Halldór Laxness - Islandglocke

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 12.436 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bettina.

  • Es ist soweit! Die 2. Laxnessleserunde startet heute.


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    Kurzbeschreibung laut Amazon:
    'Magnus Sigurdsson,' fragte der Bärtige. 'Ist das nicht der, der seine Frau für Branntwein an einen Dänen verkauft hat?' 'Doch' sagte sie. 'Und sie dann mit der Axt erschlagen wollte?' 'Ja', sagte sie ...
    Island an der Schwelle zum 18. Jahrhundert. Glanz und Bigotterie herrschen am Kopenhagener Königshof; Elend, Hunger und Seuchen beherrschen das Land, das seit vier Jahrhunderten von den Dänen unterdrückt und ausgebeutet wird. Jon Hreggvidsson, nach eigenen Worten "ein ehrlicher Schwerverbrecher", stiehlt nur ein Stück Angelschnur - doch dann macht er in Gegenwart des königlichen Inspektors und Henkers eine spöttische Bemerkung über die Mätressen des Regenten ... In seiner Romantrilogie ergreift Halldor Laxness einmal mehr Partei für die Schicksale der Erniedrigten und Beleidigten - ohne Larmoyanz, doch im Zeichen eines engagierten Humanismus, der Laxness' gesamtes Werk durchzieht.


    Mitlesen wollen:
    Bettina
    Finsbury
    Manjula
    Rio
    Saltanah


    Ich wünsche uns allen eine erfolgreiche Leserunde.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Guten Morgen,


    ich habe vor dem Frühstück schon ein bisschen angefangen. Zimperlich geht es nicht zu und die Handlung kommt ohnehin schnell zur Sache.
    Da ich den Schreibstil von Laxness zumindest etwas schon kenne, habe ich wenig Schwierigkeiten, damit zurecht zu kommen, auch wenn es mitunter ein bis zwei Sätze dauert, bis ich Namen den Personen zuordnen kann.


    Was mich verblüfft hat ist, was die Isländer unter einem der "schändlichsten Verbrechen" einordnen, die man begehen kann:

    Zitat von "In Kapitel 4"

    ...war auf ein holländisches Doggerboot hinausgegangen und hatte Nähzwirn gekauft.


    Ich wusste gar nicht, dass da solche Animositäten herrschten. Alleine mit den Vorschriften für den Handel kann ich mir das nicht erklären.


    Nachtrag: Über wen ich mich gewundert habe, das war die Frau von Jon, die ihm äußerst bösartig in den Rücken fällt. Finde ich zumindest.


    Viel Spaß bei der Leserunde wünscht auch
    Bettina.

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  • Hallo zusammen


    habe auch begonnen, bin aber nicht über die ersten drei Seiten hinausgekommen, weil der Schreibtisch rief. Hoffe auf heute Abend, eine gemütliche Lesestunde vor dem Einschlafen.


    Was mir sofort auffiel, sind die Zeitsprünge: Präsens, Perfekt, Präteritum, teilweise im gleichen Satz. Ich gehe mal davon aus, dass das auch im Original so ist ( Saltanah, kannst du Isländisch und hst das Original vorliegen?). Noch habe ich nicht das Prinzip begriffen, nach dem der Zeitsprung erfolgt, falls es ein solches gibt. Aber nach drei Seiten kann man das wohl auch nicht erwarten.


    Ich freu mich aufs weitere Lesen und unsere Runde.


    HG
    finsbury

  • Hallo,


    ich habe auch schon angefangen, obwohl ich noch mitten in einem anderen Leserundenbuch stecke. Aber nachdem "Die Islandglocke" schon parat lag, mußte ich Rückseite und Klappentext lesen und dann folgte fast schon automatisch das erste Kapitel.


    Ich war angenehm überrascht, wie flüssig es sich lesen läßt, denn aus irgendeinem Grund hatte ich erwartet, es sei in einer schwülstigen Sprache geschrieben. Interessant finde ich, daß die wörtlichen Reden nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet sind, daß die Geschichte gleich loslegt, daß man also sofort mittendrin ist.


    Etwas schwer tue ich mir mit der Geographie. Island ist für mich bisher noch ein unbeschriebenes Blatt und kann mir unter den Ortsnamen so rein gar nichts vorstellen. Muß mal zusehen, daß ich irgendwo eine Karte auftreibe.


    Jedenfalls freue ich mich schon aufs weiterlesen, denn es ist eine wohltuende Abwechslung zu meiner sonstigen Lektüre und zu meinem Erstbuch "Lilith". Wie ein knackiger Apfel nach einem heißen, exotischen Gericht.


    LG, Rio


    P.S.: Ich lese übrigens die gleiche Ausgabe wie Saltannah. Und Ihr?

  • Zitat von "Rio"

    Etwas schwer tue ich mir mit der Geographie. Island ist für mich bisher noch ein unbeschriebenes Blatt und kann mir unter den Ortsnamen so rein gar nichts vorstellen. Muß mal zusehen, daß ich irgendwo eine Karte auftreibe.


    Mein Freund lacht sich schon scheckig. Kaum lese ich ein Buch, das in Island spielt, liege ich mit der Karte auf dem Sofa. Dabei ist es erst mein drittes Buch mit diesem Schauplatz. Bei keinem anderen Schauplatz benutze ich sonst Karten.


    Soweit ich es mitbekomme, ist Jon auf der Halbinsel von Akranes zuhause (es war von Akrafjall und Skardsheidi die Rede). Das ist wenig oberhalb von Reykjavik.
    Das Thing am Öxara liegt ein Stück im Landesinneren nach Osten, von Reykjavik aus gesehen. Die Öxara mündet in einem See und nahe der Mündung steht die Kirche. Von Reykjavik aus etwa 60 km und wenn man den Weg über Mosfellbaer macht, kommt man übrigens an dem Hof vorbei, wo Laxness aufgewachsen ist *g*
    Skaholt, der Bischofssitz, ist nochmal ein kurzes Stück nach Osten.
    Bessastadir, den Ort mit dem Gefängnis, habe ich auf einer kleinen Halbinsel direkt neben Reykjavik augemacht.
    ...Hier irritiert mich nur, dass anfangs vom Borgarfjördur (im Norden!) die Rede war, dabei muss man von Akranes aus über den südlichen Hvalfjördur, um Richtung Hauptstadt und Thing zu kommen...



    P.S. Auch ich habe die HC-Ausgabe von Steidl (1993, Teil einer Werksausgabe).

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  • Nach 4 Kapiteln bin ich sehr angetan von diesem Buch. Es ist ein Stück einfacher zu lesen als unser voriger Laxness, da es geradliniger erzählt ist. Der "trockene", unemotionale Stil sagt mir zu und erinnert mich natürlich an den Stil der Islandsagas, auf die ja ständig hingewiesen wird.


    Der Zeitwechsel ist mir auch aufgefallen. Ich werde mir, sobald ich Zeit habe, eine isländische Ausgabe in der Bib ausleihen und danach gucken. Ich kann zwar eigentlich kein isländisch, kann aber genug Grammatik, um Zeitenwechsel feststellen zu können.
    Gleichzeitig werde ich auch nachschauen, wie, bzw. ob überhaupt die wörtliche Rede gekennzeichnet ist. Die isländischen Gepflogenheiten kenne ich nicht, auf schwedisch und norwegisch ist es üblich, den Beginn der wörtlichen Rede durch einen Spiegelstrich (-) zu markieren, das Ende gar nicht. Anfangs hatte mich das sehr irritiert, und es fiel mir schwierig, den Dialog sofort auch als solchen zu erkennen, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.
    In meiner Ausgabe der Islandglocke (Suhrkamp 1975) ist die wörtliche Rede allerdings ganz "normal" nach deutschem Standard gekennzeichnet.


    Ein Zitat muss ich noch anbringen, dass mir besonders gut gefallen hat:
    Das Moor war jetzt nicht so groß wie in der Nacht. (Kap. 2)
    Ein ganz einfacher, schlichter Satz, der trotzdem viel aussagt.


    Zu den "schändlichsten Verbrechen":
    Natürlich wundert man sich, dass gerade ein Verstoß gegen die Handelsgesetze so scharf bestraft wird, aber bei weiterem Nachdenken ist das eigentlich normal. Damals gehörte Island ja zu Dänemark, und die Oberschicht, zu der sicher auch die Handelsleute gehörten, bestand zum größten Teil aus Dänen, während die Isländer die Unterschicht stellten, die zwar nicht direkt rechtlos, aber doch garantiert rechtlich benachteiligt wurden. Die von den Dänen geschaffenen Gesetze bevorteilten selbstverständlich die dänische Bevölkerungsteile, und da ein Handelsmonopol immer eine tolle Gewinnmaschine bedeutet, wurde ein Verstoß dagegen hart bestraft.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Zitat von "Saltanah"

    Ein Zitat muss ich noch anbringen, dass mir besonders gut gefallen hat:
    Das Moor war jetzt nicht so groß wie in der Nacht. (Kap. 2)
    Ein ganz einfacher, schlichter Satz, der trotzdem viel aussagt.


    Ja, der Satz ist mir auch aufgefallen. Ich fand ihn ebenfalls sehr aussagekräftig.
    Hin und wieder stolpere ich über den Erzählstil, dann fühle ich mich, als würde mir jemand die Geschichte abends am Feuer erzählen, in einer kleinen Hütte aus Stein, der Wind peitscht Regen gegen die Fensterläden, ... :smile: Anfangs dachte ich, das läge an der Übersetzung, aber nachdem ich Saltannahs Posting gelesen habe, scheint es von Laxness so beabsichtigt zu sein. Das gefällt mir.


    Übrigens bin ich sehr beruhigt, daß Ihr das Buch auch nicht im Schnelltempo zu lesen scheint, sondern Euch eher Zeit laßt, um es zu genießen.


    Liebe Grüße
    Rio

  • Hallo zusammen


    Zitat von "Rio"

    Ich lese übrigens die gleiche Ausgabe wie Saltannah. Und Ihr?


    Ich ebenso.


    Das ist ein Genussbuch, keins zum Schnell-Weglesen. Schon allein dieser wunderschöne Stil: Im Kindler steht übrigens, dass Laxness absichtlich den alten Sagastil und teilweise auch den Stil des zeitgenössischen Kanzlei-Dänisch benutzt. Nun nehme ich schon an, dass die Zeitsprünge auch typisch für die Islandsagas sind: Ich habe eine Sammlung, am Wochenende schau ich mal nach. Bin auch gespannt auf deine Original-Recherchen, Saltanah.


    Inhaltlich finde ich erstaunlich, wie wertvoll Schnüre auf Island waren, denn darum drehen sich bisher die meisten Delikte (bin bis Kap. 5 gekommen). Man konnte Garne wohl nicht aus eigenen Materialien herstellen? Was mich eigentlich wundert, denn die zirkumpolaren Naturvölker haben sie immer aus Tiersehnen hergestellt und das muss doch den europäischenWikingervölkern bekannt gewesen sein .... aber vielleicht wurden diese Garne als Angelschnüre von den Fischen aufgefressen.


    Jón Hreggvidsson gefällt mir sehr: Er reiht sich gut ein in die Phalanx der literarischen Schelmengestalten mit halb traurigen, halb lustigen Aspekten.
    Im Moment bin ich gespannt, welche Rolle die alte Frau aus Kapitel vier weiter spielen wird.


    @ Bettina, danke für deine geografischen Aufklärungen. Ich suche jetzt auch meine Islandkarte heraus. Eben habe ich schon ein schönes halbes Stündchen über einem Islandbildband verbracht und würde jetzt gerne in eine literarische Zeitreisemaschine steigen, obwohl die dargestellte Zeit wohl äußert düster und von Regierungsseite menschenverachtend war.


    HG
    finsbury

  • Das Buch hat mich gestern richtig gepackt. Ich konnte es gar nicht mehr weglegen und bin daher bei Kap. 12 angekommen.


    Besonders eindringlich finde ich die Schilderung der absoluten Armut. Ich kenne zwar eine ganze Menge skandinavische (hauptsächlich schwedische) "Jammer und Elend"-Literatur von AutorInnen wie z. B. Sara Lidman, Torgny Lindgren, Kerstin Ekman und P. O. Enquist, aber Laxness übertrifft sie alle in der Elendsbeschreibung um Längen. Wenn selbst die isländische Elite wie in Kap. 7 beschrieben, ziemlich abgerissen gekleidet, und ein zweistöckiges (Torfsoden)haus der Inbegriff von ungeahnetem Luxus ist, versteht man, wie es den ärmeren Leuten ergeht, die in schlechten Jahren denn auch in großer Zahl verhungern.
    Die relative Armut auch der hohen Tiere erklärt der Richter sehr schön: "Wir Isländer dürfen weder Handel treiben noch segeln, also nicht von außerhalb Reichtum ins Land bringen. Der Geldfluss, soweit man überhaupt davon sprechen kann, geht von Island nach Dänemark.
    In diesem Zusammenhang fand ich es interessant, dass zweimal Silber und Gold miteinander verglichen werden (Kap. 5 und Kap. 10), jeweils zu Gunsten von Silber. Wie ich das deuten soll, weiß ich allerdings nicht.


    Nicht nur die weltliche sondern auch die geistliche Obrigkeit wird kritisiert. Aufgefallen sind mir bisher "Gottes Barmherzigkeit ist das erste, das stirbt in den Jahren der Not" und "Gott ist mit den Reichen und nicht mit den Armen".


    Dass Angelschnüre so wertvoll sind könnte sich vielleicht dadurch erklären, dass es eher die Haken als die Schnüre selbst sind, die man nur schwer erhält. Ist aber nur eine Idee.


    Was haltet ihr eigentlich von der Übersetzung? Bei einigen Ausdrücken habe ich mich gefragt, inwiefern sie überhaupt auf deutsch existieren. Leider habe ich keinen Duden hier, in dem ich nachgucken könnte. Im Fremdwörterbuch habe ich immerhin "Fjell" (skandinavisches Kahlgebirge) gefunden, bei "Holm" gibt Wikipedia u. a. auch "(Halb-)Insel" an. "Elf" in der Bedeutung "Fluss" habe ich nirgends gefunden. Mir sind die Begriffe natürlich aus dem Schwedischen her bekannt, aber sagen sie euch was? Es hatte mich dann überrascht, dass der Übersetzer bei dem Wort "Jökull" in einer Fußnote die Bedeutung erklärte.
    Völlig unverständlich wären mir ohne Schwedischkenntnisse die "blutigen Enkel" (=Knöchel) geblieben. Ist das Wort vielleicht in anderen Regionen Deutschlands in dieser Bedeutung bekannt?
    Auch über die Verwendung des Wortes "Heerstraße" habe ich mich gewundert. Leider habe ich keine Definition des Wortes finden können, aber ich gehe mal davon aus, dass eine solche Straße militärisch von Bedeutung war, und das passt meiner Meinung nicht richtig nach Island.
    Hoffentlich schaffe ich es morgen oder übermorgen, in die Bibliothek zu gehen. Ich will wirklich wissen, wie das im Original heißt.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Zitat von "Saltanah"

    Was haltet ihr eigentlich von der Übersetzung? Bei einigen Ausdrücken habe ich mich gefragt, inwiefern sie überhaupt auf deutsch existieren. Leider habe ich keinen Duden hier, in dem ich nachgucken könnte. ... Es hatte mich dann überrascht, dass der Übersetzer bei dem Wort "Jökull" in einer Fußnote die Bedeutung erklärte.


    Fußnoten gibt es in meinem Buch nicht, man hat laut Nachwort bewusst darauf verzichtet, weil "weder der isländische noch der dänische Text solche Anmerkungen hat und der Autor sich über die apokryphen Fußnoten der älteren deutschen Übersetzung sehr skeptisch geäußert hat." Das Nachwort erklärt, Laxness selber habe an der Übersetzung mitgewirkt, er hätte gut deutsch sprechen können.


    Eines der älteren Wörter habe ich im Wörterbuch gefunden: Kebse = Nebenfrau. Ansonsten finde ich nichts. Aber ich weiß, dass Lexika mit der Zeit ihre Inhalte ändern, in der 1950er Ausgabe meiner Mutter fände sich vielleicht das ein oder andere.
    Bei den isländischen Begriffen hilft mir z.T. mein Reiseführer, der gängige Landbezeichnungen erläutert. Ansonsten nehme ich die Begriffe so, wie sie sind.



    Kess finde ich im achten Kapitel die junge Snaefridur. Haben Männer schon mit 38 Midlife-Crisis oder dienen sie Herren in hohen Positionen als nette Dekoration? Vermutlich letzteres, wobei ich bei dem Altersunterschied gerne auch an ersteres glaube. Sie setzt sich rabiat zur Wehr - wobei: wie alt ist Arnas?
    Sie zieht in den nächsten zwei Kapiteln eine ganz schön durchtrieben Nummer durch, weiß wie sie bekommt, was sie will. Bin sehr gespannt, wie DAS weitergeht.Da gibt es übrigens einen interessanten Wortwechsel mit dem Vater:
    [Vater:]Der Fehler Bischof B. war, dass er seine Tochter nicht höher achtete als ein Mädchen aus dem Volk. In unserem Stand geschehen solche Dinge nicht -
    - selbst wenn sie geschehen, fügte das Mädchen hinzu.
    Ja, mein Kind, selbst wenn sie geschehen.[...]
    Bischof B hat also die Gerechtigkeit missverstanden, sagte das Mädchen. Er hat geglaubt, sie gelte für alle.

    Jetzt sind die Leute schon allesamt arm wie Bettelmäuse, aber der Standesdünkel steht dem im restlichen Europa in nichts nach. Bei solchen Kommentaren muss ich immer an Anne Perry denken, deren Inspektor gegen genau solche Wegschau-Mentalität arbeitet und jedesmal nachweist, dass die Hochwohlgeborenen keinen Deut besser sind. Aufreger!
    Diese Arroganz gabe es ja auch in Atomstation (die Frau des Abgeordneten).


    Ach ja, der letzte Satz im elften Kapitel ist ein Knüller. Wie das?

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  • Wieder mal was aus der Sparte Bettinas Freund lacht sich über Bettina kaputt. In Kapitel 12 lohnte es sich meiner Meinung nach wieder, die Karte und die Reiseführer zu Rate zu ziehen. Dabei bin ich über einen Eintrag zu Husafell gestoplert, das ist der Pfarrhof aus Kapitel 11.


    Aus "Rund um Island":
    [...]ehemaliger Pfarrsitz, den u.a. der legendäre und zauberkundige Pfarrer Snorri Björnsson (1710-1803) innehatte. Den Stein Kviahella (180 kg), der auf der Hauswiese liegt, konnte er mit Leichtigkeit heben.[...]
    [...]Bei den Grundmauern von Kvia [einem Pferch] liegt ein Stein, den Snorris Töchter zur Kraftprobe mühelos rund um den Pferch trugen[...]


    Womit der Pfarrer identifiziert wäre und gleichzeitig ein Ausflugziel für künftige Islandreisen...

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  • Ich habe den ersten Teil ("Islandglocke") durch.
    Weiterhin begeistert und zugleich verblüfft mich die Erzählhaltung, die in der mir bekannten zeitgenössischen Literatur ihresgleichen sucht. Nur in den Isländersagas ist mir so was untergekommen.
    Anfangs fand ich es besonders bemerkenswert, wie ruhig und gelassen Jón seine (gelinde gesagt) Missgeschicke hinnimmt. Schließlich wurde mir aber klar, dass das ja an der Erzählweise liegt, die ganz extrem "von außen" berichtet. Innenansichten der Personen werden nicht geliefert, berichtet wird, was sichtbar ist. Also wird zwar erwähnt, dass jemand "fleht" oder "weint", aber wir als LeserInnen befinden uns weit außerhalb der weinenden oder flehenden Personen, und nehmen deren Leiden vielleicht gar nicht richtig wahr.
    Nicht die geeignete Literatur für die, die sich zu 100% in eine literarische Figur hineinversetzen wollen, aber mir gefällt's.


    Zum Original:
    :grmpf: Zu Hause habe ich gestern im Bibkatalog noch nachgeguckt, ob die dreiteilige isländische Ausgabe auch im Regal steht, bis ich aber ein paar Stunden später in der Bib ankam, hat sie jemand anders ausgeliehen! Grrr! Aber immerhin gab es die Originalausgabe von Teil II "Hið ljósa man" (Die lichte Maid), also werde ich beim Lesen dieses Teils Vergleiche anstellen können.


    Bettina:
    Nur weiter so mit deinen Nachforschungen! Ich finde deine Entdeckungen sehr interessant, bin nur zur Zeit zu faul, um selbst mehr "drumrum" zu lesen.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo Ihr Lieben,


    hurra, mein Buch ist gestern angekommen :klatschen: Ich habe zwar erst ein paar Seiten gelesen, wollte mich aber doch kurz zu Wort melden.


    Irgendwie hatte ich mir die "Islandglocke" als etwas Metaphorisches vorgestellt, im Sinne von Glasglocke, Abgeschlossenheit etc. Aber der Begriff ist ja ganz handfest zu verstehen. Die Beschreibung von Jon (schwarz, seine weißen Zähne blitzen aus seinem Gesicht, Sklave) haben mich sehr irritiert - wenn das ganze nicht in Island spielen würde, hätte ich gedacht, es handelt sich tatsächlich um einen Schwarzen.


    Gut gefällt mir wieder der Sprachstil. Ach ja, zur wörtlichen Rede: war es in "Atomstation" nicht auch so, dass meist keine Anführungszeichen verwendet wurden?


    Bettina: über das Wort "Kebse" bin ich erst kürzlich gestolpert, und zwar bei Stephen King. Das dürfte aber die einzige Gemeinsamkeit der Autoren sein :zwinker:


    Liebe Grüße
    Manjula

  • Inzwischen habe ich Teil 1 ebenfalls gelesen. Was mir stark aufgefallen ist, wie sich das Erzähltempo im Lauf des Teils ändert. Am Anfang konnte ich den Verlauf ziemlich gut nachvollziehen, alles passierte zeitlich nah beieinander. Nach der Flucht wird in demselben Stil über einen viel längeren Zeitraum berichtet. Und wie lange einzelne Episoden dauern, steht gerade mal im Nebensatz oder gar nicht da.


    Alles andere ist für den Erzählstrang unwesentlich, aber ich vermute, dass die Sagas genauso gestrickt sind. Was dann auch untergeht ist das, was Saltanah schon geschildert hat: Alle individuellen Eindrücke. Die Erzählung hat mehr den Charakter einer Chronik. Und trotzdem kann mich das Buch fesseln, weil ich einfach wissen will, wie es weitergeht.


    Und was mich an der Odyssee von Jon überrascht hat war, wie stark die einzelnen fremden Völker innerhalb weniger Sätze ihren Stempel aufgedrückt bekommen. Am stärksten funktionierte das mit den Deutschen, die fremden Leuten Brot klauen, sie einfach so aufknüpfen und auch ansonsten streitlustig sind. Bei den Holländern ist nicht alles einfach, aber Jon findet sehr herzliche Menschen, die dankbar für seine Hilfe sind und zwischen denen sich eine gute Zusammenarbeit entwickelt.


    Manjula, über die Beschreibung von Jon bin ich auf den ersten Seiten auch gestoplert.


    Aus der Sparte Bettina schlägt wieder nach habe ich diesmal was zu den Geistern, die "Menschen angreifen". Dafür habe ich zwei Erklärungen, weiß aber nicht, welche infrage kommt. Erstens wäre es möglich, dass die Elfen und Trolle beschrieben werden. Zweitens wären Eisbären möglich. Forscher denken, dass es immer wieder welche über größere Eisschollen bis Island geschafft haben (im Hunafloi z.B. habe ich selber zwei große Brocken schwimmen sehen).


    Und zum Vulkan Hekla habe ich gefunden, dass der tatsächlich wie ein "Tor zur Hölle" gewirkt haben muss. Seit einem bekannten Ausbruch 1104 brach der Vulkan weitere 168 mal aus; macht also einen Ausbruch alle fünf Jahre. Und die Asche lässt sich auf 80% der isländischen Oberfläche nachweisen. Dass der Berg also einen furchtbaren Ruf hat, ist kein Wunder.

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  • Zitat von "Bettina"

    Und was mich an der Odyssee von Jon überrascht hat war, wie stark die einzelnen fremden Völker innerhalb weniger Sätze ihren Stempel aufgedrückt bekommen. Am stärksten funktionierte das mit den Deutschen, die fremden Leuten Brot klauen, sie einfach so aufknüpfen und auch ansonsten streitlustig sind. Bei den Holländern ist nicht alles einfach, aber Jon findet sehr herzliche Menschen, die dankbar für seine Hilfe sind und zwischen denen sich eine gute Zusammenarbeit entwickelt.

    Dass sie Beschreibung der Deutschen so eindeutig negativ ausfällt, liegt natürlich daran, dass sich Jon nur sehr kurz in Deutschland befand, und seine Erfahrungen mt den Eingeborenen sehr begrenzt und ausschließlich negativ waren. In Holland war er ja längere Zeit und hatte dadurch die Gelegenheit, unterschiedlicht Menschen zu treffen.


    Zitat von "Bettina"

    Manjula, über die Beschreibung von Jon bin ich auf den ersten Seiten auch gestolpert.

    An 2 Stellen im Verlauf des ersten Teils wird klar, dass die Beschreibung "schwarz" wohl zutreffend war.

    Zitat

    Jons 2 schlimmste Erlebnisse bestanden darin, ordentlich geschrubbt zu werden. :entsetzt:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo zusammen,


    bin auch mit dem ersten Teil durch und schwer begeistert. Seit meiner letzten Laxness-Lektüre sind ca. 10 Jahre vergangen und ich hatte ganz vergessen, was für ein Kleinod da noch in meinem Bücherregal stand.


    Mir gefällt wie dir, Saltanah, die strenge Außensicht im Sagaton und noch mehr Jón Hverrison, eine wunderbare Schelmengestalt, die trotz aller Schicksalsschläge sein freches Mundwerk und seine grundsätzlich lebensbejahende Haltung behält.


    Vor Beginn der "lichten Maid" hat ja wohl ein Zeitsprung stattgefunden und ich bin noch verwirrt, Snaefridur an der Seite dieses Magnus wiederzufinden, hatte eher mit diesem Pfarrer aus Skalholt gerechnet.


    Sehr schön anschaulich auch die Beschreibung des ehemals reichen, nun zerfallenen Hofes....


    Das hatte ich schon am Sonntag geschrieben, konnte es aber nicht abschicken, weil die Telefonleitung anderweitig blockiert war.


    Inzwischen bin ich in der „ lichten Maid“ etwas weiter vorangekommen und bewundere auch hier die Typenschilderung: Snaefridurs Magnus ist ja nun auch eine ganz besondere, tragische Gestalt. Bin gespannt, wie weitergeht, wird aber wohl nur langsam gehen wg. Job.


    HG
    finsbury

  • Nur eine kurze Nachricht:
    Aufgrund von vielen (zu vielen) Arbeitsnächten und richtig üblen, schlauchenden Schichten hatte ich kaum Energie, im Laxness weiter zu lesen. Aber ab heute habe ich frei und muss erst in anderthalb Wochen den Scheißladen wieder betreten, daher kann ich mich dem Buch jetzt mit neuer Kraft widmen.


    Die ersten Kapitel des zweiten Bandes sind vielversprechend. Sowohl Snaefridur als auch Magnus sind interessante Figuren, und deren Ehe ist wirklich ungewöhnlich. Im ersten Kapitel hätte ich Magnus am liebsten gelyncht, als er sturzbesoffen zu seiner - wie ich dachte - aufopferungsvoll unter ihrem versoffenen Ehemann leidenden Gattin zurückkehrte, aber später wurde klar, dass auch sie einen "Gewinn" aus der Ehe zieht. Als Opfer kann ich sie nicht sehen. Ich bin gespannt darauf zu erfahren, inwieweit sie die Entwicklung ihrer Ehe vielleicht schon bei der Eheschließung vorhergesehen hat, oder ob sie diese Entwicklung nicht zumindest aktiv unterstützt hat. Ich traue ihr (am Anfang des 3. Kapitels) so ziemlich alles zu. Allerdings kann dies auch eine totale Fehleinschätzung bedingt durch große Müdigkeit - ich habe diese Kapitel auf dem Heimweg nach noch einer anstrengenden Nacht gelesen - beruhen.
    Später mehr.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo zusammen,


    bin fast durch, mir fehlen nur noch zwanzig Seiten. Ich musste mich ein bisschen beeilen, weil morgen eine Leserunde im Klassikerforum beginnt, an der ich teilnehme. Aber die "Islandglocke" reißt mich auch mit: Ich lege sie nur ungern aus der Hand.


    Wie du, Saltanah, finde ich auch, dass Snaefridur eine sehr merkwürdeige Gestalt ist: Sie ist wohl auch mehr als Allegorie als als wirkliche Person gedacht, was man ja auch an den Kenningar, "lichte Maid", "Islandsonne" erkennen kann. Sie scheint frei von der in unserer Gesellschaft vertretenen Moral der sozialen Gerechtigkeit und äußerlichen Anstandsregeln. Am allermeisten sie kommt wohl aus der Welt der alten Sagas, um die es in dem Buch ja auch geht.


    Dass ich so ganz alles verstehe, kann ich nicht sagen, aber es ist ein gewaltiges Buch, in dem gerade diese scheinbar widersprüchlichen Charaktere, die nach ihren eigenen Gesetzen leben, ob es nun Arni, Snaefridur, Jon Hv. oder Jon Mart. seien, so faszinieren.


    Nebenher habe ich ein bisschen über die isländische Literaturgeschichte gelesen, soweit sie über mein Kindler zugänglich war, und habe jetzt richtig Lust, in nicht allzu ferner Zeit mir die Sagas vorzunehmen.


    Ich finde, dass dieser Roman ganz anders ist als die anderen Wereke von Laxness, die ich bisher gelesen habe ( Atomstion, Seelsorge am Gletscher, Fischkonzert, Auf der Hauswiese). Er wird für mich aber sicher zu den herausragenden Leseerlebnissen dieses Jahres zählen.


    Einen schönen Wochenanfang


    HG
    finsbury

  • Hallo Ihr Lieben,


    leider leider muss ich mich aus dieser Leserunde abmelden :sauer: Durch beruflichen und privaten Stress komme ich derzeit leider kaum zum Lesen und gar nicht mehr zum Posten. Es nervt mich selbst, weil sich das Buch gut anlässt und Eure Diskussion Lust auf mehr macht, aber leider klappt es nicht. Bitte nicht sauer sein :blume:


    Euch wünsche ich noch viel Spass, ich freue mich schon aufs Nachlesen, denn entgehen lasse ich mir die Islandglocke nicht.


    Liebe Grüße
    Manjula

  • Hallöchen,


    gestern hatte ich endlich mal sehr viel Zeit und konnte das erste Buch auf einen Rutsch fertig lesen.


    Die Abenteuer von Jon H. erinnerten mich ein wenig an den Simplicisimus von Grimmelshausen, nur daß Jons Mißgeschicke weniger auf mangelnden Grips als auf unzureichende Sprachkenntnisse zurückzuführen sind. Ich fieberte jedesmal aufs neue mit, wenn der gute Jon wieder in der Klemme saß, und war gespannt, wie er sich dieses Mal aus der Affäre ziehen würde.
    Interessant fand ich auch die Einbindung von Sagengestalten (wie z.B. die Riesen, mit denen sich Jon messen mußte).


    Heute habe ich das erste Kapitel des zweiten Buches ("Die lichte Maid") gelesen. Geht es nur mir so oder hat sich der Erzählstil geändert?


    Zitat von "Spoiler"

    Mir fiel auch auf, daß die Knechte auf dem Hof "fett und faul" sind. Zweiteres spricht für den Verfall des Hofes, ersteres deutet wohl darauf hin, daß es Island momentan besser geht. Auch Magnus bemängelt an seiner Frau, ihre Taille sei zu schmal und ihre Schenkel zu schlank. Die Frauen seiner Familie seien stets fett gewesen.


    Mir macht die Islandglocke richtig Lust darauf, mehr über die Geschichte Islands zu erfahren.


    Lg, Rio