Louis Begley - Lügen in Zeiten des Krieges

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  • Bekanntes Thema: Juden in Polen während des 2. Weltkrieges.


    Hier geht es konkret um den Jungen Maciek, der mit seinem Vater, seiner Tante Tanja, der Schwester seiner verstorbenen Mutter, und seinen Großeltern in einer kleinen Stadt lebt.


    Als der Krieg beginnt, wird der Vater eingezogen, und schon bald beginnt die Hetze auf Juden. Die kluge Tanja lernt einen Deutschen kennen, der die Familie bei sich versteckt, doch auch das wird zu gefährlich, eines Tages ist Reinhard, der deutsche Helfer, tot, ebenso die Großmutter.


    Man beschließt, sich zu trennen, um nicht aufzufallen. Tanja und Maciek schlagen sich mit falschen Pässen quer durch Polen, und Maciek lernt zu lügen, was das Zeug hält, um zu überleben.


    Ein ziemlich deprimierendes Buch. Zwar haben Tanja und Maciek letztendlich ein ums andere Mal Glück, aber die ständige Bedrohung bringt Begley sehr gut rüber, die erzwungene Rastlosigkeit, die nie endende Unsicherheit.


    Besonders beeindruckt hat mich die Passage über Macieks Erstkommunion. Um nicht aufzufallen, weil er ja laut Pass katholisch ist, geht Maciek mit seinen Altersgenossen zur Kommunion und lernt im Kommunionunterricht den Katechismus. Dort steht, dass Lügen eine Todsünde ist - doch damit niemand etwas merkt, kann er sich nicht als Jude bekennen, kann nicht vor der Kommunion getauft werden, was eigentlich Voraussetzung ist. Kurz, er muss lernen, sich mit einem Haufen von Lügen zu arrangieren.


    Insgesamt hat mich das Buch aber auch beim Lesen recht runtergezogen und war überdies an manchen Stellen ein bisschen verwirrend. Manchmal kam ich bei den vielen Ortswechseln nicht mehr ganz mit.


    Deshalb 3ratten


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    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Meine Meinung


    Louis Begley erzählt die Geschichte des jüdischen Jungen Maciek, der in gut situierter Familie in Ostpolen aufwächst. Sein Vater ist Arzt, seine Mutter ist im Kindbett gestorben. An deren Stelle trat seine Tante Tanja. Mit Beginn des Krieges wird der Vater eingezogen. Mit der Verfolgung der Juden wird die Familie vor immer größere Probleme gestellt. Es gibt zunehmend Einschnitte in das Leben und den Lebensstandard. So bauen sie sich ein Gerüst aus Lügen und Heimlichkeiten auf, das helfen soll, zu überleben. Da gibt es zum Beispiel falsche Namen und „neue“ Papiere sowie eine katholische Familiengeschichte. Das Schicksal verschlägt Tanja und Maciek nach Warschau, mitten in den Aufstand im Ghetto.


    Die Geschichte ist aus der Sicht des heranwachsenden Macieks in der Ich-Form geschrieben. Lediglich im Prolog und im VIII. Teil wird davon abgewichen.
    Die Sprache ist einfach gehalten und auch die schlimmsten Gräuel werden ohne jedes Pathos geschildert. Das hat zur Folge, dass dieser eher nüchterne Stil eine Eindringlichkeit beinhaltet, die Tage nachdem ich dieses Buch beendet hatte, immer noch in mir nachklang.


    Ich war tief berührt und trotz der Kenntnis der Geschichte stark beeindruckt vom Überlebenskampf von Tanja und Maciek. So traurig auch der Hintergrund dieses Romans auch war, beim Lesen war ich nie hoffnungslos, obwohl der Ausgang des Buches für mich lange Zeit nicht vorhersehbar war.


    Den tiefsten Eindruck aber hinterließ bei mir ein Satz von der ersten Seite des Buches:


    „…was ihn am meisten quälte: die Scham am Leben geblieben, mit heiler Haut, ohne Tätowierung davongekommen zu sein, während seine Verwandten und fast alle anderen im Feuer umgekommen waren, unter ihnen so viele, die das Überleben eher verdient hätten als gerade er.“


    Dieser Satz verfolgte mich durch das gesamte Buch. Er kam mir in den schlimmsten Situationen in den Sinn, so dass ich über die Bedeutung dieser Zeilen oft und lange nachgedacht habe.


    Zitat von "Valentine"

    Insgesamt hat mich das Buch aber auch beim Lesen recht runtergezogen und war überdies an manchen Stellen ein bisschen verwirrend. Manchmal kam ich bei den vielen Ortswechseln nicht mehr ganz mit.


    Ich empfand das in dem Buch anders, immer wenn ich dachte, es sei hoffnungslos, gab es einen Menschen, der geholfen hat, oder die beiden haben eine List ersonnen und ein neuer Hoffnungsstrahl tat sich dann auf.



    Wenn ich nicht schon "Jakob der Lügner" von Jurek Becker gelesen hätte, von dem ich total begeistert war, würde ich das Buch mit 5 Ratten bewerten, aber da kommt "Lügen in Zeiten des Krieges" nicht ganz heran. Deshalb sieht meine Bewertung so aus:
    4ratten

    Liebe Grüße<br />Karthause :schmetterling:<br /><br />Die Kunst zu lesen, in ein Buch hineinzufallen, darin zu versinken, kaum noch auftauchen zu können, ist ein Stück Lebenskunst. <br />Elke Heidenreich

  • Hallo!


    Leider habe ich bei meiner Ausgabe den Klappentext gelesen und wusste so schon vor der ersten Seite, was auf den ersten 200 Seiten passiert. Bei einem Buch von gerade mal 240 Seiten ist das schon ärgerlich :rollen:


    Ich fand die Lektüre ein bisschen schwierig, weil Maciek quasi ohne Punkt und Komma erzählt hat. Es wirkte auf mich, als ob er sich alles von der Seele reden wollte und die Worte deshalb nur so aus ihm herausgesprudelt sind. Aber weil so viel passiert ist war es oft schwierig, den Faden nicht zu verlieren.


    Mit Maciek als Beobachter und Erzähler wirkte die Geschichte oft wie die von Tanja. Dabei wurde vieles nur angedeutet, weil mit den Augen eines Kindes Beobachter wurde. Aber es fiel mir nicht schwer, zwischen den Zeilen zu lesen. Später, mit Macieks zunehmendem Alter wurde die Erzählung dann deutlicher.


    Trotzdem fiel es mir schwer, wirklich Sympathie für Maciek und Tanja zu empfinden. Die Art, wie erzählt wurde war sehr distanziert. Das muss vielleicht bei dem Erlebten so sein, aber mir hat es das Buch dadurch nicht nahe bringen können.
    3ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.