Jonathan Franzen - Die Korrekturen

Es gibt 29 Antworten in diesem Thema, welches 9.556 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Natalie.

  • Hallo Natalie! Hallo Frank!


    Bin am WE und gestern leider auch nicht so zum Lesen gekommen, wie ich wollte.
    Bin inzwischen irgendwo auf Seite 530 (?), Denise hat gerade die Affaire zu ihrem Chef verhindert und freundet sich mit dessen Frau an.


    Denise ist ja schon eine Komische, oder?


    Gruß SilkeS.

  • Hallo Silke, Hallo Natalie,



    inwiefern Denise "komisch" ist, kann ich noch nicht beurteilen. Ich kenne sie bisher nur als eine zwar sympathische, aber doch kühle Person.


    Ich habe gestern ein paar Seiten weiter gelesen. Wunderbar, kunstvoll in den Verlauf der Handlung gebettet, erschienen mir die Dialoge zwischen Gary und Alfred (Telefonat) sowie wenig später zwischen Gary und Caroline (Streitgespräch).


    Während Ersteres den Vater der einen Familie und den Vater der anderen Familie gegenüberstellt und große Ähnlichkeiten trotz grundlegender Unterschiede aufzeigt, ist Letzteres in gewisser Weise die Umkehrung. Vor seinem Vater verharrt Gary in seinem stumpfsinnigen Kapitalismus, der alles Menschliche unterdrückt. Vor Caroline will er gerade die Werte zurückerobern, die er vor seinem Vater verneint. So paradox kann sich nur einer verhalten, der "Glück" sucht, aber (noch) nicht weiß, wo es zu finden ist.



    Liebe Grüße
    Frank

  • Hallo an alle Mitleser!


    Ich bin inzwischen auf Seite 616 gelandet.
    Denise hat sich ihrem Bruder gegenüber nun als ... gaoutet (will ja nichts verraten), muß aber sagen war doch etwa verblüfft.


    Es geht doch jetzt eigentlich nur noch um die Frage:
    kommen alle Weihnachten nach St. Jude oder nicht, kann es sein?


    Das Buch ist momentan irgendwie leicht schwerfällig und ich muß sagen, ich bin echt froh, wenn ich endlich auch die letzten 160 Seiten gepackt habe und mich endlich mal wieder einem spannenden Krimi oder Thriller wittmen kann...



    Gruß SilkeS:

  • Hallo Silke, Hallo Natalie,



    mich langweilt der eher wissenschaftliche Teil der Promotion-Veranstaltung der Axon für deren Börsengang auch ein wenig.


    Nichtsdestotrotz ist auch dies wiederum ein gelungener literarischer Coup, da Franzen sich nun sogar in Form (Aufzählung) und nicht nur in Sprache dem Wissenschaftlichen (Inhalt) gerecht wird und zu diesen von Kühle dominierten, Gefühle unterdrückenden oder verhindernden, Leben verfälschenden Beziehungen zwischen Gary und Caroline sowie Gary und Denise Parallelen schafft.


    Silke, ich glaube nicht, dass du in "Krimis" oder "Thrillern" eine so wunderbare Literatur finden wirst, Spannung und Unterhaltung sehr wohl.



    Liebe Grüße
    Frank

  • Hallo zusammen!


    So, noch knapp 100 Seiten bis zum Ende!
    Die Familie trudelt ja nun noch langsam aber sicher in St. Jude ein.
    Aber was ist das bloß für eine Familie!
    Wie kann ich wie Gary es macht, seiner Mutter Vorschriften machen. Hat er keinen Respekt vorm Alter. Der Ton in dieser Familie ist schon traurig.
    Jeder ein Einzelkämpfe, und keine Gefälligkeiten ...


    Die Einzige die anscheinend Familiensinn hat ist Denise.


    Gruß SilkeS:

  • Hallo Silke, Hallo Natalie,



    die Familie(n) ist (sind) ja nur ein Exempel, ein Muster für die Zustände in der amerikanischen Gesellschaft, die Franzen kritisieren will.


    In konzentrierter Form wird dem Leser vermittelt, in welch unterschiedliche Grotesken Familiensinn verzerrt wird. Die Aufrechterhaltung oder gar Zurechtrückung eines jeweiligen Idealbilds, das nicht überdacht wird, führt zwangsläufig zu gewaltigen Reibereien. Die amerikanische Gesellschaft ist eine Ansammlung von Individuen, die nur im Streben nach Geld, Macht und Anerkennung zusammengehalten wird.


    Welche Gesellschaft geht heute einen konsequent anderen Weg?


    Eine Frage an euch: Hätte diesen Roman so, wie er ist, auch eine Frau schreiben können bzw. wollen?



    Liebe Grüße
    Frank

  • Hallo ihr beiden,


    mich gibt es auch noch! Sorry, das ich mich noch nicht gemeldet habe. Ich habe das Buch bereits seit Freitag durch, weil ich es dann am Ende doch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
    Leide habe ich gerade wahnsinnig viel zu tun, werde heute Abend nochmal in Ruhe Eure Beiträge lesen und daruaf eingehen.


    Viele Grüße,
    Natalie

  • Hallo Silke, hallo Frank,


    hier nun wie angekündigt ein paar mehr Einzelheiten von mir.


    Zitat von "Frank"

    Nebenbei: Seid ihr der Meinung, dass Franzen die Namen Chip (--> "Gehirn eines PC"), April (--> "weiß nicht, was sie will (oder tut))"), Eden (--> "Paradies, Schlange, die verführt") zufällig ausgewählt hat?


    Gute Frage, solche Sachen fallen mir beim Lesen immer gar nicht auf. Bei Chip und Eden könnte ich es mir sogar fast vorstellen, bei April sehe ich den Bezug nicht wirklich.


    Zum Teil mit der Axon-Präsentation: ich fand auch, dass sich das sehr zog. Zugegebenermaßen habe ich da teilweise auch ein wenig abgeschaltet.


    Zitat von "Frank"

    Hätte diesen Roman so, wie er ist, auch eine Frau schreiben können bzw. wollen?


    Ja, glaube ich schon. Wobei ich sage muss, dass ich nicht der Meinung bin, dass es eine typisch weibliche oder typisch männliche "Schreibe" gibt.
    Ich fände allerdings auch die Frage interessant, ob es sich um einen "amerikanischen" Roman handelt. Die Familie mit ihren Lebensgewohnheiten ist für mich schon typisch amerikanisch, aber ich denke, die Grundprobleme, die angeprangert werden, lassen sich in Deutschland genauso finden.


    Für mich beschreibt Franzen in seinem Buch eine Familie, in der die Kommunikation nur sehr schlecht funktioniert. Da man aus jedem Blickwinkel etwas mitbekommt, kann man teilweise die Beweggründe sogar verstehen, sieht aber gleichzeitig auch, wie manche Handlungen von den anderen wahrgenommen werden. Jeder einzelne von ihnen scheint so in seiner eigenen Welt gefangen zu sein, dass er einfach nicht in der Lage ist, die gewohnten Verhaltensmuster zu durchbrechen und auf die anderen zuzugehen.
    Am sympathischsten war mir dabei noch Denise, die als einzige von Anfang an bereit war, gegenüber ihren Eltern Zugeständnisse zu machen.


    Eigentlich würde mir noch viel mehr zu dem Buch einfallen, aber irgendwie bin ich gerade zu müde, tut mir leid.


    Viele Grüße,
    Natalie

  • Hallo Natalie, hallo Frank!


    Ich habe das Buch jetzt nach 1,5 Wochen auch endlich beendet!


    Für mich beschreibt Franzen in seinem Buch eine Familie, in der die Kommunikation nur sehr schlecht funktioniert. Da man aus jedem Blickwinkel etwas mitbekommt, kann man teilweise die Beweggründe sogar verstehen, sieht aber gleichzeitig auch, wie manche Handlungen von den anderen wahrgenommen werden. Jeder einzelne von ihnen scheint so in seiner eigenen Welt gefangen zu sein, dass er einfach nicht in der Lage ist, die gewohnten Verhaltensmuster zu durchbrechen und auf die anderen zuzugehen.
    Am sympathischsten war mir dabei noch Denise, die als einzige von Anfang an bereit war, gegenüber ihren Eltern Zugeständnisse zu machen.
    >> Natalie, ich kann Dir nur voll und ganz zustimmen, so she ich es auch!


    Ich fand Garys Auftreten kurz vor seiner Abreise mehr als daneben. Klar war es gut mal zu reden, aber das hätte man ja wirklich nicht in letzter Minute machen müssen, oder!


    Chip ist ja dann durch die Zeit mit seinem Vater im Krankenhaus auch noch vernünfitg geworden und hat nicht nur an sich gedacht!


    Gruß SilkeS.

  • Hallo ihr zwei,


    Zitat von "Silke"

    Ich fand Garys Auftreten kurz vor seiner Abreise mehr als daneben. Klar war es gut mal zu reden, aber das hätte man ja wirklich nicht in letzter Minute machen müssen, oder!


    Da kann ich dir nur voll und ganz zustimmen, vor allem, da er es ja regelrecht darauf angelegt hat.


    Ich habe übrigens ebengerade meinen Buchtipp dazu online gestellt. Interessant, zu was die Diskussion hier geführt hat: das ist nämlich mit Abstand der längste Buchtipp, den ich je geschrieben habe, aber ich wollte halt unbedingt alle meine Gedanken unterbringen. Und dabei habe ich natürlich fleißig bei dme gespickt, was ich hier dazu geschrieben habe. Also falls es euch interessiert: <a href="http://www.buecherwurmseite.de/Franzen_buch406.html" target="_blank">Buchtipp auf der Bücherwurmseite</a>
    Ach ja, mir hat das Buch übrigens so gut gefallen, dass es Buchtipp des Monats ist!


    Viele Grüße,
    Natalie