Hallo,
Ingeborg Bachmann: Malina
Kaufen* bei
Amazon
Bücher.de
Buch24.de
* Werbe/Affiliate-Links
Größtenteils ist es ein innerer Monolog einer Frau. Der Text wirkt wie ein Protokoll, wie eine Dokumentation über das seelische Innenleben einer Frau. Mit Malina wohnt sie in der Ungargasse 6 in Wien, III.Bezirk. Es stellt sich später heraus, das Malina nur ein Produkt ihrer Seelespaltung ist. Malina ist imaginär. Wenn sie mit Malina Dialoge führt, sind das in Wirklichkeit Selbstgespräche. In wieweit Ivan, wohnhaft in Ungargasse 9, real ist, muss ich mal offenlassen. Die Frau liebt Ivan, Ivan hat aber kaum Zeit für sie. Für die Frau bleibt Ivan eine Wunschvorstellung:
„Ich denke an Ivan.
Ich denke an die Liebe.
An die Injektionen von Wirklichkeit.
......“
Was Wirklichkeit ist und was Fantasie kann im zweiten Teil des Romans nur schwer, streckenweise auch gar nicht auseinandergehalten werden. In wahrhaft alptraumhaftem Monolog, der mit puzzlehaften Sequenzen von Kriegserlebnissen bestückt ist, erfahren wir die Ursache ihrer seelischen Verletzung, ihres Seelenmordes, von der rohen Gewalt, die der Vater ihr angetan hat. Krieg und Vater haben hier die dieselbe Bedeutung, nämlich Gewalt. Darum ist für die Frau der Krieg niemals zu Ende, weil sie unter der Gewalt, die ihr angetan wurde, ihr ganzen Leben lang leiden wird.
Ihre Trauer macht sich auch bemerkbar durch ihre Kleidung. So sagt Ivan:
„Das macht dich doch alt, was du machst
Graue und braune Kleider machen dich alt
Verschenk deine Trauerkleider ans Rote Kreuz
Wer hat dir diese Grabkleider erlaubt?“
Der Tod spielt eine große Rolle. Es ist so, als wolle die Protagonistin mit ihrem harten Schicksal versuchen fertig zu werden, in dem sie als Schriftstellerin sich mit „Todesarten“ beschäftigt. Aber sie wird nicht fertig damit, kann ihre Texte dem Verlag nicht abliefern, und Ivan kritisiert auch noch ihre „Obsession mit der Finsternis“.
Sie ist einsam und allein, auch wenn sie Malina hat. Folgender Textauszug sagt mir, dass Malina irreal ist, eine Art Doppelgänger:
„Ivan ist nicht gewarnt vor mir. Er weiß nicht, mit wem er umgeht, daß er sich befaßt mit einer Erscheinung, die auch täuschen kann, ich will Ivan nicht in die Irre führen, aber für ihm wird nie sichtbar, daß ich doppelt bin. Ich bin auch Malinas Geschöpf....“
Dass Ingeborg Bachmann eine Lyrikerin war, erspürt man auch in diesem einzigen Roman. Zugegeben, der Text macht es dem Leser nicht leicht, weil es keine stringente Handlung gibt, keinen roten Faden. Außerdem kann hier viel interpretiert werden, da mag jeder Leser seine eigene Anschauung entwickeln. Es ist aber auch etwas großartiges, wenn ein Kunstwerk vielschichtig gedeutet werden kann (Ich denke an dieser Stelle auch an Kafka). Das andere ist dies, es gibt unendlich viele besonders beeindruckende Textpassagen, dass man davor niederknien möchte. Ein Sprachkunstwerk ersten Ranges. Ich denke, ich übertreibe nicht. Es ist wirklich grandios. So wird ein literarischer Text der Protagonistin zitiert, ein Märchen, und bewusst ändert sich der Sprachgestus und phänomenal märchenhaft berauschend. Ebenso sind die Alptraumfantasien erste Sahne.
Nagelt mich nicht auf Ratten fest. Was die Sprache angeht, sind es ohne weiteres 6 Ratten. Weil ich den Roman für nicht leicht, eher für schwer halte, bin ich so frei und wähle vier Ratten. Aber, ich bin davon überzeugt, dieser Roman sollte ruhig mehrmals gelesen werden, dann kann man sich immer tiefer in diesen Text einsaugen und entdeckt sicher immer wieder etwas neues darin.
Liebe Grüße
mombour