Kenzaburō Ōe - Reißt die Knospen ab ...

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    Kenzaburo Oes veröffentlichte 1958 seinen Debutroman "Reißt die Knospen ab ..." bereits im Alter von 23 Jahren und erhielt dafür den angesehendsten japanischen Literaturpreis. Weltberühmt wurde er sechs Jahre später, als er seinen Roman "Eine persönliche Erfahrung" veröffentlichte, in dem es um ein behindertes Kind und das Ringen seines Vaters um seine Annahme des Kindes handelt. 1994 erhielt Oe den Nobelpreis für Literatur.


    In "Reißt die Knospen ab ..." geht es um die Jungen einer Besserungsanstallt, die gegen Ende des Krieges wegen der Bombengefahr in ein Bergdorf evakuiert werden. Die Kinder werden von den Erwachsenen als Parasiten betrachtet und äußerst schlecht und brutal behandelt. Gleich am ersten Tag im Dorf müssen sie einen Haufen von Tierleichen, die an einer Seuche gestorben sind, vergraben. Als schließlich eines der Kinder an der Seuche stirbt, verlassen die Dorfbewohner das Dorf und versperren alle Wege, die aus dem Dorf führen, sodass die eingeschlossenen Kinder nicht fliehen können.


    Die allein gelassenen Kinder bilden eine solidarische Gemeinschaft und versuchen in dieser Extremsituation durchaus mit Erfolg ein menschenwürdiges Leben zu führen, inmitten der winterlichen Kälte, bedroht durch den Hunger und die Seuche. Sie brechen in die Häuser der Dorfbewohner ein, schlafen in deren Betten und stehlen Essensvorräte. Immer wieder bricht der allgegenwärtige Tod in ihr Leben im unwirtlichen Dorf ein. Schließlich wird die verschworene Gemeinschaft der Kinder durch das Zurückkommen der Dorfbewohner und deren äußerste Brutalität beendet.


    Kenzaburo Oe schreibt auch in diesem Roman in einer sehr drastischen, deutlichen und realistischen Sprache. Der Erzähler, der zum Anführer der Kinder wird, beschreibt sehr präzise und zuweilen relativ naiv, was er erlebt. Er beschreibt seine enge Beziehung zu seinem jüngeren Bruder und vom Mädchen, das von den Dorfbewohnern ebenfalls zurückgelassen wird und in das er sich verliebt. Er beschreibt die Verwirrung der Gefühle der pubertierenden Jungen, deren Sehnsucht nach Liebe, deren Rohheit und deren Demütigungen durch die Erwachsenen.


    Während des gesamten Romans erfährt man nicht den Namen des Erzählers, überhaupt trägt kaum eines der Kinder einen Namen. Auch der Name des Bergdorfes wird nicht erwähnt und es gibt nur sehr wenige Hinweise darauf, dass die Handlung während des zweiten Weltkriegs spielt. Kenzaburo Oe will mehr, als nur eine Folge von einmaligen Ereignissen erzählen.


    Meiner Meinung nach kann dieser Roman, in dem Oes intensive Beschäftigung mit Sartre bemerkbar ist, mit Recht zu den großen Werken der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts gezählt werden. Obwohl ich erst zwei seiner Werke gelesen habe, kann ich nicht anders, als Kenzaburo Oe zu meinen Lieblingsautoren zu zählen.


    [size=1]EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah[/size]

    »Gleich wie Blätter im Walde, so sind die Geschlechte der Menschen.« (Homer, Ilias 6.146)

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Hallo miteinander,


    ich habe dieses Buch gerade ausgelesen und es lässt mich sehr ratlos zurück.
    Die Welt, die Oe hier beschreibt, bleibt mir verschlossen, so konnte ich die Handlungsweisen und Reden der Jugendlichen oder der Dorfbewohner überhaupt nicht nachvollziehen. Mit der Furcht vor der Seuche und der Verachtung gegenüber den straffälligen Jugendlichen lässt sich in meinen Augen das Geschehen allein nicht erklären.


    Ich werde über dieses Buch sicher noch eine Weile nachdenken, aber große Lust auf ein weiteres Buch von Kenzaburo Oe hat es mir nicht gemacht. :sauer:


    Viele Grüße von Annabas