3. König der Vagabunden - Anfang bis "Der Harz"

Es gibt 31 Antworten in diesem Thema, welches 11.698 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von yanni.

  • Ich bin inzwischen in die Geschichte um Jack Shaftoe eingestiegen, auf die ich mich schon sehr freute, da ich bereits mit Jacks Nachkommen Bekanntschaft geschlossen habe :breitgrins:. Dieser Teil liest sich ganz anders als der erste; viel flüssiger, da weniger anspruchsvoll. Aber wie ich Stephenson kenne, wird sich das bestimmt noch ändern.


    Man taucht hier in eine völlig andere Welt ein. Es geht um Elementares wie das schlichte Überleben. Jack mit seinen etwa fünf Jahren und seine Brüder sind ganz auf sich allein gestellt, aber sie meistern das wirklich gut. Die Art und Weise, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen, treibt mir eine Gänsehaut auf den Rücken, weil ich davon ausgehe, dass die Kinder damals wirklich kaum andere Möglichkeiten hatten.


  • Ich bin inzwischen in die Geschichte um Jack Shaftoe eingestiegen, auf die ich mich schon sehr freute, da ich bereits mit Jacks Nachkommen Bekanntschaft geschlossen habe :breitgrins:


    Zu recht... Jack ist ein mehr als würdiger Vorfahre von Bobby und Douglas MacArthur Shaftoe :breitgrins:



    Man taucht hier in eine völlig andere Welt ein. Es geht um Elementares wie das schlichte Überleben.


    Ist schon ein zienliches Kontrastprogramm zu der Welt der Wissenschaftler, die zwar auch nicht reich sind, die aber trotzdem ein sehr viel komfortableres Leben haben als Londons Unterschicht. Es ist für mich auch einer der Pluspunkte der Trilogie: Man erhält Einblicke in alle Gesellschaftsschichten vom Adel bis zu den Elendsvierteln. Und in der Welt herumgereist wird später auch noch :bang:


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Ich reise derzeit schon um die Welt, und es ist schön! Stephenson versteht es wirklich, wunderschöne Bilder der Landschaften und vor allem der Städte zu zeichnen. Vor allem Leipzig wird fast malerisch geschildert, obwohl damals auch nicht alles so schön gewesen sein dürfte. Ich kann mir gut vorstellen, wie es damals ausgesehen hat und würde mich am liebsten auf eine Zeitreise machen, um das alles selbst zu erleben.


    Jack und Eliza haben sich zusammen getan und reisen gemeinsam weiter. Es muss ein faszinierendes Aufeinandertreffen zweier Kulturen gewesen sein, als sie bei Wien in ein türkisches Lager geraten, ohne zu wissen, was auf sie zukommt. Eliza erzählt ihre Lebensgeschichte, die ziemlich spannend klingt. Ich frage mich, ob alles darin wahr ist. Was hat es wohl mit ihrem seltsamen Verhalten in der Nähe von Nonnenklöstern auf sich? Da müssen noch einige Rätsel gelüftet werden.


    Dieser Teil gefällt mir bisher besser als der erste mit den Wissenschaftlern. Das war zwar auch hochinteressant, aber die Dialoge waren auf die Dauer etwas zu lang.


  • Was hat es wohl mit ihrem seltsamen Verhalten in der Nähe von Nonnenklöstern auf sich?


    Ganz einfach: Da hat sich Eliza sicher einiges von Sheherazade abgeschaut: Erzählen und im spannendsten Moment aufhören, um nicht hingerichtet resp. ins Kloster gesteckt zu werden. Und Jack ist eben kein Mann, der sich eine gute Geschichte entgehen lässt :zwinker: Mal abgesehen davon, dass er bis über beide Ohren in Eliza verliebt ist - was sie allerdings nicht richtig zur Kenntnis nimmt. Aber wenn man bedenkt, wie und wo sie aufgewachsen ist, ist sie sich der Verliebtheit Jacks vielleicht nicht bewusst...


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Das Kapitel über Jacks Kindheit unterscheidet sich völlig von Buch Eins. Mit Jack taucht man in eine ganz andere Welt ein. von klein auf geht es nur darum zu Überleben. Wie gefährlich manche Aktionen dabei sein können, zeigt das Schicksal von Jacks älterem Bruder.
    Die Einnahmequelle, auf die die Brüder Shaftoe sich verlegt haben, ist ja äußerst makaber. :entsetzt: Aber geschäftstüchtig sind sie, wie man an ihren Werbemethoden sehen kann. Eine ganz eigene Art der Sterbehilfe.

  • Die Einnahmequelle, auf die die Brüder Shaftoe sich verlegt haben, ist ja äußerst makaber. :entsetzt: Aber geschäftstüchtig sind sie, wie man an ihren Werbemethoden sehen kann. Eine ganz eigene Art der Sterbehilfe.


    Wenn man bedenkt, dass die beiden - und nicht nur sie - ständig von klein an mit dem Tod konfrontiert sind, ist es nicht verwunderlich, dass sie das ganz pragmatisch angehen und sich damit ihr Überleben sichern. Der Tod ihres Bruders, den sie mit eigenen Augen miterlebten, hat sie ja nicht lange beschäftigt. Wenn sie den Job nicht machen, finden sich andere. Bei den häufigen Hinrichtungen besteht eben ständig Nachfrage nach Sterbehelfern.


    Als Jack und Eliza sich in Leipzig aufhielten, fand ich es interessant, dass eine Buchmesse erwähnt wird. Eine Recherche bei Wikipedia hat ergeben, dass es sich dabei tatsächlich schon um die Leipziger Buchmesse handelt, die jetzt immer noch stattfindet. Nicht übel! Das dürfte wohl eine der ältesten Messen überhaupt sein.

  • :winken: ,


    ich stimme euch zu, dieser Abschnitt ist viel einfacher und schneller zu lesen als der vorige. Trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) gefällt er mir aber weniger.
    Zwar beginnt er ganz grandios mit den kleinen Shaftoebrüdern und deren makabren "Beruf" - ich finde es wie Alfa toll, dass wir hier auch einen Einblick in die Lebensbedingungen der Ärmsten bekommen - aber danach...


    Natürlich sind die Gespräche zwischen Eliza und Jack amüsant zu lesen, aber mir fehlt es an Substanz und auch "Zeitgefühl". Die großartigen Beschreibungen des barocken London oder auch der Befestigungsanlagen Wiens fehlen hier. Die beiden reiten mir zu sehr durch eine "zeitlose" und irgendwie auch "raumlose" Gegend, könnten überall und immer unterwegs sein, falls ihr versteht was ich meine.


    Eine Änderung deutet sich in Leipzig (wo ich gerade stecke) an. Kleinigkeiten wie z. B. die Aufzählung der Währungen, mit denen die Geldwechsler ganz selbstverständlich handeln oder die Beschreibung der unendlich hohen Dächer begeistern mich. Da braucht eigentlich gar nichts zu passieren - mir reichen schon die Beschreibungen!


    Höchst interessant natürlich die Information, dass die Leipziger Messe und ihre Händler "above war" sind und von so Kleinigkeiten wie diversen Kriegen nicht beeinflusst werden. War das wirklich so?


    Habt ihr eigentlich nachgeguckt, was es mit "qgwhlmisch", einer der Sprachen, die Eliza spricht, auf sich hat? Wikipedia kennt die Antwort: Qwghlm.


    Übrigens gestern bei meinem Besuch in der SF-Buchhandlung gesehen:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Besitzt du es schon, Alfa?

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()


  • Die beiden reiten mir zu sehr durch eine "zeitlose" und irgendwie auch "raumlose" Gegend, könnten überall und immer unterwegs sein, falls ihr versteht was ich meine.


    Das ändert wieder :smile:


    Übrigens gestern bei meinem Besuch in der SF-Buchhandlung gesehen:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Besitzt du es schon, Alfa?


    Nein, noch nicht. Ich habe fast ein wenig Angst, weitere Bücher von Stephenson zu lesen - sie könnten mir aus irgendeinem Grund nicht gefallen. Klingt jetzt doof, aber deshalb schleiche ich eher drumrum statt es endlich zu kaufen. Dasselbe gilt für die früheren Werke "Snow Crash" und "Diamond Age", die ich noch nicht gelesen habe. Aber eines nicht allzu fernen Tages werde ich die alle noch lesen - inklusive "Cobweb", das er mit Frederick George (der Name sagt mir nichts) geschrieben hat.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.


  • Natürlich sind die Gespräche zwischen Eliza und Jack amüsant zu lesen, aber mir fehlt es an Substanz und auch "Zeitgefühl". Die großartigen Beschreibungen des barocken London oder auch der Befestigungsanlagen Wiens fehlen hier. Die beiden reiten mir zu sehr durch eine "zeitlose" und irgendwie auch "raumlose" Gegend, könnten überall und immer unterwegs sein, falls ihr versteht was ich meine.


    Da fehlte mir auch etwas. Selbst die Gespräche zwischen den beiden wirken teilweise ein wenig gequält, was natürlich daran liegen kann, dass Eliza Jack mit ihren Erzählungen gerade an gewissen Wegmarken faszinieren will. Das wirkte auf die Dauer schon leicht plump.


    Qwghlm hielt ich erst für völlig frei erfunden von Eliza, als jedoch Jack mit ihr in der dazugehörigen Sprache redete, nahm ich an, es würde sich eventuell um eine Region in Wales handeln. Danke für den Link, Saltanah!

  • ich stimme euch zu, dieser Abschnitt ist viel einfacher und schneller zu lesen als der vorige.


    Das wird auch wieder anders :zwinker:.



    Habt ihr eigentlich nachgeguckt, was es mit "qgwhlmisch", einer der Sprachen, die Eliza spricht, auf sich hat? Wikipedia kennt die Antwort: Qwghlm.


    Mir war Qwghlm schon aus Cryptonomicon bekannt, aber damals fand ich es bizarr, sich ein Land zu erfinden.



    Mit einem Schmunzeln habe ich gelesen, dass Jack im Bergwerk anprangert, dass die Arbeiter durch Maschinen ersetzt werden. Es ist schon verwunderlich, dass sich jemand wie er, der keiner geregelten Tätigkeit nachgeht, sich Gedanken darüber macht, wie die Bergleute das aufnehmen.


    Ich wiederum mache mir Gedanken, warum Jack sozusagen entmannt wurde. Es passt nicht zu dem Erscheinungsbild dieser Figur, die sonst stark, mutig und erfahren rüberkommt. Ich frage mich, ob Stephenson später damit noch etwas bezwecken möchte. Wenigstens ist die Erbfolge gesichert, denn irgendwo wurde fast beiläufig erwähnt, dass Jack bereits zwei Kinder hat.

  • Da ich immer gesagt habe, ich lotse euch durch die Trilogie (ohne den Spass am Selberentdecken zu verderben - hoffe ich), spiele ich hier mal den Leuchtturm und kläre mal ein paar Dinge. Wenns zu viel der Erklärungen werden, könnt ihr mir mit einem "Klappe, Alfa!" gerne Einhalt gebieten...



    Qwghlm hielt ich erst für völlig frei erfunden von Eliza, als jedoch Jack mit ihr in der dazugehörigen Sprache redete, nahm ich an, es würde sich eventuell um eine Region in Wales handeln.



    Ich wiederum mache mir Gedanken, warum Jack sozusagen entmannt wurde. Es passt nicht zu dem Erscheinungsbild dieser Figur, die sonst stark, mutig und erfahren rüberkommt.


    Ich finde es total faszinierend, welche Gedankengänge ihr beim Lesen habt. Ich habe die zwei Beispiele oben mal rausgepickt, um das zu illustrieren. Ich für meinen Teil habe beim ersten Mal lesen so ziemlich alles für bare Münze genommen, was die Protagonisten erzählt haben. (Was nicht die schlechteste Taktik war...)
    Am meisten Mühe hatte ich mit Drakes Himmelfahrt und dass ausgerechnet der König persönlich ihn in die Luft gejagt haben soll. War mir zu dick aufgetragen. Aber bei vertieftem Nachdenken kam ich zum Schluss: Wieso eigentlich nicht? Der König "wohnt" ja in London und wenns brennt, kann er schon mal persönlich einschreiten...


    Sowieso: Vieles wird euch im Verlauf der Trilogie noch unwahrscheinlich (wenn auch nicht grundsätzlich unmöglich [ausser zwei Szenen, die hier natürlich nicht verraten werden]) erscheinen. Aber das Leben ist manchmal verrückter als jede Fantasie eines Science-Fiction-Autors und drum nahm ich manchmal eine grosszügige Haltung ein. Hat sich für mich gelohnt. Mein Tipp: Ihr dürft dem Autor trauen und glauben, was ihr lest. Die Story ist zu reichhaltig*, um noch grossartig falsche Fährten für den Leser zu legen... (Die falschen Fährten legen sich die Protagonisten untereinander. Und meistens weiss man, dass da grade intrigiert und gelogen wird.)



    Mit einem Schmunzeln habe ich gelesen, dass Jack im Bergwerk anprangert, dass die Arbeiter durch Maschinen ersetzt werden. Es ist schon verwunderlich, dass sich jemand wie er, der keiner geregelten Tätigkeit nachgeht, sich Gedanken darüber macht, wie die Bergleute das aufnehmen.


    Ich hatte auch das "Problem", Jack zu unterschätzen. Da er über keinerlei Schulbildung verfügt und sich als Landstreicher durchschlägt, hielt ich ihn lange für durchschnittlich intelligent - was nicht zuletzt an seiner derben/einfachen Ausdrucksweise lag. Tatsächlich muss er ein sehr helles Köpfchen sein. Allerdings versteckt er das gern. (Evtl Selbstschutz, da Intelligenz bei den Landstreicherkollegen wahrscheinlich nicht gut ankommt.) Er verfügt auch über Sozialkompetenz und Empathie - auch wenn ihn das Leben auf der Strasse gelehrt hat, das besser nicht zu heftig auszuleben. Wer überleben will, muss auf den eigenen Vorteil schauen. Zudem hat er noch das Handicap der Syphillis, die ihn langsam in den Wahnsinn treibt und ihn (in Kombination mit dem "Alb der Perversion") manchmal idiotische Dinge tun lässt. Davon wirds noch Kostproben geben :breitgrins:


    Lieber Gruss


    Alfa Romea


    *Beispiel Band 3: Da denkt man, jetzt sei es Zeit, alle Fäden zu verknüpfen und die Geschichte langsam zum Ende zu führen - da kommen plötzlich ganz neue Charaktere ins Spiel, es gibt neue Geschichten und man fragt sich, wie das am Ende um Himmels Willen alles aufgehen soll.

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()


  • Mir war Qwghlm schon aus Cryptonomicon bekannt, aber damals fand ich es bizarr, sich ein Land zu erfinden.


    Ich finde das jetzt auch bizarr. Außerdem frage ich mich, wieso Stephenson das für notwendig ansah. Ich "stolpere" bei jeder Erwähnung Qwghlms wieder darüber und ärgere mich darüber, dass er kein wirkliches Land gewählt hat.



    Mit einem Schmunzeln habe ich gelesen, dass Jack im Bergwerk anprangert, dass die Arbeiter durch Maschinen ersetzt werden. Es ist schon verwunderlich, dass sich jemand wie er, der keiner geregelten Tätigkeit nachgeht, sich Gedanken darüber macht, wie die Bergleute das aufnehmen.


    Stimmt, dass dieser Einwand gerade von ihm kommt hat schon eine gewisse Komik. Andererseits ist das natürlich eine sehr berechtigte Frage, denn wenn Erfindungen wie diese einerseits die Arbeit erleichtern, machen sie eben auch Leute arbeitslos - und bei der Wahl zwischen einer Scheißarbeit und keiner Arbeit wählt man eben doch des Überlebens Willen den Mist.



    Ich wiederum mache mir Gedanken, warum Jack sozusagen entmannt wurde. Es passt nicht zu dem Erscheinungsbild dieser Figur, die sonst stark, mutig und erfahren rüberkommt.


    Männlichkeit sitzt eben doch nicht (nur) im Schwanz, auch wenn viele Männer das glauben wollen :zwinker: .
    Ich schreibe jetzt besser nichts darüber, wie lange ich gebraucht habe, um zu verstehen, was genau mit Jack passiert war :redface: . Ich hatte mich nur gefragt, wieso er keinen Sex haben können soll, denn Syphilis macht doch nicht impotent. Aber irgendwann ist der groschen dann doch gefallen. Wie lautet Jacks Spitzname eigentlich auf Deutsch?



    Ich hatte auch das "Problem", Jack zu unterschätzen. Da er über keinerlei Schulbildung verfügt und sich als Landstreicher durchschlägt, hielt ich ihn lange für durchschnittlich intelligent - was nicht zuletzt an seiner derben/einfachen Ausdrucksweise lag. Tatsächlich muss er ein sehr helles Köpfchen sein.


    Intelligent ist er, keine Frage. Manchmal hat er allerdings für meinen Geschmack etwas zu viel Wissen - Wissen, dass man sich ohne Lesekenntnisse nur schwer aneignen kann. Natürlich fehlt mir gerade das passende Beispiel.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Intelligent ist er, keine Frage. Manchmal hat er allerdings für meinen Geschmack etwas zu viel Wissen - Wissen, dass man sich ohne Lesekenntnisse nur schwer aneignen kann.


    Darüber habe ich mich auch schon gewundert. Selbst wenn man voraussetzt, dass seine Kindheit im eigentlichen Sinn gar nicht stattgefunden hat, sondern er schon in jüngsten Jahren mit dem wirklichen Leben auf Tuchfühlung ging, hat er in wenigen Jahren enorm viele Erfahrungen gesammelt. Wenn man bedenkt, dass er erst Mitte 20 und schon so weit herumgekommen ist. Sein Wissen erstreckt sich aber auch auf Dinge, die man sich durch bloßes Reisen und Kämpfen ums Überleben schwer aneignen kann. Das fiel mir z. B. bei seinem Einmarsch in das türkische Lager vor Wien auf.


    Wie lautet Jacks Spitzname eigentlich auf Deutsch?


    Meinst Du l'Emmerdeur? Laut dict.leo.org bedeutet es soviel wie Nervensäge, Korinthenkacker, Langweiler. Das kann ich allerdings nur schlecht nachvollziehen.


    Jacks Krankheit macht sich unterdessen bemerkbar. Zumindest gehe ich davon aus, dass es an der Syphillis liegt, als er sich halbwegs im Delirium im Wald verläuft. Wie viel ist echt an dem Erlebnis mit den Hexen?

  • Oops, jetzt bin ich dem Harz schon wieder entflohen, ohne hier auch nur einmal gepostet zu haben. Ich finde auch: es liest sich leichter als der erste Teil, manchmal aber auch weniger interessant. Während mich die Kampfbeschreibungen und zum Teil auch die Gespräche zwischen den Turteltauben nicht so richtig mitreißen konnten, finde ich diese manchmal winzigen ironischen Anmerkungen und Situationen einfach toll. Wahrscheinlich habe ich einen etwas kindlichen Humor, aber dass Jack gar keine Lust hat, den Strauß zu köpfen, weil es bei der Halslänge ja keine Herausforderung ist - :lachen: Auch diese kleinen Nebeninfos, z. B. woher der Begriff "Dollar" kommt, oder "factory", fand ich spannend (war allerdings bisher zu faul, um nachzuschlagen, ob das auch wirklich stimmt so - klang jedenfalls überzeugend).


    Interessanter wird es mit dem Auftreten des "Doktors" und seiner Marotten. Und natürlich Enoch, den ich nach wie vor sehr geheimnis- und eindrucksvoll findet. So wären die beiden Bücher also schon ganz ordentlich miteinander verknüpft (nur irgendwie in der falschen Reihenfolge).



    Jacks Krankheit macht sich unterdessen bemerkbar. Zumindest gehe ich davon aus, dass es an der Syphillis liegt, als er sich halbwegs im Delirium im Wald verläuft. Wie viel ist echt an dem Erlebnis mit den Hexen?


    Seine Benommenheit würde ich weniger auf Krankheit denn auf die doppelte Portion Pilzsüppchen zurückführen. :breitgrins: Die Episode mit den Hexen habe ich absolut für bare Münze genommen: Solche Versammlungen und Feiern gab es tatsächlich, und die Reaktion auf einen vermeintlich gefährlichen Eindringling ist ja nachvollziehbar ...

  • Jetzt habe ich wenigstens mal mit diesem Abschnitt angefangen (Jack hat gerade erst Eliza gerettet und den Strauß geköpft). Ja, er liest sich flüssiger, aber interessanter finde ich ihn bislang auch nicht, was mein Lesetempo vermutlich nicht gerade erhöhen wird :rollen: . Daher kann ich zu Leipzig, Bergbau und anderen Dingen, die Ihr erwähnt habt, noch nichts sagen. Ich weiß auch noch nicht, wie ich zu Jack stehen soll, ich finde ihn weder sympathisch noch unsympathisch. Seine Kindheit war sicher für diese soziale Schicht nicht ungewöhnlich, eher hatte er ziemliches Glück, nicht ähnlich wie sein ältester Bruder zu enden. Daß er im wesentichen auf seinen eigenen Vorteil schaut und das Leben genießt, wenn sich ihm die Möglichkeit bietet, ist daher nachvollziehbar und das mache ich ihm auch nicht zum Vorwurf. Vielleicht sollter er aber aufpassen, bei späteren Reisen einen Bogen um Polen zu machen, auch ohne ein gewisses Pferd :breitgrins:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Meinst Du l'Emmerdeur?


    Nein, ich meinte Half-Cocked Jack. Oder wurde das nicht übersetzt?


    Interessant bei diesem Abschnitt ist natürlich das Wiederseen mit alten Bekannten. Zumindest nehme ich stark an, dass der "Doktor", den sie in Leipzig treffen, Leibniz ist. Dessen Pläne, einen Herrscher (egal welchen) zur Errichtung einer Nationalbibliothek zu bewegen, gefallen mir natürlich sehr gut. Nicht dass er dabei selbstlos vorgehen würde - nein, er ist natürlich daran interessiert, Zugang zu allen Büchern zu bekommen, vielleicht um zu verhindern, dass das Rad fünfmal erfunden wird, nur weil die einen nicht von der Erfindung der anderen wissen. Aber er geht natürlich noch weiter, auch wenn Eliza seinen Gedanken da nicht ganz folgen kann "part library, part academy, part machine" - der Mensch will einen Computer bauen! (Ich habe immer noch nicht weiteres über Leibniz nachgelesen - wird Zeit, dass ich das endlich mache.)
    Sind die Buchhändler/Verleger eigentlich so wütend auf Leibniz, weil er sie mit seinen Nationalbibliotheksplänen dazu zwingen würde, Exemplare dafür gratis herzugeben oder habe ich mal wieder irgendeinen Hinweis nicht verstanden?
    Überhaupt passiert es öfter, dass mir etwas erst (viel) später klar wird. Ich kann schon verstehen, dass Alfa so fasziniert von dem Buch ist; da steckt so viel drin, dass man bestimmt bei jedem Lesen neue Zusammenhänge entdecken kann.


    Der zweite alte Bekannte ist natürlich Enoch, der sich auch gerade im Harz aufhält. Hätte nicht gedacht, dass das eine so zentrale, attraktive Gegend ist :zwinker: .


    Gewundert habe ich mich über eine Fußnote im "Harz", in der Stephenson die zur Holzkohleherstellung benutzten Bäume als "Faulbaum" identifiziert, und dies mit "alder", also "Erle" übersetzt.
    :belehrerin: Nein, nein, nein, eine Erle ist kein Faulbaum, Faulbaum ist keine Erle! Faulbaum hat den botanischen Namen Frangula alnus, Erlen heißen Alnus xyz je nach Art. Der Faulbaum heißt auf englisch Alder Buckthorn, ich nehme also an, dass der "Buckthorn" in der Fußnote abhanden gekommen ist.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Nein, ich meinte Half-Cocked Jack. Oder wurde das nicht übersetzt?


    Es wurde übersetzt mit "Schuss-in-den-Ofen"-Jack. Das war bislang die einzige Stelle, an der ich wegen der Übersetzung ungefähr so ausgesehen habe: :schulterzuck:



    Aber er geht natürlich noch weiter, auch wenn Eliza seinen Gedanken da nicht ganz folgen kann "part library, part academy, part machine" - der Mensch will einen Computer bauen!


    Und wie! Es ist übrigens auch das, woran Daniel in Massachusetts gearbeitet hat, bevor er Besuch von Enoch bekam. Von daher auch der Spott der Männer auf der Fähre, dass er ein Doktor der Scharniere und Kolben sei. Die Ideen lieferte Leibniz und Waterhouse versuchte, daraus etwas weiterzuentwickeln. Mehr Details gibts dann in Band 3 :smile:



    Seine Benommenheit würde ich weniger auf Krankheit denn auf die doppelte Portion Pilzsüppchen zurückführen. :breitgrins:


    Sehe ich auch so :smile:


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Seine Benommenheit würde ich weniger auf Krankheit denn auf die doppelte Portion Pilzsüppchen zurückführen. :breitgrins: Die Episode mit den Hexen habe ich absolut für bare Münze genommen: Solche Versammlungen und Feiern gab es tatsächlich, und die Reaktion auf einen vermeintlich gefährlichen Eindringling ist ja nachvollziehbar ...


    Oh, für bare Münze nehme ich das auch! Ich traue mich sogar zu behaupten, dass solche Versammlungen sogar heute noch stattfinden. Vielleicht nicht gerade auf dem Blocksberg, aber den Hexenkult gibt es sicher immer noch. War Jack nicht schon etwas benommen, als er sich im Wald verlief und dann auf die Hexen traf? Die Suppe hat ihn dann erst richtig in Trance versetzt. So habe ich es zumindest verstanden.


    Ich weiß auch noch nicht, wie ich zu Jack stehen soll, ich finde ihn weder sympathisch noch unsympathisch.


    Ich mag ihn am liebsten unter all den Charakteren. Daniel ist mir zu verworren, unsicher und fremdbestimmt; Eliza muss sich erst noch entwickeln, aber die Richtung, die sie einschlägt, vor allem zu der Zeit, von der ich schon lese, gefällt mir nicht so gut. Jack dagegen ist straight und steht mit den Füßen auf dem Boden, obwohl ihm nichts geschenkt wird. Schon in Cryptonomicon war Bobby Shaftoe, Jacks Ururur...enkel, mein Liebling unter den Figuren. Anscheinend hab ich es mit den Shaftoes :breitgrins:.


    Es wurde übersetzt mit "Schuss-in-den-Ofen"-Jack. Das war bislang die einzige Stelle, an der ich wegen der Übersetzung ungefähr so ausgesehen habe: :schulterzuck:


    Na, da geht mir langsam ein Licht auf. Mit dem "Schuss-den-Ofen" konnte ich auch nichts anfangen. Da finde ich "Half-Cocked-Jack" schon aufschlussreicher.


  • Na, da geht mir langsam ein Licht auf. Mit dem "Schuss-den-Ofen" konnte ich auch nichts anfangen. Da finde ich "Half-Cocked-Jack" schon aufschlussreicher.


    Da sieht man mal wieder, wie viel einem manchmal durch die Lappen gehen kann bzw falsch verstanden wird, weil die Übersetzungen unzulänglich sind.


    Dass es sich bei dem Doktor um Leibniz handelt, davon gehe ich auch aus.


    Auch diese kleinen Nebeninfos, z. B. woher der Begriff "Dollar" kommt, oder "factory", fand ich spannend (war allerdings bisher zu faul, um nachzuschlagen, ob das auch wirklich stimmt so - klang jedenfalls überzeugend).


    Es sind wirklich die kleinen Einschübe, die das Ganze so reichhaltig ausschmücken. Vorzustellen ist es jedenfalls, dass das Wort Dollar sich vom Thaler, in der ortsüblichen Aussprache, abgeleitet haben könnte. :breitgrins:
    So ähnlich erging es mir auch an der Stelle, als Jack davon spricht "die Pappenheimer zu kennen". War dieser Ausspruch denn schon zu dieser Zeit üblich?!


    Sehr interessant sind die Details über den Bergbau, insbesondere die Maschinen des Doktors. Die ja dann gleich von Eliza, Leibniz Ansicht nach, zu krititsch betrachtet wurden. :zwinker:
    Eliza scheint nie um eine Antwort verlegen zu sein, hat ein Wissen um so viele Sachen, dass ich sie manchmal als weibliches Gegenstück zu Enoch betrachte. Der sich inzwischen in Bockboden eingefunden hat.


    Jack scheint ja in diesem Teil des Buches in etwa die Stelle Daniels eingenommen zu haben, auch wenn die beiden kaum zu vergleichen sind.