Civitas solis ist neben Mores Utopia der bekannteste Staatsroman der Renaissance. Angelehnt an das Muster, das More vorgegeben hatte und dass später dem Genre seinen namen leihen sollte, präsentiert auch Campanella ein Gespräch zwischen einem Gelehrten und einem Reisenden. Wie bei More ist der ideale Staat am Rande der damals bekannten Welt situiert (Indien) und liegt auf einer Insel.
In dem Gespräch werden nun die Organe des Staatsgebildes nach Themen geordnet abgehandelt, von der Gestalt der Sonnenstadt, über ihre Bekleidungs- und Ernährungsgewohnheiten bis zu ihren Kriegskünsten.
Mit Mores Utopie teilt die Campanellas außerdem die Abwesenheit von Privateigentum, das als Grundvoraussetzung für Neid und Missgunst angesehen wird. Civitas solis ist demnach eine kommunistische Utopie.
Bei aller Aufwertung der Rolle, die Frauen im Staatsgebilde zu spielen haben, teilt Campanella mit More allerdings auch die grundsätzliche Trennung in eine weibliche und eine männliche Sphäre. Die Frauen sind selbstverständlich nicht an der Führung des Staates beteiligt und was die staatlich regulierte Heirats- und Fortpflanzungspraxis in der Sonnenstadt betrifft, sind die Frauen hier auch eher ein nicht dem Privateigentum unterworfenes Gut als eigenständige Personen.
Bemerkenswert ist die Rolle, die die Astrologie bei Campanella spielt: Sowohl die zeugung des menschlichen als auch die des tierischen Nachwuchses wird nach Sternenkonstellationen ausgerichtet und auf für dieses schmale Büchlein vergleichsweise breitem Raum ausgewalzt.
Campanella selbst war ins seinem Leben mehrfach starken Anfeindungen ausgesetzt und ist wegen Ketzerei angeklagt und verurteilt worden. Die Civitas solis enstand so auch zum großen Teil während seiner langen Kerkerhaft. Sein Lebensende verbrachte Campanella im französischen Exil, wo er hoch angesehen 1639 starb.
Civitas solis ist aufgrund seiner Kürze weniger langatmig zu lesen als Mores Utopia und an manchen Stellen wegen der eher seltsamen Staatseinrichtungen, bei allem Militarismus und allen autoritativen Strukturen, auch recht amüsant zu lesen. So kommt einem bei der astrologischen Berechnung des besten Zeitpunktes für die Fortpflanzung und auch bei deren konkreter Ausgestaltung doch nicht nur einmal wenigstens das Schmunzeln.
Nichtsdestoweniger sind die alten Staatsromane natürlich eher philosophische als belletristische Texte und ürsprünglich auch als solche konzipiert. Historisch ist ihre Kenntnis allerdings gerade auch für die Liebhaber von SF-Literatur, die ja bis heute nicht selten starke Anleihen bei den Staatsromanen macht, nicht uninteressant.