William Kotzwinkle - Ein Bär will nach oben

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.556 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Klara.

  • Huhu,


    hier der zweite Buchtipp für Manjula und alle anderen:


    Ein Bär will nach oben von William Kotzwinkle:


    Es war einmal ein großer schwarzer amerikanischer Bär, der unter einem Baum ein Romanmanuskript fand. Er konnte es zwar nicht fressen, aber stehlen und lesen. Und weil er es nicht schlecht fand, lieh er sich im Dorfladen einen Anzug aus, nannte sich fortan nach seiner Lieblingsmarmelade "Hal Jam", ging nach New York, um in der Verlagswelt sein Glück zu machen.


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    Meine Bewertung:


    Arthur Bramhal ist vom Pech verfolgt. Sein erstes Manuskript - ein kopierter Bestseller - wird zerstört, als sein Haus niederbrennt und sein zweites Manuskript - nun ein rundum gelungener Roman - wird von einem Bären gestohlen, der eine Sahnetorte in der Aktentasche vermutet. Dem Bär gefällt das Manuskript fast so gut wie Sahnetorte und er macht sich auf nach New York in dem Bestreben ein Mensch und berühmt zu werden. Bramhal hingegen macht eine ganz andere Verwandlung durch.


    "Ein Bär will nach oben" beginnt absurd und endet genauso. Ein durch und durch skurriler Roman, bei dem ich mich anfangs eine ganze Weile gefragt habe "Was soll das jetzt eigentlich alles?". Doch nach und nach hatte ich meine Aha-Erlebnisse. Der Bär, der sich fortan "Hal Jam" (nach einer Marmelade) nennt, ist bestrebt ein Mensch zu sein. Er bewundert die Komplexität dieser Wesen und entfremdet sich seiner Art, obwohl immer wieder seine alten Instinke durchbrechen. Aber je mehr er sich in der Menschenwelt aufhält, desto mehr passt er sich an, beherrscht sich. Die Menschen selbst widerum sind fasziniert von diesem exotischen "Menschen".


    So geschehen in Hal Jams Umwelt immer wieder aberwitzige Begebenheiten, die einfach nur unterhalten und laut herauslachen lassen. Die Medienwelt mit ihren Haien in Menschenform, aber auch die Menschheit ansich wird von Kotzwinkle gnadenlos durch den Kakao gezogen. Doch wer wird glücklicher werden? Hal Jam, ein Bär als Mensch, oder Arthur Bramhal, der durch den Bären zu der Natur zurückfindet.


    5ratten


    Buchvorstellung auf Literaturschock (mit weiteren Rezensionen zum Buch)


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Huhu


    Der Mann hat ja einen seltsamen Namen... :zwinker:


    Na das hört sich ja trotzdem recht interessant an. Das muss ich mir merken.
    Danke für die Rezi!


    Grüße,


    Marypipe

  • Hallöle,


    Zitat von "Marypipe"

    Der Mann hat ja einen seltsamen Namen... :zwinker:


    Ich auch :breitgrins:
    Übrigens ist das der Autor von E.T.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Du hast doch keinen seltsamen Namen?!


    Achso, na wenn das der Autor von E.T ist, dann hat er natürlich keinen seltsamen Namen mehr! *hihi* :breitgrins:


    Liebe Grüße,


    Marypipe

  • Hurra, noch ein Buchtipp :klatschen: nimue, dafür gibt´s den Familien-Bauchweh-Becher :breitgrins:


    LG
    Manjula


    PS: In den Irvingbüchern kommt auch fast immer ein Bär vor - so schließt sich der Kreis :zwinker:

  • hmm, ups, habe dieses Buch noch hier im Regal rumstehen(ungelesen :redface: ) von einer guten Freundin geschenkt bekommen, aber noch keinen Blick reingeworfen. Nach der Rezi sollte ich das vielleicht mal tun? :zwinker::breitgrins:

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Hallo booki,


    Du solltest das Buch unbedingt lesen! Ist wirklich superklassetoll! :klatschen:
    Allerdings halt auch etwas schräg.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"

    Allerdings halt auch etwas schräg.


    Liebe Grüße
    nimue


    Hm, ach umso besser,auf so was stehe ich ja :klatschen::zwinker:

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Hallo nimue,


    bin gestern mit dem Bären fertig geworden -hat mir gut gefallen. Am Anfang haben mich Kleinigkeiten etwas gestört (z.B. die häufige Wiederholung von "Das war so, weil er ein Bär war"), aber dann hat mich dieser eher märchenhafte Stil gefangen genommen. Am schönsten lesen sich die Stellen, an denen die Menschen alles mögliche in Hals Äußerungen oder Verhaltensweisen interpretieren - köstlich!


    Ein sehr schöner Buchtipp, vielen Dank dafür und auch fürs Ausleihen :bussi::blume:


    Liebe Grüße
    Manjula

  • Hallo Manjula,


    ja... an meine Buchtipps muss man sich manchmal erst gewöhnen - aber dann werden sie wirklich gut :breitgrins:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • So, hab das Buch jetzt auch gelesen.
    Aber so ganz kann ich mich der Begeisterung nicht anschließen. In wesentlichen Punkten stimme ich überein: Es nimmt die amerikanische Gesellschaft auf die Schippe; es ist teilweise wortwitzig formuliert; es ist ein etwas anderes Buch.
    Aber (vielleicht weil ich aus der Krimi- und Drehbuchecke komme) es sind zu viele Stellen drin die mir nicht einleuchten. Einerseits ist der Prota zu blöd um einen ganzen Satz zu formulieren, andererseits gibt er (bewusst!) eine intelligente Antwort. Einerseits kann er lesen und schreiben, kann sogar so weit denken, das Manuskript zu beurteilen und sogar einem Agenten anzubieten, andererseits weiß er nicht mit Provokation umzugehen, nicht was „Leck mich ...“ bedeutet, was eine Kandidatur ist. Und so weiter.
    Einerseits sehen die Menschen in ihm einen Menschen (oder wollen das in ihm sehen) andererseits, sehen die Menschen in einem Menschen, der zu viele Haare mit sich schleppt, ein Tier.
    Der Autor ist in seinen Darstellungen einfach nicht konsequent genug.
    Den Schluss finde ich vorhersehbar. Das finde ich schade und hat mich besonders enttäuscht.

    Gruß Charly

  • Inhalt: Der Literaturdozent Arthur Bramhall hat sich ein Freijahr genommen, um seine Depression zu pflegen und ein Buch zu schreiben. Der abgekupferte Bestseller verbrennt und Arthur beginnt einen neuen Roman. Dieser wird ihm leider direkt nach Fertigstellung von einem Bären gestohlen, der eigentlich auf der Suche nach Freßbarem war, sich damit aber auf den Weg in die Stadt macht und sich fortan, nach der Marmelade auf dem Frühstückstisch, Hal Jam nennt. Sein Eintritt in die Welt der Literatur gelingt grandios, niemandem scheint aufzufallen, daß er ein Bär ist, man hält ihn für rustikal, etwas verschroben, seine Einsilbigkeit für Bescheidenheit und stilisiert ihn zum „neuen Hemingway“. Immer besser findet sich Hal in der Welt der Menschen zurecht, vermenschlicht auch in seinen Verhaltensweisen, während Arthur sich dieser Welt zunehmend entfremdet und im wahrsten Sinne des Wortes zum Bär wird. Als Arthur aber durch Zufall darauf stößt, daß sein Manuskript ein Romanerfolg geworden ist, nimmt er noch einmal den Kampf auf.



    Meine Meinung: Kotzwinkle erzählt eine Geschichte, die absurd und durchaus amüsant ist. Hal versteht natürlich längst nicht alles von dem, was um ihn herum geschieht. Vieles interpretiert er mit seinem Bären-Hintergrund auch falsch. Andererseits bewundert er die Menschen für viele ihrer Errungenschaften, allen voran die ständige Verfügbarkeit von ausreichend Futter. Da er den vielen und schnellen Gesprächen normalerweise kaum folgen kann, antwortet er auf Fragen ausgesprochen einsilbig und vor allem mit dem, was für ihn das Wichtigste ist: Futter, besonders in seinen süßen Varianten. Interessant sind die Reaktionen seiner Gesprächspartner darauf, denn diese interpretieren in seine Antworten typischerweise das hinein, was sie gerne hören wollen. Da sich so jeder von Hal bestätigt fühlt, mögen ihn auch alle und verzeihen ihm auch merkwürdige Anwandlungen wie das Herumrollen auf dem Boden – Künstler sind eben schon mal exzentrisch. Zur gleichen Zeit bleibt Arthur in seiner Abgeschiedenheit, wo er sich zunehmend zum Bär entwickelt. Sein Geruchssinn und seine Reaktionen verbessern sich enorm, er verändert sich körperlich hinsichtlich Behaarung, Muskulatur usw. bis er schließlich zum Winterschlaf in eine mit Fichtenzweigen ausgelegte Höhle zieht.


    Aus der Gegenläufigkeit der Entwicklung wird, auch wenn es natürlich überzeichnet ist, schon klar, daß vieles eben nicht angeboren, sondern anerzogen bzw. erlernbar ist. Was unterscheidet denn dann eigentlich einen Menschen vom Tier? Ist ein Bär, nur weil er Anzug trägt und im Restaurant mit Messer und Gabel ißt, deshalb schon ein Mensch? Ist ein Mensch, der abgeschieden lebt, kaum spricht und körperlich etwas aus der Reihe fällt, deshalb kein Mensch mehr? Hal und Arthur werden hier so behandelt – aber geschieht das zu Recht?


    An dieser Stelle, dem Vermenschlichen Hals im Vergleich zu Arthurs Verwandlung zum Bären, setzt aber auch meine Kritik an, denn Kotzwinkle ist hier innerhalb des Rahmens seiner Geschichte nicht konsequent. Arthur verliert bei seiner Verwandlung zum Bären menschliche Eigenschaften: Er kann kaum noch vernünftig reden, er ändert seine Ernährungs- und sonstigen Lebensgewohnheiten, er verändert sich körperlich. Es ist eine echte Verwandlung, die aus ihm nicht einen Menschen im Bärenkostüm macht. Hal dagegen erlernt zwar menschliches Verhalten (vom Fahren in einem Taxi über das Leben in einer Wohnung bis zu anderem S.e.x.ualverhalten), verliert aber seine Bäreneigenschaften nicht. Ihm bleibt sein feiner Geruchssinn, er bleibt träge im Denken, er bleibt auch äußerlich (trotz Anzug und Krawatte) ein Bär. Hal bekommt also sozusagen das Beste aus beiden Welten, während Arthur zwar möglicherweise am Ende nicht unglücklich ist, aber nie eine wirkliche Wahl hatte. Als Gesellschaftssatire hat Kotzwinkles Geschichte daher zwar gute Ansätze, in der Umsetzung aber leider ein paar Schwächen. Als kurzweilige, leichte Unterhaltung für einen Abend ist es aber, auch dank seines flüssigen Stils, allemale gut.


    3ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Von William Kotzwinkle habe ich noch nie etwas gehört, schon garnicht gelesen. Der beschriebene Roman erinnert mich ein wenig an die von Arto Paasilinna. Er schreibt auch herrlich skurill und verbindet unsere menschlichen Schwächen häufig mit den tierischen. Ich werde mir das Buch besorgen. Danke Euch beiden für den interessanten Tipp.
    Klara

  • Nun habe ich das Buch gelesen. Witzig und skurril, da habt ihr nicht zu viel versprochen. Dieser Satz "Das war eben so, weil er ein Bär war" hat mich immer wieder zum lachen gebracht, herrlich blöd. Den Mittelteil fand ich etwas zu lang. Die ewigen sexuellen Gelüste fingen an mich zu langweilen. Das Ende fand ich auch blöd. Hätte der Autor uns nicht anders sagen können, dass manch einer immer wieder Glück hat.


    Teilweise erinnerte mich das Buch sehr an "Des Kaisers neue Kleider", auf jeden Fall von der Aussage her. Mit den Romanen von Herrn Paasilinna hat dieser nicht viel gemeinsam.
    Trotzdem, er hat mir gut gefallen.
    Danke für den Tipp!