Volker Kutscher - Der nasse Fisch

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    Volker Kutscher, Der nasse Fisch
    (Kiepenheuer & Witsch Verlag, 08/2007 bzw. 08/2008)
    ISBN 978-3-462-03932-0
    528 Seiten; € 8.95 (TB-Ausgabe)
    Gereon-Rath-Reihe, Fall I



    Zum Buchinhalt (von http://www.kiwi-verlag.de:(


    Gereon Rath, neu in Berlin und abgestellt bei der Sitte, erlebt eine Weltstadt im Rausch und voller sozialer und politischer Spannungen. Nach dem Fund einer unidentifizierten Leiche schaltet sich der junge ehrgeizige Kommissar ungefragt in die stagnierenden Ermittlungen der Mordkommission ein – und stößt in ein Wespennest.


    Mit diesem Großstadtroman beginnt eine sensationelle Serie, in der Kutscher den Kriminalkommissar Rath durch das Berlin der späten 20er- und frühen 30er-Jahre und mitten in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der Zeit schickt. Dem Leser stockt der Atem, wenn er erste Anzeichen für das Erstarken des Nationalsozialismus bemerkt, die von den Romanhelden noch als harmlos abgetan werden. Und er fiebert mit dem jungen Ermittler, der in Köln aufwuchs, dort seine Karriere bei der Polizei begann und nach einem tödlichen Schuss die Stadt verlassen und in Berlin bei der Sitte neu anfangen muss. Fasziniert von der vibrierenden Atmosphäre der amerikanischsten Stadt Europas, entnervt von den Razzien in Nachtclubs und Bordellen, nutzt Rath die erste sich bietende Gelegenheit, um wieder als Mordermittler tätig zu werden.


    Ein Toter ohne Identität, der Spuren bestialischer Folterung trägt, gibt der Mordkommission Rätsel auf. Rath entdeckt eine Verbindung zu einem Kreis oppositioneller Exilrussen, die mit geschmuggeltem Gold Waffen kaufen wollen, um einen Putsch vorzubereiten. Auch andere sind hinter dem Gold und den Waffen her. Rath bekommt es mit Paramilitärs und dem organisierten Verbrechen zu tun. Er verliebt sich in Charly, Stenotypistin in der Mordkommission, und missbraucht ihr Insiderwissen für seine einsamen Ermittlungen. Dabei verstrickt er sich immer weiter in den Fall und macht sich schließlich selbst verdächtig.



    Meine Meinung:


    Eigentlich reicht ein Satz mit vier Worten: Ich bin sehr beeindruckt!
    Selten habe ich einen Krimi gelesen, der so viel in sich vereint - Volker Kutscher schafft viel Atmosphäre vor einer - für mich - beeindruckenden Kulisse: das Berlin der Goldenen Zwanziger. Und auch wenn man da erstmal an Luxus, Swing tanzende, mit Zigarettenspitze rauchende Menschen in schicken Etablissements denkt, so vermittelt "Der nasse Fisch" auch viel von der Kehrseite der Medaille - die Armut und die Unzufriedenheit in den Arbeitervierteln. Dass dabei der sozialdemokratische Polizeipräsident auch gerne mal weit über das Ziel hinausschießt, ersetzt manchmal sogar ein wenig den Geschichtsunterricht, lernt man hierbei doch fast nebenbei, wie sich die politische Linke untereinander zerstritt, was den Nationalsozialisten wenige Jahre später die Machtergreifung nur noch einfacher gemacht hat.
    Ebenfalls sehr gelungen fand ich die Figuren: sie sind glaubhaft gezeichnet, nicht nur schwarz oder weiß. Und so ist die Hauptperson, Kriminalkommissar Gereon Rath, nicht immer ein Sympathieträger, da er häufig sehr eigensinnig Spuren verfolgt und sich dabei nicht gerade korrekt verhält - noch nicht einmal im Bezug auf die Damenwelt... Aber gerade das macht eben das Buch und seine Figuren deutlich realistischer. Im Übrigen geht mir das auch bei den Fällen so: es findet nicht plötzlich nur noch ein Fall statt, wie so häufig in Kriminalromanen, sondern man merkt, dass in der 'Burg' auch noch anderen Fällen nachgegangen wird.
    Auch zur Schreibe des Autors und zum Aufbau des Buches bleibt nur sehr Gutes zu berichten: der Stil ist flüssig zu lesen und schafft es - durch gute Dialoge - sogar das ein oder andere Grinsen ins Gesicht zu zaubern; der Aufbau ist vollauf geglückt: einige gute Finten sind gelegt und auch sonst lädt des Buch sehr viel zum Mitraten und Spekulieren ein.


    Fazit: Ein äußerst gelungener, spannender Krimi mit viel Atmosphäre und tollen Charakteren! Bleibt zu hoffen, dass Gereon Rath noch einige Ermittlungen anstellen darf...


    5ratten und ein :tipp:



    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Volker Kutscher - Der nasse Fisch


    Wenn man dieses Buch in die Hand nimmt, fragt man sich unweigerlich, wieso nasse Fische für einen Buchtitel herhalten müssen, zumal es sich hier nicht um einen komödiantischen Anglerroman handelt, sondern um einen Krimi, der im Berlin des Jahres 1929 spielt. Aber keine Sorge, im Laufe dieses rasant und spannend geschriebenen Romans erfährt der geneigte Leser, was der Titel mit dem Inhalt des Buches zu tun hat.


    Der Held des Romans, der Kriminalkommissar Gereon Rath ist gleichzeitig ein Anti-Held. Er macht nicht nur Fehler, er passt sich auch recht schnell seinen Kollegen und deren großzügiger Auslegung der Wahrheit an. Eine andere Art Polizei, wie wir sie aus den meisten Kriminalromanen kennen.
    Die Beschreibung Voller Kutschers der Polizeiarbeit macht auf mich einen ehrlichen, wenn auch oft negativen Eindruck, denn so könnte es sich vor achtzig Jahren in Berlin (und auch anderswo) abgespielt haben.


    Und während ich darüber nachsinne, ob der Polizeipräsident damals (und heute?) wirklich mehr auf das Ansehen seiner Institution bedacht war, als auf das Aufklären von Fällen, sehe ich Gereon Rath, den Hut tief in die Stirn gezogen, die Hände in die Taschen seines langen grauen Mantels vergraben, durch die Straßen Berlins hasten. Ist er auf dem Weg ins Kommissariat? Trifft er sich gleich mit einem Spitzel? Oder hat er ein Rendezvous?


    Denn das hat Volker Kutscher grandios geschafft: Vor meinem inneren Auge sind Bilder wach geworden, Bilder aus einer schillernden Zeit, deren dunkle Seite wir hier kennenlernen, Bilder aus einer politischen Zeit, in der schon ein leiser brauner Wind durch Deutschland wehte, aber noch nicht richtig ernst genommen wurde. Bilder aus einer vergangenen Zeit, die ich durch ein Schlüsselloch betrachten durfte.


    5ratten

    Liebe Grüße

    SheRaven

  • Meine Meinung:


    "Der nasse Fisch", bei diesem Titel fragt man sich erst einmal, was denn Fische eigentlich mit einem Kriminalfall im Berlin der 20er Jahre zu tun haben könnte. Doch mit der Zeit und mit dem tieferen Eintauchen in das Buch stellt sich plötzlich heraus, dass dieser Titel durchaus seine Berechtigung hat; ist es doch die interne Bezeichnung der ermittelnden Polizeiinspektion für ungeklärte Fälle. Und es lassen sich im Laufe der Handlung durchaus auch noch weitere Interpretationsmöglichkeiten finden....


    Für mich ist das Buch als solches jedenfalls kein ungeklärter Fall, sondern ganz eindeutig ein Highlight im fast schon unüberschaubaren Angebot der Kriminalromane und unter dem Prädikat "absolut empfehlenswert" einzuordnen. Das liegt zum einem daran, dass Volker Kutscher ein sehr eindringliches und aufrüttelndes Bild der 1920er Jahre zeichnet. Während man dabei meistens die Goldenen Zwanziger mit ihrer ganz speziellen Atmosphäre und den Künstlern, Intellektuellen und Nachtschwärmern im Hinterkopf hat, wird in diesem Roman auch die dunkle Seite der damaligen Zeit nicht verschwiegen; soziale Spannungen, Straßenkämpfe mit den Kommunisten, das Aufkommen des Nationalsozialismus, dies alles ist auch ein Teil der Goldenen Zwanziger und wird thematisiert.


    Zum anderen gestaltet sich der Kriminalfall an sich so spannend, dass ich das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen konnte. Scheinbar unglaubliche Verwicklungen und Zusammenhänge verknüpfen sich langsam aber sicher zu einem dramatischen Gesamtbild, das sich immer noch weiter steigert. Dabei legt Volker Kutscher so manche heiße Spur für seine Leser aus, was natürlich zu Rätselraten und Spekulationen einlädt; nichts desto trotz hielt der Roman so einiges an Überraschungen für mich bereit, so dass es nie langweilig oder vorhersehbar wurde.


    Die Protagonisten, allen voran die Hauptfigur Gereon Rath, sind erfrischend anders. Jeder hat seine kleinen Geheimnisse, jeder seine Fehler und Schwächen, so mancher hat sogar zwei Gesichter. Vor allem ist es dem Autor gelungen, die Sympathie für seinen Ermittler zu wecken, obwohl dieser sich nicht immer korrekt und rechtskonform verhält. Gerade diese dunkle Seite der Figur hat mich immer wieder zum Nachdenken und Zweifeln gebracht, auf welcher Seite er denn nun steht und vor allem, ob ich überhaupt noch mit ihm mitfiebern kann, trotz seiner Rechtsbrüche. Dieser Konflikt während des Lesens hat mir gut gefallen, denn er hat mich gedanklich immer wieder sehr beschäftigt und das ist für mich ein wichtiger Pluspunkt bei jeder Art von Lektüre.


    Auch sprachlich hat mich der Krimi voll überzeugt; Volker Kutschers schnörkelloser Sprachstil passt sehr gut zu den Figuren und lässt sich sehr flüssig lesen. Der dramatische Showdown stellte für mich einen gelungenen Abschluss der Falles dar und ich bin ja schon sehr gespannt, wie es mit Gereon Rath weitergeht; denn "Der nasse Fisch" bildet den Auftakt zu einer Reihe und ich denke, mit dieser vielschichtigen Figur wird es noch jede Menge interessanter Fälle und Ermittlungen geben. Darauf freue ich mich schon!


    5ratten


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ich bin Kölnerin, liebe Berlin, historische Romane und Regionalkrimis - besser könnte es ein Buch nicht treffen, das als Protagonisten einen Kölner Kriminalkommissar hat, der 1929 nach Berlin versetzt wird. Volker Kutscher hat es nicht nur geschafft, mich dazu zu bringen, dieses verflixt schwere Buch während einer Leserunde über 200 km wandernd durch halb Frankreich zu schleppen, sondern auch dazu, nun sehnsüchtig auf die Fortsetzung zu warten.


    Wenn deutschen Romanautoren im internationalen Vergleich mitunter vorgehalten wird, zu wenig Spannung aufzubauen, zu einspurig zu sein oder es an Komplexität fehlen zu lassen: Auf Volker Kutscher und seinen kalten Fisch trifft das nun gar nicht zu. Beim Lesen, Spekulieren und Nachdenken kann man sich ganz schön das Hirn verknoten. Und nicht einmal das gibt - trotz vieler entsprechender Hinweise im Text - die Gewähr, als Leser schon vor dem Protagonisten auf der Rätsel Lösung zu kommen.


    Gereon Rath, der je nach Situation liebenswerte, voreilige, chaotische, tappige, unbeholfene, mutige und vor allem überehrgeizige ist ein Protagonist, über den ich mich beim Lesen herrlich aufregen kann - und auf dessen neue Abenteuer ich nun schon warte.
    Ich vergebe 5ratten

    Einmal editiert, zuletzt von sillesoeren ()

  • Hallo!


    Ich finde, dass der Leser bevor er dieses Buch aufschlägt, möglichst wenig darüber wissen sollte. Denn genauso ging es mir. Die kurze Beschreibung im Klappentext hatte ich mir nach dem Kauf nicht wieder durchgelesen bevor ich zu lesen begann. Und genau dieser Umstand führte dazu, dass ich mich umso mehr auf die Geschichte einlassen konnte. Ich tauchte ein und lebte in ihr, dem Berlin des Jahres 1929. Eine absolut fesselnde und mitreißende Handlung gepaart mit schöner Sprache in einer sehr interessanten und lehrreichen Zeit. Interessant dabei war für mich, auf welche Seite ich mich in meiner Meinungsbildung geschlagen habe. Ob es nun die gute oder aber die böse Seite war, mag ich hier nicht verraten, lest selbst und findet heraus, wie ihr die Geschehnisse beurteilt!


    Für mich ist "Der nasse Fisch" eines der wenigen Lesehighlights des Jahres 2008 und ich bin dankbar dafür, Volker Kutscher als Autor entdeckt zu haben. Umso besser, das der Nachfolger bald erscheint.


    Deshalb auch eine ganz seltene volle Punktzahl! 5ratten


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Leider konnte ich damals an der Leserunde nicht mitmachen. Aber das Buch hat mich schon aufgrund des Titels interessiert^^
    Da mir auch das Cover gefallen hat kam ich irgendwie nicht drumherum. :breitgrins: Zudem habe ich eine Schwäche für Kriminalromane die in den 20er und 30er Jahren in Deutschland spielen, weil ich mich historisch gesehen sehr dafür interessiere. Ich finde gerade im Kriminalroman kann man das gut einbinden. Bisher finde ich das auch gut gelöst!

  • So, ich bin jetzt damit durch :winken:


    Meine Meinung:
    Es gibt ja inzwischen immer mehr Kriminalromane die in den 20er und 30er Jahren in Deutschland spielen. Da ich gerade für diese Zeit eine Schwäche entwickelt habe, kam mir Der nasse Fisch sehr gelegen. Wobei ich zugebe, das mich schon der Titel extrem neugierig gemacht hat. Auch die Gestaltung des Covers hat ihren Teil beigetragen. :breitgrins: Ich fand sie sehr passend!


    Am Anfang hatte ich ein paar Schwierigkeiten in den Roman einzusteigen. Ich denke das lag daran das ich mit den Gedanken ganz wo anders war. (Mein Abi war gerade vorbei) Aber nach und nach konnte ich in das Berlin von 1929 eintauchen und war richtig in der Handlung gefangen.
    Mir hat hier vor allem die Authentizität gefallen. Da ich mich während meiner Abiturvorbereitung in Geschichte auch sehr mit der Weimarer Republik beschäftigt habe, habe ich viele Begebenheiten und politischen Probleme dieser Zeit wiedererkannt. Sie werden gut in die Handlunge eingebunden und stechen nicht zu sehr heraus. Das erzeugt auch beim Leser den Eindruck das dies eben damals normal so war, so wie auch die Figuren es eben als gegeben hinnehmen.


    Kaum merklich wird eine Spannung aufgebaut die schließlich dafür sorgt das man unbedingt weiterlesen möchte, mich hat es auf einmal richtig gepackt und ich musste so lange Lesen, bis ich endlich wusste was wirklich passiert ist. Wobei man ja sagen muss, Volker Kutscher geht mit seinen Romanfiguren nicht gerade zimperlich um. Keiner hat hier eine Blütenreine Weste, schon gar nicht Kriminalkommissar Rath, den ich aber trotzdem (oder gerade deshalb) sehr in mein Herz geschlossen habe. Irgendwie schafft es Kutscher auch seine Figuren im genau richtigen Moment auftauchen und wieder verschwinden zu lassen. Das hat einfach Spaß gemacht, dieses Räuber und Gendarm Spiel zu verfolgen *g*


    Die Sprache ist nicht zu einfach gehalten ohne dabei platt zu wirken, ich hatte beim Lesen eine Art Kino im Kopf, was ich sehr schön fand. Die Auflösung des Falles fand ich sehr gut gelöst, es wurde noch einmal richtig spannend, weil man bis zum Ende nicht weiß ob der Täter nun noch erwischt wird oder nicht.
    Ich finde Volker Kutscher hat hier einen sehr guten Historischen Kriminalroman geschrieben, dem ich noch viele Leser wünsche! Diese Reihe werde ich sicher nicht mehr aus den Augen verlieren!


    5ratten

  • Hallo HoldenCaulfield,


    schön, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat. Ich empfand besonders die Atmosphäre der ausgehenden 20er Jahre wunderbar und teilweise sehr detailreich beschrieben. Ich lese derzeit den Nachfolger und fiebere mit Gereon der Auflösung des Falls entgegen!


    Viele Grüße
    Muertia

    :lesen: Rebecca Gablé - Der dunkle Thron<br />SuB: 6 (+16 bereits bestellte Bücher, um den SuB mal ein wenig aufzuwerten)

  • Hi!


    Ich habe das Buch beim SLW 08 gewonnen, gelesen und - wie ihr alle auch - für gut befunden :smile: Hier ist meine Rezi:


    Inhalt:
    Wir schreiben das Jahr 1929 und Kriminalkommissar Gereon Rath wird von seiner Heimatstadt Köln nach Berlin versetzt, wo er eine Stelle bei der Sittenpolizei antreten muss. Viel lieber würde Rath nämlich in seinem angestammten Gebiet, der Mordkommission, arbeiten. Aber dort werden nur die Besten genommen und in Berlin kennt man Rath (noch) nicht. Da kommt es ihm gerade recht, dass er über eine furchtbar zugerichtete Leiche zufällig mehr weiss als die Mordkommission. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und gerät dabei selber in Nöte.


    Meine Meinung:
    Ein rasanter und äusserst unterhaltsamer Krimi, der einem gleichzeitig Einblick ins Berliner (Nacht-)leben zwischen den beiden Weltkriegen gibt. Die Spannung ist durchgehend hoch, die Mörderjagd spannend und der Ermittler Gereon Rath hat durchaus seine Ecken und Kanten, wirkte auf mich aber symphatisch.
    Wie authentisch das Berlin von 1929 geschildert wird, wage ich nicht zu beurteilen, aber auf mich wirkten die Szenen aus dem Nachtleben durchaus realistisch. Auf alle Fälle entsteht viel Atmosphäre, die ich fast durchwegs genossen habe.
    Verwirrend fand ich manchmal die Flut an Namen und Verknüpfungen. Das lag wohl daran, dass die Charaktere insgesamt wohl doch zu wenig prägnant beschrieben waren, dass ich mir alle von Anfang an hätte merken können. Zudem haben viele Personen noch Spitznamen, die sich im Roman munter mit den realen Namen abwechseln. Das hats mir nicht unbedingt leichter gemacht, die Leute auseinanderzuhalten. Drum gibts auch ein paar Punktabzüge.


    Fazit:
    Guter Lesestoff für Krimifans.


    7 von 10 Punkten


    Den Namen Volker Kutscher werde ich mir jedenfalls gut merken. Dann weiss ich wenigstens, was ich aus der Buchhandlung mitbringen muss, wenn mir wieder mal nach einem guten Krimi zumute ist :zwinker:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.


  • Den Namen Volker Kutscher werde ich mir jedenfalls gut merken. Dann weiss ich wenigstens, was ich aus der Buchhandlung mitbringen muss, wenn mir wieder mal nach einem guten Krimi zumute ist :zwinker:


    Oder aber Du schließt Dich gleich der nächsten Leserunde mit Volker Kutscher an, die am 25. Juni 'drüben' startet... Na? :smile:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Oder aber Du schließt Dich gleich der nächsten Leserunde mit Volker Kutscher an, die am 25. Juni 'drüben' startet... Na? :smile:


    Ich denke drüber nach :smile:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Ich habe den Krimi jetzt auch gelesen und kann mich der Begeisterung hier sofort anschließen!


    Klappentext
    Berlin 1929: Kriminalkommissar Gereon Rath erlebt eine Stadt im Rausch. Kokain, illegale Nachtclubs, politische Straßenschlachten – ein Tanz auf dem Vulkan. Der junge, ehrgeizige Kommissar, neu in der Stadt und abgestellt beim Sittendezernat, schaltet sich ungefragt in Ermittlungen der Mordkommission ein – und ahnt nicht, dass er in ein Wespennest gestoßen hat.


    Meine Meinung
    Das Cover vermittelt mir gleich ein Schwarz-Weiß-Film-Gefühl und genau solch einen Film hatte ich während des Lesens im Kopf. Sehr gut könnte ich mir eine Verfilmung dieses spannenden Krimis vorstellen. Die Atmosphäre des Berlins in den Zwanziger/Dreißiger Jahren kommt sehr gut rüber, wobei man hier eher die Schattenseiten vermittelt bekommt. Politische Straßenschlachten, zerstrittene rote Gruppierungen, der aufkommende braune Sumpf, verbotene Nachtclubs, Drogen, Korruption und Verbrechen im großen Stil. Dazwischen die Berliner Sitte und Mordkommission, genauer gesagt, Gereon Rath, der bei seinen Ermittlungen teilweise persönlicher davon berührt wird, als ihm lieb sein kann.


    Und damit komme ich zu den Charakteren. Nicht nur die besondere Atmosphäre, in die der Krimi spielt, ist toll beschrieben, auch die Figuren haben mich gefesselt, allen voran Gereon. Er ist nicht immer einfach zu nehmen, auch wenn er mir gleich sympathisch war. Sein Verhalten während seinen Ermittlungen, macht es nicht immer leicht, auf seiner Seite zu stehen, handelt er doch manchmal am Recht vorbei und geht oft eigene Wege, von denen man ihn gerne wieder herunter nehmen würde, bevor er sich noch mehr schadet. Er ist ein Einzelkämpfer, der seine Kraft überschätzt und nicht nur sich selbst wehtut, aber er ist echt und sehr menschlich und verfolgt beharrlich seinen Weg. Und das macht ihn so sympathisch.


    Der Krimi selbst ist sehr spannend. Es werden immer wieder neue Spuren gelegt, neue Verwicklungen aufgezeigt und nach und nach Verbindungen und Vertuschungen aufgedeckt, so dass ich irgendwann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte, um endlich zu erfahren, wie und ob Gereon aus der ganzen Sache wieder herausfindet.


    Eine sehr spannender Krimi in einer atmosphärisch toll beschriebenen Zeit mit interessanten Charakteren, von denen ich auf jeden Fall mehr lesen will!


    5ratten


  • Aus aktuellem Anlass: Bist Du zu einem Ergebnis gekommen? Und wenn ja, zu welchem? :zwinker:


    Ich bin zum Ergebnis gekommen, dass ich lieber die Dunkle-Turm-Saga von Stephen King fertig lese. Überhaupt stelle ich immer wieder fest, dass Leserunden eigentlich gar nichts für mich sind (unabhängig ob mit oder ohne Autor). Ich lese in der Tat sehr viel lieber allein und ohne Kommentare zu posten oder zu lesen. Ich verkörpere sozusagen die eigenbrötlerische Leseratte, die sich zwischen den Buchdeckeln verkriecht und allein durch die Story wandert... Jedenfalls vergesse ich mit schöner Regelmässigkeit (also so zirka 1x jährlich) meine Vorsätze, keine Leserunden* mehr mitzumachen und merke dann wieder, dass es doch nichts für mich ist und mache wieder mit.


    Nun ja. :smile:


    [size=1]*Leserunden zu Büchern von Neal Stephenson sind davon natürlich ausgenommen. Dort brauchts mich als Expertin, Motivatorin und Gedächtnisstütze. Diese Leserunden machen immer Spass[/size] :breitgrins:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Volker Kutscher – Der nasse Fisch


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    Der Inhalt wurde hier schon sehr schön dargestellt, deshalb spare ich mir diesen Punkt.


    Der erste Satz:


    „Wann würden sie zurück kommen? Er lauschte.“


    Meine Meinung zum Buch:


    Bei „Der nasse Fisch“ handelt es sich um einen (meiner Meinung nach) sehr gut recherchierten Kriminalroman, der die Zustände im Berlin der späten 20er Jahre sehr detailgetreu schildert. Insbesondere konzentriert sich die Schilderung auf die ärmere Schicht der Bevölkerung, die Kommunisten und Sozialdemokraten, und hier ersetzt das Buch einige Stunden Geschichtsunterricht. Schade, dass mir in der Schule die Zustände zwischen den beiden Weltkriegen nicht auf diese Art nahe gebracht wurden.


    Die Handlung ist sehr komplex, was mir immer sehr gut gefällt. Es ergeben sich für den Leser dabei überraschende Momente, was das Lesen interessant und abwechslungsreich macht.


    Leider wurde ich mit keiner der im Roman handelnden Personen wirklich warm. Sie erschienen mir insgesamt zu zynisch, zu distanziert, zu fanatisch, zu abgeklärt, zu verloren. Das ist für mich aber ein wichtiger Punkt beim Lesen. Ich konnte bei diesem Buch nicht wirklich mitfühlen. Mich haben mehr die Milieuschilderungen erschüttert als das, was mit der eigentlichen Handlung zu tun hat. Das hat mir das Lesen auch sehr erschwert. Zuletzt war es fast so, dass ich die geschichtlichen Details, die mir wesentlich authentischer und lebensnäher erschienen, lieber gelesen habe als die Krimihandlung.


    Vom Stil her lässt sich das Buch sehr gut lesen. Allerdings mag ich es nicht, wenn Dialogteile in Berliner Mundart geschrieben sind – vermutlich sollte das für eine größere Authentizität sorgen, aber in meinen Augen war das zu dick aufgetragen. In puncto Berliner Mundart und Milieu zu dieser Zeit war und ist Heinrich Zille der Meister, und Volker Kutscher kommt daran leider nicht ganz heran.


    Insgesamt hat mich das Buch zwar beeindruckt, aber doch kalt gelassen.


    Meine Bewertung: 3ratten


    Viele Grüße von Annabas :winken:

  • Es ist ja eigentlich alles gesagt worden. Ein gut umschriebenes Buch, welches "Hunger" auf mehr macht.
    Die Handlungsstränge sind gut aneinandergefügt. Leider spielen doch recht viele Personen und Charakteren mit, so dass man einwenig
    den Überblick behalten muss.


    Das Buch kann man wärmstens weiterempfehlen. Momentan liegt es ja als Taschenbuch auf den "Altaren" der Buchhändler....


    Ich bin schon auf das Folgebuch gespannt....

    Opa Pittschikowski aus dem Ruhrrevier, kennt die Blauen Knappen schon seit 1904 - niemals tat er fehlen, nur einmal war er krank - Oma tat er quälen wenn er schon morgens sang:<br /><br />Ob ich verroste und ver

  • Gereon Rath ist Polizist mit Leib und Seele, umso mehr trifft es ihn, als er sein heimatliches Revier Köln nach einem unglücklichen Schusswechsel verlassen muss. Dank familiärer Beziehungen kommt er in Berlin unter, allerdings zunächst bei der Sitte, was er jedoch als unterhalb seiner Fähigkeiten empfindet und so beschließt er verhängnisvollerweise ganz alleine eine Spur in einem Mordfall zu verfolgen, um auf diese Weise spektakulär in das Morddezernat Einzug zu nehmen. Wen er dabei alles vor den Kopf stößt, ist ihm erst dann nicht mehr egal, als die Kollegin, in die er sich verliebt hat, ihm die kalte Schulter zeigt. Aber da steckt Gereon schon bis zum Hals in Schwierigkeiten.


    Stahlhelm, SA, Rotfront, Schwarzhundert, rote Festung, Berolina Ringverein, die Sozis,… - 1929 ist es in Berlin anscheinend nicht gerade einfach, sich zwischen den vielen verschiedenen Organisationen zurecht zu finden, vor allem nicht ganz ungefährlich. Als Leser tappt man ein bisschen unwissend daher, viele der politischen Gruppierungen kannte ich zwar vom Namen her, ihre Abgrenzung untereinander und das Verhältnis zueinander, war mir, von Offensichtlichkeiten abgesehen, aber eher unbekannt. Dabei ist die Darstellung der Gesellschaft für mich eigentlich das Interessanteste und Beste an diesem Buch.


    Der Kriminalfall blieb für mich aufgrund der vielen verschiedenen, in die Sache verwickelten Parteien, mit völlig unterschiedlichen Zielsetzungen etwas undurchsichtig, ich habe das Gefühl, nur an der Oberfläche gekratzt zu haben


    Charly, die Frau, in die Gereon sich verliebt, ist mir etwas zu plakativ eine starke, selbstständige Frau, die in der Männerwelt Polizei „ihren Mann“ steht und noch hochfliegende (wenn auch machbare) Pläne hat. Gereon hingegen hätte ich mehr als einmal gerne den Kopf gewaschen. Mit seiner Neigung zu Alleingängen, weil er sich schlauer fühlt als alle anderen, während er sich in Wirklichkeit mehr als einmal ziemlich unprofessionell aufführt, ging er mir etwas auf die Nerven. Da mir andere Verhaltensweisen an ihm durchaus sympathisch erschienen (sein Umgang mit jüngeren Kollegen, seine Beziehung zu seinem ausgewanderten Bruder), war mein Verhältnis zu dieser Figur insgesamt ziemlich zwiespältig. Den meisten Nebenfiguren konnte ich nicht viel abgewinnen, dazu waren sie nicht komplex genug und bestanden nur aus einigen plakativen, für die Geschichte notwendigen Charakterzügen.


    Ich denke, ich werde die Serie trotz meiner Kritik zunächst weiterlesen, Volker Kutschers Blick auf Berlin gefiel mir gut genug, um mit den mittelprächtig sympathischen Figuren zu leben.


    4ratten

  • Hallo,,
    hier wurde schon so viel zum Buch geschreiben, dass ich mir diese Ausführungen spare.
    Was ich noch hinzufügen will, sind die Ähnlichkeiten zu "Berlin Alexanderpaötz", das wir ja gerade in einer Leserunde hier im Forum lesen.
    Kutschers Roman spielt 1 1/2 bis zwei Jahre später als Döblins Roman, übernimmt aber eine ganze Menge Lokalkolorit. So zum Beispiel die Zeitungsverkäufer mit den erotischen Magazinen, "Die Ehe" und anderen, die am Alexanerpaltz stehen, daneben Kneipen und Anspielungen auf das Milieu der späten Zwanziger.
    Ich fand den Krimi zunächst arg langatmig, am Ende gewann er an Fahrt. Zeitweise war er mir zu sehr darum bemüht, möglichst viel Lokalkolorit in den Fall zu bringen, was auf Kosten der Personenzeichnung ging, wie ja heir im Thread auch schon erwähnt wurde.
    Dennoch insgesamt ein gelungener historischer Krimi!


    finsbury

  • Ich hatte ja "Die Akte Vaterland", also den vierten Band um Gereon Rath, schon gelesen, bevor ich mir die drei anderen beschaffte. Ich weiß gar nicht, ob ich "Der nasse Fisch" sonst durchgehalten hätte. Gereon Rath wird hier doch sehr unsympathisch geschildert, kaltschnäuzig, egoistisch, impulsiv, unprofessionell... Zum Glück wußte ich aus der "Akte Vaterland", daß er zwar mit Ecken und Kanten geschildert wird, aber dennoch eigentlich einen guten Kern hat.


    Der Kriminalfall hier ist ziemlich kopmliziert und verwickelt, es werden sämtliche Personen und Beziehungen eingeführt, was zunächst einmal ziemlich viel an Konzentration erfordert (von der man dann in den späteren Bänden profitiert). Die Darstellung des Berliner Lokalkolorit und besonders der Zeitumstände und politischen Gegebenheiten hat mir gut gefallen. Von Ringvereinen z.B. hatte ich vor den Gereon-Rath Büchern nocht nicht gehört. Ziemlich schockert hat mich allerdings das Ausmaß, in dem die Polizei (speziell Rath) korrupt ist, Beweismittel unterschlägt, Tatsachen verbiegt, Verbrechen vertuscht, krumme Wege geht, mit der Unterwelt paktiert... :entsetzt: Ich hoffe, daß das in dieser Häufung nicht realistisch ist/war.


    Trotzdem hat mir das Buch insgesamt gut gefallen, es ist solide geschrieben und (soweit ich es einschätzen kann) gut recherchiert.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.