Adelbert v. Chamisso - Peter Schlemihls wundersame Geschichte

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    Der junge, mittellose Botaniker Peter Schlemihl spricht mit einem Empfehlungsschreiben gerüstet bei dem reichen und blasierten Thomas John vor. In dessen Gefolge befindet sich auch ein rätselhafter Mann im grauen Rock, der von John und seinen Freunden nicht sonderlich beachtet wird, jedoch jeden ihrer Wünsche mit einem Griff in seine Tasche zu erfüllen vermag, aus der er alle möglichen und unmöglichen Dinge hervorzuziehen imstande ist.
    Als Schlemihl sich von der eingebildeten Gesellschaft entfernen will, eilt ihm der Mann im grauen Rock nach und schlägt ihm einen Handel vor: Für Schlemihls Schatten ist er bereit, ihm eine nie versiegende Geldbörse zu überlassen. Schlemihl geht auf den Handel ein, doch das stellt sich schon nach kürzester Zeit als fataler Fehler heraus. Nun zwar unermesslich reich und mit dem Reichtum auch alles andere als geizig, wird er wegen seiner Schattenlosigkeit ("jeder Pudel hat doch einen Schatten") von den Menschen gemieden.
    Dies setzt Schlemihl so sehr zu, dass er alle Hoffnung darein setzt, den Handel mit dem seltsamen, grauberockten Mann bei dessen versprochener Wiederkehr nach "Jahr und Tag" rückgängig machen zu können. Doch der tatsächlich auftauchende Fremde ist nicht an einer Rückgabe der Börse interessiert; stattdessen schlägt er Schlemihl einen anderen Handel vor...


    Adelbert v. Chamissos kurze Erzählung vom Schicksal Peter Schlemihls ist eine kuriose Mischung aus Gesellschaftssatire und Märchen. Auf der einen Seite werden das Geld und die Gier nach ihm als Wurzel des Schlemihl widerfahrenden Übels klar benannt. Auf der anderen Seite bleiben aber auch die Menschen nicht unkritisiert, die den freigebigen und gutherzigen Schelmihl aus ihrer Mitte ausstoßen, nur weil er keinen Schatten mehr wirft. Die positiven Gestalten der Erzählung (der treue Diener Bendel und die Geliebte Schlemihls Mina) erschrecken zwar vor diesem seltsamen Umstand, doch halten sie gleichwohl zu ihrem Freund.


    Trotz aller Kürze und trotz aller märchenhaften Flachheit der Darstellung bietet Peter Schlemihls wundersame Geschichte also viele Möglichkeiten zur Deutung und zur moralischen Bewertung des Romangeschehens. Insgesamt eine recht kurz(weilig)e und kluge Unterhaltung.


    EDIT: Amazonlink eingefügt. LG, Saltanah

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Adelbert von Chamisso, Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1813)


    Der Inhalt der Novelle ist schnell zusammengefasst: Peter Schlemihl verkauft seinen Schatten, im Gegenzug erhält er einen nie versiegenden Geldbeutel. Doch er hat bei diesem Handel eines nicht bedacht: Was ist ein Mensch ohne Schatten? Viel wichtiger: Was ist ein Mensch, der einen offensichtlichen Makel hat, in einer Gesellschaft?


    Mit schonungsloser und zugleich ironischer Offenheit beantwortet Adelbert von Chamisso diese zwei Fragen. Seine Antwort ist schlicht und schockierend: nichts. – Peter Schlemihl wird für seinen Makel gehänselt, bemitleidet und gemieden. Er kann sich zwar mithilfe des Geldbeutels alles kaufen, doch ohne seinen Schatten ist er für die Anderen nicht mehr gesellschaftsfähig und wird von ihnen, sobald sie seine Schattenlosigkeit bemerken, ausgeschlossen. - Der Schatten ist in Chamissos Novelle zum Sinnbild für menschliche Zugehörigkeit geworden. Der Verlust des Schattens in Peter Schlemihl zeigt auf traurige Weise, wie die menschliche Gesellschaft mit Andersartigkeit umgeht.


    4ratten

  • Was ist ein Mensch ohne seinen Schatten? Er ist, verzeihen Sie mir die Wortwahl, ein Schuft!
    Ich habe gestern und heute endlich einmal den "Peter Schlemihl" gelesen und dieses Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Die Sprache ist relativ einfach gehalten und gut lesbar, Chamisso gelingen viele wunderbare Formulierungen, in denen die Melancholie, immer wieder aufkeimende Hoffnung und schliesslich die Resignation des armen Schlemihl zum Ausdruck gebracht werden. Es stellt sich natürlich die Frage, wofür der Schatten hier steht, das in meiner Ausgabe enthaltene Nachwort von Thomas Mann schlägt eine nicht allzu allegorische, eher offene Lesart vor, nach welcher das dem Protagonisten abhanden Gekommene gleichwohl für etwas wie "bürgerliche Solidität" gelten kann. Der Schlemihl, so würde ich es sagen, ist einer, der etwas, das bekanntlich "jeder hat", das in Wahrheit aber nun einmal einige nicht haben, mehr oder weniger zufällig verscherbelt hat. Dies ist ihm auch peinlich, so erfindet er mehrmals possierliche Geschichten darüber, wie er seinen Schatten, in den ihm einer reingetreten sei, nur eben zum Ausbessern fortgegeben habe usw.
    Das Ende bringt keine Erlösung, wie man sie bei einer so aus der Trickkiste der Märchen schöpfenden Novelle erwarten könnte. Auf der anderen Seite gelingt es Schlemihl jedoch schliesslich, sich mit seinem Leben als outcast abzufinden, er wird zum Naturforscher, wobei ihm ein paar alte Siebenmeilenstiefel gute Dienste leisten. Dies ist eine überaus lesenswerte, ebenso unterhaltsame wie melancholische Geschichte.
    5ratten

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)