Mitch Albom - Dienstags bei Morrie

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  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen, obwohl oder gerade weil ich erst beim Lesen zufällig herausfand, dass es sich um eine autobiographische Geschichte handelt. Ich habe dann auch kurz in ein Video von Morrie mit Ted Koppel reingesehen und Morrie war genauso, wie ich ihn mir vorgestellt habe.


    Ich verstehe auch die Kritik am Buch, persönlich nehme ich Morries Weisheiten auch nicht alle für bare Münze und sehe manche durchaus kritisch. Zum Beispiel, wenn es darum geht, dass unsere Gesellschaft zu sehr auf materielle Dinge fokussiert ist. Das stimmt sicherlich, Morrie betrachtet das aber auch aus einer privilegierten Perspektive, aus der heraus sein Lebensunterhalt - zumindest vor seiner Erkrankung - relativ gut gesichert ist. Und so spricht er damit streng genommen auch nur Menschen an, die sich in einer vergleichbaren sozioökonomischen Umwelt befinden.


    Das hat mich aber bei der Lektüre nicht gestört, weil das für mich nicht das war, was das Buch ausmacht. Vielmehr war es ein Einblick in das Leben und Denken eines Mannes vor seinem Tod, was er im Laufe seines Lebens gelernt hat und was das Leben mit der Erkrankung ihm beigebracht hat. Alles, was ihn vor seinen Tod noch beschäftigt hat, das er weitergeben wollte. Morrie hat nicht mehr viel Zeit und zunehmend weniger Energie, und deswegen kommen viele seiner Lebensweisheiten sehr verkürzt und er kann sie nicht mehr so ausführen, wie er das vielleicht mit seinen Soziologie-Studenten gemacht hätte oder hat.
    Was seine Aphorismen und Lektionen über das Leben tatsächlich bedeuten, muss aber - denke ich - jeder für sich selbst herausfinden und selbst erleben. Manchmal ist auch einfach der Zeitpunkt nicht der richtige. Ich habe selbst erlebt, wie mir manche dieser Lebensweisheiten plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen sind und ich dieses aus ganz anderem Licht heraus betrachten und empfinden konnte.


    Manches fand ich doch recht kitschig, aber da ich Morrie und Mitch nicht kenne bzw. kannte, finde ich es nicht passend, hier eine Darstellung zu kritisieren, deren Wahrheitsgehalt ich nicht überprüfen kann. Ob es nun tatsächlich so war, oder künstlerischer und emotionaler Ausdruck des Autors, liegt nicht an mir zu beurteilen und deswegen gehe ich davon aus, dass das Buch genauso geworden ist, wie es aus Sicht von Mitch Albom die Beziehung der beiden und die Person seines ehemaligen Professors am besten ausdrückt.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Es ist nicht das erste Buch zu diesem Thema, welches ich im Laufe der Jahre gelesen habe. Ins Auge gefallen ist es mir, aufgrund seiner vielen positiven Bewertungen. Von der Umsetzung der Thematik bin ich jedoch sehr enttäuscht. Der Autor bleibt von seinem Schreibstil her das komplette Buch über merkwürdig flach, ja regelrecht distanziert und schafft es nicht ansatzweise, mir als Leser die Emotionen zu vermitteln, die dieses Buch ja eigentlich regelrecht hätten fluten müssen.

    Auch die Schilderung der philosophischen Gespräche der beiden Männer und die Erkenntnisgewinne daraus, werden nur sehr dünn und oberflächlich in Worte gefasst. Mir fehlt da irgendwie eine erkennbare emotionale Tiefe. Wenn man nicht wüsste, dass der Autor den sterbenden Morrie Schwartz wirklich persönlich kannte und es diese Treffen zwischen den beiden wirklich gegeben hat, dann könnte man fast auf die Idee kommen, dass hier über etwas geschrieben wird, was der Autor nur vom Hörensagen kennt.

    Das Buch wirkt auf mich, wie ein sehr nüchtern geschriebener Erfahrungsbericht. Eine Aneinanderreihung von Erlebnissen und Erkenntnissen. Aber nicht, wie eine persönlich erlebte emotionale Berg- und Talfahrt, die die Begleitung eines Sterbenden ja nun mal ist. Sehr schade! Wie das Ergebnis wohl dem verstorbenen Morrie Schwartz gefallen hätte?


    Von mir jedenfalls gibt es dafür 3ratten

    Liebe Grüße, Coechen