Anthony Burgess - Uhrwerk Orange

Es gibt 39 Antworten in diesem Thema, welches 11.657 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Hallo Bartlebooth,


    danke für die Empfehlungen. Das mit dem SUB-Abbauen ist zwar eine hoffnungslose Sache, aber man kann das eine oder andere Buch mal "nach oben" schieben, nicht wahr? :zwinker:


    Zitat von "Bartlebooth"


    Es gibt doch auch noch ein Buch von Ursula LeGuin, das sich explizit mit Sprache beschäftigt. ich habe nur gerade den Titel vergessen. Vielleicht kannst du mir ja auf die Sprünge helfen.


    Leider nicht. Ich habe von ihr nur "Die Linke Hand der Dunkelheit" und "Der Planet der Habenichtse" gelesen. Aus ihrer Bibliographie weiß ich auch, dass sie über 40 Jahre lang an der Übersetzung von "Tao Te Ching" gearbeitet hat. Aber das meintest Du bestimmt nicht, oder?


    Zitat von "Bartlebooth"


    Das würde ich so allgemein nicht unterschreiben. Ein Film ist nur dann im Nachteil, wenn er sich sehr eng an die Buchvorlage hält. Ich bevorzuge bei Literaturverfilmungen ganz klar Textferne.


    Ja, auch mir gefallen Filme, die mutig genug sind, eigene Wege zu gehen, eindeutig besser. Schließlich will man bei der Verfilmung nicht das Buch "vorgelesen" bekommen, sondern neue Facetten desselben Themas erfahren. Bei der obigen Aussage von mir hatte ich im Hinterkopf die, sagen wir mal, "schlichteren Gemüter", die besonders zahlreich in der SF/Fantasy-Szene zu finden sind: Deren ewige Quengelei wegen Abweichungen der Verfilmung von irgendeinem Buch sind mir mittlerweile dermaßen aufoktroiert worden, dass ich automatenhaft zu dieser Verallgemeinerung griff.

    Gesegnet diejenigen, die nicht gegoogelt haben, und dennoch glauben.

  • Zitat von "Bartlebooth"

    Kringel, wo lebst du? ;)


    Auf dem Lande...


    Von den Schlaghosen habe ich so nichts mitgekriegt. Wahrscheinlich war ich dadurch abgelenkt, daß den Leuten die Hosen entweder bis zur Hälfte der K.-Spalte hängen oder gleich ganz in den Kniekehlen. Das mit den langen Haaren hätte ich eher der Grunge-Welle Anfang der Neunziger angerechnet...

  • Ich bin restlos begeistert von dem Buch. Ich weiß gar nicht mehr wieso ich eigentlich zwei Anlaufversuche dafür gebraucht habe... :rollen:
    Am besten hat mir die Sprache gefallen. Dadurch bekommt das Buch einen absolut unvergleichlichen "Touch" und wenn man sich erstmal in das Nadsat eingelesen hat ist dieses Buch ein Genuss. Außerdem hat diese Sprache einen so unglaublichen Eindruck bei mir hinterlassen, dass sogar einige Ausdrücke daraus in meinen Wortschatz gewandert sind... :breitgrins:
    Inhaltlich finde ich die Geschichte auch gut erzählt und da dieses Thema von Jugendgewalt wohl nie "aus der Mode kommt" ist dieses Buch absolut zeitlos und kann immer wieder gelesen werden.
    Ich kann Clockwork Orange nur wärmstens weiterempfehlen und deswegen vergebe ich 5ratten

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys

  • Nachdem ich Kubricks Verfilmung schon mehrfach gesehen habe, kam jetzt endlich auch das Buch zum Zug. Erstaunlicherweise sind beide extrem parallel, was ja eher selten ist - bis auf das Ende, aber das wusste ich vorher und ich muss meinen Vorgängern diesbezüglich zustimmen: ein Kapitel weniger wäre stimmiger gewesen.


    Insgesamt finde ich die Geschichte hochinteressant gestaltet, zeitlos und erschreckend zugleich (wobei mir der Film noch eindringlicher vorkam als das Buch). Sprachlich eine Meisterleistung mit den vielen Neuschöpfungen, wenn ich es bisweilen auch schwierig fand mir alle zu behalten. Insgesamt finde ich das Buch bekommt viel zu wenig Beachtung, vor allem im Vergleich zu 1984 oder Brave New World.

    Einmal editiert, zuletzt von miss.mesmerized ()

  • Wenn Alex sich etwas in seinen Gulliver setzt, dann setzt er es in die Tat um, und so macht er mit seinen Drooks nicht nur, wie es sich für einen anständigen Maltschik gehört, seine Stadt unsicher, um an etwas Deng zu kommen in dem er alte Fecken tollschockt. Doch alles ändert sich, als er ausversehen eine alte Gina ermordet und von seinen Drooks der Millizent ausgeliefert wird.
    Keine Sorge, der Rest der Rezension wird nicht weiter in Nadsat, dem fiktiven Jugendslang aus Anthony Burgess Roman “Clockwork Orange”, geschrieben.


    Der Inhalt des Romans mag manch einem durch die gleichnamige Verfilmung des Kultregisseurs Stanley Kubrick aus dem Jahre 1971 bekannt sein, denn auch der Roman gestaltet sich inhaltlich ähnlich. Alex, der nichts als Flausen im Kopf hat kommt nach der Ermordung einer Frau ins Gefängnis. Um einer Strafe von 14 Jahren Haft zu entgehen meldet er sich freiwillig für ein Projekt zur “Heilung” von Straftätern und beginnt dabei sich sowohl vor Gewalt und Sex als auch seiner Passion – der klassischen Musik, vor allem die des guten Ludwig van – zu ekeln.
    Das was er einst seinen Opfern zugefügt hat, ist nun das, was ihn scheinbar zurück in ein gesellschaftliches System, in welches er nie hineinpassen wollte, holt. Er wird gezwungen sich zu fügen, ohne eine andere Chance zur Besserung zu erhalten.


    Mit dem 1962 verfassten Roman “Clockwork Orange” setzte der Autor Anthony Burgess ein Zeichen – nicht etwa das der Gewalt, sondern eines, vor welchem sich schon die frühen Avantgardisten Anfang des 20. Jhds. fürchteten – der Mensch, der unweigerlich zur Maschine mutiert.
    Auch der Titel weist bereits unscheinbar auf dieses Thema hin: Das Uhrwerk als Symbol für eine Maschine, die Orange als Versinnbildlichung des Menschen, abgeleitet vom Wort Orang-Utan. Das Buch schockt keinesfalls weniger als der Film, nicht durch die schrecklichen Dinge die der jugendliche Protagonist verübt, sondern dadurch wie er auf eine Weise gezüchtigt wird, wie es wohl niemand für möglich halten würde…durch eine intermediale Manipulation seines Bewusstseins gegenüber seiner Umwelt und all den schrecklichen Dingen, die diese birgt.


    Sprachlich komplex gestaltet sich auch der Stil, mit welchem der Autor den Leser in seinen Bann zieht. Anfangs eher schleppend lernt man den Jugendslang Nadsat kennen (ein Register hilft bei Verständnisproblemen), bei dem es sich um einen russisch angehauchten Dialekt handelt, der von Alex und seiner Bande gesprochen wird. Die Sprache wirkt beinahe onomatopoetisch kindlich, gleichzeitig komplex und ungewohnt, beinahe zeitlos wie der Roman selbst. Wer sich mit einer fiktiven Sprache nicht anfreunden mag sollte das Buch direkt aus der Hand legen, denn Nadsat dominiert die gesamte Geschichte.


    Ist es in Ordnung einem Menschen eine gute Erziehung aufzudrängen? Oder soll man jedem die Freiheit lassen, die er selbst für richtig empfindet? Dies sind die Schlüsselfragen für den Roman, der keinesfalls leichte Kost ist.
    5ratten

  • Alex, der nichts als Flausen im Kopf hat kommt nach der Ermordung einer Frau ins Gefängnis.


    Na ja - ein Mord ist schon ein bisschen mehr als "Flausen im Kopf haben", nein? :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Anthony Burgess - ein Produkt von Stanley Kubrick, wie manche meinen? Ich bin mir nicht sicher.
    Die legendäre Verfilmung von "Clockwork Orange" finde ich ebenso grandios, wie jeder, der sie gesehen hat, aber das Buch konnte mich nicht vollends überzeugen. Das mag daran liegen, dass ich es - den Film im Hinterkopf - nicht mehr unvoreingenommen lesen konnte, deshalb bleibt eine Unsicherheit: ist das Hölzerne, allzu Gewollte, furchtbar Geschraubte im Roman oder bin ich als Leser einfach inkompetent? Nur in einem bin ich mir ziemlich sicher, nämlich dass Kubrick gut daran tat, das scheussliche letzte Kapitel nicht zu berücksichtigen. Ich glaube mich zu erinnern, dass Burgess einmal sagte, dieser Schluss mache den Roman zu einem optimistischen - irgendwann beginnt man sich zu langweilen und gründet eine Familie, statt zu tollschocken. Also einige Jährchen Gewalt, Brutalität, Vergewaltigung, Mord - boys will be boys - und dann gibt sich schon alles von alleine? Das ist eine Idee, der ich wenig abgewinnen kann.
    Aber der zentrale Aspekt der Geschichte ist natürlich die den freien Willen zerstörende Behandlungsmethode, der Alex ausgesetzt wird, hier ist dem Entwurf eine gewisse Originalität und vor allem grosse gesellschaftliche Relevanz nicht abzusprechen, ein Punkt, der mich über meine Haltung zu diesem Werk noch mehr in Zweifel geraten lässt - wohin soll das führen?
    So ist es besser, einfach abzubrechen und eine diplomatische Anzahl Ratten zu vergeben - nur wenige Bücher haben mich, was meine Einschätzung ihres Wertes angeht, so ratlos zurückgelassen.
    3ratten

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)

  • Anthony Burgess - Clockwork Orange

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    Alex und seine Freunde haben einen netten Abend: Sie trinken eine Milch mit Schuß in einer Milchbar, suchen sich dann einen alten Mann, schlagen ihn zusammen und nehmen ihm sein Geld ab...oder, um es mit Alex´ Worten zu sagen: Er trifft sich mit seinen Droogs auf einer Molocke im Milchplus-Mestro, tollschockt einen starrigen Fecken und klaut ihm seinen letzten Deng.


    Meine Meinung:
    Das komplette Büchlein (218 Seiten) ist in Nadsat geschrieben, soll heißen in einem Teenagerslang, den die Hauptfigur Alex lebt und benutzt. In meiner Ausgabe befindet sich am Ende ein Glossar, so dass man die Begriffe jederzeit nachschlagen kann. Dies ist aber eigentlich nur am Anfang nötig. Man liest sich recht schnell ein und vieles erklärt sich aus dem Zusammenhang, auch wenn man die genaue Bedeutung gerade nicht parat hat.
    Aufgeteilt ist die Geschichte um Alex in drei Teile.
    Teil I beschreibt die Welt in der sich der 15-jährige Alex mit seinen Freunden herumtreibt. Trostlose Wohnblocks, in denen sich junge Hooligans in Banden zusammen tun und abends und nachts ihr Unwesen treiben. Und dieses Unwesen hat es tatsächlich in sich: Es wird geraubt, aufs brutalste zusammengeschlagen, vergewaltigt und auch (vielleicht unabsichtlich) getötet. Die Gesellschaft findet dagegen kein Mittel, dies zu unterbinden und weiß sich nur mit drastischen Mitteln zu helfen.
    Eins dieser Mittel lernt der Leser in Teil II kennen, als Alex, nachdem er bei einem Einbruch mit Todesfolge ins Gefängnis kommt. Auch hier gilt das Gesetzt des Stärkeren und Hinterlistigen. An Alex wird nach einer Schlägerei eine neue Methode der Resozialisierung ausprobiert. Wobei der Straftäter mit Schockfilmen von Gewalttaten zusammen mit Arzneien so konditioniert wird, das ihn bei dem leisesten Gedanken an Gewalt schlecht wird und er nicht mehr handeln kann.
    So ausgestattet tritt Alex mit 18 Jahren seinen Weg in die Freiheit an. Was natürlich zu großen persönlichen Schwierigkeiten führt, denn nur sein Körper ist "resozialisiert", nicht aber seine Gedanken und Gefühle. So oder so erfährt Alex aber eine Wandlung, die den Leser mit einem Quäntchen Hoffnung für Alex aus dem Buch entlässt.
    Die Geschichte von Alex hat mich sehr nachdenklich zurück gelassen. Nicht nur wegen der ungeheuren Gewalt zu der so junge Menschen fähig sind, sondern auch, oder gerade wegen der unglaublichen Manipulation die Menschen gegeneinander verwenden können. Und das immer im Namen des sogenannten "Guten". Auch hatte ich tatsächlich im Laufe des Buches Mitleid mit Alex, denn er wird immer wieder verraten, enttäuscht und missbraucht. Sehr paradox, denn auf der anderen Seite findet man Alex eigentlich abstoßend und beängstigend.
    Dies ist aber auch ein Grund dafür, warum mir das Buch bei aller Härte und Gewalt gut gefallen hat. Für zart besaitete Gemüter ist diese Lektüre auf keinen Fall zu empfehlen. Wer sich aber ein wenig, oder auch mehr, Gedanken über menschliche Manipulation machen möchte und das ein oder andere an Gewalt ertragen kann, für den sein Clockwork Orange ein Buchtipp.
    Ich vergebe
    4ratten

  • Da ich das Buch wohl nicht in einem Rutsch durchlesen werde, dachte ich mir, dass ein Thread vielleicht nicht schlecht ist. So kann ich auch meine Eindrücke verarbeiten, was ich sicherlich brauchen werde.


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    amazon-Klappentext:
    Alex ist Anführer einer Londoner Jugendbande und begeisterter Beethoven-Fan. Seine Gang lebt in einem trostlosen Vorort und benutzt eine eigenwillige Sprache, einen von russischen Brocken durchsetzten Slang. Ihr Leben dreht sich um Schlägereien mit anderen Gangs, Raubüberfälle und Vergewaltigungen. Alex’ Eltern kriegen ihn nicht in den Griff, denn er hat keinerlei Respekt vor ihnen. Aber auch Alex’ Freunde sind mit ihrem Anführer nicht mehr zufrieden. Bei einem ihrer Raubzüge lassen sie ihn im Stich und die Polizei nimmt ihn fest. Wegen Mordes wird er zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, bekommt aber eine letzte Chance: Ein neuartiges Experiment soll ihn zu einem guten Bürger umerziehen.



    Der erste Eindruck:
    Ich lese eine neue Übersetzung des Buches und ich will mir grad gar nicht den obigen Text durchlesen, weil ich gar nicht so genau weiß, was mich in dem Buch eigentlich erwartet.


    Ich kenne bisher nur das Lied von den Toten Hosen "Hier kommt Alex" und wenn ich die Wörter des romaneigenen Slangs wie "robotern", "zwanzig gegen einen", "Droogs" etc. lese, höre ich direkt Campinos Stimme in meinem Ohr und die entsprechende Liedzeile. Somit ist das Lied auch Schuld daran, dass ich das Buch lesen wollte und es auf meinen SUB kam. (Also eigentlich ist mein Freund Schuld, dass es letztendlich auf meinem SUB ist, weil strenggenommen er das Buch mal geschenkt bekommen hat - und nein, nicht von mir ;) )


    Ich tu mich gerade sehr schwer mit dem Buch. Ich habe die ersten vier oder fünf Kapitel gelesen (bin so auf Seite 50) und würde es am liebsten aus der Hand legen, wenn nicht der SLW wäre und mein Freund, der dieses Buch als eines der besten Bücher überhaupt bezeichnet.
    Warum tu ich mich schwer? Es liegt nicht, wie man anfangs vermuten würde, an der Slangsprache. Nach dem Romantext* findet sich ein kleines Glossar, so dass die Wörter schnell nachgeschlagen sind und bei der ständigen Wiederholung hat man sie irgendwann im Kopf. Es liegt an der Brutalität. Wäre das Buch nicht in diesem Slang geschrieben, würde ich diese gar nicht aushalten. So wird das Geschehen aber sehr verzerrt und mein Kopf ist mehr mit der Übersetzung als mit der Visualisierung beschäftigt - gut so, ansonsten hätte ich mich schon nach den ersten zehn Seiten von dem Roman abgewandt.


    Mehr dann hoffentlich bald. :)



    * im Anschluss daran finden sich noch etliche Interviews und Nachworte, dazu dann bestimmt später noch. ;)

  • Ich habe den ersten Teil jetzt beendet. Alex wurde von seinen Droogs verraten und von der Polizei geschnappt. Ich bin ein bisschen mehr in der Geschichte drin, was vielleicht daran liegt, dass ich maximal zwei Kapitel hintereinander lese und dann erstmal etwas anderes mache. Denn gewaltloser wird das Buch auch überhaupt nicht. Auch wenn Alex jedwede Strafe verdient hat, ist die Behandlung durch die Polizei schon erschreckend brutal. :entsetzt: Und sein Sozialarbeiter, der anfangs noch ziemlich nett wirkte, verhält sich nun abschreckend ekelhaft. Alex geht zwar erstaunlich gut mit der ganzen Sache um, aber eigentlich ist das Buch eine reine Horrorshow - und das nicht in dem Sinne, wie Alex das meinen würde. :rollen:


    Aber trotz der Gewalt bin ich mehr im Buch drin und will wissen, wie es mit Alex weitergehen wird.

  • Ich kämpfe mich durch und je weiter ich komme, desto leichter fällt das Lesen und desto besser gefällt es mir.


    Ich setze jetzt mal Spoiler, wenn ich über konkrete inhaltliche Sachen schreibe, damit man noch weiter lesen kann, auch wenn man das Buch nicht kennt. ;)



    Auch hier zeigt sich eine ordentliche Portion Gewalt, auch wenn die Empathie des Lesers umschlägt. Ich bin hin und hergerissen, wie ich die Entwicklung des Buches empfinde.


    Hier fragt man sich wirklich, ob der Zweck die Mittel heiligt. Eigentlich eine immer mal wieder eine interessante Frage. Mich erinnert das Buch stark an die Episodenserie "Black Mirror", die derzeit auf Netflix läuft. Vielleicht kennt die jemand? Auf jeden Fall werden dort auch teils sehr verstörende Dystopien aufgezeigt, bei denen der Zuschauer sich immer wieder fragt, ist diese (meist technische) Erneuerung nun positiv oder nicht? Es bleibt auf jeden Fall immer ein schaler Beigeschmack erhalten.


    Ganz am Rand bekommt der Leser nun auch ein wenig von dem Rahmen mit, in dem Clockwork Orange spielt. Denn nebenbei erfährt man, dass man Gefängnisplätze für politische Gefangene braucht und somit also für die "richtigen" Straftäter. :entsetzt:

  • Ich bin kurz vor dem Ende und bin so froh, dass ich durchgehalten habe!


    Mittlerweile macht das Buch mir absolut keine Schwierigkeiten mehr und ich kann locker nun auch mehr als ein oder zwei Kapitel hintereinander lesen. Heute habe ich mich sogar gezügelt, um vor dem Schluss nochmal hier reinschreiben zu können.



    Im Buch selber wird aufgrund der Handlung nun auch eine Moraldebatte angestoßen. Wie von mir schon im vorherigen Posting gefragt, wird nach der moralischen Verwerflichkeit zu der Behandlungsmethode gefragt und ob der Zweck die Mittel heiligt. Im Buch gibt es dazu unterschiedliche Standpunkte.



    Mir gefallen die Wendungen sehr, mit denen das Buch aufwartet.



    Nun bin ich auf das Ende gespannt und dann folgen in meiner Auflage noch Interviews etc.

  • Nun bin ich auf das Ende gespannt


    Ich auch. Bzw. darauf, was Du darüber berichtest. Es gibt nämlich eine "author's version" und eine "publisher's version" vom Ende ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Also verstehe ich dich jetzt richtig, dass es je nach Ausgabe unterschiedlich endet?!



    Die letzten paar Seiten haben gleich mehrere Wendungen. Wow, da passierte noch so einiges.


    Die letzte Wendung kam so lapidar daher, dass ich ein wenig verwundert den Kopf schütteln musste und dachte: Das war's jetzt? So einfach kann es dann gehen? Aber je länger ich darüber nachdenke, desto besser finde ich es eigentlich. Ist es im Leben nicht eher normal, dass man von heute auf morgen denkt, nö, ab heute anders. Die großen Katastrophen, die einen dazu bringen, Verhaltens- oder Handlungsweisen zu ändern, finden eigentlich nur in Filmen und Büchern statt. Von daher eigentlich eine realistische Darstellung. Was die ganze Geschichte aber nun mit mir macht, da muss ich nochmal in mich gehen.



    Im Anschluss daran sind zwei Theaterszenen abgedruckt, die mich eher verstört haben. Einmal Alex mit einer Art Eva im Paradies und noch eine solch seltsame Szene. Damit weiß ich jetzt gar nichts anzufangen.
    Dann schrieb Burgess noch einen kurzen Aufsatz über "Die Russen". Das wiederum fand ich ganz interessant, weil ich einige Beobachtungen 40 Jahre später selber gemacht habe. :breitgrins: Auch wenn mir nicht so ganz klar, wie das jetzt mit dem Buch zusammenhängt. Es folgen noch weitere Aufsätze und Vorwörter, bzw. Nachwörter. Ich werde berichten und dann ist das Buch auch schon zu Ende.

  • Also verstehe ich dich jetzt richtig, dass es je nach Ausgabe unterschiedlich endet?!


    Yep. Aber Du hast das "richtige" Ende gelesen. Das war den US-Amerikanern zu seltsam...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Danke für die Information, sandhofer. In den verschiedensten "Nachwörtern" wird das Phänomen auch gleich aus zwei Perspektiven erklärt, einmal von Burgess selbst und von Andrew Biswell.


    Zitat von Anthony Burgess


    Seit der Veröffentlich von Clockwork Orange im Jahr 1962 treibt mich die Tatsache um, dass es eigentlich zwei Bücher sind - eines für die USA und eines für den Rest der Welt. (...) Mein amerikanischer Verleger mochte den Schluss nicht; er fand ihn zu britisch und zu nichtssagend. Das heißt, er fand meine Vorstellung unplausibel - vielleicht aber auch nur unverkäuflich -, (...)


    Relativierend gegenüberstellend dazu:


    Zitat von Andrew Biswell im Nachwort


    Für ein anderes Publikationsproblem sorgte Burgess selbst. Am Ende des 6. Kapitels von Teil
    3 steht im Typoskript in Burgess' Handschrift die Notiz: "Sollten wir hier aufhören? Es folgt ein fakultativer 'Epilog'." Michie entschied, den Epilog (der manchmal als 21. Kapitel bezeichnet wird) in der britischen Ausgabe zu behalten. Als der Roman 1963 von W. W. Norton in New York veröffentlich wurde, gab Eric Swenson, der amerikanische Lektor, auf Burgess' reaktionelle Frage (...) eine andere Antwort. Über zwanzig Jahre nach diesen Ereignissen schrieb Swenson im Rückblick: "Ich erinnere mich, dass er auf meine Kommentare mit der Bemerkung reagierte, ich hätte recht, und er hätte das optimistische 21. Kapitel geschrieben, weil sein britischer Verleger ein Happy Ending verlangt hätte. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, drängte er mich außerdem, eine amerikanische Ausgabe ohne dieses letzte Kapitel herauszubringen, denn so hätte sein Roman - noch einmal: wenn ich mich recht erinnere - zunächst ausgesehen. Daran haben wir uns gehalten." (...)
    Das Typoskript aus dem Jahr 1961 beweist (...) einwandfrei, dass Burgess dem Ende des Romans von Anfang an gemischte Gefühle entgegenbrachte.


    Vor allem das zweite Zitat ist jetzt etwas länger, aber ich fand es sehr interessant beide Aussagen gegenüber zu stellen.


    Darüber hinaus bin ich jetzt mit allen Nachwort-Texten durch. Es gab noch einige sehr interessante, darunter die zwei Texte, aus denen die Zitate stammen. Burgess Zitat stammt aus dem Programmtext für A Clockwork Orange 2004. Außerdem positioniert er sich nochmal gegen Gewalt und eine Anmerkung des neuen Übersetzers für diese Ausgabe gibt es. Alles in allem sehr informativ und spannend zu lesen.

  • Ich habe in der Monatsrunde und für den SLW nun auch endlich Clockwork Orange gelesen. Meine Rezi ist quasi eine Zusammenfassung meiner Eindrücke, wie ich sie in der Monatsrunde schilder.
    Ich las eine neue Übersetzung:


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    Ich kannte bisher nur das Lied von den Toten Hosen "Hier kommt Alex" und wenn ich die Wörter des romaneigenen Slangs wie "robotern", "zwanzig gegen einen", "Droogs" etc. lese, höre ich direkt Campinos Stimme in meinem Ohr und die entsprechende Liedzeile. Somit ist das Lied auch Schuld daran, dass ich das Buch lesen wollte und es auf meinen SUB kam. (Im Nachwort habe ich aber gelesen, dass sehr viele Bands sich vom Bandnamen über Lieder bis hin zum Outfit von diesem Buch inspirieren ließen!)


    Anfangs tat ich mich sehr schwer mit dem Buch. Es lag nicht, wie man anfangs vermuten würde, an der Slangsprache. Nach dem Romantext findet sich ein kleines Glossar, so dass die Wörter schnell nachgeschlagen sind und bei der ständigen Wiederholung hat man sie irgendwann im Kopf. Es liegt an der Brutalität. Wäre das Buch nicht in diesem Slang geschrieben, würde ich diese gar nicht aushalten. So wird das Geschehen aber sehr verzerrt und mein Kopf ist mehr mit der Übersetzung als mit der Visualisierung beschäftigt - gut so, ansonsten hätte ich mich schon nach den ersten zehn Seiten von dem Roman abgewandt. Aber durch- und aushalten lohnt sich hier! Denn es gibt einige Wendungen in dem Buch, die es lesenswert machen. Außerdem geht es dem Autor in diesem Werk nicht um die Gewalt, sie ist eher Mittel zum Zweck, sondern um die Freiheit der Selbstentscheidung und um die Gehirnwäsche. Dabei nähert er sich diesem Thema mit einem Antihelden und baut einen Spannungsbogen auf, der einen nicht mehr los lässt. Nach dem Roman gibt es verschiedene Texte, u.a. wird dort das Lektorat zitiert, dass das Buch zum ersten Mal herausbringen wollte und dort wird geschrieben:


    Alles hängt davon ab, ob der Leser schnell genug in das Buch hineinkommt. [...] Sobald man drin ist, kann man kaum mehr aufhören. Aber die sprachlichen Hürden sind hoch, auch wenn es Spaß macht, sie zu überwinden.


    Ich würde noch die Hürde der Gewalt hinzunehmen, aber ansonsten kann ich ihr nur Recht geben.


    Also, ein geniales Buch, ich kann nur jedem empfehlen, die anfängliche Hürde zu überwinden. Man wird belohnt werden!


    Die Texte später lohnen sich ebenfalls. Mit den wenigsten konnte ich nicht viel anfangen, aber die meisten waren super. Genau genommen befinden sich folgende Texte im Anhang:
    - ein ausführliches, erweitertes Nadsat Glossar
    - Prolog zu A Clockwork Orange: A Play with Musik von Anthony Burgess
    - Epilog: "Malenkiges Goworitzen über die Molodoj" von Anthony Burgess
    - Text "Die menschlichen Russen" von Anthony Burgess
    - Text "Uhrwerk Marmelade" von Anthony Burgess
    - Auszug aus einem unveröffentlichen Interview von Anthony Burgess
    - Programmtext für A Clockwork Orange 2004 von Anthony Burgess (sehr lesenswert! Mit vielen Hintergrundinformationen zum Werk)
    - "Ludwig van" - Eine Rezension von Maynard Solomons Beethoven von Anthony Burgess
    - Text "Zeigt klaffendes Purpurgold" von Anthony Burgess
    - Text "Ein letztes Wort über Gewalt" von Anthony Burgess
    - Nachwort von Andrew Biswell (sehr lesenswert!)
    - Hinweis zur restaurierten Fassung
    - Romantext mit Anmerkungen und Zeichnungen
    - Der Zungenschlag des Stammes von Ulrich Blumenbach (Anmerkung des neuen Übersetzers, ebenfalls interessant!)
    - Anmerkungen von Ulrich Blumenbach und Andrew Biswell

  • Der Anfang des Buches war für mich auch etwas holprig. Da ich Tschechisch spreche, konnte ich die Slangwörter problemlos verstehen. Aber die von Avila angesprochene Gewalt fand ich ziemlich unverdaulich. Da es sich aber um ein dünnes Buch und um Weltliteratur handelt, habe ich durchgehalten. Und darüber bin ich froh, denn die Geschichte ist durchaus lesenswert. Allerdings hatte ich nicht eine Sekunde Mitleid mit dem widerwärtigen Alex. Und das Ende - da kann ich Read myself... aus dem 1. Beitrag nur zustimmen. Das Ende ist merkwürdig. Es hätte besser gepasst, wenn

    Schluss gewesen wäre.


    Brutales, eindringliches, ungewöhnliches Buch.


    3ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.