Mary Doria Russell - Sperling

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 8.199 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Im Jahr 2019 empfängt eine irdische Satellitenstation Signale, die die Existenz außerirdischen Lebens zu bestätigen scheinen. Offenbar handelt es sich um eine Art Musik, die das kleine Forschungsteam der Station richtiggehend verzaubert.


    Während sich Politiker und Wissenschaftler noch über die Implikationen dieser Entdeckung klarzuwerden und eine Vorgehensweise zu entwickeln suchen, organisiert das Team unter der Leitung des Jesuitenordens, der für seinen Forscherdrang bekannt ist, eine private Mission und bricht zu einer Entdeckungsreise in den Weltraum auf.


    Der Planet Rakhat entpuppt sich als paradiesisch schön, der höchst sprachbegabte Jesuit Emilio Sandoz lernt rasch die Sprache der dortigen Bevölkerung, und die Forschermannschaft schließt Freundschaft mit dem Volk der Runa. Doch es gibt noch eine zweite, herrschende Rasse auf Rakhat, die unnahbaren Jana’ata – und auch auf Rakhat existieren Zwietracht und Gewalt.


    Jahrzehnte später ist Emilio Sandoz, schwer mitgenommen, endlich zurück auf der Erde und berichtet von den Ereignissen auf Rakhat, die selbst einem so gläubigen Mann wie ihm das Äußerste abverlangt haben.


    Wer beim Schlagwort „Entdeckung fremder Welten“ und „außerirdisches Leben“ an einen klassischen Science-fiction-Eroberungsroman denkt, wird sich bei der Lektüre von „Sperling“ wundern.


    Zunächst einmal lernt man die Expeditionsteilnehmer und die Beziehungen innerhalb der Gruppe eingehend kennen, und auf Rakhat geht es nicht um fiese Aliens und Weltraum-Actionszenen, sondern vielmehr um die Annäherung an ein fremdes Volk, Gruppendynamik, das herrschende Gesellschaftsmodell und um Macht und deren Auswirkungen. Selbst Gewaltszenen kommen eher still und ruhig daher und hinterlassen dadurch einen umso tieferen Eindruck.


    Ein außergewöhnliches, empfehlenswertes Buch, das im Deutschen nur leider ein wenig an der Übersetzung krankt.


    4ratten


    Die Fortsetzung muss ich irgendwann auch mal unbedingt lesen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe das Buch im englischen Original unter dem Titel "The Sparrow" gelesen.


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    Vorausschicken muss ich, dass ich das Buch mit höchsten Erwartungen begann, denn ich hatte es vor Jahren schon einmal gelesen (damals aus der Bibliothek ausgeliehen) und es hatte mich so sehr beeindruckt, dass ich es mir später auch noch kaufte.


    Um es kurz zu machen: Diese hohen Erwartungen konnte es nicht erfüllen. Zwar fesselte mich der zweigleisige Beginn ebenso sehr wie damals; sowohl die Entdeckung der fremden Gesänge im All, als auch der Strang um Emilio Sandoz, der nach seiner Begegnung mit den Bewohnern des fremden Planeten als physisches und physisches Wrack heimkehrt, boten Spannung und engagierten mich. Gerade die Tatsache, dass man von Anfang an von der Katastrophe wusste, der die Weltraumexpedition entgegen sah, aber nicht, wie diese aussah, war ein erzählerischer Trick, der mir sehr gut gefiel. Auch die langsame, zumindestens andeutungsweise Heilung Emilios war gut geschildert.


    ABER: irgendwie ging mir alles zu glatt. Das wurde zwar auch im Roman thematisiert - es wurde eine mögliche Antwort geliefert, die ich bei der Erstlektüre willig "schluckte" und die einen guten Teil meiner Begeisterung für den Roman ausmachte, aber in der Wieholek konnte sie mich nicht mehr ganz überzeugen. Das lag nicht zuletzt an den "ach so guten" Expeditionsteilnehmern, die eine tiefe, ehrliche Freundschaft verband, die sich sooo gut verstanden und die sooo liebevoll und nachsichtig miteinander umgingen. Mir wurde das zu viel des Guten und es war mir zudem zu sehr im Detail geschildert.
    Emilios Auseinandersetzung mit seinem Glauben hingegen – das war damals für mich das zentrale Thema des Buches – wurde viel knapper geschildert, als es in meiner Erinnerung der Fall war.
    Die Begegnung mit den Bewohnern des Planeten wiederum ging mir auch zu problemlos vonstatten, was ich bei der Erstlektüre willig hinnahm, da es für mich - s. o. - nicht im Zentrum stand. Aber da mir jetzt eben jenes Zentrum fehlte, sah ich hier jetzt Schwächen.


    Insgesamt ein durchaus lesenswertes Buch, aber nicht die Großtat, die ich in Erinnerung hatte.
    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Ich habe das Buch kürzlich im Urlaub zum zweiten Mal gelesen, weil ich mich eigentlich nur noch daran erinnern konnte, dass ich es beim ersten Mal großartig fand und mich vor der Lektüre der Fortsetzung noch mal auf Stand bringen wollte.


    Abgesehen von der Übersetzung, die ich wirklich furchtbar finde (und ja, ich weiß, dass Übersetzen ein hartes Brot ist, aber "the shit hits the fan" kann man einfach nicht wörtlich übersetzen!!!), hat es mir auch beim zweiten Durchgang ausgesprochen gut gefallen. Ich kann Saltanahs Kritik nachvollziehen, dass die irdischen Protagonisten vielleicht ein bisschen zuuu gute Freunde sind, aber gestört hat es mich nicht sonderlich (zumal die doch häufig unzugängliche und etwas kratzbürstige Sofia genug Konfliktpotential mitgebracht hat).


    Ich fand es erneut wahnsinnig spannend zu lesen, wie die Autorin erst ganz langsam das Geheimnis um Emilio Sandoz und seine körperlichen und seelischen Narben lüftet. Man weiß von Beginn an, dass irgendetwas bei dieser so hoffnungsvoll beginnenden Mission ganz fürchterlich schiefgelaufen sein muss, aber ich hatte lange Zeit keinen blassen Schimmer, was das sein könnte.


    Sehr gelungen ist auch, wie Russell das Gesellschaftsmodell auf Rakhat entwickelt mit den sich äußerlich recht ähnlichen Rassen, die so unterschiedlich leben (dürfen? müssen?), der Sprache, den Gebräuchen - da merkt man, dass sie von Haus aus Anthropologin ist. Der feine Humor hat mich überdies sehr angesprochen und auch die Art, wie verschiedene Glaubensrichtungen in der Handlung ihren Platz finden, ohne dass die Autorin merklich Stellung bezieht. Man kann sich als Leser selbst seinen Teil dazu denken, wie auch immer das aussehen mag.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen