Ulrike Renk: Seidenstadt-Schweigen

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    Ulrike Renk: Seidenstadt-Schweigen. Tatort Niederrhein, Krefeld 2008, Leporello-Verlag, ISBN 978-3-936783-26-1, Taschenbuch, 240 Seiten, Format: 11,5 x 19 x 2 cm, EUR 9,90


    Eigentlich sollte im Krefelder Zoo nur ein Rohrbruch repariert werden, doch der Bagger legt weit mehr frei als nur eine defekte Wasserleitung: eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg – und einen erschossenen Soldaten in Wehrmachtsuniform, den jemand fein säuberlich in eine Plane gewickelt hat. Ein sechzig Jahre alter Mordfall? Hauptkommissar Jürgen Fischer lässt den Leichnam in die Rechtsmedizin bringen. Vielleicht kann man den Toten identifizieren und die Angehörigen über sein Schicksal unterrichten. Mehr dürfte nach sechs Jahrzehnten kaum möglich sein.


    Auch ohne einen cold case dem Krieg hat Fischer genug am Hals: Er muss seinen Chef vertreten, kämpft mit einem hohen Krankenstand im KK11 und ist zudem gerade dabei, mit seiner Lebensgefährtin Martina in ein gemeinsames Haus zu ziehen. Als wäre das nicht schon Stress genug, bekommt er anonyme Briefe, die erschreckend jenen gleichen, mit denen vor Jahren ein Serientäter seine Morde anzukündigen pflegte.


    Um die Identität des toten Soldaten kümmert sich die zuständige Stelle beim Innenministerium und die Bauarbeiten im Zoo gehen weiter – da wird in der Baugrube ein zweiter Toter gefunden. Dieses Mal ist der Fall brandaktuell: Der Tierpfleger Henning Roepstorf wurde erschossen und an der Fundstelle des toten Soldaten abgelegt.


    Das kann kein Zufall sein. Irgendwie müssen die beiden Fälle zusammenhängen. Nur wie? Der Tierpfleger war ein unauffälliger junger Mann. Eine traurige Kindheit und ein paar Jugendsünden sind das einzig Besondere in seinem Lebenslauf. Jetzt ist er engagiert im Beruf und im Vereinsleben, hat eine Freundin und einen großen Bekanntenkreis. Ist das Mordmotiv vielleicht in seiner Freundesclique zu suchen?


    Dass es zwischen dem Mord an dem Soldaten und dem Mord an dem Tierpfleger einen Zusammenhang geben muss, davon ist der Leser noch weitaus stärker überzeugt als die Ermittler. Denn die Autorin erzählt uns parallel zu der Geschichte um den ermordeten Tierpfleger die Geschichte des neunzehnjährigen Fritz, einem Weberssohn aus Krefeld, der 1939 nach dem Reichsarbeitsdienst die Grundausbildung bei der Wehrmacht antritt und den Willen seines Vaters die Offiziersausbildung macht. Fritz kommt an die Front, es verschlägt ihn nach Dünkirchen und Nordafrika.


    In Fritz’ Kriegserlebnissen tauchen immer wieder dieselben Familiennamen auf wie im aktuellen Fall des toten Tierpflegers. Schnell wird klar: Etwas so Ungeheuerliches muss damals geschehen sein, dass es Folgen hat bis zum heutigen Tag. Tödliche Folgen.


    Doch die beiden Mordfälle sind nicht Hauptkommissar Fischers einziges Problem. Seine Noch-Ehefrau Susanne ist verschwunden. Als Fischer zu ihrem Haus fahren will, um nach Hinweisen auf ihren Verbleib zu suchen, setzt er sein Auto in den Graben. Die Ermittlungen ergeben: Ein Unfall war das nicht! Ist Fischer dem Mörder aus dem Zoo zu dicht auf den Fersen – oder hätte er die anonymen Drohbriefe ernster nehmen sollen?


    Dieser hervorragend recherchierte Kriminalroman hat alles, was ein guter Krimi braucht: Spannung, Dramatik, raffiniert verwobene Handlungsstränge, überraschende Wendungen – und auch der menschliche Aspekt kommt nicht zu kurz. Die Polizeibeamten des KK11 sind weder Superhelden noch Schablonen, es sind Menschen wie Sie und ich, mit Stärken, Macken und Problemen. Jürgen Fischer hat sich von seiner Frau getrennt und fängt mit der verwitweten Staatsanwältin Martina Becker ein neues Leben an. Seine Kollegin Sabine Thelen hat noch an traumatischen Ereignissen aus jüngster Vergangenheit zu knabbern.


    Freunden der Reihe sei verraten, dass natürlich auch Jakob Schink, der gut informierte alte Herr mit Hund, wieder seinen Auftritt haben wird. Wenn dieser Mann freundlich zu plaudern anfängt, hört man besser ganz genau zu ...