Paul Auster - The Book of Illusions

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 8.922 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Breña.

  • Hi Bartlebooth,



    nein, "Wirkgeflecht" macht es mir leider auch nicht deutlicher. Aber nett, dass Du es versuchst ;-). "Atmosphäre" ist - vor allem als "besondere" Atmosphäre halt auch so ein Wischi-waschi-Begriff; manchmal braucht man die ja auch, weil man noch nicht den Ausdruck für das gefunden hat, was die eigentliche Faszination ausmacht, insofern: von "dämlich" würde ich jetzt nicht unbedingt sprechen... :)


    Bei mir ist es tatsächlich so, dass es mir schwerfällt, die Einzelaspekte aufzureihen um die Faszination zu verdeutlichen. Zumal ich dann ja bzgl. Book of Illusions auch noch verdeutlichen müsste, welcher Aspekt denn jetzt gegenüber den anderen Büchern abfällt bzw. anders ist.


    Versuchen wir es doch mal mit so einem Vergleich. :) Ich habe angefangen, die New York Trylogy noch einmal zu lesen, lies doch einfach mal die ersten 3-4 Seiten von "City of glass"- da wird ja auch der Verlust der Familie beschrieben. Und obwohl das seitenmäßig viel kürzer ist, geschieht es vor allem sprachlich konzentrierter und dichter, und man nimmt viel stärker eine Innenposition ein.


    Der Text wirkt lyrischer. Womit wir bei dem nächsten Begriff wären, den man sehr unterschiedlich verstehen kann... :breitgrins:




    Das mit den Spoilern ist so eine Sache. Ich finde ja, dass sie ein bisschen inflationär gebraucht werden. Für mein Empfinden tun es Spoilermarkierungen, wenn es wirklich um Spannungselemente geht.


    Mal schauen, vielleicht schreibe ich es demnächst über den Text, wenn es nicht dezidiert ein Spannungselement verrät...




    Der "Martin Frost"-Film ist ein bisschen seltsam. Eigentlich eine Musen-Geschichte und am Ende eine Entscheidung für das "richtige" Leben und gegen die Kunst. Und die wiederum führt dazu, dass das Leben aus der Welt verschwindet. Was ist das? Eine Schicksalsgeschichte? Ein Memento dafür, dass man in die Läufe von Leben und Tod nicht eingreifen darf? Oder eines dafür, dass ein Leben ohne Kreativität oder ohne Kunst kein richtiges Leben mehr ist? Wie ich den Film drehe und wende, ich finde einfach keine weniger pathetische Deutung.


    Ich habe den Film ganz anders gedeutet. :) Aber das muß bis zu einem späteren Zeitpunkt warten- so schnell zum Frühstück ist das nicht runtergetippt.



    Die Kantsche Transzendentalphilosophie, die von Claire referiert wird, passt nicht zu dem etwas platten Konstruktivismus der Mond-Stelle, da wäre ich etwas vorsichtiger. Kant will im Grunde nur darauf hinaus, dass wir uns von unserer menschlichen Perzeption nicht lösen können. Das "Ding an sich" ist in diesem Sinne nicht "erkennbar", weil "Erkenntnis" an einen bestimmten Rahmen gebunden ist, an Mittel zur Erkenntnis - etwa unsere Sinne, die in ganz bestimmten raum-zeitlichen Kategorien funktionieren usw. Ein Wegnehmen dieses Rahmens zerstört daher für Kant jede Möglichkeit der Erkenntnis (ich referiere Kant aus dem hohlen Bauch heraus, im Idealismus Beschlagenere sind gern eingeladen zu ergänzen oder richtig zu stellen :-)).


    Meine letzte intensivere Beschäftigung mit Kant ist mehr als 10 Jahre her. Das war anläßlich einer Philosophie-Vorlesung... :)
    So, wie Du es beschrieben hast, kann man das stehen lassen, denke ich. Auch ich muß meine Unwissenheit in diesem Punkt eingestehen, denke aber aus der Erinnerung heraus, dass Du vor allem bzgl. Auster einen interessanten Punkt getroffen hast.


    Ich glaube, dass Auster noch einen Schritt weiter denkt als Kant Zitat... Nimm beispielsweise diese Mondstelle bzw. was sich daran anschließt. Da fragt sich der Held beispielsweise, warum er immer der Meinung ist, dass er allein bei Hector war (was nicht der Fall ist). So, wie ich es in Erinnerung habe, gesteht er sich diese Konstruktion dann zu- ähnlich wie bei der Mondstelle.

    Wichtiger wäre es aber, glaube ich, den Frost Film noch mal vor dem Hintergrund des Kant Zitates zu lesen. Mal schauen, ob ich heute noch dazu komme...


    Gruß
    PoeticShot

  • Hi Kenavo,



    Also eigentlich habe ich es auch nicht so mit Fandom was Autoren anbelangt.. aber (keine Regel ohne Ausnahme :smile: ) vor 2 Jahren habe ich Paul Auster live erlebt - an 2 Tagen jeweils 3 x 1 Stunde, wobei eine dieser Begegnungen in kleinem Kreis stattfand und er wirklich sehr entspannt (es lag vielleicht auch an der Uhrzeit - er kam gerade vom Mittagessen und hatte wohl ein gutes Glas Wein beim Essen getrungen :smile:) und mitteilsam wirkte - und das ist wirklich nicht üblich bei ihm, da er doch eher scheu und zurückhaltend ist.


    also jetzt machst Du uns aber die Nase lang. :) Erzähl doch mal näher, wie es dazu kam!


    "Oracle Night" habe ich im Anschluß an "Book of Illusions" am Montag gelesen (mit Grippe auf dem Sofa). Mir hat es sehr gut gefallen, dieses Buch. Wirft ähnliche Fragen auf wie "Book of Illusions", finde ich.


    Gruß
    PoeticShot


  • also jetzt machst Du uns aber die Nase lang. :) Erzähl doch mal näher, wie es dazu kam!


    Nein, nein, Nase lang machen will ich nicht - aber ich bin doch total happy, dass ich damals die Gelegenheit ergriff um diesen Mann wirklich mal 'live' zu erleben.


    Und zwar war das auf dem Literaturfestival in Saint-Malo (Bretagne). Dort gibt es jeweils am Pfingstwochenende (das Jahr in dem Auster da war, war es 2 Wochen vorher - um Christi Himmelfahrt - aber nach dem Versuch, der wohl für die Organisatoren nicht so gelungen war, findet es wieder an Pfingsten statt) das 2t grösste Literaturfestival (neben dem Salon in Paris) auf französischem Boden.
    Meine Ferien verbringe ich eigentlich jedes Jahr in der Bretagne - aber für die Zeit, wo 2005 das Festival stattfinden sollte, hatt ich nichts geplant. Dann allerdings las ich, dass Paul Auster zu den geldadenen Gästen gehörte und innerhalb von 2 Stunden hatte ich Urlaub, Fahrt, Unterkunft organisiert :zwinker: SOWAS darf man sich nicht entgehen lassen :smile:


    Das Festival sieht folgendermaassen aus: in zig verschiedenen Locations finden während 3 Tagen Diskussionen, Austausch und Lesungen von und mit Autoren statt.
    Die Termine mit Auster hatten für mich Priorität und somit nahm ich auch bei manch einer der Veranstaltungen 1 Stunde und mehr Anstehen und Warten in Kauf um anschliessend ein Platz zu bekommen - er war wohl in dem Jahr wirklich DER Magnet (nicht zu vergessen sei hierbei: Actes Sud (sein Verlag in Frankreich) hat ihn zum 'Star' in Frankreich gemacht ehe in Amerika auch nur ein Mensch wusste WER Auster sei) und seine Auftritte waren immer heillos überfrachtet - ein sonst eher 'beschauliches' Festival wurde zur Strapaze :smile:


    Die erste Stunde, wo er Gast war, ging es um allgemeine Themen - die 'Sendung' wurde auch im Radio (France Culture) live übertragen - und man sprach über das Festival, Saint Malo (wo es ja auch das Grab von Chateaubriand gibt, über den Auster auch schon geschrieben hat), sein Schreiben, sein 'Patentum' (es ging in dem Jahr darum, dass berühmte Autoren einen noch unbekannten Autoren unter ihre Fittiche nahmen - und Auster hatte Céline Curiol 'dabei' - eine Französin die er in New York kennen und schätzen gelernt hatte - und dessen ersten Roman er bei Actes Sud 'untergebracht' hat)..
    Ganz nett für mich war zu sehen, dass er perfekt Französisch konnte (er hat ja auch mal vor Jahren in Frankreich gelebt), was vor allem lästiges Übersetzten ersparte und von der Stunde, die vorgesehen war eben dann auch eine ganze Stunde zur Verfügung stand um zu reden, erzählen, fragen....


    Gleich am Nachmittag hatte er einen zweiten Termin.
    Dort war er allein mit einem Moderator und bekam allerhand Fragen gestellt - die er ziemlich ausführlich und bereitwillig beantwortete, z.B. dass er als junger Mensch lieber Regisseur als Autor werden wollte - aber so scheu und gehemmt war (und man hat es die Tage gesehen - zum Teil auch noch ist - die schwarze Sonnenbrille hatte er immer dann auf, wenn ihm zu viele Leute um ihn rum agierten!), dass er dachte - du kannst unmöglich anderen Leuten Anweisungen geben - also wie wäre es mit Schreiben...
    Über seine Jahre in Frankreich, seine ersten 'Geh-versuche' als Autor.. und ganz stolz hat er natürlich auch von Sophie erzählt (seine Tochter aus zweiter Ehe die übrigens auch eine wunderbare CD herausgebracht hat!) - unter anderem eine Anektdote wo sie 3 Jahre alt war - und inzwischen ist sie (damals) 17 und genervt wenn ich das erzähle, meinte er schmunzelnd..
    Hier wirkte er schon viel entspannter als noch am Morgen und man merkte - in noch kleinerer Runde würde er mehr aus sich raus gehen..


    und das tat er dann anderntags, wo ein Termin in einem kleinen, netten 'Schlossturm' angesagt war - dort passten wohl nur 80-100 Leute rein (ich hatte mich 1 1/2 Stunden vorher lieber schon mal angestellt :smile: - wurde aber belohnt durch einen Platz in der ersten Reihe und er sass knapp 2 Meter vor mir :ohnmacht:
    Diese Stunde sollte sich dann um 'Poesie' drehen - er hat zu Anfang ja auch Gedichte geschrieben - und vor allem übersetzt er noch immer Franzosen und Amerikaner in die jeweils andere Sprache. Allerdings ging es von den Gedichten schnell via Politik (die Franzosen waren einfach ZU neugierig (man bedenke - 2005 - der Irakkrieg war noch kein 'Alltag') wie er als DER Amerikaner dazu stehen würde) und er hielt mit seiner Meinung natürlich auch nicht hinter dem Berg.
    Allerdings war diese Runde wie gesagt durch die Uhrzeit (nach der Mittagspause, wo ich wirklich darauf wetten möchte, dass er sich ein gutes Glas Wein gegönnt hatte :smile:) soooo entspannt und er sass ganz locker und plauderte über persönliches wie auch seine Bücher, wie Politik..


    Mich hat das wirklich alles sehr beeindruckt - und während den Tagen war er auch jeweils am Nachmittag zur Signierstunde an seinem Stand von seinem Verlag vorgesehen (ich will nicht die Schlange beschreiben, die es gab, wenn er signierte...) und das ist wirklich aussergewöhnlich denn eine liebe Freundin in Amerika hatte mich VOR dem Festival darauf hingewiesen, dass ich nicht zu enttäuscht sein solle, wenn es KEIN Autogramm gäbe - er sei nämlich total eigen und gebe so gut wie nie eine Unterschrift - aber hier hat er jeden Tag brav eine Stunde lang jeden Wunsch erfüllt :smile:
    (Ich denke, das hatte mit der gesunden Luft in der Bretagne, der schönen Atmosphäre am Meer und seinem Wohlfühlen in Frankreich zu tun :zwinker:)


    Wie man sieht - für mich der Highlight des damaligen Festivals und sicherlich eines der beeindruckensten Erlebnisse, die ich mit einem Autor erleben durfte
    (und natürlich kann ich mir bis heute nicht verzeihen, dass ich sprachlos blieb, als er mich als einzige in der ganzen Schlange ansprach - nicht wegen mir - sondern wegen des Buches, das ich ihm vorlegte - alle anderen kamen mit französischen Büchern an und ich hatte sein 'Oracle Night' auf Englisch dabei - aber wie gesagt - Kaninchen - hypnotisiert - ich konnte nur dämlich grinsen :smile: und bekam nur seinen Namen ins Buch...)


    Liebe Grüsse,
    Kenavo

  • Hallo Zusammen,


    so, ich habe jetzt das Kapitel mit der Filmbeschreibung noch einmal gelesen. Und ich habe einige ergänzende Überlegungen zu Deinen Fragen angestellt, Bartlebooth:



    Der "Martin Frost"-Film ist ein bisschen seltsam. Eigentlich eine Musen-Geschichte und am Ende eine Entscheidung für das "richtige" Leben und gegen die Kunst. Und die wiederum führt dazu, dass das Leben aus der Welt verschwindet. Was ist das? Eine Schicksalsgeschichte? Ein Memento dafür, dass man in die Läufe von Leben und Tod nicht eingreifen darf? Oder eines dafür, dass ein Leben ohne Kreativität oder ohne Kunst kein richtiges Leben mehr ist? Wie ich den Film drehe und wende, ich finde einfach keine weniger pathetische Deutung.


    Ich habe mich bei der zweiten Lektüre von dem Titel des Buchs leiten lassen: Das Buch der Illusionen. So habe ich die Nacherzählung des Films verstanden: als eine weitere Perspektive auf das Thema des Buchs: Illusion und Wirklichkeit.


    Aber der Reihe nach. Zunächst einmal gibt Auster ja vorab die Absicht des Films bekannt:


    "Ungeachtet aller Äußerlichkeiten spielte der Film nicht in Tierra del Sueno oder dem Gelände der Blue Stone Ranch. Vielmehr spielte er im Kopf eines Mannes- und die Frau, die in diesen Kopf hineingeraten war, war nicht real. Sie war ein Geist, eine Phantasiegestalt des Mannes, eine flüchtige Erscheinung, die seine Muse werden sollte."


    In gewißer Hinsicht handelt es sich also schon um eine "Musengeschichte", wie Du das nennst. Allerdings sehe ich dabei ganz klar die Besonderheit darin, dass die Muse eine Kopfgeburt des Poeten ist, dem die Muse anbei gestellt wird...


    Der Autor Martin Frost, von dreijähriger, intensiver Arbeit an einem Roman erschöpft, findet für einige Wochen Unterschlupf in Mexico im Haus von Freunden. Sein Plan: "Ich wollte einfach nur hier sein und nichts tun, das Leben eines Steins führen".


    Dieser Plan schlägt fehl. Bereits nach einigen Stunden kommt ihm die Idee zu einer Geschichte: "Erst ist nichts. Und plötzlich ist etwas da und lauert in Dir."


    Bis dahin fällt mir vor allem die detaillierte Beschreibung des Films auf. Ich finde sie meisterhaft: meisterhaft ausgedacht (Film) und meisterhaft in Prosa übersetzt.


    Die von Auster beschriebene Montagetechnik des Films passt gut zu einem "Innenleben". Harte, unvermittelte Schnitte und ein eigenwilliges Beharren bei einzelnen Einstellungen, das effektiv mit Gewohnheit und Seherwartung spielt. Bedeutsam erscheint mir im übrigen, dass Zimmer den Stil des Films durchgängig als sehr realitätsnah beschreibt: keine Musik, es wird viel mit den natürlichen Geräuschen gearbeitet, etc. Wieder so eine interessante Brechung und Spiegelung des Themas "Illusion und Wirklichkeit". Insgesamt finde ich das an dem Buch ausgesprochen faszinierend und bewundernswert, auf wievielen Ebenen bestimmte thematische Zusammenhänge ineinander verwirkt sind.


    Aber zurück zur Story. Frost beginnt die Geschichte, die ihn ihm lauert, zu schreiben. Am nächsten Morgen erwacht er und plötzlich liegt eine Frau neben ihm im Bett. Es handelt sich um die bildhübsche Philosophiestudentin Claire, die man, so behauptet sie zumindest, ebenfalls eingeladen hat, ein paar Wochen im Haus der Freunde von Martin Frost zu verbringen.


    Die beiden beschließen, sich aus dem Weg zu gehen und sich in Ruhe zu lassen- Claire muß sich auf ein Philosophieseminar vorbereiten: sinnigerweise geht es dabei offenbar stark um Erkenntnistheorie.


    So kommen denn auch in der Folge verschiedene Philosophen zitatweise zu Wort zum Thema Erkenntnistheorie.


    Zunächst Berkeley (sinngemaß): Einerseits existiert das, was von Sinnesorganen wahrgenommen wird, nur in dem Geist, desjenigen, der es wahrnimmt.


    Andererseits besteht ein Unterschied zwischen der Vorstellung (oder dem Traum!) von etwas, und dieser Sache selbst. (-> Traum von Feuer und tatsächliches Verbrennen).


    Im Anschluß an dieses erste Zitat kommt es zu einer plötzlichen, sehr jähen Annäherung zwischen den beiden- nachdem sich herausstellt, dass Claire nicht nur hübsch ist und intelligent, sondern auch Martins Bücher kennt, schätzt und beurteilen kann, verliebt sich Martin in Claire. Praktischerweise beginnt sie daraufhin mit Spontanentkleidung: und die beiden landen im Bett... :breitgrins::rollen: Die anschließende Beschreibung der "realitätsnahen" Erotik gefällt mir. Ich finde das ganze Filmkonzept sehr überzeugend... :)


    Die nächsten Szenen sind eine Folge von Zusammenschnitten, die einige Tage im Zusammenleben von Claire und Martin auszugsweise zusammenfassen. Dabei wird der nächste Philosoph zumindestens namentlich platziert, wenn er auch nicht zu Wort kommt: David Hume.


    Zu Hume selbst kann ich nicht viel sagen, ich habe mich mit ihm nur philosophiegeschichtlich auseinander gesetzt, nicht mehr als ein paar Wissensbrocken, die ich mir für eine Prüfung drauf geschafft habe. Dementsprechend ist natürlich fast alles weg. :)


    Vielleicht kann jemand "aus dem hohlen Bauch heraus", , wie Bartleebooth das so hübsch genannt hat, was zu Hume sagen?


    Wie dem auch sei. Im Anschluß an diese Szenenfolge treffen schlechte Nachrichten ein. Es nähert sich eine Kaltfront der Gegend, die Heizung ist defekt, und Martin erhält telefonisch von Hektor den Rat, sich wegen der Heizung mit dem Installateur in Verbindung zu setzen. Mit Jack Fortunato... :breitgrins:


    Bei dem Namen horcht man bei Austers Vorliebe für Geschichten um den Zufall natürlich auf.


    Tja. Zumindestens Claire ist vom Unglück verfolgt: Martin erfährt von Hector, dass Claire nicht die ist, die sie vorzugeben scheint: sie ist eine Unbekannte, und keineswegs dazu eingeladen worden, Zeit im Haus von Martin Frost zu verbringen. Wer ist Claire?


    Die Antwort, die sie selbst gibt, rührt wieder an die Bedeutung der ganzen Geschichte an sich: "Es ist doch egal, wer ich bin. [...] Es ist egal, weil Du mich liebst. Weil Du mich begehrst. Allein das zählt. Alles andere ist unwichtig."


    Das ist ja eigentlich die Frage, die hier aufgeworfen ist: ist es wichtig, ob ein Erlebnis eine Fiktion ist, oder Realität? Macht es für denjenigen, der sie empfindet, dem sie widerfährt, einen Unterschied?


    Eine Vorab-Antwort gibt einige Absätze später Martin Frost selbst: "Leider hatte Claire Recht. Ich habe sie geliebt, und ich habe sie begehrt. Aber wie kann man jemanden lieben, dem man nicht vertraut?".


    Wenn wir im erkenntnistheoretischen Kontext bleiben: macht also der Skrupel den Unterschied, das Hinterfragen unserer Erkenntnismöglichkeiten? Sorgt das Reflektionsvermögen dafür, dass wir kein Vertrauen in die Authentizität der Wahrnehmung haben? Macht das den Unterschied zwischen Illusion und Wirklichkeit?


    Um eine Antwort auf diese Frage zu geben, muß Martin Frost die Geschichte in seinem Inneren weiter auf die Spitze treiben: in seinem Geist verwandelt sich die kluge Philosphiestudentin in eine Verführerin im kleinen Schwarzen. Bei einem gemeinsamen Abendessen macht Martin einige sensorische Erfahrungen... :breitgrins:
    Ein Stuhl bricht unter ihm zusammen. Er spritzt sich Zitrone in die Augen. Ihm läuft Salat-Dressing auf das Hemd.


    Ein Slapstick Element. Oder?


    Aber worauf will Auster damit hinaus? Geht es ihm um eine komische Brechung der Spannung? Oder sind die (schmerzvollen) Erfahrungen so etwas wie Beispiele für Sinneswahrnehmungen?


    Was würde wohl passieren, wenn man die Nacherzählung des Films streng als Parabel behandeln würde? :)


    David Zimmer nennt diese Szenen übrigens im Nachhinein einen "komischen Klamauk". Wichtig ist allerdings, wie die Szene endet.


    Durch eine Diskussion darüber, wie Martin denn mit seiner Erzählung vorankommt, ergibt sich eine interessante Konfrontation:


    Martin: "[...] Ich würde sagen, es geht sehr gut voran."
    Claire: "Siehst Du?"
    Martin: "Was soll ich sehen?"
    Claire: "Ach, Martin. Das ist doch klar."
    Martin: "Nein, Claire, ist es nicht. Ich sehe gar nichts.[...]"
    Claire: "Du Ärmster. Du solltest nicht so streng mit Dir sein".


    Das Gespräch gerät ins Stocken. Dann kommt die Szene, in der Martin sich mit Dressing beckleckert. Dadurch, dass Martin sich mit Dressing beckleckert und sich aufrichtig darüber ärgert, erlebt Claire plötzlich den lebendigsten Moment des Films: "Keine andere Szene des Films gibt den Eindruck von Leben und Fülle besser wieder als diese. Für einige Momente ist Claire unzerstörbar geworden, die Verkörperung reiner menschlicher Ausstrahlung".


    Unmittelbar im Anschluß bricht die Szene jäh ab und wechselt auf eine lange Aufnahme vom Mond (!) über den Bäumen.


    Dann kommt die Erklärung für die Lebendigkeit von Claire. Martin hat sich entschieden, alle Zweifel fallen zu lassen, und Claire "blindlings" zu vetrauen. Es wäre interessant zu wissen, welches Wort da für "blindlings" im amerikanischen Original steht? Blindlings wäre ja im Zusammenhang mit einer möglichen Parabeldeutung ein sehr interessanter Begriff...


    Alles ist gut. Bis Claire plötzlich einen Zusammenbruch im Garten hat. Von da an geht es bergab mit Ihr: sie wird immer schwächer, ein geheimnisvolles Fieber ergreift sie. Zeitgleich nähert sich Martin mit der Niederschrift seiner Geschichte dem Ende.


    Wiederum plötzlich tritt bei Claire Besserung ein. Und liest Martin (spöttisch, wie es heißt), das Kant-Zitat von weiter oben vor:


    "...dass die Dinge, die wir anschauen, nicht das an sich selbst sind, wofür wir sie anschauen... und dass, wenn wir unser Subjekt oder auch auch nur die subjektive Beschaffenheit der Sinne überhaupt aufheben, alle die Beschaffenheit, alle Verhältnisse der Objekte im Raum und Zeit, ja selbst Raum und Zeit verschwinden würden."


    Nach der kurzen Besserung verschlechtert sich Claires Zustand wieder massiv, gleichzeitig tritt die angekündigte Kaltwetterfront in Erscheinung. Da er Fortunato vergessen hat (...) macht Martin Feuer im Kamin in Claires Zimmer. Er erzählt ihr (und uns) zum ersten Mal konkret von seiner Geschichte: zwei Namen werden genannt: Anna und Nordstrum. Von einer Falle ist die Rede. Und Claire will wissen, ob Anna es schafft. Daraufhin Martin:


    "Das spielt keine Rolle, wichtig ist nur, dass sie zu ihm kommt"
    Claire: "Sie hat sich in ihn verliebt, oder?"
    Martin: "Auf ihre Weise, ja. Sie riskiert ihr Leben für ihn. Das ist auch eine Form von Liebe, stimmt's?"


    Claire begreift plötzlich. Sie muß sich opfern für Martin. Für seine Geschichte. Sie schickt ihn weg, er soll die Geschichte beenden. Während er die letzten Seiten tippt (oder vielleicht dadurch?), beginnt Claire zu sterben.


    Als Martin zu ihr kommt ist sie bereits kalt. Also wirft Martin seine Erzählung in den Kamin (kein feuerholz), mit jeder Seite, die er verbrennt, kommt Claire stärker ins Leben zurück. Schließlich ist sie wieder gesund. Zitat: "Sie ist aus dem Reich der Toten zurück gekehrt".


    Claire ist entsetzt. Was tut Martin bloß?


    Martin: "Ich kaufe Dich zurück. Siebenunddreißig Seiten für Dein Leben. [...]"


    Claire macht diese Tat ratlos. Sie hat offenbar Angst. Aber wovor? Vielleicht davor, dass Martin wahnsinnig wird? Dass er die Realität aufgibt?


    Es heißt: Martin hat das Rätsel dieser Entzauberung gelöst. Man ahnt es schon, was dieses Rätsel ist, aber so ganz konkret benennen kann ich es jedenfalls nicht... :)


    Dann endet der Film abrupt: "Wir sehen das Haus aus ungefähr fünfzig Metern Entfernung, es steht mitten im Nichts. [...] Alles ist still. [...] Dann wird die Leinwand völlig unvermittelt schwarz."


    Tja. Bis zu einem gewißen Punkt hatte ich das gefühl, sehr nah dran zu sein an der Lösung... :) Aber so nahe man einer Lösung teilweise kommt- sie entzieht sich durch die Dichte immer wieder und löst sich auf in Vielfältigkeit. Man nehme alleine die verschiedenen Ebenen der Fiktion, der Illusion: die Romanfigur David Zimmer beschreibt einen Film, den die Romanfigur Hector gedreht hat, in dem der fiktive Charakter Martin Frost die fiktive Muse Claire für sich selbst ersinnt, die er dadurch retten muß, dass er eine Geschichte, die er geschrieben hat, in den Kamin wirft. Wow. :ohnmacht::rollen: :breitgrins:


    Ein sehr spannender Text.


    Gruß
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von PoeticShot ()

  • Hi Kenavo,


    danke für Deine ausführliche Berichterstattung! :) Das war ein spannendes Wochenende, wie es scheint. Ich habe noch ein paar Fragen... :)



    [(nicht zu vergessen sei hierbei: Actes Sud (sein Verlag in Frankreich) hat ihn zum 'Star' in Frankreich gemacht ehe in Amerika auch nur ein Mensch wusste WER Auster sei)


    Das habe ich noch gar nicht gewußt. Danke! :) Ich habe mich mit Auster selbst noch gar nicht viel beschäftigt. Gibt's eigentlich etwas wie eine empfehlenswerte Biographie oder ähnliches?



    Ganz nett für mich war zu sehen, dass er perfekt Französisch konnte (er hat ja auch mal vor Jahren in Frankreich gelebt)


    Neid. Mein Französisch ist mehr als schlecht. Es reicht nicht mal zum Lesen... :grmpf:



    seine ersten 'Geh-versuche' als Autor..


    Kannst Du Dich da noch etwas konkreter dran erinnern?



    Diese Stunde sollte sich dann um 'Poesie' drehen - er hat zu Anfang ja auch Gedichte geschrieben - und vor allem übersetzt er noch immer Franzosen und Amerikaner in die jeweils andere Sprache.


    Da hätte ich auch einige Fragen gehabt. Man merkt den Prosatexten die lyrische Begabung schon an, finde ich.


    Wirklich eine hübsche Anekdote, wie Du Dich da hypnotisieren lassen hast... :breitgrins:


    Gruß
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,



    Das habe ich noch gar nicht gewußt. Danke! :) Ich habe mich mit Auster selbst noch gar nicht viel beschäftigt. Gibt's eigentlich etwas wie eine empfehlenswerte Biographie oder ähnliches?


    Ich habe mich bisher nicht so genau umgesehen, ob es eine Biographie über ihn gibt.
    Es gibt wohl ein Buch von Gerard de Cortanze (ein langjähriger Freund von Auster) der ihm in mehreren Interviews 'auf den Leib gerückt ist' . Fragmente des Buches (das ich in Französisch besitze) scheinen auch auf Deutsch erschienen zu sein - bekommt dort aber eine schlechte Kritik (wohl zurecht - in meinem Buch gibt es 10 Interviews und nicht wie hier erwähnt 2)


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    Ansonsten wurde damals auf dem Festival erwähnt, dass es auf der Uni (Sorbonne, Paris) inzwischen Studenten gibt, die auch über seine Romane Abschlussarbeiten schreiben - aber das wie gesagt alles im Zusammenhang mit seinem wirklich 'Star'mässigem Ansehen in Frankreich. Am besten hat mir die Frau gefallen, die auch zur ersten 'Talkrunde' eingeladen war - die hat nämlich eine vergleichende Arbeit von Auster und Patrick Modiano geschrieben (mein absoluter Top-Lieblingsautor!!!) (Leider gab es ihre Arbeit nicht zum Lesen :sauer:)


    Vielleicht ist er ja auch noch zu 'jung' für eine Biographie (wir sprechen hier ja vom Literaturbetrieb und nicht von Pop- oder Sportsternchen, die mit 22 schon ihre Biographien schreiben(lassen) :zwinker:)



    Neid. Mein Französisch ist mehr als schlecht. Es reicht nicht mal zum Lesen... :grmpf:


    Ja, das ist definitf das 'must' für dieses Festival - man muss Französisch können.
    Z.b. letztes Jahr war ich bei Autorenzusammenkünften dabei wo Englisch und Deutsch gesprochen wurde - aber die wurden dann auch jeweils übersetzt (für mich etwas langweilig da ich dann immer das eben schon verstandene nochmal erzählt bekam :smile:) - aber der Grossteil der Autoren die auf dem Festival zu Gast sind, können Französisch.



    Kannst Du Dich da noch etwas konkreter dran erinnern?


    Hui.. da muss ich etwas in der Erinnerung kramen :zwinker:
    Ich hatte mir wohl damals auch vereinzelt Notizen gemacht - aber sooo genau dann doch nicht.
    Was ich aber auf alle Fälle noch weiss: seine Studienjahre auf der Columbia waren in den 'bewegten Jahren' - Vietnam und Studentenrevolte - und er hat seine Schriftstellerischen Schritte in der Tat als Dichter begonnen - bei der entspannten Runde im Schlossturm hatte der Moderator auch einige seiner -auf französisch erschienenen- Gedichtbände dabei und er nahm sie ganz erstaunt in die Hand und musste bei einigen lachen und hätte sich nicht gedacht dass in der Tat noch jemand diese Bücher zuhause haben würde :zwinker:
    Er selber erzählte dass er damals eine 'writers block' bekam - und es kam weder Gedicht noch sonst etwas - bis zu dem Moment wo ihm die ersten Zeilen einer Geschichte einfielen - und ab da wusste er auch, dass es mit den Gedichten vorbei war.
    Wenn ich mich recht erinnere hat er für eines seiner ersten Bücher ein paar 100 Doller vom Verlag bekommen (Nebenjobs waren angesagt :zwinker:) und damals hat ihm dann auch geholfen, dass er ja in Frankreich gelebt und dort ein paar Freundschaften geschlossen hatte - dort wurden seine Bücher dann viel schneller berühmt und gelesen.
    Sorry - weitere Details dazu sind mir entfallen (zu gerne hätte ich ja eine Videokamera mitlaufen lassen - aber das ist ja nicht erlaubt :smile:)


    Letztens gab es auf ARTE eine ganz tolle Reportage über ihn (ziemlich rezent und aktuell - er spielt nämlich die CD von Sophie vor - und die erschien 2006) - und dieser Sender bringt doch öfters Wiederholungen - also vielleicht dort eine Gelegenheit ihn 'privat' zu erleben (denn er zeigt Teile seines Hauses (sehr schön), die Gegend wo er wohnt (sehr nett) und ich fand diesen Bericht auch ganz interessant.


    Liebe Grüsse.
    Kenavo

  • Toll, toll, toll! :laola:
    Vielen Dank für die vielen Infos die ihr hier zusammengetragen habt.


    Schade, dass es schon so lange her ist, dass ihr geschrieben habt, ich hätte ja zu gerne mitdiskutiert! Treffe leider nicht allzu oft auf andere Austerfans, doch es war toll zu lesen, was ihr so geschrieben habt und wie sehr ihre meine Begeisterung für diesen Autor teilt!


    Durch eure Anregungen und Tipps ist meine Amazon-Wunschliste nun wieder um einiges länger geworden *g*


    Was für eine Ehre Auster treffen zu können - wow. Das hätte ich auch gerne erlebt. Wobei ich sagen muss, dass ich Auster damals noch nicht für mich entdeckt hatte... bin erst seit ca. einem halben Jahr, oder einem Jahr, großer Austerfan und lese nun ein Werk nach dem anderen. Habe ihn auf Youtube mal gesehen, allerdings auf Französisch. Das war echt toll und man hat ihn auch richtig gut verstanden! Und sowas dann noch live - wow! :klatschen:

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Paul Auster - Das Buch der Illusionen

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    Meinung:
    Den Auster habe ich als Teil des diesjährigen SUB-Listenwettbewerbs gelesen. Die ganze Zeit bin ich um ihn herumgeschlichen wie eine Katze um den heißen Brei. Letzendlich hat es bis November (sozusagen auf den letzten Drücker) gedauert, bis ich das Buch überhaupt mal in die Hand genommen habe. Ich dachte ein Auster wäre viel zu schwer zu lesen, verwirrende Story, verworrene Sätze. Aber das Gegenteil war der Fall. Schon nach der ersten Seite hat Auster mich gefesselt und mit jeder Seite tiefer und tiefer in die Geschichte um David Zimmer und den verschollenen Filmemacher Hector Mann hineingezogen.


    Auster schreibt ungemein lebendig, bildhaft und fesselnd. Es ist eigentlich egal was er schreibt, es macht einfach Spaß ihm "zuzuhören". Doch die Geschichte hat einiges zu bieten:
    Zum einen ist da die Geschichte von David Zimmer. Er war Literaturprofessor und hatte ein wunderbares Leben mit einer Frau und zwei Kindern. Doch seine Familie wurde ihm durch einen Flugzeugabsturz genommen. Sein ganzer Lebensinhalt mit einem Schlag zunichte. David ist am Boden zerstört, kapselt sich ein. Diese Selbstzweifel (Hätten sie doch ein anderes Flugzeug genommen?), diese Unfähigkeit loszulassen, diese In-sich-Gekehrtheit wird sehr intensiv und spürbar beschrieben. Durch Zufall stößt er auf einen Film von einem Stummfilmakteur - Hector Mann. Zum ersten Mal seit Monaten lacht David. Dies führt dazu, dass er alle Filme von Hector Mann sehen will, sich intensiv mit seiner Geschichte beschäftigt und David endlich eine Sache gefunden hat, mit der er seine Zeit vertreiben kann. Er schreibt ein Buch über Hector Mann.
    In folge seiner Recherchen findet er schnell heraus, dass Hector Mann plötzlich verschwunden ist, keine Leiche, keine Spur seit über 50 Jahren. Er ist sicher, Hector ist tot. Doch dann erreicht ihn ein Brief, in dem steht, dass Hector lebt und ihn sehen will. Die Geschichte nimmt ihren Lauf.


    Im Roman erzählt Auster in kleinen Geschichten, die Filme die David sieht - eine geniale Idee! So liest man nicht nur die Geschichte von David, die zugleich der Rahmen der Geschichte ist. Sondern man liest noch die Filme sozusagen als Kurzgeschichten, die ungemein unterhaltsam sind und man wirklich das Gefühl hat mit David im Kino zu sitzen und die alten Stummfilme zu sehen. Der zweite große Teil der Geschichte ist das Leben des Hector Mann. Ungeheuer skurril, traurig, von unglaublichen Zufällen durchzogen und sehr berührend.


    Das Buch ist wie ein Spinnennetz, in dem alle Teile fein miteinander verwoben sind. Ich glaube "Das Buch der Illusionen" ist ein Buch, dass es verdient hat ein zweites Mal gelesen zu werden, da man viele Zusammenhänge, Verstrickungen einfach nicht auf den ersten Blick erkennen kann und man bei erneuter Lektüre sicherlich interessante Entdeckungen macht.


    Für mich bleibt es keinesfalls mein letzter Auster.


    Ich kann das Buch Euch von ganzen Herzen ans Herz legen. Daher:
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    glg
    bane

  • David Zimmer verliert durch einen Flugzeugabsturz seine Frau und beide Söhne. Er kämpft mit Depressionen, Suizidgedanken und Alkohol und nur die Arbeit an einer Chateaubriand-Übersetzung lenkt ihn ab. Bis er durch Zufall die Werke des Stummfilm-Komikers Hector Mann entdeckt und schnell wie besessen alles über diesen herausfinden möchte. Der Schauspieler gilt nach einigen ebenfalls dramatischen Zwischenfällen als verschollen und seine Filme sind fast in Vergessenheit geraten, bis David ein Buch über ihn schreibt. Und plötzlich ergibt sich scheinbar eine ungeahnte Chance: Diesem Mann, der ihn nach der Familientragödie wieder zum Lachen bringen konnte, entgegen aller Informationen doch lebend antreffen zu können.


    Dieses Buch hat mich ziemlich lange begleitet, gemocht habe ich es nie wirklich und stellenweise hat der Erzähler mich absolut genervt. Ja, er hat schwere Schicksalsschläge zu verarbeiten. Doch rechtfertigt das seinen selbstmitleidigen Umgang damit, vor allem wenn er dies bei anderen verurteilt? Seine durch Alkoholismus verstärkte Aggressivität? Seine fehlende Selbstreflektion?

    Die Tatsache, dass weite Teile des Buches aus Nacherzählungen von Filmen bzw. den Berichten über andere Personen bestehen, machte es für mich nicht interessanter. Teils entstehen dadurch interessante Querverweise und die Bedeutungsebenen werden gekonnt verwoben, doch bleibt am Ende zu viel Irrelevantes.

    Erschwerend kommt hinzu, dass ich das Buch gehört habe und daher auf das Tempo eines Vorlesers angewiesen war, dem ich noch nicht mal gerne zugehört habe. Geld hätte ich für dieses Werk nicht ausgeben wollen, um die Printversion in meinem eigenen Tempo (quer) zu lesen. Warum ich es bis zum Ende durchgehalten habe? Weil Auster wohl doch gut ist in dem, etwas er tut.



    2ratten

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Ich habe das Buch seinerzeit mit 4 Sternen bewertet (allerdings noch vor meiner Forumszeit), aber ich kann mich an rein gar nichts erinnern :gruebel:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine, dann ist es doch schon ein Weilchen her. Ich habe etwas ähnliches gestern auch festgestellt, allerdings handelt es sich um ein anderes Buch und nur um wenige Monate. :rollen:

    Beim Auster bin ich nicht verwundert angesichts der zahlreichen Nebenschauplätze, die viel Raum einnehmen, ohne direkten Einfluss auf Handlung oder Protagonisten zu haben.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges