Theodor Fontane - Irrungen Wirrungen

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 11.077 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Hi!


    Ich habe das schmale Büchlein im Juni gelesen, hier meine Meinung:


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    Inhalt:
    Baron Botho von Rienäcker und Lene Nimptsch lieben sich. Das Problem: Er ist Baron und sie nur Plätterin. Die beiden wissen, dass sie wegen des grossen Standesunterschiedes weder heiraten noch lange zusammenbleiben können.


    Meine Meinung:
    Mehr Inhaltsbeschreibung braucht es nicht, denn viel mehr passiert gar nicht. Botho und Lene wissen, dass letztlich jeder seinen eigenen Weg gehen muss und beide versuchen das auf ihre Art zu akzeptieren. Lene tut sich dabei leichter als Botho, weil sie sich gar nicht erst erlaubt, von einem gemeinsamen Leben zu träumen. Botho ist da weniger pragmatisch und sucht in Gedanken nach einer Lösung. Ohne Erfolg, so muss man leider sagen.


    Abgesehen von der traurigen Geschichte des verhinderten Liebespaares fand ich Fontanes Erzählung eher öde. Zu vieles steht zwischen den Zeilen, so etwa sämtliche Charakterbeschreibungen. Was Lene und Botho für Menschen sind, muss man sich selber zusammenpuzzeln. Während es bei diesen beiden noch ziemlich einfach ist, so wird es bei Bothos Frau Käthe unmöglich. Blondes Dummchen oder liebenswerte Plaudertasche? Ich weiss es nicht und Botho offenbar auch nicht – er scheint keine Meinung zu seiner Frau zu haben.


    Ähnlich wie es Botho mit Käthe ergeht, geht es mir mit dem ganzen Buch: Fand ich es jetzt schlecht? Nö. Fand ich es gut? Nö. Es war, über alles gesehen, ein bisschen langweilig, ein bisschen spannend, ein bisschen witzig, ein bisschen nervig, ein bisschen zu kurz, ein bisschen zu lang. Es macht im Moment – trotz der feinen, sorgfältigen Sprache – nicht grade Lust auf weitere Werke des Autors. Vielleicht in ein paar Jahren wieder. So zum Kennenlernen hat das mal gereicht.


    Fazit:
    Ein schön geschriebenes Buch ohne wesentliche Handlung. Eher nichts für mich, da schöne Worte allein nicht reichen. Mir fehlt die Geschichte, ohne die ein Buch für mich nur ein halbes Buch ist.


    5 von 10 Punkten.



    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Abgesehen von der traurigen Geschichte des verhinderten Liebespaares fand ich Fontanes Erzählung eher öde. Zu vieles steht zwischen den Zeilen, so etwa sämtliche Charakterbeschreibungen. Was Lene und Botho für Menschen sind, muss man sich selber zusammenpuzzeln. Während es bei diesen beiden noch ziemlich einfach ist, so wird es bei Bothos Frau Käthe unmöglich.


    Wie im richtigen Leben, oder? :breitgrins:


    Mir fehlt die Geschichte, ohne die ein Buch für mich nur ein halbes Buch ist.


    Ja? Schade ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Vielleicht liegt das daran, dass Standesunterschiede uns heute eben nicht mehr so als Grund erscheinen, dass ein Paar nicht zusammenkommen kann. Aber gesellschaftliche Grenzen haben wir ja immer noch, die uns in unseren privaten Entscheidungen massiv einschränken.
    Wie z.B., wenn eine Ärztin von sagen wir 43 Jahren einen jungen Handwerker, sagen wir Maurer, von 28 lieben würde...
    Klar wäre es möglich, zusammenzukommen, bestimmt gibt es dass auch irgendwo, aber das wäre ja bei Lene und Botho auch der Fall. Es wäre ja auch nicht illegal, oder so - ist es bei Lene auch nicht.


    Aber die Stärke, die es brauchte, dem gesellschaftlichen Druck standzuhalten, kann Menschen niederringen, das könnte doch auch in unserer Gesellschaft sehr wohl Thema sein, meine ich. Hinzu kommt ja bei Fontane die Gesellschaftskritik insgesamt, die verdorbenen Strukturen, die er sieht, zugegeben, das mag veraltet sein. Aber als Zeitdokument kann man den Roman sicher noch lesen, denke ich. Auch soziologisch ist er ganz spannend, finde ich, die Typen, die Fontane zeichnet (Frau Nimptsch oder die - öh - Edelnutten der Adligen :redface:..... ). Frauenleben gestern und heute.
    Das weiß man doch wieder zu schätzen, dass die Frau seit (erst) 50 Jahren endlich juristisch gleichberechtigt ist, zumindest bei uns.


    Gruß Rosmerta

  • Theodore Fontane - Irrungen und Wirrungen

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    Kurzbeschreibung (amazon):


    Fontanes Geschichte von Lene Nimptsch, die mit ihrer Pflegemutter in kleinbürgerlichen Verhältnissen lebt und eines Tages dem jungen Botho von Rienäcker begegnet, spaltete seinerzeit die Gemüter. Die kleine Plätterin und der Baron verbringen einen glücklichen Sommer zusammen und wissen doch zugleich, daß ihrer Liebe Schranken gesetzt sind, denn eine Heirat gegen den Stand ist undenkbar.


    Meine Meinung:


    "Irrungen und Wirrungen" mussten wir im Deutschunterricht lesen und ich habe ca. 3 Anläufe gebraucht, um es fertig lesen zu können.
    Die Geschichte um Lene und Botho, die sich lieben, aber nicht zusammen sein dürfen, fand ich sehr traurig. Lene sieht das ganze sehr realistisch, ihr war von vornherein klar, dass sie nur eine kurze Zeit zusammen haben werden und teilt das Botho auch mehr als einmal mit. Botho hingegen verdrängt die Tatsache, dass er eine Adlige heiraten muss.


    Für meinen Geschmack fand ich viele Szenen zu langatmig und auch Fontanes Stil hat mir nicht so zugesagt.
    Fontanes Gesellschaftskritik wird in diesem Roman sehr deutlich und auch der Druck unter dem Botho steht - einerseits möchte er Lene heiraten, aber andererseits ist er an seinen adligen Stand gebunden.
    Insgesamt betrachtet ist "Irrungen, Wirrungen" kein schlechtes Buch, aber wirklich gefallen hat es mir auch nicht.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Ich liebe an Fontane genau das, was hier bemängelt wird. Das, was man Langatmigkeit nennen könnte, mit wenig Spannung. Ich lasse mich da forttragen in und mit seinen Schilderungen. Wer das mag, der kann auch mal die Wanderungen durch die Mark Brandenburg lesen. :smile: Und den Stechlin.

    Einmal editiert, zuletzt von Judith ()

  • Hallo,


    Der Roman folgt dem Sprichwort „Gleiches gesellt sich zum Gleichen“ :smile:. Der Ehrenkodex des preußischen Adels lässt nur eine standesgemäße Ehe zu. Eine Ehe zwischen dem Baron Botho von Rienäcker und der Plätterin Lene Nimptsch, darf also nicht sein, wird auch nicht vollzogen. Stattdessen gleiten sie in andere ehelichen Verbindungen ein, in denen ihr Unglück vorprogrammiert ist.


    Was die Handlung betrifft, ist der Roman natürlich nicht spektakulär. Hier springt Lene eben nicht von einer Brücke in die Spree, hier wird sich nicht duelliert. Trotz der raren Handlung strahlt der stille Roman eine Faszination aus. Das Unglück wird hier eben nicht groß breitgetreten, nur angedeutet. Da ist Bothos Welt, der zum Vergnügen in die Klubs gleichgesinnter geht. Bei der ersten Begegnung mit Lene, kommt er gerade „von einer Maibowle, die Gegenstand einer Klubwette war“. Spielerisch denkt er sich Geschichten aus und stellt sich Lene als Grafin vor. Lene erweist sich als sehr weitsichtig und klug, weil sie in der Frühphase ihrer Begegnung mit dem Grafen schon weiß, dass die Liebe jeden Tag zu Ende gehen kann und genießt jede Stunden ihres Glückes.


    Zitat von "Fontane"


    Weißt du , Botho, wenn ich dich nun so nehmen und mit dir die Lästerallee drüben auf- und abschreiten könnte, so sicher wie hier zwischen den Buchsbaum rabatten, und könnte jedem sagen: >Ja, wunderts euch nur, er ist er und ich bin ich, und er liebt mich und ich liebe ihn<, - ja, Botho, was glaubst du wohl, was ich dafür gäbe. Aber rate nicht, du rätst es doch nicht. Ihr kennt ja nur euch und euren Klub und euer Leben. Ach, das arme bischen Leben.


    Im siebten Kapitel, die Begenung mit dem Onkel Kurt Anton Osten, bringt nun eine Wende in Bothos Denken. Man kann auch sagen, die (peußische) Pflicht ruft und sie ist wichtiger als jegliches Gefühl. Er wird dazu angehalten, die seit seiner Geburt schon durch seine Eltern besiegelte Heirat mit seiner reichen Cousine Käthe Sellenthin endlich einzulösen und würde mit dieser Tat seine Famillie vor einen finanziellen Ruin bewahren.


    Zu vieles steht zwischen den Zeilen, so etwa sämtliche Charakterbeschreibungen. Was Lene und Botho für Menschen sind, muss man sich selber zusammenpuzzeln. Während es bei diesen beiden noch ziemlich einfach ist, so wird es bei Bothos Frau Käthe unmöglich. Blondes Dummchen oder liebenswerte Plaudertasche? Ich weiss es nicht und Botho offenbar auch nicht – er scheint keine Meinung zu seiner Frau zu haben.


    Gerade weil Fontanes Roman von Andeutungen lebt, hat mir gefallen. Und wenn man alle Andeutungen zusammenpuzzelt erhalten wir z.B. von Lene einen herrlich gezeichneten Charakter einer unheimlichen starken Persönlichkeit, auch wenn sie aus der Armut kommt. Botho erkennt das. Da gibt es ja so eine herrliche Szene, wenn der Baron, schon längst verheiratet, in Lenekens alten Briefen liest. Da stört es ihn nicht, wenn die Orthografie nicht so ganz stimmig ist, er findet das sogar liebenswürdig „besser als alle Orthographie der Welt“, und damit meint er ihren Charakter: „Ach sie hatte die glücklichste Mischung und war vernünftig und leidenschaftlich zugleich.“


    Käthe ist eine oberflächliche Plaudertasche. So sehe ich das auch. Fontane schreibt von „Dalbrigkeit“ (Lachhaftigkeit). Botho redet an einer Stelle seine Frau mit „Käthe, Puppe, liebe Puppe“ an. Auf mich wirkt das ziemlich steril. Mein Gefühl sagt, zu Lene hätte er das niemals gesagt. Und das ist genau der Punkt. Solch ein Puzzlestück, das sich dann im Geist des Lesers mit anderen Puzzlestücken zusammensetzt, ergeben schließlich ein Ganzes.


    Liebe Grüße
    mombour

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • Ich musste das Buch damals in der 13. Klasse Deutsch LK lesen ... wobei das Wort "musste" eigentlich völlig falsch ist, weil ichs sehr, sehr gern gelesen habe!
    Eine wunderbare Geschichte über eine Liebe, die auf Grund gesellschaftlicher Zwänge nicht bestehen kann. Die langatmigen Teile zwischendurch, die hier (übrigens auch damals in meinem Kurs) so oft bemängelt werden, passen meiner Meinung nach sehr gut in die Geschichte und tragen zu dem realen Bild, das vor dem Leser entsteht, bei. Ich muss mich hier aber auch als totaler Fan des Realismus/Naturalismus outen, Bücher aus diesen Literaturepochen habe ich schon immer verschlungen! Dagegen kann ich mit der verträumten Romantik weniger anfangen.


    Ich kann übrigens auch "Unterm Birnbaum" von Fontane empfehlen (obwohl mir "Irrungen, Wirrungen" noch ein Stückchen besser gefallen haben.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Ich habe gerade mit dem Buch als Schullektüre angefangen ( mondy: Ich bin allerdings 12. und GK! :winken: ) und jetzt nach den Rezis von euch richtig gespannt darauf. Ihr werdet dann wenn ich es fertig gelesen habe definitiv auch noch meine Meinung dazu hören! :zwinker:
    Was mich allerdings ein wenig aufregt: Wir mussten die, wie es aussieht, teuerste Ausgabe kaufen, nämlich die dtv Ausgabe. Dabei finde ich die "Einfach deutsch"- Bücher eigentlich immer sehr gut für den Unterricht und die sind auch billiger, vor allem für Schüler... :rollen:

    :kaffee:


  • Aber die Stärke, die es brauchte, dem gesellschaftlichen Druck standzuhalten, kann Menschen niederringen, das könnte doch auch in unserer Gesellschaft sehr wohl Thema sein, meine ich. Hinzu kommt ja bei Fontane die Gesellschaftskritik insgesamt, die verdorbenen Strukturen, die er sieht, zugegeben, das mag veraltet sein. Aber als Zeitdokument kann man den Roman sicher noch lesen, denke ich. Auch soziologisch ist er ganz spannend, finde ich, die Typen, die Fontane zeichnet (Frau Nimptsch oder die - öh - Edelnutten der Adligen :redface:..... ). Frauenleben gestern und heute.


    Dem kann ich voll und ganz zustimmen!


    Irrungen, Wirrungen ist eines meiner Lieblingsbücher. Vielleicht gerade weil der Charakter im Vordergrund steht. Je weiter man liest, desto deutlicher werden die Charakterzüge, die im Grunde schon zu Beginn deutlich machen, wie der Roman endet.
    Mir gefällt es, dass man in die Gedankenwelt der Protagonisten eintreten kann und ihr Pro bzw. Kontra Beziehung ergründen kann.
    Zudem ist es wunderbar, dass eine Frau den starken Part einnimmt.


    Auch wenn das Thema Mesalliance heute nicht mehr aktuell ist, kann man den Roman hervorragend auf die heute Zeit übertragen, wenn es darum geht, inwieweit der Charakter eines Menschen seine Handlungen bestimmt.
    Gestern wie heute ist es nicht immer leicht, Rückgrat zu beweisen und den Mut zu haben, zu Entscheidungen zu stehen. Dementsprechend kann man immer einen Bezug zum Romaninhalt finden.

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Theodor Fontane


    Irrungen Wirrungen


    Berlin in den 1870er Jahren.
    Der adelige Botho und die bürgerliche Lene haben eine Affäre. Aber dann drängt die Familie darauf, dass Botho endlich seine Kusine Käthe heiratet, um seine finanzielle Situation zu verbessern und eine elterliche Vereinbarung einzuhalten, die getroffen wurde, als Käthe und Botho noch Kinder waren. Bei diesem Konflikt erweist sich Lene als starke Persönlichkeit.


    Diese Geschichte ist teils eine Liebesgeschichte, teils ein Entwicklungsroman, eine gesellschaftliche Studie. Und ich fand sie zwar ganz nett, aber auch ein bisschen belanglos.


    Zitat

    Un wenn´s denn kalt wird und Schnee fällt, is es mitunter zum Kattolschwerden vor lauter Stillsitzen und Einsamkeit.


    Knappe 3ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.