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Die Geschwister Clara und Theodor Wieland führen ein Leben, das angenehmer nicht sein könnte. Ausgestattet mit eigenem Landbesitz und einem ausreichenden Vermögen leben sie um 1800 in Ohio. Theodor Wieland ist verheiratet mit der Jugendfreundin der Geschwister, Catherine Pleyel, und deren Bruder Henry könnte vielleicht der passende Ehemann für Clara sein.
Dieses Idyll wird jäh aufgestört, als zunächst Wieland, mit der Zeit aber auch Clara und Henry beginnen Stimmen zu hören. Manchmal scheinen diese sie nur vor akut drohendem Unheil bewahren zu wollen, doch als Henry durch solch eine Geisterstimme der Tod seiner Freundin Theresa von Stolberg mitgeteilt und diese Nachricht kurz darauf von einem ihm bekannten Handelsreisenden bestätigt wird, wachsen Bestürzung und Ratlosigkeit.
Hat der undurchsichtige und plötzlich auftauchende Carwin, den Henry Pleyel auf einer seiner Europareisen kennengelernt hat und der solch einen gewaltigen Eindruck auf Clara macht, etwas mit den Vorfällen zu tun? Oder sind die Stimmen Boten derselben göttlichen Macht, die Claras und Theodors Vater auf so furchtbare Weise den Tod brachte, weil er seinen Christenpflichten nicht genügte? Und hat dieser strafende Gott mit dem Tode des Vaters von der Familie abgelassen oder müssen die nächsten Generationen auch noch für die vermeintliche Schwäche des Ahnherrn büßen?
Wieland or The Transformation ist der bekannteste Roman von Charles Brockden Brown und ein Klassiker des amerikanischen romantischen Schauergenres. 1797 zum ersten Mal erschienen, gilt dieser Roman als Wegbereiter der psychologisch unterfütterten Phantastik, der Edgar Allan Poe später zu einer Blüte verhelfen sollte, und wird nicht selten den Werken ETA Hoffmanns an die Seite gestellt. Der romantische Wahnsinn ist bei Brockden Brown in der Tat ein ebenso handlungsbestimmendes Motiv wie bei Hoffmann.
Nichtsdestoweniger hatte ich mit dem Roman nach dem ersten Drittel einige Mühe. Wenn auf den ersten 80 Seiten noch in flottem Tempo die Geschichte der Wielands kurzweilig berichtet wird, so dehnt Brockden Brown ab da die erzählte Zeit in so übertriebener Weise, dass es manchmal bereits ungewollt komische Züge annimmt. So hebt etwa Henry Pleyel an einer Stelle an, "in aller Kürze [zu] berichten, was [er] weiß" - und dieser Bericht beginnt dann in seiner Jugendzeit und erstreckt sich über den Rest des Kapitels, sowie über das gesamte nächste Kapitel.
Auch die Reflexionen, die Clara überaus häufig bezüglich der möglichen Effekte dieser oder jener ihrer möglichen Handlungen anstellt, werden in langatmiger Ausführlichkeit vor den Lesenden ausgebreitet. Hier wäre an manchen Stellen weniger sicher mehr gewesen.
Das Stimmenhören ist allerdings eine nicht ganz uninteressante Variante des bekannten Doppelgängermotivs. Ob die Erklärung der akustischen Halluzinationen am Ende allerdings die gesamte Leserschaft überzeugt, darf bezweifelt werden.
Insgesamt ein streckenweise sehr unheimlicher Roman, der nach meinem Dafürhalten aber weder an Poe noch an Hoffmann wirklich heranreicht.