Mary Doria Russell - Gottes Kinder/Children of God

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    Hallihallo,


    dies ist die Fortsetzung zu "Sperling"


    Gottes Kinder von Mary Doria Russell


    Klappentext


    In ihrem aufsehenerregenden Debüt "Sperling" beschrieb Mary Doria Russell die Kontaktaufnahme jesuitischer Missionare mit Außerirdischen auf dem Planeten Rakhat, die in einer Katastrophe mündete. Nur der junge Pater Emilio Sandoz kehrte auf die Erde zurück, innerlich gebrochen und tief erschüttert in seinem Glauben. Nun, einige Jahre später, plant der Vatikan eine neue Reise zu den Sternen, und als Sandoz sich weigert mitzukommen, wird er kurzerhand entführt. Neue Abenteuer erwarten ihn auf Rakhat - und schließlich führt ihn die Rückkehr zum Ort seiner traumatischen Erlebnisse zu einem neuen Verständnis Gottes


    ---------


    Meine Meinung


    Die erste Mission auf den Planeten Rakhat hat der Jesuitenpater Emilio Sandoz nur knapp überlebt - an Körper und Seele verstümmelt, von täglichen Albträumen um den Schlaf gebracht. Nie wieder will er dorthin zurückkehren, wo ihn die Jana'ata seines Glaubens beraubten. Zurück auf der Erde entscheidet er sich gegen das Leben eines Jesuiten und für die große Liebe mit einer wunderbaren Frau. Doch sein Glück soll nicht lange ungetrübt bleiben. Ein erneuter Besuch von Rakhat ist geplant und Sandoz soll die zweite Mission begleiten. Doch als Emilio sich selbst dem Entschluss des Papstes und der neapolitanischen Mafia widersetzt, wird er brutal zusammengeschlagen und entführt. Wenn er jemals zurückkehren sollte, würden Jahrzehnte auf der Erde vergangen sein.


    Wie keine Zweite versteht es Mary Doria Russell die typische Schwarz-Weiß-Malerei zu umgehen. So beleuchtet sie immer beide Seiten: Die "Guten" haben Macken, für die man sie hin und wieder züchtigen könnte, die "Bösen" werden manchmal sogar liebenswert. Auch die beiden Spezies auf Rakhat, die fleischfressenden Jana'ata und die pflanzenfressenden Runa, zeichnen sich sowohl durch ihre Licht- als auch ihre Schattenseiten aus. Beide Seiten kämpfen um ihr Überleben und fast sieht es so aus, als ob eine intelligente Spezies aussterben müsste, um der anderen Platz zu schaffen: die Auswirkungen der ersten Rakhat Mission?


    "Gottes Kinder" springt zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Zum einen erzählt es die Geschichte der Rebellion der Runa gegen die Jana'ata, angeführt von einer Fremden und doch gleichermaßen alten Bekannten. Zum anderen müssen wir mit der tragischen Figur des Emilio Sandoz leiden, der sich erst auf der Erde, dann auf der "Giordano Bruno" befindet - dem Raumschiff, das ihn mit einer Handvoll weiterer Abenteurer nach Rakhat bringen soll. Die Geschichte von "Sperling" wird nahtlos forgeführt und es ist unbedingt ratsam, die beiden Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen!


    So kurz vor Ende des Jahres kann ich es ohne Gefahr behaupten: Die Bücher von Mary Doria Russell werden meine diesjährigen Highlights, die nur sehr schwer in den nächsten Jahren zu übertreffen sein werden. Wenn jemand sagt "Science Fiction ist eigentlich nicht mein Ding", dann kann ich denjenigen eigentlich nur bemitleiden. Ihm entgehen durch diese Einstellung zwei wunderbare Bücher, die ihresgleichen suchen!


    5ratten


    Liebe Grüße
    nimue


    Englischen Titel ergänzt. LG, Valentine

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Hallöchen!


    Mal abgesehen vom Cover (mir gefällt es nicht so *duck*) fand ich Gottes Kinder auch von der Story her nicht ganz so gut wie sein Vorgänger "Sperling". Emilio hatte es mir genauso angetan, wie im ersten Teil, aber die Geschichte war insgesamt verwirrender. Die Sprünge zwischen den Kapiteln und den Zeiten geschahen so aprupt, dass ich mir manchmal überrumpelt vorkam.
    Toll war es durchaus, schon allein, weil man endlich ein paar ungeklärte Fragen beantwortet bekam, aber eben nicht so brilliant wie "Sperling"


    Grüße
    Sandra *heute voll in Schreiblaune*

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    Ganz langsam kehrt im Leben von Emilio Sandoz wieder so etwas wie Normalität ein. Monatelang war der Jesuitenpater und Linguist abgeschirmt von der Öffentlichkeit im Vatikan untergebracht, um sich von den schweren körperlichen und seelischen Schäden zu erholen, die er auf dem Planeten Rakhat davongetragen hatte, als die so hoffnungsfroh begonnene Erkundungsmission ein böses Ende genommen hat. Als einzigen Überlebenden plagen ihn immer noch Alpträume und Kopfschmerzattacken, ganz zu schweigen von den Folgen seiner schweren Verletzungen, doch allmählich ist wieder ein selbständiges Leben vorstellbar, und der erste Schritt besteht darin, dass man ihn aus Rom in ein abgelegenes Anwesen bei Neapel bringt, wo er wieder alleine zu leben lernen soll.


    Mit Hilfe einiger neu gewonnener Freunde funktioniert das auch leidlich gut, bis der Vorsteher des Jesuitenordens, der schon die erste Rakhat-Mission unterstützt hat, überraschend verkündet, erneut ein Team dorthin entsenden zu wollen - und zwar mit Emilio Sandoz an Bord, der als einziger den Planeten kennt, die Sprache der beiden dort beheimateten Völker spricht und der neuen Mannschaft vor allem helfen soll, die folgenschweren Fehler von damals zu vermeiden.


    Emilio ist davon überhaupt nicht begeistert und weigert sich beharrlich, doch ein Nein wird nicht akzeptiert, und mit nicht ganz so astreinen Methoden bringt man ihn am Ende doch an Bord des neuen Raumschiffs "Giordano Bruno".


    Auf Rakhat hat sich enorm viel verändert, die komplette Gesellschaftsstruktur ist zusammengebrochen, und die einst so friedlichen Runa haben sich gegen die einstige Herrscherrasse der Jana'ata aufgelehnt, was ungeahnte Folgen hat.


    Die Fortsetzung von "Sperling", einem der besten Science-fiction-Romane, die ich je gelesen habe, hat mich genauso beeindruckt wie der erste Teil. Das liegt zum einen an Emilio Sandoz selbst, der ein ungemein faszinierender Protagonist ist. Er ist durch die Hölle gegangen und daran beinahe zerbrochen, hat in vielen quälenden schlaflosen Nächten an seinem Glauben und seiner Berufung gezweifelt und mit seinem Gott gehadert, dann aber doch noch die Kraft gefunden, weiterzuleben und sogar wieder ein wenig an das Gute und Schöne zu glauben und ein neues Kapitel in seinem Leben zu beginnen - bis er erneut völlig aus dem Gleichgewicht gebracht wird, sich wieder zwangsweise mit seinem Schicksal arrangieren muss.


    Zum anderen hat mich diese Rückkehr nach Rakhat, wo nicht nur bildlich gesprochen kein Stein mehr auf dem anderen ist, einfach gefesselt. Die Crew der "Giordano Bruno" ist nicht so eine verschworene, idealistische Truppe von engen Freunden wie bei der ersten Mission, sondern eine Handvoll Männer, die auf engstem Raum zusammengeworfen ist und irgendwie miteinander klarkommen müssen, was natürlich ordentlich zwischenmenschlichen Zündstoff birgt. Und nicht alle von ihnen haben lautere Motive für ihre Teilnahme.


    Die Zustände auf Rakhat haben mich ganz schön entsetzt (und ein wenig an die französische Revolution erinnert, wo die Rebellion gegen Thron und Oberschichten in ein Terrorregime umgeschlagen ist). So viel Fanatismus und Härte hätte ich den immer so nett und sanft wirkenden Runa gar nicht zugetraut! Aber Mary Doria Russell macht nicht den Fehler, sich auf eine Seite zu schlagen, sondern sie zeigt, dass es auf beiden Seiten Gut und Böse gibt und die Welt nicht einfach nur schwarzweiß ist.


    Ein bisschen kompliziert fand ich manche politischen Zusammenhänge und deren Erläuterungen, aber da das notwendig für das weitere Verständnis des Buches war, konnte ich damit leben. Ansonsten ist dieser zweite Teil genauso lesenswert und mitreißend wie der erste, mit wunderbar ausgearbeiteten Figuren und zahlreichen überraschenden Wendungen, die ich niemals hätte kommen sehen. Auch stilistisch ist das Buch ein Genuss (im Original zumindest), und trotz der vielen ernsten Themen, die angeschnitten werden, kommt auch der Humor nicht zu kurz. Einige Wortgefechte sind wirklich göttlich.


    Kurzum, erneut eine ganz dicke Empfehlung!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





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