Jean-Claude Izzo - Marseille-Trilogie (Total Cheops, Chourmo, Solea)

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 4.283 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

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    Die Marseille-Trilogie besteht eigentlich aus drei unabhängig von einander erschienenen Büchern um den Marseiller Polizisten Fabio Montale


    Total Cheops
    Sie hatten schon lange nichts mehr miteinander zu tun, denn während Fabio bei der Polizei immer mehr sämtliche Illusionen verlor, standen seine beiden Freunde aus Jugendtagen Manu und Ugo auf der anderen Seite des Gesetzes. Doch als beide kurz hintereinander erschossen werden, ist Fabio nicht mehr in erster Linie Polizist, sondern Freund – und als solcher tut er alles um herauszufinden wer für ihren Tod verantwortlich ist. Total Cheops ist der Titel eines RAP-Liedes und bedeutet in diesem Zusammenhang soviel wie „Totale Scheiße“ und in dieser steckt Fabio bei seinen Nachforschungen sehr bald tatsächlich knietief.


    Chourmo
    – provenzalisch für »Galeerensklave«, bezeichnet in seiner modernen Ausprägung eine Gruppe von Menschen, die in der Gesellschaft ganz unten ist und gegen alle Widerstände zusammenhält. In ein Geflecht aus rechtsextremen LePen –Anhängern, islamistischen Fundamentalisten und der klassischen Mafia gerät Fabio Montale als sein Cousine ihn anruft. Ihr Sohn ist heimlich zu seiner Freundin ("Pfui, eine Araberin", sagen die Eltern) nach Marseille gefahren und ist seitdem verschwunden. Sie bittet Fabio, der mittlerweile die Polizei verlassen hat und seine Tage vornehmlich auf dem Meer verbringt, den Jungen zu Suchen.


    Solea
    Im 3. Buch, gerät Fabios alte Freundin Babette, die als Reporterin in Rom lebt, in Schwierigkeiten, als sie bei ihren Recherchen über den Zusammenhang zwischen italienischen und französischen Mafiabanden zu viel herausfindet. Während Babette sich versteckt, erpresst die Mafia Fabio, sie für sie zu finden und schreckt dabei vor nichts zurück.




    Es geht in allen drei Büchern um verlorene Illusionen und Freundschaften. Fabios Leben ist nicht geeignet für Freundschaften und so schwindet im Laufe der Bücher sein Freundeskreis mehr und mehr dahin und damit wächst auch seine Hoffnungslosigkeit. Freunde sind Menschen mit denen man eine Vergangenheit teilt und ohne Freunde ist die Vergangenheit verloren und man benötigt auch keine Zukunft mehr. Das Leben frisst Fabio auf und irgendwann reichen seine Freude an Musik, an gutem Essen, einem Pastis in der Abenddämmerung und einem Whiskey während des nächtlichen Angelausflugs nicht mehr aus, um das Leben noch lebenswert zu machen.


    „Marseille ist der Ort, an dem sich die Exilierten der Welt begegnen.“, schreibt Izzo und berichtet davon, wie seine Bewohner der alten Heimat hinterher trauern und zugleich versuchen sich eine neue aufzubauen. Marseille war schon immer ein Schmelztiegel, deren Hafen erst Sammelbecken und dann Heimat für Menschen aus aller Welt war, wo eine Einwanderergruppe nur von der nächsten verdrängt wird und fast niemand provenzalischer Abstammung ist. In völlig lakonischem und desillusioniertem Tonfall erleben wir ein Marseille, in dem für die meisten Menschen Hoffnung nicht mehr existiert. Ein Buch über die Trostlosigkeit der Vorstädte und die Menschen, die trotzdem weitermachen, irgendwie.


    Keine leichte Lektüre für den Frankreich-Urlaub, sondern etwas zum hinter die Fassade blicken und wenn man nach diesen Büchern all die dunklen Seiten von Marseille kennt und die Stadt trotzdem noch liebt, dann ist man in Izzos Welt angekommen.


    Beeindruckend depressiv: 5ratten

  • Hallo illy,
    unter den Bergen von Krimis, die von vielschreibenden Autorinnen und Autoren serienweise auf den Markt geschleudert werden, verbergen sich nur selte Kleinode.


    Die Romane von Jean Claude Issy, in der ausgezeichneten Übersetzung desjenigen, der schon zuvor einige Bücher von Jean Baudrillard übersetzt hat,gehören zum Besten, was der europäische hartgesottene Krimi (Hardboiled school of crime fiction, Roman et Film Noir) - es ist schon bezeichnend, dass es dafür im Deutschen keine wirklich gute Gattungsbezeichnung gibt, neben den Romanen von Jean-Patraick Manchette und Derek Raymond (der vieles unter dem Pseudonym Robin Cook geschrieben hat) zu bieten hat.
    Hier würde mir höchstens noch Jörg Fauser einfallen und - als zur Zeit bester deutscher Krimi-Autor: Ulrich Ritzel.


    Es ist ein Elend, es wird hier selten bis an die Schmerzgrenze geschrieben. Gerade im Bereich des Krimis scheuen vielen jungen Autoren vor der harten, illusionslosen Darstellung der Welt zurück, die doch in Wirklichkeit dem Verbrechen am angemessensten ist. Izzys Romane, die Marseille-Trilogie sind ein einziger, immer härter und schonungsloser werdender Downer, ein Trip nach unten durch eine durch und durch verkommene Gesellschaft, die von der Gewalt und der organisierten Kriminalität von oben und unten zugleich zerstört wird.
    Der Held Izzys ist gleicherweise illusionslos wie Derek Raymonds Inspektor ohne Namen aus der Factory-Serie. Für hartgesottene Krimis gab es früher bei Bastei sogar einmal eine eigene schwarze Reihe, inzwischen gibt es Derartiges nur noch in Kleinverlagen und gelegentlich bei Heyne (die Serie mit den Jahreszahlen von einem Engländer, der Name fällt mir grad nicht ein ist ähnlich schonungslos konzipiert). Es ist ja erstaunlich, dass im Film Noir und im Krime Frankreich und England eine gute Tradition hat (J.P.Melville, die Carter-Romane und Filme, die in Deutschland fehlt. Erst bei Ulrich Ritzel sehe ich eine vergleichbar düstere und zugleich politisch und gesellschaftlich bewusste Art einen Krimi zu erzählen.
    Kriminalität und Verbrechen sind kein Deckchensticken für Miss Marple mehr in Großstädten, in denen das soziale Gefüge auseinanderbricht. Hier passen die Krimis der harten Serie, wie seinerzeit in den USA die von Cornel Woolrich, Charles Willeford, Jim Thompson und vielen anderen besser, um die desolaten Zustände zu beschreiben.


    Ich kann jedem, dem Krimilesen mehr sein soll als Zeit totzuschlagen (die eigene) und eine milde Form von Betäubung, nämlich eine aufregende Lektüre, die schonungslosen Romane von Jean Claude Izzy wärmstens empfehlen.


    ganze Horden von Leseratten, als wären sie der Ratten-Serie von James Herbert entsprungen. 5ratten


    Keine Lektüre für Weicheier, Weichgespülte, Harmoniesüchtige, Versöhnlinge und dergleichen Gutmenschen


    Gruß aus den Abgründen der Moderne


    geronemo

  • Jean-Claude Izzo: Total Cheops


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    Inhaltsangabe:


    Fabio Montale ist Vorstadtpolizist in Marseille. Als seine beiden Jugendfreunde Manu und Ugo, die im Gegensatz zu ihm auf der anderen Seite des Gesetzes stehen geblieben sind, kurz nacheinander getötet werden, fühlt er sich als Freund aufgerufen, die Morde aufzuklären. Dabei gerät er in gefährliche Nähe zum organisierten Verbrechen und muss sich auch den herrschenden rassistischen Vorurteilen stellen.


    Meine Meinung zum Buch::


    Fabio Montale ist eine großartige Romanfigur – ein desillusionierter Polizist, der sich mit der Not der Kleinganoven und Jugendbanden besser identifizieren kann als mit seinen modernen Kollegen, die auf ihre monatlichen Verhaftungszahlen kommen wollen, damit die Statistik stimmt. Für Montale gilt der Begriff der Ehre noch etwas und damit lässt sich sein Verhalten und seine Motivation erklären, denn die Morde an seinen Jugendfreunden landen bei der Marseiller Polizei schnell im Archiv der unwichtigen Fälle, zumal es zunächst so aussieht, dass sie nichts miteinander zu tun haben.


    Izzo erzählt die Geschichte in kurzen, manchmal abgehackten Sätzen. Das passt aber sehr gut zu der Handlung und zu der Figur des Fabio Montale, der selbst wenig Worte macht und schon gar nicht um etwas herumredet.


    In diesem Buch wird nichts geschönt. Izzo beschreibt nicht das Marseille der Touristen, sondern das trostlose Marseille der Einwanderer der ersten und zweiten Generation. Montale ist selbst ein Kind von italienischen Immigranten, und damit kann er das Elend und die Hoffnungslosigkeit der nordafrikanischen Familien nachvollziehen, die in der Fremde leben müssen. Der Schritt in die Kriminalität ist kurz und erscheint fast logisch. Auch der alltägliche Rassismus ist Thema in diesem Buch. Izzo zeigt die gesellschaftlichen Probleme emotionslos auf und bietet keine Lösungen an.


    Das Buch hätte 5 Ratten sicherlich verdient, wenn ich nicht manchmal das Gefühl gehabt hätte, dass Montale ein bisschen zu plakativ „hard-boiled“ dargestellt wird. Teilweise blieb bei dieser Überzeichnung die Glaubwürdigkeit auf der Strecke.


    Ich gebe 4ratten


    Viele Grüße von Annabas :winken: