Michael Crichton - Welt in Angst

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    Hallo nimue, Alfa-Romea , Valentine und alle anderen Interessierten,


    also nun dieVerschiebung des Themas in die hoffentlich richtige Abteilung.
    Wie man allerdings die erstellten Beiträge hier hereinverschiebt, weiß ich nicht. Das wäre wirkllich nett, Marypipe, wenn du das tätest.


    Kurz zum Inhalt und zur Problematik des Romans:
    Ein millionenschwerer kalifornischer Geldgeber kommt einer Verschwörung auf die Spur, die die von ihm unterstützte Umweltschutzorganisation NERF mit Ökoterroristen verbindet. Diese wollen das Augenmerk der Weltöffentlichkeit auf eine Konferenz zum abrupten globalen Klimawandel richten, indem sie zum gleichen Zeitpunkt künstlich einige Klimakatastrophen auslösen und damit absichtlich Menschenleben vernichten.


    Crichton vertritt hier offensiv den Standpunkt, der globale Klimawandel sei eine Erfindung der Naturschutzorganisationen, um ihren Geldgebern Spenden und für sich persönliche Vorteile zu enlocken.


    Dabei beruft er sich auf viele seriöse Quellen, strickt aber vieles mit der heißen Nadel und bezieht äußerst einseitig und provokativ Partei, so dass man ihm durchaus ebenfalls die Unterstützung konservativer politischer und industrieller Kreise in den USA unterstellen könnte.


    Was meint ihr dazu?



    HG finsbury

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Die These ist provokant, ganz klar ... und wie Du schon schreibst, fragt man sich natürlich, ob er von selber drauf gekommen ist.


    Belegen lassen sich die meisten Thesen mit irgendwelchen Forschungsergebnissen. In der Regel gibt es zu jeder Meinung auch eine Gegenmeinung, selbst in der Wissenschaft.


    Ich bin selber keine übermäßige Verfechterin von Klimawandel-Horrorszenarien, aber gewisse Veränderungen am Klima sind leider nicht von der Hand zu weisen. Gefährlich finde ich die Verbreitung solcher Theorien überall da, wo Leser kritiklos auf Crichtons Thesen anspringen und sich auf den gleichen Standpunkt stellen wie Bush, nämlich "Wir vertreten in erster Linie die Interessen der USA und haben das gar nicht nötig, euer Klimaschutzabkommen zu unterzeichnen, denn das gefährdet unsere Wirtschaft" :grmpf:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Zitat von "finsbury"

    Crichton vertritt hier offensiv den Standpunkt, der globale Klimawandel sei eine Erfindung der Naturschutzorganisationen, um ihren Geldgebern Spenden und für sich persönliche Vorteile zu enlocken.


    Dabei beruft er sich auf viele seriöse Quellen...


    Wie Valentine schon geschrieben hat: Die Klimaforscher sind sich durchaus nicht einig, wie und weshalb die Klimawandlung voranschreitet. Die einen sprechen von Erwärmung, die anderen warnen vor einer neuen Eiszeit und beide Seiten können ihre Szenarien glaubhaft untermauern.


    Einig sind sich die Wissenschaftler allerdings in dem Punkt, DASS sich das Klima wandelt. (Gut, da hat es schon immer getan, Klima ist keine Konstante.) Was dabei aber erschreckend ist, ist die Geschwindigkeit des Wandels und daraus wiederum lassen sich verschiedene Szenarien bilden, eben von Dürre bis Eiszeit. Deswegen wird man Crichton nicht gross am Zeug flicken können, was die Fakten in dem Buch angeht.


    Und natürlich malen die Umweltschützer gerne den Teufel an die Wand, wenn es ums Klima geht. Je mehr Angst die Leute haben, desto grosszügiger die Spenden. Das hat schon beim Ablasshandel der katholischen Kirche gut funktioniert und zieht immer noch. Aus dieser Sicht darf man ruhig einen kritischen Thriller über die Umweltverbände schreiben. Aber es ist, wie so oft, eine Frage des Masses und da haut er ganz klar über die Stränge. Umweltverbände anzuklagen, sie würden über Leichen gehen für Spendengelder und darüberhinaus noch zu behaupten, der Klimawandel sei überhaupt nicht tragisch, ist dann doch ein starkes Stück, zumal es sich dabei nicht um eine Satire sondern um einen Roman handelt. Einen Roman, der meiner Meinung nach ganz falsche Zeichen setzt, was ich unverantwortlich finde.


    Natürlich wird die Welt wegen Crichtons Roman nicht schneller untergehen, aber mir scheint seine Polemik gegen die Umweltschützer nicht besser, als wenn er schreiben würde, dass in Afrika eigentlich gar niemand richtig verhungert und die ganzen Hilfsorganisationen das Geld nur für sich sammeln. DAS hätte er sich nicht getraut, aber den Umweltschutz, ein Thema das in seinem Heimatland keine Popularität geniesst, in den Dreck zu ziehen (und damit auch all jene, die sich ehrlich für eine bessere Welt einsetzen), das hat ihm teilweise sogar noch Applaus eingebracht.


    Für mich ist jemand, der ein solches Buch schreibt, einfach nur ignorant und kurzsichtig.


    Grüsse aus dem Tessin


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Hallo zusammen,


    nun habe ich ds Buch zu Ende gelesen und auch ein bisschen zur Theorie des Klimawandels. Da gibt es unterschiedliche Meinungen, wie ihr ebenfalls sagtet: ganz interessant die Broschüre des Umweltbundesamtes
    (Brosch_uba_klimawandel2004.pdf) gegenüber einem Vortrag von Hans von Storck (Gummersbach.050219.pdf).


    Wir mögen nicht wissen, wie weit der existierende Klimawandel auf menschliches Eingreifen zurückzuführen ist, aber was Crichton am Ende seines Buches und in den Nachworten macht, das geht auf keine Kuhhaut mehr.


    Wenn man den Roman selbst noch als überzogene Fiction abtun will, kann man das mit Crichtons persönlichen Stellungnahmen nicht mehr:


    Im ersten Nachwort stellt er sehr viele Behauptungen ohne den Hauch einer Begründung auf:
    Beispiel: "Ich vermute, die Menschen im Jahre 2100 werden erheblich reicher sein als wir heute, mehr Energie verbrauchen, sich die Welt mit weniger Menschen teilen müssen und sich auch an mehr Natur erfreuen können als wir. Ich glaube, wir brauchen uns keine Sorgen um sie zu machen."


    Wenn er das behauptet, hat er keine Ahnung von Demografie oder nimmt eine Kriegs-, Krankheits- oder Hungerkatastrophe billigend in Kauf. Selbst wenn es gelingt, in den nächsten 50 Jahren die Geburtenraten drastisch zu reduzieren, wird es durch den hohen Anteil der Weltbevölkerung im zeugungs- und gebärfähigem Alter nicht ohne eine solche Katastrophe zu einem merkbaren Rückgang gegenüber heute kommen.


    Weitere unhaltbare Behauptungen finden sich dort, aber am schlimmsten finde ich sein zweites Nachwort.


    Dort vergleicht er die Theorie vom anthropogen verursachten Klimawandel mit der Theorie der Eugenik, die
    zwischen 1900 und 1945 stark in Mode war und besagte, dass "minderwertiges" Menschenleben von der Fortpflanzung durch Zwangssterilisation abzuhalten sei.
    Ich finde es ein starkes Stück, eine solche rassistische und menschenfeindliche Bewegung mit dem Einsatz für eine gesunde Umwelt - wenn auch bei manchen mit leicht hysterischen Zügen - gleichzusetzen.


    HG
    finsbury

  • Meine Güte, finsbury... :entsetzt:
    Das ist ja alles noch viel schlimmer als ich es mir vorgestellt habe. Die Behauptungen im Nachwort stellen ja so ziemlich alles in den Schatten.
    Und das Schlimmste daran ist, dass dieser Unfug nicht von irgendeinem unbekannt Halbirren kommt, sondern von einem Schriftsteller, der in weiten Kreisen einigermassen ernst genommen wird - was ihn natürlich nicht davor bewahrt, trotzdem ein Halbirrer zu sein :zwinker:


    Und was mich noch viel mehr entsetzt sind die Rezensionen und TV-Berichte zu dem Buch, die etwa um den Erscheinungstermin verbreitet wurden. Mir schien es damals schon, dass da ein paar Journalisten ein bisschen gar unkritisch berichteten. Und im Nachhinein muss ich sagen, dass die alle zusammen einen ziemlich schlechten Job gemacht haben. So einen Mist kann man doch nicht mit einem Augenzwinkern rezensieren.


    Danke jedenfalls für dein Posting, das war jetzt wirklich interessant.


    Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Als mir das Buch vor ein paar Tagen zufällig in der Bibliothek in die Hände fiel, musste ich an diesen Thread hier denken, insbesondere an Alfa, die damals so entsetzt von dem Buch war.


    Da ich Crichtons Bücher früher immer mochte, dachte ich, so schlimm könnte es ja zumindest vom Lesefluss her nicht sein - aber dieses Buch ging mir schon nach 50 Seiten extrem auf den Geist. Diese Auftaktszene mit der wunderschönen, exotischen Supermodeltussi, die den jungen Studenten am Nebentisch kurzerhand zum Nebenschauplatz ihrer Beziehungsstreitereien macht und ihn ruckzuck so einlullt, dass er ihr völlig bedenkenlos das Herzstück seines Forschungsinstitutes zeigt, war schon für meine Begriffe völlig daneben.


    Dann wird ein Handlungsstrang nach dem anderen angefangen - dagegen habe ich generell nichts, weil es gerade bei Thrillern die Spannung enorm steigern kann, aber irgendwie fand ich das hier nur langweilig. Und die Sprache. Uaaah. Normalerweise bin ich da im Thrillergenre nicht übermäßig anspruchsvoll, aber von dauernd vorkommenden Sätzen wie "Give me your cell phone", she said. Holding out her hand for it. Her other hand was behind her back. As if she had a gun." oder "Mallory noticed a bulge on the American's hip. Was it a gun? It might be." und beknackten Dialogen fühlte ich mich doch leicht veräppelt.


    Und ständig diese Sexbomben-Weiber - schon auf Seite 50 dachte ich, wenn jetzt noch so eine Granate auftaucht, muss ich :kotz:


    Folglich werde ich nicht dazu kommen, mich über die Sichtweise auf die Klimaveränderung aufzuregen, weil ich meine Lesezeit lieber guten Büchern widmen möchte. Das war nix, werter Michael.


    1ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe "Welt in Angst" auf einem Wühltisch gefunden und einfach mal mitgenommen, weil ich mal wieder Lust auf einen Thriller hatte. Und mal wieder ärgere ich mich jetzt nach dem Lesen darüber, dass ich mich nicht vorher über das Buch informiert habe. Die Meinungen hier sind ja eindeutig und auch bei mir konnte das Buch kaum punkten.


    Die Charaktere sind langweilig, haben keine Schwächen, sind entweder Supermänner bzw. -frauen die alles können oder Trottel denen man schon nach den ersten Sätzen anmerkt, dass sie die nächsten Seiten wohl nicht überleben werden.


    Die Grundidee, den kritischen Umgang mit Informationen oder wissenschaftlichen "Erkenntnissen" in der Presse, finde ich eigentlich recht spannend. Der Klima-"Schutz" als Aufhänger ist natürlich ein aktuelles Thema, aber wohl durch viele andere Themen ersetzbar. Allerdings rennt Crichtons Hauptfigur nachdem er davon überzeugt wurde, dass er den Umweltorganisationen nicht alles glauben soll, der "Gegenseite" genauso bläuig hinterher. Ich hatte über weite Teile des Buches noch die Hoffnung, dass Crichton den Leser darauf bringen will, auch seine provokanten Thesen zu hinterfragen. Diese Hoffnung stirbt aber, wenn die Story gegen Ende immer platter und vorhersehbarer wird und spätestens beim Nachwort, in dem Crichton seine "Überzeugungen" ohne irgendwelche Beweise oder Argumente herunterbetet.


    Ein Buch dass bei mir nach dem Lesen erst gar nicht ins Regal wandern wird.


    1ratten


    Seoman

    Einmal editiert, zuletzt von Seoman ()