5. Odalisque - Anfang bis "Eliza wird geadelt"

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 4.731 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Saltanah.

  • Ich bin zwar fast durch mit diesem Abschnitt, weiß jedoch nicht recht, was ich dazu schreiben soll.
    Wie ich schon angenommen habe, kam es zu einer Zusammenschließung der Protagonisten aus den beiden ersten Teilen.


    Die 12 Jahre in England sind nicht ereignislos verstrichen. Vieles hat sich geändert, vieles ist geblieben wie es war. Zwischen Daniel und Isaac ist es zu einer Art Bruch gekommen, dessen Hintergründe ich nicht ganz verstanden habe. Zumal das Wiedersehen der beiden ohne Groll ablief.
    Ihre Unterhaltung über Astronomie habe ich gelesen, verstanden hab ich sicher nur die Hälfte. Wenn es dann immer so wissenschaftslastig wurde, war ich froh, wenn Eliza in Erscheinung trat, das brachte etwas mehr Aktion ins Geschehen. Ihre Rolle als Spionin hat ihr sicher gefallen.


    Wie schon seit Beginn des Buches habe ich ständig Schwierigkeiten mir ins Gedächtnis zu rufen, wer mit wem in welcher Beziehung steht. Welche Intrige von wem gegen wen geschmiedet werden und so fort. Daher nehme ich mal an, dass so einiges auch an mir vorübergeht, ohne dass ich es überhaupt bemerke. :redface: Zum Beispiel Daniels Besuch in Cambridge. Diesen Teil habe ich zwei Mal gelesen und habe immer noch den Eindruck nicht wirklich alles verstanden zu haben.


  • Zum Beispiel Daniels Besuch in Cambridge. Diesen Teil habe ich zwei Mal gelesen und habe immer noch den Eindruck nicht wirklich alles verstanden zu haben.


    Das ist normal. Ich hatte nach dem ersten Lesen von "Quicksilver" überhaupt keinen Plan, wer jetzt da gegen wen und wieso und überhaupt. Ich habe mir auch ernsthaft überlegt, ob ich das wirklich noch zwei Bücher lang mitmachen will. Allerdings hatte ich ein gewisses Vertrauen zum Autoren, da ich seinen Schinken "Cryptonomicon" bereits gelesen und für gut befunden hatte.
    Die Barock-Trilogie ist (sofern man etwas mit ihr anfangen kann) ein Werk, das mehrfach gelesen werden muss, um die Geschichte auch in ihren Details zu begreifen.


    kent_bro hat es im Thread "4. König der Vagabunden - "Der Ort" bis Ende" schön auf den Punkt gebracht:



    Die Weitschweifigkeit ist für mich übrigens nur purer Genuss :) Es bleibt so viel verborgen, was erst bei der zweiten oder evtl. dritten Lektüre von mir erkannt/verstanden worden ist. Und genau dann hätten mir die Seiten gefehlt. Beim ersten Mal Lesen wollte ich teilweise auch schneller zur Auflösung eines Handlungsstranges und fühlte mich oft ausgebremst. Bei der zweiten Lektüre von Quicksilver (Confusion hat mehr Tempo) war mir das Buch sogar zu kurz.


    An dieser Stelle sei auch verraten, dass nicht nur Confusion, sondern auch Principia mehr Action bietet als Quicksilver. Und: Je weiter man in der Geschichte kommt, umso klarer werden Zusammenhänge und Hintergründe. Aber ja, dieses Werk ist ein K(r)ampf und nur etwas für zähe Leser. Ich bin positiv überrascht, dass der einzige offzielle Ausstieg bisher (von Aldawen) auf ganz anderen Kriterien beruhte als auf Langeweile, Verwirrung und Zähflüssigkeit :smile:




    Die 12 Jahre in England sind nicht ereignislos verstrichen. Vieles hat sich geändert, vieles ist geblieben wie es war. Zwischen Daniel und Isaac ist es zu einer Art Bruch gekommen, dessen Hintergründe ich nicht ganz verstanden habe.


    Es ist wohl weniger ein Bruch als vielmehr ein Auseinanderdriften der Interessen. Newton beschäftigt sich mit Alchemie, sucht auf ganz eigenen und komplizierten Wegen den Stein der Weisen (oder das Philosophische Merkur). Daniel kann mit diesem okkulten Wissenschaftszweig nicht sehr viel anfangen, er glaubt, dass Newton auf dem Holzweg ist - und traut sich nicht, ihm das offen zu sagen. (Was bei Newtons Temperament der sicherste Weg ist, einen Streit zu verhindern.)


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Was mich, noch nicht beim Lesen, aber hinterher, störte, war das Verhalten Elizas gegenüber Bob in Huygens Haus. Um ihm sein in ihren Augen falsches Ehrgefühl zu beweisen, "opfert" sie ihre Jungfräulichkeit. Da sie anscheinend auf diesem Gebiet sehr bewandert ist, erscheint mir ihr Tun nur in Bezug auf dieses Ehrgefühl reichlich überzogen.


    Ihre Aussage, aber Abigail könnte mir auf andere Weise nützlich sein, macht mich sehr neugierig. Was hat sie sich da nun wieder einfallen lassen?!
    Huygens' Reaktion auf die beiden war Spitze! :breitgrins:

  • Ganz nett und unterhaltsam fand ich in diesem Teil Elizas Briefe - sie passen einfach zu diesem Charakter und lesen sich (zur Abwechslung von diversen anderen Teilen) locker-flockig weg. Ansonsten werde ich allerdings nach wie vor nicht so richtig warm mit dieser Figur und glaube immer mehr, dass das auch an Stephensons Erzähler liegt, der das Innenleben seiner Charaktere nur sehr begrenzt wahrhaben will oder kann.


    Daniels Erlebnisse sind mir momentan auch zu sehr politisch belastet und verworren, um sie richtig genießen zu können. Bei all den wissenschaftlichen Einschüben bin ich zwiegespalten: Einerseits finde ich, dass hier manchmal ganz schön getrommelt und mit der Bildungsbeflissenheit des Lesers gespielt wird, andererseits kann ich mich dem auch nicht wirklich entziehen. Bei der (ziemlich witzig in den Handlungsfortgang eingeschobenen) Betrachtung der Kegelschnitte habe ich glatt meine Lektüre für ein Stündchen unterbrochen, um die Grundlagen aufzufrischen. Nicht dass es viel geholfen hätte, aber jetzt weiß ich wenigstens wieder, wie eine Hyperbel aussieht. :redface: :breitgrins:

  • Wer hätte das gedacht, auf den letzten Seiten dieses Abschnitts kam noch richtig Action rein. :breitgrins:
    Jack hätte seine wahre Freude daran gehabt!
    Das Hobby von Wilhelm hat mich doch etwas verwundert. Zwar kannte ich Sandsegler, war mir aber gar nicht bewußt, dass es sie schon so lange gibt.


  • Ganz nett und unterhaltsam fand ich in diesem Teil Elizas Briefe - sie passen einfach zu diesem Charakter und lesen sich (zur Abwechslung von diversen anderen Teilen) locker-flockig weg.


    Das ging mir auch so. Obwohl es dabei auch um Politik und Adel geht, liest es sich recht kurzweilig. Eliza hat eine gute erzählerische Ader, von ihr gibt es auch später noch einiges Spannendes zu lesen.



    Bei der (ziemlich witzig in den Handlungsfortgang eingeschobenen) Betrachtung der Kegelschnitte habe ich glatt meine Lektüre für ein Stündchen unterbrochen, um die Grundlagen aufzufrischen. Nicht dass es viel geholfen hätte, aber jetzt weiß ich wenigstens wieder, wie eine Hyperbel aussieht. :redface: :breitgrins:


    Ich war froh, als dieses Kapitel abgeschlossen war. Es ist eines der besten Beispiele für den ausufernden Stil Stephensons, ging einfach zu sehr ins Detail. Ich hatte überhaupt Probleme, Daniels Handlungsstrang in diesem 3. Buch mit der nötigen Aufmerksamkeit zu folgen. Bei den hoch wissenschaftlichen Gesprächen zwischen ihm und Newton war es fast unmöglich, bei der Sache zu bleiben, das war mir zu hoch. Langsam verstehe ich immer besser, warum man dieses Werk besser mehrmals lesen sollte.



    Eliza erlernt den Handel und tut sich in diesem Abschnitt auch als Brokerin hervor. Es wird erwähnt, dass sie mit den Geldern von mehr als 20 Personen dealt. Aber wie hat sie das so schnell gelernt und wann macht sie es? Wie hat sie ihre Reputation erlangt? Bei aller Ausführlichkeit bleibt das außen vor. Immerhin erschließt es die Gründe, warum man sie in den Adelsstand erheben will, denn zumindest noch bis im letzten Jahrhundert war es tatsächlich so, dass Nichtadelige die notwendige Unterstützung erhielten, um sie in gewissen Kreisen gesellschaftsfähig zu machen. Eliza weiß genau was sie will und bisweilen macht sie den Eindruck, als würde sie dafür auch über Leichen gehen. Emotionen bleiben bei ihr außen vor, da ist fast alles pure Berechnung.

  • Die Figuren von Eliza und auch Jack sind eigentlich sehr oft überzogen dargestellt. Besonders Eliza wird mit Wissen ausgestattet, dass sie so m. M.n. nicht haben kann. Und damit meine ich nicht nur ihre Kenntnisse als Brokerin, denn die traue ich ihr noch als erstes zu. Sie scheint eine natürliche Begabung dafür zu haben und ihre Zeit in Amsterdam hat sie mit Zuhören und Fragen optimal genutzt.


    Elizas Briefe haben mir manches Mal geholfen diesen Abschnitt mehr zu genießen. Sehe ich es richtig, wenn ich annehme, dass der kursiv gedruckte Text, derjenige ist, der im eigentlichen Brief verschlüsselt wurde?
    Sie entschuldigt sich ja auch so ausschweifend zu berichten, aber es ist nötig um ihre wahre Botschaft zu verstecken. Bei der oft ausufernden Weitschweifigkeit Stephenson könnte man sich schon die Frage stellen, ob man nicht vielleicht nur immer den zweiten Buchstaben jedes achten Wortes in ein Raster eintragen sollte um dann .... :breitgrins:

  • Zwischen den einzelnen Kapiteln liegen teilweise mehrere Monate Zeit. Oft ist mir beim Lesen nicht aufgefallen, dass eigentlich gerade mal wieder schnell ein halbes Jahr vergangen ist. In meinen Augen genügend Zeit für Eliza Wissen anzusammeln. Besonders wenn man in Abhängigkeit geratene Adlige oder einen d'Avaux als Förderer zur Informationsgewinnung zur Verfügung hat.


  • Bei der oft ausufernden Weitschweifigkeit Stephenson könnte man sich schon die Frage stellen, ob man nicht vielleicht nur immer den zweiten Buchstaben jedes achten Wortes in ein Raster eintragen sollte um dann .... :breitgrins:


    Schöne Idee :breitgrins:



    Sehe ich es richtig, wenn ich annehme, dass der kursiv gedruckte Text, derjenige ist, der im eigentlichen Brief verschlüsselt wurde?


    Ja, genau.



    Zwischen den einzelnen Kapiteln liegen teilweise mehrere Monate Zeit. Oft ist mir beim Lesen nicht aufgefallen, dass eigentlich gerade mal wieder schnell ein halbes Jahr vergangen ist.


    Das könnte man Stephenson ankreiden: Dass er einerseits viel Platz darauf verwendet, den Leser mit Kegelschnitten zu überfordern, andrerseits aber die Entwicklung der Charaktere - so zB auch das Aneignen von Broker-Wissen - der Fantasie des Lesers überlässt. Ebenso das Innenleben der Charaktere - am meisten erfährt man noch über Daniel, aber bei Jack und Eliza ist Sendepause.
    Ich weiss jetzt nur nicht, obs Unvermögen oder ein Stilmittel ist: In Cryptonomicon lernt man die Charaktere auch eher durch ihre Handlungen und ihre Dialoge mit anderen kennen als durch Beschreibungen durch Stephenson.

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Elizas Briefe haben mir manches Mal geholfen diesen Abschnitt mehr zu genießen. Sehe ich es richtig, wenn ich annehme, dass der kursiv gedruckte Text, derjenige ist, der im eigentlichen Brief verschlüsselt wurde?


    Bei diesen Briefen hatte ich einige Schwierigkeiten, sie mir vorzustellen. Die verschlüsselten Passagen sind so lang, da muss es doch auffallen, dass eine Botschaft zwischen den Zeilen steht, die nur so danach schreit, entschlüsselt zu werden. Damit macht sie ihre Widersacher doch erst richtig aufmerksam? Außerdem würde mich interessieren, wie so ein Brief ausgesehen hat. Es muss ja ewig gedauert haben, ihn zu schreiben, da sie halbe Romane darin verpackt.


  • Die verschlüsselten Passagen sind so lang, da muss es doch auffallen, dass eine Botschaft zwischen den Zeilen steht, die nur so danach schreit, entschlüsselt zu werden.


    Tut es auch. Aber man muss es eben zuerst auch entschlüsseln können. Elizas (resp. Leibniz') System ist ziemlich schwer zu knacken. Die Erklärung zu Elizas ellenlangen Briefen und der Aufmerksamkeit, die sie damit erregt, folgt noch.



    Außerdem würde mich interessieren, wie so ein Brief ausgesehen hat. Es muss ja ewig gedauert haben, ihn zu schreiben, da sie halbe Romane darin verpackt.


    Das habe ich mir auch schon gedacht. Vor allem wird sie zuerst einen Entwurf machen müssen, damit der Brief verschlüsselt und unverschlüsselt einen Sinn ergibt :spinnen: Eliza dürfte aus heutiger Sicht beinahe ein Workaholic sein. Schon die ganze Briefeschreiberei ist extrem aufwendig, "nebenbei" ist sie ja auch noch Brokerin. Und quasi als Hobby versucht sie, einen Weg zu finden, die Sklaverei abzuschaffen.
    Eliza ist extrem ehrgeizig und versucht, aus ihrem Leben etwas zu machen - und zwar viel mehr, als nur die Frau eines Grafen oder Herzogs zu werden. Sie will Unabhängigkeit und ihren eigenen Weg gehen - obwohl sie sich bei ihrem Aussehen einfach einen reichen Adligen angeln könnte. "Lieber tot als Ehefrau", scheint ihr Motto zu sein. Dafür verdient sie Respekt - wäre da nur nicht da unangenehme Gefühl, dass sie tatsächlich über Leichen gehen würde, um ihre Ziele zu erreichen.

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Nach einer Lesepause, die irgendwie viel länger wurde als geplant, habe ich gestern auch diesen Abschnitt geschafft.


    Im Großen und Ganzen gefällt mir Stephensons Erzählweise. Die Abwechslung zwischen detailliertest beschriebenen Stellen und großen Lücken in der Darstellung, die die Leser selbst füllen müssen, sagt mir zu und auch stilistisch habe ich nur an einzelnen Worten zu mäkeln.


    Meine Probleme bestehen mehr auf der inhaltlichen Ebene. Einiges ist mir zu hollywoodmäßig, z. B. die Sexszene mit Bob (die nun wirklich nicht sonderlich gut motiviert war) oder die Rettung Williams. Mir scheint, dass Stephenson Angst hatte, das Interesse seiner Leserschaft zu verlieren, also fügt er ein wenig Sex und Äkschn ein. Überflüssig, finde ich.


    Ich finde weiterhin den Erzählstrang um Daniel Waterhouse am interessantesten, trotz Kegelschnitten und anderem unverständlichem Zeugs.


    Etwas schade ist, dass es mir nicht nur an naturwissenschaftlichem sondern auch historischem Hintergrundwissen fehlt. Wahrscheinlich würde es mir leichter fallen, den Überblick zu behalten, wenn ich wenigstens rudimentäre Kenntnisse vorweisen könnte. Andererseits wird es so noch spannender. Wird Monmouths Versuch, englischer König zu werden, gelingen? Das fragte ich mich ganz ernsthaft und ich muss gestehen, dass es mir nicht als Abweichung von der Realität aufgefallen wäre, wenn er es geschafft hätte :redface: .


    Und noch ein Anlass zum :redface: :
    Gestern ist es mir plötzlich klargeworden, dass "William of Orange" ja "Wilhelm von Oranien" ist. Nicht, dass ich durch diese Erkenntnis klüger geworden wäre; über Wilhelm von Oranien weiß ich auch nicht mehr als

    Zitat

    Wilhelm von Oranien
    kämpfte gegen Spanien.
    [size=7pt]James Krüss - Das Männer-ABC (aus "Der Leuchtturm auf den Hummerklippen")[/size]


    :breitgrins:

    Wir sind irre, also lesen wir!