Kerstin Ekman - Winter der Lügen

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    Winter der Lügen - Kerstin Ekman


    Der erste Satz beginnt mit "Wenn sie hinfällt, bleibt sie liegen, ...". Diese wenigen Worte graben sich schier in das Gedächtnis des Lesers. Kurz, einprägsam und doch beschreiben sie genau was passiert.
    Ausgesprochen wurden sie von Pär(on) Lindblad. Gemeint war damit Agda Wallin. Denn Agda ist so dick, dass sie wenn sie hinfällt, einfach liegen bleibt. Pär weiß worüber er spricht, denn er ist Agdas Mädchen für alles.


    Als Agdas Schwester Astrid ins Altenheim umziehen muss, begleitet Pär sie dorthin. Agda ist nicht nur sehr dick, sie hat auch vor kurzem eine Gehirnblutung gehabt und schafft den Weg nicht allein. Dieser Weg führt sie an einem winterlich verschneiten schwedischen Wald entlang. Es ist eine Abkürzung zum Bus. Nur wird der Bus ohne Agda fahren. Dieser wird plötzlich übel und bevor Pär noch Hilfe holen kann stirbt sie. Auf einem umgestürzten Baum sitztend.
    Pär ist ratlos. Was soll er tun? Wird es nicht so aussehen, als hätte er Schuld an ihrem Tod? Andererseits hat die Alte ihn noch nicht in ihrem Testament vermerkt. Sagte sie. Soll all die Schinderei umsonst gewesen sein?


    Also fährt Pär erst mal nach Hause. Und je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es über Agdas Tod zu berichten. Er lässt alles so laufen wie bisher. Agda braucht Ruhe! Sie ist nicht gut zurecht. Damit hält er erst mal die anderen Mieter fern. Die Wohnungen, die sie vermietet, sind in einem heruntergekommenen Viertel von Uppsala. Die Bagger beginnen bereits mit den Abrissarbeiten gegenüber. Ein Viertel voller Gestrandeter, Existenzen am Rande der Gesellschaft. Eine Welt, die nicht die von Pär Lind-Bladh, ehemals Redakteur mit Pseudonym Puck Horn, ist. Das sagt er jedem. Er gehört hier nicht hin.


    Aber wo soll er hin. Ohne Arbeit, ohne Geld. Also bleibt alles beim Alten. Bis er genug Geld durch die Mieten zusammen haben wird und wegziehen kann. Es darf nur keiner merken, dass Agda nicht in ihrem Zimmer ist. An was er alles denken muss! Mit ihr zu reden, ihre Wäsche zu waschen und so fort! Anstrengend ist es - nervenaufreibend.
    Und dann die anderen Mieter. Die Schwester, der Neffe ... und Agda, die dichverschneit auf dem umgestürzten Baum sitzt.



    Spannend würde ich "Winter der Lügen" eigentlich nicht bezeichnen. Pär, die Hauptfigur, ist auch nicht gerade sympathisch. Ein Verlierer ist er, ein Aufschneider, ein Gestrandeter wie die anderen. Jeder in den Mietshäusern bringt sich halt durchs Leben und mehr nicht. Was das Buch so anziehend macht ist die Schilderung dieser Existenzen, des Umfeldes, wie etwa die Außentoiletten, der Kampf mit den Schneemassen. Und allen voran Pär. Wie wird er mit der Situation fertig? Wird jemand herausfinden, was los ist? Was von dem, was er sagt, ist wirklich wahr?
    Wenn man im ersten Teil schon seine Zweifel hat, dann kommt im zweiten ein Neuigkeit, die wahrscheinlich unterschiedliche Reaktionen hervorruft. Entweder wirft man das Buch verärgert in die Ecke, oder man macht sich weiter seine Gedanken über Pär, über Agda. Denn wenn man sich entschließt das Buch zu Ende zu lesen, kommt man nicht drum rum, sich Gedanken über Agda zu machen. Und über das was da noch kommen wird.


    Ein raffinierter Kriminalroman ist auf dem Cover zu lesen. Als Krimi würde ich Winter der Lügen nicht bezeichnen. Wenn dann höchstens entfernt. Ich denke, es ist ein Buch, dass Kerstin Ekman zwischen ihrer Krimiphase und den Familiensagas geschrieben hat. Eher eine Charakterdarstellung. Pärs Vergangenheit und Zukunft bleiben kaum erwähnt. Die kann sich jeder selber zusammenbasteln.
    Kerstin Ekman hat es geschafft den Figuren von Pukehornet Leben einzuhauchen. Ich kenne nicht ihre Gesichter, aber ihr Schwächen und Stärken.


    4ratten