Steffen Mensching - Jacobs Leiter

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 4.455 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schokotimmi.

  • Moin, Moin!


    In <a href="http://www.wikiservice.at/buecherlei/wiki.cgi?SteffenMensching">Steffen Menschings</a> Roman <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3351029721/">Jacobs Leiter</a>, den ich augenblicklich lese, kauft ein Schriftsteller, der für einige Monate in den Moloch New York kommt, für 15.000 Dollar die Exilbibliothek eines alten Antiquars auf, immerhin 4.000 Bücher umfassend, die beginnen, ihm und somit auch uns ihre Geschichte zu erzählen. Da entziffert er Widmungen, forscht <a href="http://www.wikiservice.at/buecher/wiki.cgi?ExLibris">Exlibris</a> aus, geht dem nach, was aus Büchern herausfällt: Postkarten, Briefen... Ein Buch für Bücherliebhaber, ohne Zweifel. Denn wir begeben uns mit dem Schriftsteller auf die Jeiter in Jacobs engem <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Manhattan">Manhattener</a> Antiquariat, wir sind in Bibliotheken und Archiven, wo der Protagonist den Lebensgeschichten früherer Buchbesitzer und Exilanten nachgeht, die er in New York kennengelernt hat. Man erfährt eine Menge über den antifaschistischen, trotzkistischen Widerstand während des Naziregimes, über das Leben im Nachkriegsdeutschland. "Das Abenteuerliche dieser genealogischen Spurensuche eines Bibliomanen <a href="http://www2.aufbauverlag.de/index.php4?page=28&show=4303">liegt</a> im präzisen Suchen und Verknüpfen der unzähligen Details und Verästelungen zu dramatischen, fast epochalen Familiengeschichten, erzählt in einer wie atemlosen und literarisch reizvollen Prosa." (ekz, 2003) Siehe auch die Rezension von Kathrin Schmidt in der Zeit: <a href="http://www.zeit.de/2003/24/Geheimnis_der_B_9fcher?page=all">Geheimnis der Bücher</a>. <i>Steffen Mensching: Jacobs Leiter. Berlin: Aufbau- Taschenbuch, 2004. 425 S. ISBN: 3-7466-2073-2</i>


    [size=9px]Hallo, ich hab die Amazon-Funktion grad ergänzt. Du kennst die Funktion oder wolltest du das bewußt nicht angeben, dann mach ichs wieder raus. Grüßle, Marypipe[/size]

  • Hallo Dostoevskij!


    Eine der wenigen Neuerscheinungen der letzten Jahre, die ich mir gekauft habe, ohne es im Nachhinein zu bereuen. Obwohl ich das Gewicht weniger aufs Bibliophile bzw. -mane der Geschichte legen würde als auf die Auseinandersetzung mit der auch nicht mehr so jüngsten deutschen (und somit europäischen und US-amerikanischen) Geschichte durch einen, der nun wirklich "die Gnade der späten Geburt" für sich reklamieren dürfte.


    Es freut mich, dass das Buch für die Hardcover-Verweigerer nun auch als TB erschienen ist.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Klappentext
    Auf der 26th Street in Chelsea, Manhattan, steht ein Mann aus Deutschland und sucht einen Buchhändler. Er trifft auf Jack, alias Jacob, seinen zukünftigen Geschäftspartner, Lehrer und väterlichen Freund. Jack bietet ihm 4000 deutsche Bücher zum Kauf an, alte Bücher, wertlose Bände, die aus Europa nach Amerika kamen. Der Mann fragt sich, was er mit dieser Emigrantenbibliothek soll. Da beginnen die Bücher zu erzählen.
    Zunächst sind es Gebrauchsspuren: Anstriche, Lesezeichen, Postkarten, Exlibris. Dann scheinen Schicksale auf, wie das von Max Martin Nathan, dessen Lebensweg von Hamburg über New York nach Australien führt, oder das des Abraham Jacobi mit der aufrührerischen Vergangenheit. Der Mann befragt seine Freunde nach ihren Geschichten. Sie sind Amerikaner, aber nicht in Amerika geboren. Lily erzählt, wie sie von Ankara nach New York kam, Hilde erzählt, wie es dazu kam, dass sie Oskar Schindlers berühmte Liste tippte, Jack erzählt von Büchern und Frauen, von seinem Zwang zu dozieren und von der Pizzeria an der 11th Avenue.


    Mein Eindruck
    Dieses Buch liest sich ein bißchen so, als würde man zwischen verschiedenen TV-Sendern hin- und herzappen. Im Gegensatz zum Fernsehprogramm gibt es hier aber auf jedem Kanal etwas Interessantes zu sehen.


    Die Rahmenhandlung dreht sich um einen Berliner Schriftsteller, der in New York nach neuem Romanstoff sucht. Er neigt ein wenig zu paranoiden Anfällen und hat die Angewohnheit, jede unüberlegt angewandte Metapher auseinanderzunehmen. Seine hervorstechendste Eigenschaft ist jedoch seine Liebe zu Büchern, die soweit geht, dass er in einem Buchladen in Chelsea 4000 Bücher aus Deutschland kauft.


    Tagelang sind er und der Buchhändler Jacob mit dem Verpacken der Schätze beschäftigt. Immer wieder entdeckt der Erzähler dabei Hinweise auf die ehemaligen Besitzer, und er fängt an, deren Lebenswege zu rekonstruieren. Wie Dostoevskij und sandhofer schon erwähnt haben, geht es in diesen Lebensgeschichte um den Widerstand gegen den Nationalsozialismus und das Leben im Nachkriegsdeutschland. Dazwischen rekapituliert er seine eigene Familiengeschichte, erinnert sich an seine Jugend in Ostberlin und führt, wie ihm irgendwann bewusst wird, Zeitzeugen-Interviews mit seinen Freunden in New York.


    Die Geschichten, die er durch seine Recherche ans Licht bringt, beruhen zum Teil auf wahren Begebenheiten. Auch seine New Yorker Bekannten sind reale Personen, wie die Danksagung der letzten Seite zeigt.


    Es gibt soviel Spannendes, Wissenswertes und Erschütterndes in Menschings Roman zu entdecken - erzählt mit Humor und Ernsthaftigkeit an den richtigen Stellen und in einer durchdachten, oft poetischen Sprache. So findet sich zum Beispiel die wohl lyrischte Beschreibung über die Entstehung von Schokoflecken:


    Ein Splitter, kaum sichtbar, beim Hineinbeißen gelöst, landet, unbemerkt, auf dem Papier, schmilzt im Lichtschein der Tischlampe, das trockene Blatt saugt das Kakaofett ein, jetzt, zu spät, bemerkt der Büchernar das Malheur und agiert - in 99 von 100 Fällen - unklug, indem er, als könne er das Verhängnis ungeschehen machen, versucht, den Fremdkörper leichthin mit dem Finger wegzuwischen. (S. 45) *schmelz* :anbet:


    5ratten

    LG, Bella

  • Ja, das Buch liegt auch noch in meinem Vorrat. Mensching ist sowieso Klasse. Man kann auch seinen ersten Roman "Pygmalion" empfehlen und wer Lyrik mag findet auch Interessantes bei ihm (z.B. "Erinnerungen an eine Milchglasscheibe").
    Ausserdem hatte ich noch das Glueck, in zusammen mit Hans-Eckard Wenzel auf der Buehne in einem Kabarettprogramm zu erleben. Der Mann ist echt vielseitig.

    "Es ist die Pflicht eines jeden, es auch auszusprechen, wenn er etwas als falsch erkennt." --- Stefan Heym, 2001

  • Danke für Deine wunderschöne Rezi, Bella!
    Dieses Buch ist soeben auf meinen Wunschzettel gewandert... :smile: Es hört sich phantastisch an.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Bei mir subbt das Buch auch noch, aber jetzt ist es gerade ein Stückchen nach oben gerutscht :smile:
    Amazon hat übrigens noch Restexemplare des HC für 7,95 € :zwinker:

    viele Grüße<br />Tirah

    Einmal editiert, zuletzt von Tirah ()

  • Hallo Bella,


    deine Rezension macht mir Lust, dieses Buch endlich weiter zu lesen. Vor ca. einem Jahr habe ich es halb gelesen zur Seite gelegt und seitdem noch nicht wieder angefasst. Mich störten die fehlenden Absätze und voll gedrängten Seiten. Es war zu der Zeit einfach das falsche Buch für mich. Ab Herbst/Winter werde ich es dann wohl wieder in die Hände nehmen. Bevor ich es kaufte, las ich übrigens die erste Seite und war gleich von Menschings Humor begeistert.

  • Ui, wie toll! :klatschen:
    Soeben habe ich ein gebundenes Exemplar bei Buchticket eingetauscht... Und freu mich riesig! (Was ich nur mal mitteilen wollte :breitgrins:)

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Über Steffen Mensching (lt. Klappentext):
    Geb. 1958 in Berlin, Studium der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin. Seit 1983 freiberuflich als Autor, Schauspieler, Regisseur. Lebt in Berlin.
    Diverse Clownsabende gemeinsam mit Hans-Eckardt Wenzel; Theaterstücke, Filmarbeit, Übersetzungen.



    Mensching kauft einem New Yorker Buchhändler 4000 antiquarische Bücher, die von deutschen Emigranten stammen, ab. Was ihn fasziniert sind die Gebrauchsspuren der Bücher, Postkarten, Exlibris, Unterstreichungen, Lesezeichen. Mensching beginnt zu recherchieren, erfährt Bruchstücke von Biographien, aus denen er Lebensgeschichten rekonstruiert.
    Zusammen mit dem Buchhändler Jack verpackt er die Bücher, unterhält sich mit ihm. Unglaublich interessante Dialoge der etwas anderen Art entstehen.
    Die Recherchen über die früheren Besitzer der Bücher überschneiden sich mit Geschichten der New Yorker Freunde. Er erfährt wie Hilde in Polen auf die lebensrettende Liste von Schindler gelangt ist. Ein Stück der Lebensgeschichte von Herbert. Die Suche nach der Wahrheit über die Haftgründe seines eigenen Großvaters.


    Die Texte sind eine Mischung aus Fiktion und Wahrheit und haben mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Aber leicht hat es Mensching nicht gemacht. Die einzelnen Kapitel sind ohne Absätze, als wenn sie atemlos hingeschrieben wurden. Das wird vielleicht den einen oder anderen abschrecken, aber wer durchhält wird von einem, in meinen Augen, großartigen Buch belohnt.


    Deshalb von mir volle 5ratten :tipp:


    Für Sparfüchse noch den Tipp, dass die Hardcover-Ausgabe noch als günstiges Restexemplar erhältlich ist.

  • Hallo,


    ich lege das Buch nach 50 gelesenen Seiten zur Seite. Die Geschichten, die er erzählt, berührt mich in keiner Weise. Gerade die Bibliophilen-Geschichte über den Kauf von 4000 Büchern langweilt mich. Dort werden zig Bücher aufgezählt und einige Anmerkungen dazu gemacht, als Tatsachenbericht hätte ich das durchaus äußerst spannend gefunden, dann bräuchte es jedoch nicht die übrigen Geschichten, aber in Romanform wirkt gerade dieser Teil auf mich unecht und konstruiert.


    Kein Buch für mich. Ich greife zu etwas anderem.


    Gruß, Thomas

  • [size=13pt]Steffen Mensching – Jacobs Leiter[/size]

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links



    OA: 2003
    426 Seiten
    ISBN: 978-3351029722


    Klappentext:


    Muß man 4000 Bücher kaufen, um eines zu schreiben? Steffen Mensching berichtet vom großen Abenteuer, in Büchern nichts weniger als die Welt zu entdecken Steffen Menschings virtuos erzählter Roman ist eine spannungsvolle Melange aus Dokument und Fiktion, Geschichte und Augenblick mit überraschender Komik in den Details. Ein Mann aus Deutschland steht auf der 28th Street in Chelsea, Manhattan, und sucht einen Buchhändler. Er trifft auf Jack, alias Jacob, alias Jacov, seinen zukünftigen Geschäftspartner, Lehrer und väterlichen Freund. Jack bietet ihm 4000 alte deutsche Bücher zum Kauf an, kostbare und wertlose Bände, die aus Europa nach Amerika kamen. Der Mann ist hin und her gerissen. Was soll er mit dieser Emigrantenbibliothek? Da beginnen die Bücher zu erzählen.


    Eigene Meinung:


    Diese Biographie ist definitiv ein Buch über Bücher, ins Besondere über antiquarische Bücher und ihre ehemaligen Besitzer. Steffen Mensching begann mit dem Erwerb der 4000 Bücher auch eine akribische Recherche über einige der Vorbesitzer. So fügen sich nach und nach die Puzzelteile zweier ganz besondere Leben zu bewegenden Geschichten zusammen. Auch die Familiengeschichte von Steffen Mensching in der DDR, sowie die Geschichte von Hilde Berger welche der Autor in New York kennenlernt sind berührende Dokumentationen bewegter Zeiten.
    Dieses Buch, welches aus vielen verschiedenen Geschichten besteht, welche immer wieder abwechselnd erzählt werden, wird niemals langweilig. Es handelt von realen Personen und ihren Leben, welche es wert sind, dass man sie in Erinnerung behält.
    Hat man dieses Buch gelesen so wird man antiquarische Bücher mit anderen Augen sehen und ihnen und ihren Vorbesitzern eine ganz besondere Sensibilität zu Teil werden lassen. Diese Bücher haben in gewisser Weise eine Seele. Eine Seele, welche sie durch einen, uns fremden Menschen, erhalten haben.
    Mensching fragt sich in diesem Buch einige Male, ob diese Geschichte es wert ist aufgeschrieben zu werden und ich kann diese Frage mit einem ganz klaren „Ja“ beantworten. Aus seinen Erlebnissen wurde ein berührendes, humorvolles und dokumentarisches Buch erschaffen, welches es verdient gelesen zu werden.


    5ratten + :tipp:


    Tina

  • Dieses Buch ist definitiv nicht einfach zu lesen, aber es ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Genau genommen sind es mehrere kleine Bücher in einem. Mensching gibt die einzelnen Geschichten in eigenen Handlungssträngen wieder, die sich in ungeordneter Reihenfolge miteinander abwechseln und zwischen denen auch immer wieder die Rahmenhandlung des Erzählers in New York eingeflochten wird. Dadurch wird es zwar nicht langweilig, bringt aber ein gewisses Maß an Unruhe mit sich. Mir gefielen nicht alle Handlungsstränge gleichermaßen, besonders interessant waren aber diejenigen, die sich mit der Vergangenheit der Familie des Erzählers beschäftigen, welcher Steffen Mensching selbst ist. Eigentlich waren alle Geschichten schon ein eigenes Buch wert.


    Die Technik, auf diese Weise mehrere Berichte in einem Buch zusammenzufassen, liegt mir nicht wirklich, da meistens der Schauplatz wechselt, wenn ich mich gedanklich gerade wieder richtig eingefunden habe. Es ist schade, dass manche Geschichten etwas kurz kamen oder keinen richtigen Abschluss hatten, doch bei sechs oder sieben unterschiedlichen Erzählungen auf 420 Seiten muss sich der Autor zwangsläufig einschränken.


    Als störend empfand ich das optische Erscheinungsbild, da es keine Absätze gibt und Dialoge ohne Anführungszeichen mitten in der Handlung stehen. Es gab mehrfach Abschnitte, in denen ich nur vermuten konnte, wer gerade spricht.



    4ratten



    Deiner Bemerkung über antiquarische Bücher kann ich zustimmen, tina. Das hast du auf den Punkt genau getroffen.

  • Steffen Mensching - Jacobs Leiter


    Ein weiteres Urlaubsbuch befasst sich mit gleich mehreren biographischen Gesichten, in verschiedenen Zeiten die abwechselnd erzählt werden. Der Autor erwirbt in New York eine antiquarische Sammlung deutscher Bücher. Aus einzelnen Exemplaren zieht er Informationen übe Vorbesitzer über welche er dann Nachforschnungen anstellt und deren Geschichte er im Buch verarbeitet.


    Es war irgendwie nicht das Buch was ich erwartet habe, doch waren die erzählten Geschichten spannend, tragisch, komisch, empfindsam, traurig aber hoffnungsvoll. Leider ist es mir bis zum Schluss schwer gefallen, die entsprechende Zeit und Person einzuordnen und ich habe manchmal zu lange gebraucht in die entsprechende Geschichte hineinzufinden.


    Sehr schön dagegen fand ich die Gedichte, hier waren tolle Stellen dabei.


    Insgesamt ein Buch für geschichtlich interessierte und Bücherlienhaber.


    Viele Grüße
    schokotimmi