Maren Winter - Das Erbe des Puppenspielers

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    Huhu,


    ein Buch, das ich nicht jedem empfehlen würde, das mir persönlich aber gut gefallen hat!


    Klappentext


    Der Puppenspieler Meginhard folgt Karl dem Großen auf seinem Heereszug gegen die heidnischen Sachsen, um die Mörder seiner Mutter zu finden. Dort trifft er Gisela wieder, seine lang verloren geglaubte Gefährtin. Doch Meginhard kann nicht lieben, solange der Hass in ihm brennt. Und so lässt er sich auf eine gefährliche Verschwörung gegen Reich und Krone ein.


    Meine Meinung


    Der 13jährige Bastard Meginhard wächst wohlbehütet mit seinem Bruder Ansgar bei der unfreien Mutter auf. Doch als Karl der Große nach Macht strebt, muss Meginhard mitansehen, wie seinetwegen die Mutter von Rittern geschändet und ermordet wird. Er selbst kann zwar entkommen, kann die Gedanken an diese Tat jedoch zeit seines Lebens nicht vergessen und sinnt auf Rache. Auf der Flucht mit Ansgar lernt er den Tokkenspieler Berengar kennen, dem die Ähnlichkeit mit Karlmann, dem verstorbenen Bruder des Königs, auffällt. Er kauft ihn seinem derzeitigen Herrn ab und bildet ihn zum Tokkenspieler aus. Die Spielleute ziehen durch das von Kämpfen erschütterte Land und versuchen mit den Aufführungen und kleinen Betrügereien zu überleben. Auf ihrer Reise schließen sie sich dann sogar dem Herr des Königs auf den Weg nach Sachsen an. Meginhard derweil möchte die Mörder seiner Mutter finden und zur Rechenschaft ziehen, ohne von seiner Herkunft zu ahnen.


    Meginhard war mir die meiste Zeit über mehr als unsympathisch. Anfangs ein verwöhnter, naiver Bengel, der nur sich selbst im Sinn hat, entwickelt er sich nach und nach zu einem selbstsüchtigen, betrügerischen - und sogar mordenden - jungen Mann. Doch vielleicht wirkt er gerade aufgrund dieser Schwächen immer menschlicher? Seine Taten bleiben nicht unerklärt und manches Mal konnte ich ihn sogar verstehen. Auch die weiteren Protagonisten verhalten sich oft so, dass man ganz laut nach Gerechtigkeit schreien mag - doch vergebens. Die Autorin kennt keine Gnade: Jeder nutzt jeden aus und wird mit einem Tritt weggejagt, sobald seine Dienste nicht mehr benötigt werden - und es gibt kaum Lichtblicke. Zwar sind im Anhang einige wichtige Begriffe dieser Zeit erklärt, doch ich vermisste schmerzlich ein Namensregister der vorkommenden (historischen) Personen, sowie eine kurze Chronologie. Deshalb konnte ich aufgrund der vielen Namen und der teilweise verwirrenden Handlung, die sich daraus ergab, dem Buch nicht immer folgen.


    Positiv aufgefallen ist mir die Sprache. Maren Winter bemüht sich, die Protagonisten nicht neuzeitlich wirken zu lassen, sondern legt ihnen mittelalterliche Phrasen in den Mund, was - kombiniert mit der wunderbaren Atmosphäre des Romans - sehr anschaulich und realistisch wirkt. Gerne hätte ich erfahren, wie die Geschichte um Meginhard denn nun konkret ausgeht - doch diesen Gefallen tut die Autorin dem Leser leider nicht. Das Buch endet relativ offen und man kann sich mehr oder weniger aussuchen, ob der Hauptprotagonist überlebt oder nicht. Sehr interessant fand ich darüber hinaus auch die Gliederung des Buches in das erzwungene Treuegelöbnis, das Karl der Große von seinen Untertanen verlangte.


    Alles in allem ein Buch, das ich durchaus empfehlen kann. Dafür, dass ich nicht genügend Wissen über diese Zeit mitbrachte und mich das Buch oft etwas verwirrt hat, kann die Autorin schließlich nichts. Sie hat es jedenfalls geschafft, mich für die Zeit um Karl den Großen zu interessieren und hat mir zudem einige angenehme Lesestunden beschert. Sehr empfehlenswert ist es übrigens, die Webseite der Autorin für weitere Informationen zum Hintergrund des Buches zu besuchen.


    4ratten


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  • Maren Winter: Das Erbe des Puppenspielers


    Klappentext (Auszug aus dem Buch):


    Ich glaube nicht, daß ich, Meginhard, ein Künstler bin. Weder der Heilige Geist, noch ein Teufel hat je aus mir gesprochen, das kann ich bezeugen, denn alles, was ich tat, habe ich selbst entschieden. Jeder Mensch bestimmt allein über seine Taten; selbst Hexen und Zauberer handeln eigenständig. So viele Wunder habe ich gesehen, so viele schuf ich selbst, und nun bin ich müde zu glauben. Die Menschen wollen geführt werden. Und sie wollen betrogen sein. Sie fürchten die Freiheit, da sie selbst entscheiden müssten. Schafe sind die und folgen dem, der eindrucksvoll zu blöken versteht. Die Könige ebenso wie die Knechte. Weil sie sich so ängstigen, küssen sie jedem die Hand, der ihnen zukünftiges Heil verspricht. Darum habe ich alle Talente genutzt, die mir zur Verfügung stehen, und ich tue es noch. Ich bin niemandem Dank dafür schuldig, denn ich selbst habe sie gefördert und gepflegt. Sie machten mich zu dem, was ich jetzt bin. Ich bin der Herr über die Hölle und das Himmelreich. Ich bin der Herr über Glück und Elend aller Menschen, die mir zusehen. Ich bin Tokkenspieler.

    Inhalt:


    Meginhards Geschichte beginnt um das Jahr 750. Geboren als uneheliches Kind, muß er als kleiner Junge mit ansehen, wie seine Mutter getötet wird. Sein älterer Bruder läßt ihn schwören, nicht eher zu ruhen, als bis die Mörder der Mutter zur Strecke gebracht sind.
    Eines Tages reißt der Puppenspieler Berengar Meginhard aus seinem freudlosen Leben als leibeigener Küchenjunge auf einem Herrenhof, und nimmt ihn mit auf seine Reisen. Als sie sich dem Heereszug Karls des Großen gegen die Sachsen anschließen, trifft Meginhard Gisela wieder, seine Gefährtin aus Kindheitstagen. Die Liebe zu Gisela, die Suche nach den Mördern seiner Mutter und die Flucht vor der Schuld, die er auf sich geladen hat, bestimmen Meginhards weiteres Leben, in dem er in Intrigen und Verschwörungen verwickelt wird.


    Meine Meinung:


    Maren Winter erzählt das Leben des Tokkenspielers (=Puppenspielers) Meginhard spannend und mitreißend. Schlag auf Schlag ziehen die Ereignisse seines bewegten Lebens an uns vorbei. Die Geschichte ist mit Handlung vollgestopft, die stellenweise so knapp geschildert wird, daß das Buch gut doppelt so dick hätte sein können, ohne langweilig zu werden, denn manches wird nur angerissen und nicht weiter vertieft.


    Der Tokkenspieler Berengar ist eine ambivalente Person und prägend für Meginhard. Er nimmt Meginhard auf und bildet ihn zum Puppenspieler aus, spekuliert aber auch darauf, eigenen Vorteil aus der Herkunft des Jungen zu schlagen, über die es ein brisantes Geheimnis gibt, das Meginhard selbst erst spät klar wird. Er behandelt Meginhard teils freundlich, teils brutal, und das hat Folgen: Meginhard, eigentlich ein gutmütiger Mensch, denkt und handelt schwankend und sprunghaft. Er ist sein ganzes Leben lang damit beschäftigt, sich immer weiter ins Unglück zu reiten (wobei man allerdings auch bedenken muß, daß er als Bastard, Höriger und Waise sowieso nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurde). Er trifft falsche Entscheidungen, er macht sich schuldig. Er gerät in die ganz große Politik seiner Zeit, und als Leser verfolgt man bang, wie er sich mißbrauchen und von Mächtigen in Intrigen verwickeln läßt, denen er nicht gewachsen ist. Er ist aber nicht in der Lage, daraus zu lernen, sondern fällt immer wieder auf Lüge und Betrug herein. Das ist auf Dauer etwas deprimierend. Aber zum Glück gibt es jede Menge interessante Nebenpersonen wie Ansgar, Gisela, Burchard und Meginhards andere Gefährten, und Abwechslung durch Meginhards unstetes Leben.


    Das Buch wird von Meginhard in einem Lebensrückblick erzählt, vor jedem Kapitel gibt es (kursiv gedruckt) eine Art Kommentar von ihm zu den entprechenden Ereignissen. Hier schien es anfangs so, als hätte Meginhard seinen Glauben an Gott verloren. Ich hatte erwartet, daß das Buch darauf hinauslaufen würde, diesen Glaubensverlust irgendwie mit seinen Lebenserfahrungen schlüssig zu begründen, und fand es dann etwas verwirrend, daß das nicht geschah, sondern in den späteren Kapiteln gar nicht mehr thematisiert wurde.


    Interessant sind auf jeden Fall die Ereignisse um Karl den Großen, die Sachsenfeldzüge, seine politischen Aktionen. Abgerundet wird das Buch durch ein informatives Glossar, in dem es (unter anderem) Interessantes über das Puppenspiel zu lesen gibt (Maren Winter ist selbst Puppenspielerin).


    Bewertung:


    4ratten


    Viele Grüße,
    kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.