Alice Sebold - In meinem Himmel

Es gibt 43 Antworten in diesem Thema, welches 14.726 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ninette.


  • Richtig doof fand ich, dass


    Doof mag es zwar sein, aber auch realistisch. Wie groß wären denn die Chancen, dass dein Wunsch in Erfüllung gegangen wäre? Außerdem, wenn ich mich recht erinnere (die Lektüre ist ein paar Jahre her), dann gab es zumindest Anzeichen für seine Schuld. Mehr kann man meiner Meinung nicht erwarten.


    LG Myriel :winken:

  • Hallo ihr!


    Ich habe das Buch gerade eben fertig gelesen (und auch die eine oder andere Träne vergossen) und bin richtig begeistert! Jetzt werde ich mir den Film noch ansehen und dann morgen eine Rezi schreiben.


    Vorab möchte ich aber schonmal eines erwähnen:


    Mich hat diese Szene ehrlich gesagt sehr gerührt.


    LG,
    Sookie :winken:

    :kaffee:

  • So, hier die versprochene Rezension! :winken:


    Susie Salmon wird von einem Nachbarn vergewaltigt und ermordet. Während die Polizei vergeblich nach dem Täter sucht und die Familie, jeder auf seine Weise, versucht, mit dem Tod der Schwester/Tochter/Enkelin umzugehen, beobachtet Susie ihre Familie aus dem Himmel.


    Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Buch wie viele andere auch durch den Trailer zum Film.


    Beginnt das Buch noch relativ harmlos damit, dass man Susie und ihre Familie kennen lernt, wird es nur wenige Seiten später richtig heftig. Beinahe völlig emotionslos schildert Susie ihre Vergewaltigung und Ermordung und das auch noch sehr detailreich. Besonders nahe ging mir das vor allem deswegen, weil ich wusste, dass die Autorin selbst eine ähnliche Erfahrung gemacht hatte und gerade so mit dem Leben davon gekommen war. Am meisten beeindruckt und gleichzeitig erschüttert hat mich der Satz (frei übersetzt):
    "Und dann ließ er mich in dem Sack in seiner Garage stehen und ging ins Haus und ein Teil von mir sickerte duch den Sack und hinterließ einen Fleck auf dem Boden."


    Überhaupt hat mich der bildhafte Schreibstil der Autorin sehr mitgerissen. Deshalb haben mich auch die vielen Zeitsprünge, die gegen Ende des Buches verstärkt auftraten, nicht so sehr gestört. Mich haben sie an Momentaufnahmen erinnert, was sehr schön zum Text passte, der aus Susies Sicht geschrieben war. Susie wollte immer Tierfotografin werden und hat von ihren Eltern zum Geburtstag einen Fotoapparat bekommen. Damit schoss sie unzählige Fotos, weil sie damit einen Moment festhalten konnte, der bald schon Vergangenheit war. Nur auf ihrem Foto blieb er erhalten. So kommt es einem vor, wenn Susie ihre Familie auf der Erde betrachtet.


    Was Alice Sebold auch sehr gut gelungen ist, ist die Charakterisierung der einzelnen Personen. Obwohl es sehr viele Charaktere gibt, bleibt kein einziger blass, keiner wird in den Hintergrund gedrängt, wie unwichtig seine Rolle auch ist. Und es gibt definitiv keine schwarz-weiß Zeichnungen in diesem Roman. Ohne jetzt zu viel vom Inhalt verraten zu wollen, möchte ich doch sagen, dass meine Sympathien eindeutig bei Abigail, Susies Mutter lagen, obwohl diese von allen Familienmitgliedern wohl am schlechtesten mit ihrer Trauer umgehen konnte und dadurch so einige schwerwiegende Fehler begangen hat. Dennoch kann man ihre Handlungen immer nachvollziehen. Und sogar George Harvey, der Mörder, bekommt eine richtige Persönlichkeit, statt einfach nur ein dunkler Schatten zu bleiben. Natürlich wird seine Tat dadurch nicht gerechtfertigt, oder nachvollziehbar. Ich hatte nicht einmal echtes Mitleid mit ihm. Aberes wird deutlich, dass er nicht ohne Grund ein so schlechter Mensch geworden ist.


    Doch auch wenn es sich jetzt vielleicht so anhört: Die Geschichte ist nicht immer nur traurig. Sie enthält schöne Momente, lustige, spannende, furchtbare und traurige. Eigentlich sind es so viele Geschichten und Momente in diesem einen Buch, dass man es gar nicht alles in so einer Rezension erwähnen kann. Aber wie gesagt, es gab auch lustige Szenen, die ich noch einmal hervorheben möchte. Sobald nämlich die "Oma" Lynn zu Besuch kommt, kehrt auch wieder etwas Leben in das Haus der Salmons zurück. Die alte Dame, die auch mit 70 noch raucht, trinkt und mit hochhackigen Schuhen durch die Gegend läuft, übernimmt den Haushalt und mischt alles ziemlich auf. (Das war auch eine Szene, die mir im Film besonders gut gefallen hat.)


    Zwischendurch gab es hin und wieder ein paar Längen, aber die waren zu verschmerzen, weil sie trotzdem nett zu lesen waren. Zum Schluss konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, weil es noch einmal Schlag auf Schlag ging, wenn auch nicht im Sinne von wirklicher Krimi-Spannung. Ich will das Ende natürlich nicht verraten und sage deswegen nur, dass es mir sehr gut gefallen hat. :zwinker: Ein bisschen kitschig einerseits, andererseits aber auch realistisch genug, dass es glaubhaft war. Alles in allem hat mich das Buch gleichzeitig erschüttert, berührt und begeistert.


    Noch kurz etwas zum Film, den ich mir direkt nach Beenden des Buches angeschaut habe: Wie bei fast jeder Buchverfilmung wurde auch hier (anders ginge es wohl kaum) viel verändert und gekürzt. Meiner Meinung nach hat Peter Jackson den Fokus eher auf den Mord, dessen Aufklärung und Susies Erlebnisse und Gefühle gelegt, statt auf die Reaktionen der Familie. Lustigerweise hätte ich mir das Buch vor dem Lesen so gewünscht, wie der Film war, fand dann aber beim Ansehen des Filmes die Schwerpunktlegung im Roman besser. Auch wenn ich den Film vielleicht nicht direkt nach dem Lesen hätte schauen sollen, hat er mir doch sehr gut gefallen. Es hat eigentlich alles "gepasst", auch wenn es anders war.


    Bewertung:
    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    :kaffee:

  • Ich habe In meinem Himmel vor einem Monat gelesen und musste die Geschichte erstmal "sacken lassen". Es ist kein Buch bei dem man pauschal sagen kann worum es geht, damit würde man der Geschichte und auch der Art des Erzählens nicht gerecht werden. Über den Inhalt ist hier ja schon alles gesagt worden, deshalb nur meine Eindrücke.
    Ich bin immer noch tief beeindruckt von diesem Buch, das zwar eine bedrückende Geschichte von Grausamkeit und Tod erzählt, dabei aber nie die Schönheit des Lebens aus den Augen verliert.


    Mir ging es wie Sookie. Der Schreibstil hat mich mitgerissen und die Charaktere haben ihr übriges getan. Ich bin großer Fan von Oma Lynn mit ihrer unbefangenen Art, von Lindsey und ganz besonders von der Singh Familie. Es sind ihre Taten und ihre Worte, die sie immer klareren und vertrauteren werden lassen.
    Am Ende hat es mich erstmal gestört, dass Mr. Harvey nicht entdeckt wird. Letztendlich bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass das nicht wichtig für die Geschichte und ihre Personen ist. Denn ich glaube es ging nie darum, dass jemand seine gerechte Strafe bekommt und alles aufgeklärt wird, sonder wie man weiter lebt und in Susies Fall wie man loslässt und die Lebenden leben lässt.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen: