klappentext:
    Gustad Noble wohnt mit seiner Familie in einem Wohnblock am Rande von Bombay. Diese Familie steht im Mittelpunkt von Rohinton Mistrys Roman, der einfühlsam und humorvoll das Leben der Menschen in der indischen Metropole schildert. So entsteht ein eindrückliches Porträt der zeitgenössischen indischen Gesellschaft mit all ihren Facetten und Widersprüchen.


    Meine Meinung:
    Das Buch versetzt uns ins Jahr 1970/71, als Indira Ghandi regierte und der indisch/pakistanische Krieg begann. Politische Korruption, Unruhen in der Bevölkerung und der (bevorstehende) Krieg ist der eine Teil des Alltags, der seine Auswirkungen in Gustads Leben hat und ihn ziemlich durcheinander bringt, der andere Teil des Alltags ist die Sorge um seine Kinder, seine Familie, seinen Arbeitskollegen und seinen alten Freund. So ist seine kleine Tochter sehr kränklich und sein Sohn hat die Familie im Streit verlassen. Dazu kommen die Streitigkeiten mit seinen teils schrulligen oder nervenden Nachbarn.


    Man erlebt Gustads Kämpfe im Alltag mit und fühlt sich durch die detailreichen Beschreibungen und liebevoll gezeichneten, teils skurrilen Figuren in sein indisches Leben hineinversetzt, ahnt den Geruch auf dem Markt und die Hektik in den Straßen und bekommt einen Einblick in die Lebensweise und Bräuche. Dabei staunt man über manch skurrile Aktion von Gustads Frau, die mithilfe einer schrulligen Nachbarin und deren „Wissen“ über Magie manches Problem der Familie lösen will, amüsiert sich über wiederkehrende Streitereien und lustige Begebenheiten, ist traurig über das Schicksal des ein oder anderen und entsetzt über manch Ritual, wie z. B. ein Begräbnis.


    Gustad meint es immer gut mit allen, erlebt manche Enttäuschung und Traurigkeit, aber auch kleine persönliche Triumphe, die einen schmunzeln lassen. Spitzt sich auch am Ende einiges zu , so ist dieses doch versöhnlich und zeigt, dass sich Gustad am Ende der Reise zu sich selbst verändert hat und dafür eine bedeutende Veränderung in seinem Leben vornimmt.


    Es fällt mir schwer , genau zu beschreiben, wie das Buch ist. Es sind so viele kleine Dinge, die durch die Beschreibung von Tätigkeiten, Äußerlichkeiten, Gedanken oder Dialogen, eine Atmosphäre erzeugen, die teilweise fremd, abstoßend aber auch lustig, erstaunlich, interessant und traurig ist. Ein regelrechtes Wechselbad.


    Eine Sache hat mich allerdings gestört, nämliche die vielen indischen Begriffe. Aus dem Zusammenhang war zwar oft erkenntlich, um was für einen Gegenstand etc. es sich gehandelt hat, aber nicht immer so deutlich. Ich hätte da gerne die deutsche Bedeutung als Fußnote oder als Auflistung im Buch gehabt. Leider war dies nicht der Fall und die Begriffe störten dann manchmal doch den Lesefluss und ich konnte mir nicht immer vorstellen, was das denn nun genau sein war. Es gab auch mal die ein oder andere kleine Länge, aber das war nicht weiter störend. Alles in allem fand ich das Buch sehr interessant, zeigte es doch sehr anschaulich und trotz aller Widrigkeiten humorvoll das Leben einer einfachen indischen Familie in einer nicht einfachen Zeit.


    4ratten

  • Dieser schönen Rezension kann ich mich vorbehaltslos anschließen. Ich habe das Buch vor einem halben Jahr gelesen und mochte es sehr. Es ist sicherlich nicht umwerfend, aber es zeichnet das Bild einer sympathischen indischen Familie, die es nicht immer leicht hat und beschreibt so an vielen kleinen einzelnen Dingen deren Alltag, Sorgen, Ängste und Probleme, aber auch ihr bescheidenes Glück. Es ist ein interessanter Einblick in die indische Gesellschaft.

    [i]Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder vorstoßen würden, von allen Mensche

  • Hallo!


    Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und fand es richtig gut. Mich haben aber auch die vielen indischen Begriffe zunächst irritiert. Daher habe ich die am häufigsten vorkommenden Vokabeln aufgeschrieben und beim nächsten Besuch in ein indischen Restaurant (welches ich damals sehr häufig besuchte) mitgenommen und den Chef damit sekkiert :breitgrins:. Er fand das aber amüsant und hat sich über mein Interesse gefreut. Und ich habe noch einige Sachen mehr erfahren...


    Ich kann mich auch der Rezension von Heimfinderin anschließen.


    Liebe Grüße
    nikki

    Ich lese gerade:<br />Lion Feuchtwanger - Der jüdische Krieg

  • nikki,
    das find ich ja klasse mit den Vokabeln! Wir haben ja auch einen Inder im Ort und auf die Idee hätte ich ja auch mal kommen können. (Allerdings sind die oft etwas unterkühlt, ich weiß nicht, was die davon halten würden, wenn ich mit den Wörtern ankomme. Vielleicht versuche ich das trotzdem mal.) Für das Verständnis des Buches ist es ja nicht soooo wichtig, aber interessieren würde mich das ein oder andere halt doch.


    Mir gehen unter anderem auch immer mal wieder die Szenen mit Gustads Frau und der Nachbarin durch den Kopf. Unglaublich, welche "Zaubereien" die angestellt haben, um das Schicksal zu beeinflussen.. :breitgrins:


    Schön, dass es euch auch gefallen hat!

  • Da über den Inhalt nicht mehr zu sagen ist, als in den anderen Postings schon steht, lasse ich das diesmal also (das ist ein ganz ungewohntes Gefühl :zwinker:) und komme direkt zu


    meiner Meinung: In diesem Roman „passiert“ eigentlich nichts, damit vermittelt er ein vermutlich durchaus richtiges Bild von einer Familie der Mittelschicht, die sich etwas auf dem absteigenden Ast befindet. Aber mir fehlten trotzdem ein paar Höhen und Tiefen, wenn diese schon nicht in der Geschichte selbst angelegt sind, dann meinetwegen in den Personen, das ist dann auch ok, war hier aber gleichfalls Fehlanzeige. Das Familienleben der Nobles, ihrer Freunde und Nachbarn plätscherte an mir vorbei, und nicht einmal der zwielichtige Major Bilimoria bot wirklich Anlaß zu Aufregungen. So bleibt vor allem ein Eindruck in das Leben der Parsen in Bombay um 1970, aber auch nicht mehr als ein Eindruck. Um über diesen flüchtigen Einblick wenigstens etwas hinauszugehen, wären dann sicher ein gründliches Nachwort sowie ein Glossar zur Erläuterung der doch nicht wenigen, im Text auch schön auffällig kursiv gesetzten, Begriffe hilfreich gewesen. So läßt mich das Buch etwas unentschlossen zurück: Ich fand's nicht wirklich schlecht, aber richtig gut nun auch nicht. Deshalb gibt es von mir indifferente


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen