Lion Feuchtwanger - Erfolg

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    "Das Buch Bayern" heißt des Schriftsteller Jacques Tüverlins Buch, das er nach über 800 Seiten von Lion Feuchtwangers Roman beginnt zu schreiben. "Das Buch Bayern" könnte auch der Titel des Romans "Erfolg" sein; und ist es in gewisser Weise auch - ist doch Tüverlin in diesem Schlüsselroman das Alter Ego Feuchtwangers.
    Also in Bayern, genauer in München, spielt das voluminöse Werk - in den 20er Jahren als statt "Laptop und Lederhosen" noch Landwirtschaft und Gemütlichkeit angesagt war. Ein böser Blick ist es, den Feuchtwanger da auf die Stadt, in der er lange gelebt hat und ihre Menschen wirft - er seziert die schwierige Zeit der Inflation, des Hitler-Putsches (im Roman: Kutzner). Und insbesondere beschäftigt er sich mit der Gerechtigkeit und der Justiz.
    Martin Krüger ist die tragische Hauptperson, der Museumsdirektor, der ein unliebsames Bild aufgehängt hat und schließlich wegen angeblichen Meineids im Gefängnis landet - ein Prozess, der nur geführt wird, um den unangepassten Krüger aus seiner Postion zu enthaben. Spielball wird er nicht nur des Gerichts, sondern der großen und kleinen Politik. Johanna Krain, die Frau an seiner Seite, kämpft um ihn, spricht mit all den großen, einflussreichen Männern - immer wieder keimt Hoffnung auf, immer wieder wird sie enttäuscht.


    Eine Vielzahl von Charakteren begleitet der Leser durch die Seiten, manchmal (auch weil ich extrem langsam gelesen habe) fiel es mir schwer im Kopf zu behalten, wer nun für was einstand. Aber so gibt es auch eine Fülle kleiner und großer Nebenschauplätze, die sich um die Geschichte Johannas und Martins gruppiert, Politisches, Menschlisches. Die interessanteste für mich die um Rupert Kutzner (Adolf Hitler) und seine Partei der "Wahrhaften Deutschen".
    Feuchtwanger schreibt in einer ungewöhnlichen Sprache, die dem bayrischen Dialekt angelehnt ist - imitiert den Satzbau, baut ab und an Dialektbegriffe ein. Seine distanzierte Erzähl-Position, die wirkt als würde er nicht über seine Zeit, sondern eine vergangene schreibt, ist ebenso ungewöhnlich und interessant.
    Das Nachwort schlüsselt viele Personen auf die ich (bis auf Hitler und Karl Valentin) so nicht erkannt hatte, darunter die Schriftsteller Bert Brecht, Ludwig Thoma und Ludwig Ganghofer, sowie eine gute Handvoll "Großkopfiger" (Politiker).
    Bedrückend wie hellsichtig der Autor in den Zwanziger Jahren den aufkommenden Nationalsozialismus darstellt - ein Thema das im zweiten Teil der Wartesaal-Trilogie "Die Geschwister Oppermann" weiterverfolgt wird.


    4ratten und eine halbe


    Katia


    EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah

  • Ich habe nun mit meinem dritten Monatsrundenbuch begonnen:


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    Untertitel: Drei Jahre Geschichte einer Provinz


    Inhaltsangabe auf der Buchrückseite:


    "Ein packender Zeitroman"


    Der Münchner Museumsdirektor Martin Krüger hat sich unbeliebt gemacht. Einige Leute wären ihn gern los. Der Meineidprozess, den man ihm anhängt, geht deshalb auch nicht gut für ihn aus. Doch er hat Freunde, die seine Unschuld zu beweisen versuchen.

    ___________________________________________


    Erfolg ist der erste Teil der Wartesaal-Trilogie: Erfolg/Die Geschwister Oppermann/Exil.


    Vor ein paar Jahren habe ich schon einmal versucht, Erfolg zu lesen, bin aber gleich am Anfang gescheitert. Das Buch beginnt mit einer Schilderung eines Restaurantbesuchs zweier Männer (der Justizminister Otto Klenk und der Kultusminister Franz Flaucher), wobei deren Ansichten und Meinungen zum Fall des Museumsdirektors Martin Krüger genaustens dargelegt werden, ebenso ihre sonstigen Meinungen und Eß- und Trinkvorlieben (der Herr Flaucher sitzt da und ißt einen Rettich, den er sich offenbar selber schneiden und würzen muß?!) Über dieses Restaurantkapitel kam ich damals nicht hinaus, zudem schreckte mich (neben dem Umfang von über 800 Seiten) die Aussicht ab, daß das Ganze in München spielt und Bayern eine wichtige Rolle spielt. Bayern ist mir sehr fremd und von der Mentalität her gelegentlich unverständlich.


    Jetzt aber bin ich fest entschlossen, durchzuhalten und hoffe einfach mal, daß das Buch noch interessanter wird und ich mich einlese. Vor zwei Jahren habe ich Geschwister Oppermann gelsen und für sehr gut befunden, auch für sehr gut lesbar.


    Ich bin inzwischen schon bis ins dritte Kapitel vorgedrungen, wo es um den Prozeß geht und Zeugen vernommen werden. Im Moment ein sehr merkwürdiger Taxifahrer. Außerdem durfte ich schon etwas dazulernen: ich habe das mir unbekannte Wort derblecken nachgeschlagen.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

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  • Nachdem ich ein paar Tage pausiert habe, weil ich wenig Zeit habe und ein anderes Buch zwischenschieben mußte, habe ich heute einige Kapitel weitergelesen, und zwar bis zum 9. Kapitel des ersten Buches. Das erste Buch trägt den Titel "Justiz" und hat 20 Kapitel von sehr unterschiedlicher Länge. Wieviele Bücher danach noch kommen, weiß ich nicht, da es kein richtiges Inhaltsverzeichnis gibt, sondern nur jeweils eins am Anfang jedes Buches, das nur die Kapitel des jeweiligen Buches enthält.


    Es geht weiter um den Prozeß, um die Aussagen bestimmter Leute. Der Leser erfährt nach und nach einiges über die Hintergründe des Prozesses, aber noch nicht alles, und einige beteiligte Personen werden vorgestellt und charakterisiert. Gut gefallen hat mir Johanna Krain, offenbar die Partnerin des Angeklagten Martin Krüger.


    Es liest sich erstaunlicherweise sehr gut, ich habe heute mehrere Kapitel geschafft, obwohl ich todmüde war und es sehr viele Hintergrundgeräusche gab. Ich hatte erwartet, daß das Buch ein harter Brocken werden würde, aber vielleicht stimmt das gar nicht. Ich mag Feuchtwangers Sprache, ich empfinde sie als sehr kreativ.

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  • Mittlerweile bin ich auf Seite 140 angelangt, wo das erste Buch endet und das zweite Buch "Betrieb" beginnt. Das zweite Buch hat 23 Kapitel.


    Im ersten Buch ("Justiz") ging es um den Meineidprozeß gegen den Museumsdirektor Martin Krüger. Die Justiz, das Funktionieren so eines Prozesses wurde dabei von allen Seiten beleuchtet.


    Dabei wurde mir eigentlich nie so klar, wer ihn eigentlich angeklagt hat und warum (der angebliche Meineid bestand darin, daß Krüger bestreitet, in einer bestimmten Nacht bei einer bestimmten Frau gewesen zu sein, was auch der Wahrheit entspricht. Ich habe allerdings nicht verstanden, warum und für wen das so wichtig ist). Aber es wird deutlich, daß die eigentlichen Hintergründe andere sind: Krüger hat sich bei gewissen Leuten unbeliebt gemacht, unter anderem wohl beim Kultusminister und beim Justizminister, indem er einige mißliebige Bilder in seinem Museum aufgehängt hat. (Was an den Bildern so schlimm sein soll, wurde mir auch nicht ganz klar). Die Sache zieht aber immer weitere Kreise. Auch in Berlin berichten die Zeitungen über den Prozeß.


    Sympathisch sind mir vor allem die Personen, die auf Krügers Seite stehen: seine Freundin Johanna und sein Anwalt Dr. Geyer. Allerdings machen auch die sich unbeliebt und Johanna bekommt sogar schon die Folgen zu spüren: sie wird im Park von Rowdys angegriffen... Gegen Dr. Geyer werden auch schon recht aggressive Gedanken gehegt.
    Sorgen mache ich mir auch um den Geschworenen Paul Hessreiter: ein wohlsituierter reicher Mann, aber er hat zwei der mißliebigen Bilder gekauft und eine geschäftliche Entscheidung getroffen, die vielleicht auch in so eine Richtung laufen wird... mal sehen.


    Es ist spannend zu lesen, wie die einzelnen Personen und ihre Gedanken beschrieben werden und welche Folgen ihr Handeln hat. Allerdings befürchte ich, daß das Buch irgendwann unübersichtlich wird, denn es werden immer neue und neue Personen vorgestellt.


    Insgesamt ist es keine angenehme Gesellschaft, die Feuchtwanger dem Leser im München der 20er Jahre (?) vorstellt.

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  • Das zweite Buch (mit dem Titel Betrieb) endet auf Seite 319.


    Wurde dem Leser im ersten Buch die Justiz nahegebracht anhand eines Prozesses, so liegt nun das Augenmerk auf Betrieb der unterschiedlichsten Sorte:


    1) auf dem Gefängnisbetrieb. Martin Krüger wurde verurteilt und sitzt in der Haftanstalt Odelshausen ein. Wie es einem Gefangenen dort ergeht, hängt von der Willkür der Gefängnisleitung und der Wärter ab. Ebenso willkürlich erfolgen Begnadigungen, Hafterleichterungen und das Einsetzen von Gefangenen für ganz bestimmte Arbeiten.


    2) die Arbeitsweise des Justizministers, Otto Klenk, der seine Entscheidungen ebenso willkürlich aus reinem politischen Kalkül trifft, und sich seiner Macht wohl bewußt ist.


    3.) der Urlaubsbetrieb im winterlichen Garmisch-Partenkirchen, wohin Johanna reist, um bei den mächtigen Leuten, die dort verkehren, vom Wirtschaftsboß bis zum Kronprinzen, für die Freilassung von Martin Krüger einzutreten. Doch keiner dieser mächtigen Herren kann oder will ihr helfen.


    4.) der Betrieb in Hessreiters Keramikfirma und einer Münchner Autofirma des Herrn Reindl, der seine Entscheidungen auch aus rein politischen Erwägungen trifft.


    Es ist unmöglich alle Aspekte aufzuzählen. Immer mehr Personen treten auf (unter anderem ein gewisser Jaques Tüverlin, der meiner Erinnerung nach auch in Die Geschwister Oppermann eine Rolle spielt.). Ich habe sehr lange für diesen zweiten Abschnitt gebraucht, denn das Buch ist vollgestopft mit Geschichten, Details, Erlebnissen der unterschiedlichsten Personen, mit Gedanken und Erwägungen, die ein Zeitpanorama von Bayern zur Zeit der Inflation bilden. Alles ist sprachlich sehr geschickt geschildert, die Personen werden mit wenigen Sätzen vor den Augen des Lesers lebendig. Allerdings kommt Bayern dabei überhaupt nicht gut weg, Feuchtwanger scheint deutliche Ressentiments gegen dieses Land oder besser gesagt schlechte Erfahrungen zu haben.


    Im 14. Kapitel nennt er einige statistische Daten über Bevölkerungszahlen, Erwerbstätigenquoten usw., ich gehe davon aus daß die exakt sind. Für den heutigen Leser sehr aufschlußreich.
    Amüsant fand ich folgende Sätze über die Seltsamkeiten der Menschen dieser Zeit:
    Die Lebensweise jener Epoche war nicht hygienisch. Man wohnte eng aneinandergepreßt in riesigen Häusern von Stein und Eisen, schlecht gelüftet, ohne viel Grünes, übel ineinander verfilzt. ... Man atmete den Rauch getrockneter, langsam verbrennender Kräuter ein, Tabak genannt, sich und anderen die Luft verderbend. Man aß in großen Quantitäten das Fleisch getöteter Tiere; der Genuß von Menschenfleisch hingegen war auch bei den Weißhäutigen abgekommen. (S. 226/227)


    Außerdem habe ich mehrere interessante Zitate zum Thema Recht und Politik gefunden. Zum Beispiel: [er sagte,] Gerechtigkeit sei eine Folgeerscheinung von Erfolg. Immer sei die gerechte Sache identisch mit der erfolgreichen. (S. 150)
    Oder: Recht und Ethik, behaupte ein gewisser norddeutscher Philosoph namens Immanuel Kant, stünden außer jeden Verhältnisses: Recht und Boden aber, Recht und Klima, Recht und Volk, das meine er, der Otto Klenk aus München, die seien zweieinig, nicht zu trennen. (S. 169)


    Aus heutiger Sicht weiß man ja sehr gut, wohin das geführt hat mit Recht und Volk.


    Johanna jedenfalls kann nichts ausrichten für Martin Krüger, obwohl sie es sogar geschafft hat, ihn zu heiraten.


    Auf S. 325 beginnt das dritte Buch, es trägt den Titel "Spaß. Sport. Spiel" und hat 26 Kapitel.


    Fünf davon habe ich schon gelesen. Es beginnt gleich mit einem Stierkampf (merkwürdige Auffassung von Spaß haben manche Leute, hier werden Menschen verletzt, Pferde aufgeschlitzt und Stiere abgestochen).
    Johanna hat derweil ihren Spaß mit Herrn Hessreiter in Paris. Jaques Tüverlins Spiel und Spaß ist seine Arbeit, er schreibt an einem Buch und an einer Revue für Herrn Pfaundlers Lokal in Garmisch, Dr. Geyers Sohn Erich dagegen plant eine Katzenfarm zu eröffnen und Herr Klenk treibt wieder mal Stammtischpolitik.


    Ich bin gespannt, was für "spaßige" Sachen noch kommen werden und denke, daß ich ab jetzt schneller lesen werde.

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  • und denke, daß ich ab jetzt schneller lesen werde.


    Tja da habe ich mich wohl getäuscht. In der Mitte hat das Buch doch sehr sehr deutliche Längen. Es wiederholt sich eigentlich alles mehr oder weniger: irgendwer macht irgendwas mit irgendwem, trifft sich am Stammtisch (die Stammtischkapitel sind besonders zäh), zieht irgendwelche Fäden, macht Reisen, trifft Entscheidungen, eine Revue wird geschildert... Johanna Krain, jetzt verheiratete Krüger, tut sich trotz ihrer Ehe mit dem inhaftierten Krüger jetzt mit einem Mann nach dem anderen zusammen, ich muß mich wundern, anfangs schien sie mir eigentlich sehr patent zu sein.
    Zeitgeschichtlich alles sicher interessant, aber in dieser Ausführlichkeit müßte ich es nicht unbedingt haben.


    Das dritte Buch habe ich nun beendet und das vierte Buch begonnen. Es beginnt auf S. 531, hat 32 Kapitel und heißt "Politik und Wirtschaft". Darum ging es meiner Meinung nach schon die ganze Zeit und für mein Gefühl geht es genauso weiter.


    Jedenfalls habe ich jetzt über die Hälfte gelesen. Ob ich das Buch wohl noch vor Weihnachten schaffe?

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  • Es ist interessant, deine Eindrücke mitzulesen. Die Feuchtwanger-Bücher hatte ich schon öfter in der Hand, aber so manche Leseprobe hat mich dann doch wieder davon abgehalten. Inzwischen bin ich auch wieder hin- und hergerissen, denn nach dem, was du schreibst, habe ich das Gefühl, ich müsste mir doch endlich die Zeit nehmen, mich eingehender mit ihm zu befassen. Ich werden deinen Thread auf jeden Fall weiter verfolgen.



    In der Mitte hat das Buch doch sehr sehr deutliche Längen. Es wiederholt sich eigentlich alles mehr oder weniger: irgendwer macht irgendwas mit irgendwem, trifft sich am Stammtisch (die Stammtischkapitel sind besonders zäh), zieht irgendwelche Fäden, macht Reisen, trifft Entscheidungen, eine Revue wird geschildert...


    Klingt ein bisschen nach Proust :zwinker:.

  • Doris
    Danke für die Rückmeldung. Schön zu wissen, daß gelesen wird, was ich hier so schreibe. :breitgrins:


    Bin inzwischen ein Stück weiter und es gab wieder einmal ein Kapitel, das mir gefallen haben, in denen es um reale Geschichte ging ("Aus der Geschichte der Stadt München"). Das kann Feuchtwanger wirklich fesselnd schildern. Auch wie er den an Einfluß gewinnenden Hitler beschreibt (der in diesem Buch Kutzner heißt), ist lesenswert. Die Kapitel, wer wann wo mit wem Leberknödel essen geht, interessieren mich weniger, obwohl sie sicher genauso politisch sind wie der Rest. Aber wenn ich einen Kapitelanfang lese, der so lautet: "In jenen Jahren war eines der beliebtesten Mittel, den politischen Gegner zu widerlegen, seine Ermordung.", dann bin ich wieder voll bei der Sache.



    Klingt ein bisschen nach Proust :zwinker:.


    Der Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen. Ich habe Proust mal vor ewiglanger Zeit gelesen und meine mich zu erinnern, daß es da vor allem um persönliche Befindlichkeiten ging. Bei Feuchtwanger geht es doch politischer zu.


    Wenn du hin und hergerissen bist bezüglich Feuchtwanger, dann empfehle ich dir, zuerst "Die Geschwister Oppermann" zu lesen. Das ist nicht so langatmig.

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  • Wenn du hin und hergerissen bist bezüglich Feuchtwanger, dann empfehle ich dir, zuerst "Die Geschwister Oppermann" zu lesen. Das ist nicht so langatmig.


    Das ist nach "Erfolg" der zweite Teil der Wartesaal-Trilogie. Kann man es lesen, ohne den ersten Teil zu kennen?

  • Ja, kann man. Ich habe es auch zuerst gelesen. Es spielt halt zeitlich später. Es kommen aber völlig andere Personen darin vor, bis auf Jaques Tüverlin, der in Erfolg eine zentrale Rolle und in Geschwister Oppermann eine kleine Nebenrolle hat.

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  • Ja, kann man. Ich habe es auch zuerst gelesen. Es spielt halt zeitlich später. Es kommen aber völlig andere Personen darin vor, bis auf Jaques Tüverlin, der in Erfolg eine zentrale Rolle und in Geschwister Oppermann eine kleine Nebenrolle hat.


    Dann werde ich das mal im Auge behalten für den Fall, dass mir nach Feuchtwanger zumute ist.

  • Mittlerweile habe ich das vierte Buch beendet. Das fünfte Buch beginnt auf S. 737, trägt die Überschrift Erfolg und hat 23 Kapitel.


    Im vierten Buch scheint der Tiefpunkt überwunden und das Buch ließ sich wieder besser lesen, es wurde zunehmend spannend. Ich konnte es kaum aus der Hand legen. Zunehmend ging es um die politische Situation im München des Jahres 1923, die Inflation und wer von ihr profitiert und wer nicht, die Besetzung des Ruhrgebiets. Mehr und mehr wurde auch dargelegt, wie Rupert Kutzner (alias Hitler) und seine Wahrhaft Deutschen (alias Nazis) immer größeren Zustrom erhalten, aus welchen Gründen dies geschieht, und was für Aktionen sie betreiben (zum Beispiel auch Fememorde). Auch Johanna wird wieder aktiver und im Fall des inhaftierten Martin Krüger tut sich etwas. Leider


    Das fünfte und letzte Buch wird sich nun sicher schnell lesen lassen, auf zum Endspurt.

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  • Ich bin fertig!


    Im fünften Buch wird es noch einmal so richtig, richtig spannend! Ich habe diesen Teil regelrecht verschlungen.


    Was die großen Ereignisse betrifft, geht es hier um Hitlers Putschversuch von 1923. Im kleinen gibt es für fast alle unserer Romanfiguren Veränderungen zum Guten oder Schlechten. Einige werden durch das Ende der Inflation nach oben gespült, einige rutschen nach unten. Auch Hitlers (im Buch: Kutzners) mißlungener Putsch hat Auswirkungen auf das Schicksal einiger dieser Personen.


    Johanna Krain faßt nach einer langen Trauerphase ihr Unglück in Worte und dreht einen Film über Martin Krüger, in dem sie deutlich das Unrecht und die dafür Verantwortlichen benennt. Jacques Tüverlin läßt sich zu einer Wette herausfordern, infolge deren er ein Buch schreibt, in dem er einen Toten zum Reden bringt und das gesamte Land Bayern charakterisiert.


    Hier am Ende erschließt sich für den Leser nun eine Parallele. Ein Buch über Bayern hat man ja gerade gelesen... Im Nachwort von Gisela Lüttich wird es ausgesprochen: Erfolg ist ein Schlüsselroman, in dem Personen der Zeitgeschichte unter anderem Namen auftreten. Jacques Tüverlin ist demnach Feuchtwanger selber. Auch Bertolt Brecht ist gut zuzuordnen. Hitler ist natürlich sehr leicht zu erkennen. Die anderen Namen habe ich zur Kenntnis genommen, doch da ich diese Personen nicht kenne (bis auf Karl Valentin, von dem ich zumindest schon mal gehört habe, auch wenn ich über seine Person nichts Näheres weiß) ist für mich damit kein Aha-Effekt verbunden.


    Die bayrischen Ausdrücke, die mir bisher im Buch auffielen und die ich manchmal nicht verstand, wurden hier im letzten Teil weniger.


    Feuchtwanger selber stellt seinem Buch noch eine "Information" hintenan, in der sagt, daß er nicht wirkliche, sondern historische Menschen schildert, um mit ihnen bestimmte Typen zu charakterisieren, die typisch für die Epoche waren.


    Sehr amüsiert hat mich der letzte Satz dieser "Information":
    Material über die Sitten und Gebräuche der altbayrischen Menschen jener Epoche findet sich in einer Zeitung, die damals in einem altbayrischen Ort namens Miesbach erschien, dem "Miesbacher Anzeiger". Diese Zeitung ist in zwei Exemplaren erhalten; das eine befindet sich im Britischen Museum, das andere im Institut zur Erforschung primitiver Kulturen in Brüssel.

    :totlach:

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  • Lion Feuchtwanger: Erfolg


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    Untertitel: Drei Jahre Geschichte einer Provinz


    Inhaltsangabe auf der Buchrückseite:


    "Ein packender Zeitroman"
    Der Münchner Museumsdirektor Martin Krüger hat sich unbeliebt gemacht. Einige Leute wären ihn gern los. Der Meineidprozess, den man ihm anhängt, geht deshalb auch nicht gut für ihn aus. Doch er hat Freunde, die seine Unschuld zu beweisen versuchen.

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    Der Roman "Erfolg" ist mehr als nur "das Buch Bayern", er weitet sich zu einer Geschichte der allgemeinen deutschen Zustände in der Epoche des beginnenden Nazismus aus." (Victor Klemperer)
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    Erfolg ist der erste Teil der Wartesaal-Trilogie: Erfolg/Die Geschwister Oppermann/Exil.
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    Feuchtwanger zeichnet in diesem Buch ein detailreiches, klares und treffendes Bild des Landes Bayern, speziell der Stadt München, in den Jahren 1921 bis 1924. Ausgehend vom Gerichtsfall des Martin Krüger werden die Zustände der Zeit, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge und gesellschaftliche Beziehungen und Entwicklungen sehr differenziert geschildert. Feuchtwangers Sprache ist sehr treffend und klar, ich empfinde sie als kreativ, und bei aller Detailfülle und Ernsthaftigkeit der Thematik bleibt der Text dennoch sehr gut lesbar und unterhaltend.


    Wie schon beim Lesen der Geschwister Oppermann erstaunt mich auch hier wieder die Klarsichtigkeit, mit der Feuchtwanger das Wesentliche benennt; die Genauigkeit, mit der er historische Ereignisse und Entwicklungen beschreibt, allen voran das Erstarken der nationalsozialistischen Bewegung.


    Historische Ereignisse dieser Zeit werden manchmal mit der Handlung des Buches in Zusammenhang gesetzt und manchmal nur (als Hintergrund) berichtet. Einiges wird dabei nur angedeutet (es ist z.B. auch nie vom Hakenkreuz die Rede, sondern immer nur vom "indischen Fruchtbarkeitssymbol"), viele Personen werden nicht namentlich genannt, aber wenn man noch ein bißchen Schulwissen aus dem Geschichtsunterricht über diese Zeit hat, kann man alles gut zuordnen. Für mich ist das Buch ein Ansporn, die genauen Details der historischen Ereignisse und Zusammenhänge noch einmal nachzulesen, denn Bayern liegt nicht so sehr in meinem Fokus, aber diese Jahre nach der Novemberrevolution und der Münchner Räterepublik und zur Zeit der Inflation waren schon eine interessante Zeit.


    Wenn man verstehen will, wie es zur Machtergreifung der Nazis in Deutschland kam (man bedenke: Feuchtwanger schrieb das Buch zwischen 1925 und 1930!), oder wenn man allgemein an deutscher Geschichte interessiert ist, sollte man dieses Buch unbedingt lesen.


    Obwohl ich anfangs ein wenig Respekt vor der Vielzahl der Personen hatte, die mir unübersichtlich schien, und den Mittelteil des Buches als ein wenig langatmig und zu sehr ins Detail gehend empfunden habe, war das Lesen ein sehr großer Gewinn für mich. Gerne werde ich Erfolg ein zweites Mal lesen. Ich habe vier Wochen für das Buch gebraucht, wenn man nebenbei noch über die Zeitgeschichte nachliest, kann man sich gut und gerne auch noch länger mit dem Buch beschäftigen.


    Alles in allem: für mich ein Highlight des Jahres!


    5ratten:tipp:

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  • Wie schön, ich lese immer gerne, wenn Feuchtwangers Romane gelobt werden. Die "Wartesaal-Trilogie" las ich vor einigen Jahren. Auch für mich waren alle drei Bücher Lesehighlights. Lion Feuchtwanger ist sicher einer der Autoren, die uns auch in fünfzig Jahren noch etwas zu sagen haben.


    Du solltest dich auch auf "Exil" freuen, kaluma, falls du es noch nicht gelesen hast. Auch hier gibt es eine Menge Einsichten in die Geschichte des 20. Jhs. und die menschliche Seele.

  • finsbury


    Schön, daß es noch jemanden gibt, der Feuchtwangers Bücher liebt! :smile:


    Ja, auf Exil freue ich mich, ich habe es noch nicht gelesen.


    Ich habe noch etliche Feuchtwanger-Bücher ungelesen hier stehen. Einige davon habe ich von meinem Großvater geerbt, der Feuchtwanger auch schätzte und wenn ich die Bücher jetzt lese, muß ich immer an ihn denken. Schade, daß ich mit ihm nun nicht mehr über die Bücher reden kann.

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  • Ich habe noch etliche Feuchtwanger-Bücher ungelesen hier stehen. Einige davon habe ich von meinem Großvater geerbt, der Feuchtwanger auch schätzte und wenn ich die Bücher jetzt lese, muß ich immer an ihn denken. Schade, daß ich mit ihm nun nicht mehr über die Bücher reden kann.


    Bei mir stehen momentan nur die "Gebrüder Lautensack" ungelesen im Regal, solltest du das mal lesem wollen, können wir uns gern zur gemeinsamen Lektüre verabreden. Außer der "Wartesaal-Trilogie" habe ich vor sehr langer Zeit den "Jud Süß" gelesen, der so gar nichts mit dem schrecklichen Film zu tun hat.

  • ... Institut zur Erforschung primitiver Kulturen in Brüssel.


    Das ist bös! :zwinker:


    Danke für deine Berichte, von denen der letzte wieder richtig Lust auf das Buch macht, obwohl ich persönlich mit dem Thema Drittes Reich eigentlich abgeschlossen hatte. Feuchtwanger hat wohl einiges an eigenen Erlebnissen im Buch untergebracht; es scheint angeraten, sich ein bisschen mit seinem Leben zu beschäftigen, bevor man "Erfolg" liest.