Morton Rhue - Die Welle

Es gibt 52 Antworten in diesem Thema, welches 20.302 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.


  • Ich habe das Buch nun auch gelesen. Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Experiment an deutschen Schulen erfolgreich sein könnte, schließlich hatten wir alle schon Geschichtsunterricht.


    Bist Du Dir da wirklich so sicher?
    Ich habe da ehrlich gesagt so meine Zweifel.


    Schau nach Köln ...
    Wenn der richtige Demagoge kommt, sind auch wir Deutschen nicht gefeit.
    Trotz des Geschichtsunterricht.

  • Zwar denke ich, dass soetwas immer wieder geschehen kann...aber ich halte es für nicht ganz so simpel und einfach, wie es in dieser Schullektüre (Ja, ich musste auch dran glauben) dargestellt wird.
    Zumindest was die Jugend und Schüler angeht...
    Denn in dem Buch heißt es nicht umsonst:
    Macht durch : Disziplin! Gemeinschaft! Handeln!
    Zurzeit gibt es weder Disziplin, noch Gemeinschaft, denn jeder ist sich bekanntlich selbst der nächste. Und zum Handeln sind die meisten zu faul.
    In dem Buch sind alle Schüler viel zu eifrig bei der Sache. Überträgt man dies auf heutige Verhältnisse, dürfte es dem Lehrer schwerer fallen, das ganze ins Rollen zu bringen.
    Da fällt mir ein, ich sollte unbedingt mal die Neuverfilmung ansehen. :gruebel:


    -Blindfisch-


  • Da fällt mir ein, ich sollte unbedingt mal die Neuverfilmung ansehen. :gruebel:


    Ja, das solltest du, denn ich denke, dass deine Zweifel dann ein wenig weggehen. So war es bei mir. Ich war zu dem Zeitpunkt selbst noch Schüler, als der Film im Kino kam und ich kann mir das sehr wohl vorstellen.
    Denn auch wenn es keine Gemeinschaft gibt, heißt es noch lange nicht, dass man keine Gemeinschaft will. Auch mit dem Handeln denke ich, ist es ähnlich. Manche wollen handeln, wissen aber nicht wie ...


    Ich denke nicht, dass das nicht auch in Deutschland klappen könnte, denn es gibt immer noch genügend Leute hier, die Hitler nicht schlecht fanden und teils auch sehr unwissend sind. :rollen:

  • Evtl. sehe ich das ganze einfach zu schwarz, aber



    Zwar denke ich, dass so etwas immer wieder geschehen kann...
    aber ich halte es für nicht ganz so simpel und einfach, wie es in dieser Schullektüre (Ja, ich musste auch dran glauben) dargestellt wird.


    Sicherlich ist es im Buch stark vereinfacht.



    Ist die fehlende Disziplin nicht genau das, wo man ansetzen kann?
    Aber wer lebt dieses Modell vor?
    Die Jugendlichen? Mit Sicherheit nicht.
    Ein junger Mensch ist in seiner Entwicklungsphase durchaus beinflussbar.
    Gerade dies wird unserer Tage vielfach eindrucksvoll bewiesen.
    Gib einem jungen Menschen ein Ziel und er wird dir folgen.



    Auch mit dem Handeln denke ich, ist es ähnlich. Manche wollen handeln, wissen aber nicht wie ...


    Genau das ist der Ansatzpunkt.
    Wie sonst könen die .... der entsprechenden Parteien so erfolgreich sein?

  • Dennoch denke ich nicht, das die Mehrzahl der Jugend lange bei dem Thema der Disziplin durchhalten würde. Disziplin, Willenskraft und Arbeit. Versucht mal heutzutage jemanden einen ernstgemeinten Tipp zu geben in dieser Hinsicht. Dann wird man höhnisch angegrinst und stehengelassen. Klar würden sie sich im ersten euphorischen Augenblick mitreißen lassen, aber die Trägheit würde sie genauso schnell wieder ernüchtern.
    Vielleicht wollen die meisten auch einfach nur verwahrlosen... Eines Tages sehen wir uns sowieso alle in Höhlen wieder. :grmpf:
    :gruebel:
    Bislang hatte ich für solche Verhaltensweisen 4 mehr als lehrreiche Beispiele :rollen:


    -Blindfisch-


    P.S.: Vielleicht habe ich auch nur unter ungünstigen Umständen Gurken-Klassen abbekommen. Dann müsste ich mich euch natürlich wortlos anschließen. :smile:

  • Bist Du Dir da wirklich so sicher?
    Ich habe da ehrlich gesagt so meine Zweifel.


    Beschwören kann ich natürlich nichts, aber ich bin schon recht sicher, wenn ich mir die Schüler ansehe, die ich so kenne. Entweder sind sie sehr aufgeweckt und kritisch oder aber zu lethargisch, um auf Dauer eine solche Strömung zu unterstützen. Außerdem gibt es auch noch die Lehrer als übergeordnete Instanz. Wenn gerade das Buch Die Welle als Schullektüre herangezogen wird, sollten sie für dieses Thema die erforderliche Sensibilität aufbringen. In Zeiten von Erfurt und Columbine High School haben Pädagogen sicherlich ein wachsames Auge auf potenzielle Schwachpunkte. Ich meine damit nicht Amok laufende Schüler, sondern beginnende Unruheherde.


  • [Beschwören kann ich natürlich nichts, aber ich bin schon recht sicher, wenn ich mir die Schüler ansehe, die ich so kenne. Entweder sind sie sehr aufgeweckt und kritisch oder aber zu lethargisch, um auf Dauer eine solche Strömung zu unterstützen.


    So sehe ich das auch. Selbst trübe Tassen werden keinen Bock haben, hinter einem Lehrer herzumarschieren.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Inhalt


    Weil seine Schüler sich nicht vorstellen können, wie breite Teile der deutschen Bevölkerung zur Zeit des Nationalsozialismus Vertreibung und Massenmord stillschweigend geduldet hatten, startet der Lehrer Ben Ross an einer amerikanischen Schule ein Experiment: er gründet eine eigene Bewegung, „Die Welle“ genannt, deren Grundsätze „Macht durch Disziplin“, „Macht durch Gemeinschaft“ sowie „Macht durch Handeln“ große Begeisterung bei den meisten Schülern auslösen.
    Das Experiment entwickelt eine sehr gefährliche Eigendynamik, die selbst dem Lehrer nicht vollkommen klar wird, schließlich lassen sich am Anfang positive Veränderungen feststellen: Außenseiter finden Anschluss und der Schulstoff wird gründlicher gelernt. Als allerdings Schüler Missfallen an der Bewegung äußern, beginnt der Konflikt zwischen Mitgliedern der „Welle“ und ihren Kritikern. Ross, selbst von den Auswirkungen überrascht, muss einen Weg finden, die Katastrophe zu verhindern.


    Meinung


    „Die Welle“ dient oft als Paradebeispiel für den Umgang mit sektenähnlichen Gemeinschaften und das Gefahrpotenzial, das eine solche Gruppierung birgt. Das Experiment, das als Grundlage von Rhues Roman gilt, hat mit leichten Abwandlungen in der Realität stattgefunden und zählt mittlerweile zu den klassischen Experimenten der Psychologie, insbesondere im Bereich der Konformität und des Gruppendrucks.


    Ohne jede Frage zeigt das Experiment deutlich auf, was geschehen kann, wenn sich Menschen zu Gruppen mit gemeinsamen Zielen zusammenschließen. Es ist allerdings zu einfach, das Resultat auf jede Form von Gemeinschaft zu übertragen. Lauries Mutter formuliert es schon richtig, wenn sie die „Welle“ als Sekte bezeichnet, ist doch die selbstgewählte Isolierung bzw. Abgrenzung von Nichtmitgliedern sowie der Missionierungsgedanke entsprechend stark vertreten. Ebenso besitzt die Welle zwar Grundsätze, diese sind aber ausschließlich struktureller Natur.


    „Macht durch Disziplin, Gemeinschaft und Handeln“, das macht deutlich, worum es sich bei der Welle nicht handelt: um eine Bewegung mit inneren Werten, mit einem stabilen Gerüst aus Normen, mit einem Sinn, das die Gemeinschaft in eine positive Richtung lenken würde. „Die Welle“ ist eine inhaltsleere Bewegung, eine ohne tieferen Sinn – und das wirft Laurie ihrem Lehrer auch vor, wenn sie es vielleicht auch etwas anders meinte. Damit ist nicht gesagt, dass Disziplin bzw. das Hochhalten der Gemeinschaft als solche keine Werte sind, sondern dass diese Schlagworte eben nicht ausreichen, um das Abrutschen einer Gruppierung und ihren Drift in – in diesem Fall faschistoide – Richtungen zu verhindern.


    Was (echte) Gemeinschaften zu leisten imstande sind, mag ein Paradebeispiel verdeutlichen: als 1565 die Osmanen Malta belagerten, standen die dortigen Ritter Unmenschliches durch. Eine lesenswerte Schilderung findet sich unter dem Titel „Der Schild Europas“, geschrieben von Ernle Bradford).


    Aber zurück zum Roman:


    Rhue schildert die Ansichten der verschiedenen Typen von Schülern, ihre Zweifel und ihre Begeisterung, ihre Kritik und ihr Lob überaus eindrücklich. Von Tag zu Tag spaltet sich die Schule stärker in zwei Lager auf, die bloß konsequente Fortsetzung des alltäglichen Schulalltags sind, auch wenn sich die personale Zusammensetzung etwas geändert hat: es gibt die angesehenen, die beliebten, die coolen, und dann eben noch die Gruppe der Außenseiter.
    Da sich die gesamte Handlung innerhalb weniger Tage abspielt, bleibt kaum Zeit für eine tiefgreifende Charakterentwicklung. So ist es kein Wunder, dass sowohl das Umdenken von Laurie als auch David durch zwei Schockmomente (das Verprügeln eines jüdischen Jungen bzw. die Gewalt gegen seine Freundin) wesentlich vorangetrieben wird.


    Leider konzentriert sich das Buch sehr auf die beiden Schüler sowie ihren Lehrer. Das Innenleben anderer Schüler wird nur kurz thematisiert, was schade ist, da deren Konstellation und ihre Motivationen stellenweise im Dunkeln bleiben - trotzdem eine klare Leseempfehlung.


    Sonnige Tage und erholsame Nächte!


    5ratten

    Auf meinem Blog <br /><br />cynthor.wordpress.com <br /><br />findet ihr meine Rezensionen, weitere &quot;Bücherschätze&quot; sowie Infos zu meinem gesellschaftskritischen Fantasy-Roman &quot;Ethopia - Erwachen&quot;.

  • Meine Meinung

    Ich fand das Buch einfach nur schlecht geschrieben.

    Ich auch. Ich fand die Charaktere allesamt flach. Gerade bei den Protagonisten hat mich das sehr gestört. Auch wenn das bei einem Jugendbuch durchaus vorkommen kann, hier hat es nicht gepasst.


    Man weiß recht schnell, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Dass sich die Schüler anfangs von den subtilen Änderungen beeinflussen lassen, kann ich nachvollziehen. Dass sie aber über Nacht so viel Eigeninitiative entwickeln, dass dem Lehrer das Projekt aus den Händen genommen wird, nicht mehr. Da ist vieles nicht stimmig. Ich kann mich an den Film nur noch wage erinnern, aber er hat mich deutlich mehr beeindruckt als das Buch.

    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe das Buch zwar als Jugendliche ganz gerne gelesen, aber ich war damals schon nicht überzeugt, dass ein Experiment dieser Art wirklich eine derartige Eigendynamik entwickeln kann.


    Grundsätzlich funktioniert Faschismus zwar schon so ungefähr, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine komplette Schulklasse derart auf ein vom Lehrer angezetteltes Experiment einsteigt. Dafür ist das Ganze zu künstlich erzeugt.


    Ich kann mich noch erinnern, dass unser Geschichtslehrer (jung, dynamisch, sozialpädagogisch :teufel: ) mal so was Ähnliches versucht hat und mit uns Runden in der Turnhalle marschiert ist, weil er demonstrieren wollte, dass man sich dem Gruppenzwang schlecht entziehen kann. Aber den ersten war's schon nach wenigen Runden zu blöd, so dass sich das Experiment ziemlich schnell in Wohlgefallen aufgelöst hat :breitgrins:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine :lachen:


    Kirsten

    Wir haben das Buch in der Schule gelesen und ich hatte da schon ganz ander (vor allem historische) Romane über die Thematik gelesen, da konnte mich das noch viel weniger überzeugen. Ich kann mich aber entsinnen das es allgemein von vielen Mitschülern auch nicht soo gut ankam. Ich glaube weil es einfach zu moralisierend daherkommt.

    Mich hat der Film auch mehr überzeugt. Aber ich fand Jürgen Vogel als Lehrer auch richtig gut besetzt und ich finde an einigen Stellen kamen die Bilder einfach krasser und heftiger rüber, als der Roman das erzeugen konnte.

  • Ich habe den Film "damals" zuerst gesehen. Ich war genauso alt wie die Schüler*innen da und konnte mich sehr gut identifizieren. Das Buch habe ich danach gelesen und fand es wohl auch gut. Aber da kann der Film sicherlich auch zu beigetragen haben. Ich glaube, ich würde auch immer eher den Film empfehlen als die Lektüre. Das ist normalerweise anders, aber hier ist die Verfilmung wirklich gelungen - wie ich finde. ;)

  • Die neue Verfilmung kenne ich gar nicht. Aber ich behalte sie im Hinterkopf, bis die kleine Leserin alt genug für das Thema ist. Genauso wie das Buch natürlich ;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.