Magda Szabó - 1. Moses 22

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  • Magda Szabó: 1. Moses 22


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    Magda Szabó gehört zu den bedeutendsten Autoren Ungarns aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1978 bekam sie den in Ungarn bedeutenden Kossuth -Preis. Für die französische Übersetzung des Roman „Die Tür“ erhielt sie im Jahre 2003 den „Femina Preis“, ein internationale anerkannter Preis für ausländische Literatur. Weitere bedeutende Romane sind z.B. „Das Fresko“ und „Das Schlachtfest“. All das muss gesagt werden, weil die Autorin im Gegensatz zu Frankreich in Deutschland z.Zt. kaum wahrgenommen wird.


    Der Roman 1. Moses 22 spielt im Jahre 1966 in Budapest. Im Zentrum des Romans 1. Moses 22 steht die Heirat der sehr jungen Huigi aus der Apothekerfamilie Gál und dem etwas älteren Miklós, der Sohn der Frau Huszár, deren Mann 1944 von der Gestapo abgeholt worden und hingerichtet worden ist, als Miklós gerade sechs Jahre alt war. Frau Huszar heiratet nie wieder, weil sie ihr Leben lang ihrem Mann nachgetrauert hat. Das Schicksal des Apothekers Gál sieht wie folgt aus: Nach dem Krieg wird die Apotheke von Andras Gál enteignet, sodass Herr Gál nach dem Krieg in seine Apotheke nur noch als Angestellter betreten kann. Was für eine Schmach. In der Kriegsgefangenschaft hat Herr Gál die Gestalt seiner Frau „mit einem Glorienschein umgeben“. Doch als er heimkehrt, können sie nie miteinander reden, weil Klara, seine Frau, von ihren Kriegserlebnissen sehr belastet ist.


    Zitat von "Szabó"

    Aber Klara hatte nur über sich selbst reden wollen, über ihre eigenen Leiden, über die absurde Hungerkost während der Belagerung, über die Angst, die sie ausgestanden hat... usw.


    Die Elterngeneration ist vom Krieg geschlagen, und kann nicht erkennen, dass die junge Generation, also diejenigen, die 1966 heiraten, zu ganz neuen Ufern aufbrechen wollen und es auch tun, denn sie wollen sich nicht opfern lassen wie Isaak in Moses 22.


    Zitat von "Szabó"

    Ich weiß das ihr nicht lebt, daß ihr alle gestorben seid, im Zweiten Weltkrieg oder danach, alle seid ihr gestorben und seid nur als Gespenster unter uns zurückgeblieben...


    eine Generation, die ihn ihren Träumen noch vom Bombenterror verfolgt wird.


    Der Roman ist unbedingt zu empfehlen, weil er in sehr beeindruckenden Passagen, in klarer hemmungsloser Sprachgewalt, uns die inneren Konflikte der Kriegsgeneration vor Augen hält, wie diese Generation mit ihren Kriegstraumata sich gegenüber der jüngeren Generation verhält, umd wie die Jüngeren sich gegenüber den Älteren verhält.


    Da der Roman nicht chronologisch erzählt wird, zwischen verschiedenen Zeiten umherspringt, man auch herausbekommen muss, wer die Geschichte in der Ich-Form erzählt ist größere Aufmerksamkeit gefordert. Zugegebenermaßen hat es trotzdem einige Passagen gegeben, die ich nicht einordnen konnte. Aber trotzdem, dieser Roman ist absolut lesenswert, ich werde auch weitere Romane von Magda Szabó lesen. Mein SUB gibt da einiges her.


    Obwohl Werke von Magda Szabó in diversen Ländern erhältlich sind, lege ich sie unter "Sonstige Belletristik", weil auch in den USA nur weniges zu bekommen ist. Vielleicht ändert sich das mal. Das wäre zu wünschen...


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Danke für diese Vorstellung!


    Angesichts Deiner recht deutlichen Leseempfehlung bin ich über "nur" 3 1/2 Ratten etwas erstaunt... Szabo zählt wirklich zu den ganz großen Autorinnen Ungarns.


    Wenn man z.B. bei Amazon ihren Namen eingibt, mag man überrascht sein, wie viele Titel doch angegeben werden. Allerdings wenige Neuausgaben, im Gegensatz - wie Du sagtest - zu meiner Zweitheimat Frankreich, wo sie durch Neuübersetzungen eines relativ kleinen Verlages neu entdeckt wurde.


    Ich habe hier - glaube ich - "Katharinenstrasse" vorgestellt. Ich möchte auch besonders "Die Tür" empfehlen.

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka


  • Danke für diese Vorstellung!


    Angesichts Deiner recht deutlichen Leseempfehlung bin ich über "nur" 3 1/2 Ratten etwas erstaunt... Szabo zählt wirklich zu den ganz großen Autorinnen Ungarns.


    Ja, das mag erstaunen, ich glaube auch das Szabó zu den Großen Ungarns zählt. Ihre Prosa ist weithin ausdruckstärker als die von Sándor Márai. Die Methode mit "Ratten" Literatur zu bewerten, geht mir sowieso gegen den Strich. Wohr nehme ich mir das Recht, große Literatur zu bewerten? Das ist eigentlich albern, ich komme mir dabei so vor wie ein Lehrer in der Schule, der nichts besseres zu tun hat. Das ersteinmal dazu.


    Vom Inhalt und Romanaussage, wie die Probleme dort gehandhabt werden usw. ist !1. Moses 22" ein erstklassiger Roman. In der Rattenbewertung (was für ein furchtbares Wort) war ich zögerlicher , weil ich wegen wegen raffinierter verschiedenen Zeitebenen, nicht alles erfasst habe:



    man auch herausbekommen muss, wer die Geschichte in der Ich-Form erzählt ist größere Aufmerksamkeit gefordert. Zugegebenermaßen hat es trotzdem einige Passagen gegeben, die ich nicht einordnen konnte.


    An diesem Beispiel sieht man aber, wie ungerecht eine Rattenbewertung sein kann. Man kann in einem Roman nicht unbedingt immer alles verstehen, Kunst ist oft nicht einfach, und dann komme ich als kleiner Matz daher und will was bewerten. Das ist doch unverschämt. Ich sollte die Rattengeberei wirklich sein lassen.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Das waren erhellende Gedanken zu jenem "Bewertungssystem"... und ich stimme Dir zu!


    Ich empfinde es manchmal als "hochnäsig", wenn ich mir eine solche Beurteilung erlaube.


    Was aber die Verständlichkeit anbetrifft: Wäre sie das erste Kriterium für eine positive, negative Meinung? Reichen wirkliche Meisterwerke nicht über ein erstes schnelles Verstehen hinaus und bieten neue Dimensionen? Für meinen Teil könnte ich nicht behaupten, die wirklich "großen Werke" der Literatur durch und durch verstanden zu haben. Etwas entzieht sich unserem Zugriff. Und ich sage: um so besser!!!

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka


  • Reichen wirkliche Meisterwerke nicht über ein erstes schnelles Verstehen hinaus und bieten neue Dimensionen? Für meinen Teil könnte ich nicht behaupten, die wirklich "großen Werke" der Literatur durch und durch verstanden zu haben. Etwas entzieht sich unserem Zugriff. Und ich sage: um so besser!!!


    Genauso ist es. So ergeht es mir z.Zt. in "Schau heimwärts Engel!" von Thomas Wolfe, ein großartiges Meisterwerk, genauso wie " Buddenbrooks", viel mehr als nur eine Familiengeschichte. Außerdem bei Wolfe man bis kurz vor Ende des Romans immernoch darüber nachdenken muss, warum der Roman so heißt. :winken: Darum ist bei solchen literarischen Meisterstücken eine Rattenbewertung sehr kleinlich oder "hochnäsig". Man schaue sich nur mal Dostojewskij an, was soll man da bewerten? Wir sind in dieser Hinsicht eine Meinung, und die Denkanstöße, die wir aus solchen Literaturen gewinnen, sind sehr wertvoll. Ich denke, darum lesen wir auch.


    Liebe Grüße
    mombour


  • An diesem Beispiel sieht man aber, wie ungerecht eine Rattenbewertung sein kann. Man kann in einem Roman nicht unbedingt immer alles verstehen, Kunst ist oft nicht einfach, und dann komme ich als kleiner Matz daher und will was bewerten. Das ist doch unverschämt. Ich sollte die Rattengeberei wirklich sein lassen.


    Wenn du dich mit der Bewerterei nicht wirklich wohl fühlst, lass es ruhig sein, Mombour. Rattenvergabe ist ja nicht obligatorisch.
    Ich persönlich gehe allerdings ganz anders an die Bewertung heran. Meine Frage ist nicht die nach der objektiven Güte des Buches (wie auch immer man die feststellen will), sondern ganz subjektiv "Wie gut hat mir das Buch gefallen?" So kann dann eben auch ein völlig anspruchsloser Unterhaltungsroman eine gute Bewertung bekommen, wenn er das, was er will, eben richtig gut macht, und ein hochangesehener Klassiker, wenn er mir einfach nichts "sagt", eine schlechte.

    Wir sind irre, also lesen wir!