Marlen Haushofer - Die Wand

Es gibt 30 Antworten in diesem Thema, welches 11.462 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Anne.

  • Marlen Haushofer gehört zu einen meiner lieblings Autoren. Und besonders die "Wand" finde ich einfach Wunderbar.
    Ich habe mich ziemlich schnell von dem Gedanken losgerissen, was es mit der Wand auf sich hat. Irgendwie muss man "erzwungene" Einsamkeit darstellen. Die Gedanken sind einfach ehrlich. Es hat mir viel Stoff zum nachdenken über meine eigene Sicht der Dinge gegeben und mit ein paar hintergrund Infos zur Autorin denk ich noch heute viel darüber nach, deshalb gibt es von mir 5ratten! :smile:.


    Auch zu empfehlen sind: "Himmel, der nirgendwo endet" und "Die Mansarde"


    "Die Tapetentür" und "Wir töten Stella" liegen bei mir noch ungelesen *schäm* ... ich freu mich aber schon drauf

  • Mit den Hintergundinformationen über das Leben Marlen Haushofers hat mich das Buch eigentlich nur noch trauriger gemacht, als der sachliche Text ohnehin schon...
    Sie hat sich selbst Zeit ihres Lebens als gefangen in ihrer Ehe und in den allgemeinen Umständen ihrer Situation als Frau gesehen und genauso sehe ich auch die Protagonistin, die mir so völlig fremd und ohne eine richtige Gefühlsregung auf den Verlust ihrer Kinder (!) und genrell jedem menschlichen Kontakt reagiert. Stattdessen wird viel Wert und Wichtigkeit auf das Einswerden mit den Tieren und der Natur gelegt und dem Sinn des Lebens im einfachen Überleben und weitermachen...
    Ich konnte das Buch auch nicht weglegen und habe immer wieder das völlige Gegenteil zum Text gedacht und gefühlt, konnte aber trotzdem die Gedanken und Beschreibungen nicht vergessen und habe das Buch letztlich mit der Erleichterung geschlossen, dass ich die Welt nicht so sehe, nicht so negativ bin, so beziehungslos.
    5ratten
    für ein Buch, dass mich immer noch nicht losgelassen hat, wenn ich darüber nachdenke.
    Den Stil fand ich übrigens eher spannungsaufbauend als nervend!!
    Liebe Grüße Fingerkuss

    Nach diesem siebten Tag<br />sehne ich mich<br />schon zurück

  • Die Lektüre dieses Buches liegt bei mir jetzt schon ein paar Monate zurück, aber es geht mir noch immer nicht aus dem Kopf. Als ich das Buch zuschlug, war ich noch einige Tage gedanklich in diesem Roman. Bis heute rätsel ich herum, ob diese Wand nun real ist oder doch nur eine emotional errichtete.


    Erschreckend, traurig, schön, deprimierend, nachdenklich machend... selten, oder besser gesagt nie, bin ich beim Lesen über eine derartige Emotionsachterbahn gefahren... trotz, oder gerade wegen des sehr nüchternen Stils. Am liebsten würde ich endlos über diese Geschichte tippen, aber ich könnte meine Gedanken dazu sowieso kaum in Worte fassen, sie würden dem Buch nicht gerecht werden. Und schlußendlich hätte ich nicht das gesagt, was ich eigentlich sagen wollte.


    Eines jener Bücher, das ich am liebsten ständig mit mir rumtragen möchte weil ich es so sehr mag


    5ratten


    P.s.: Dieser unverfilmbare Roman soll jetzt nun doch verfilmt werden, ein österr. Regisseur versucht das in meinen Augen Unmögliche. Ende 2011 kommt der Film (voraussichtlich) in die Kinos.

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

    Einmal editiert, zuletzt von sandi ()

  • Ich habe das Buch gestern nach nur wenigen Tagen zu Ende gelesen, aber ich glaube, bis ich mich ganz aus dieser Welt verabschiedet habe, wird es noch länger dauern.


    Wie einige meiner Vorredner habe auch ich mich zeitweise gefragt, ob die Wand tatsächlich oder nur im Kopf der Protagonistin existiert. Immerhin ist es schon sehr auffällig, wie wenig sie ihr normales Leben vermisst und wie halbherzig sie nach einem Ausweg sucht.


    Einiges hat mich auch an Sylvia Plaths Glasglocke erinnert, und eine Zeit lang hielt ich es für möglich, dass nur ihre Depression oder ihre Abneigung gegen ihr altes Leben die Erzählerin vom Rest der Welt wegsperrt.


    Im Endeffekt habe ich die Wand aber trotz ihrer metaphorischen Bedeutung auch als physisch real hingenommen. Wenn man nicht gewillt ist, alles von vorne bis hinten rein symbolisch zu lesen, wird die Geschichte dadurch insgesamt einfach schlüssiger.


    Die Sprache ist schlicht, aber stilsicher. Außerdem ist der Aufbau meiner Meinung nach sehr geschickt gemacht – die weiter oben kritisierten Querverweise (z.B. auf das Schicksal der Tiere) fand ich gar nicht plump oder ermüdend, sondern im Gegenteil wirklich gut gemacht. Durch diese und jene Andeutung blättert mal hier, mal da ein bißchen ab, sodass im Hintergrund ganz langsam ein Bild entsteht, bevor schließlich das Rätsel um die tatsächlichen Ereignisse gelüftet wird. (Das funktioniert im Kleinen auch schon früher, nicht erst beim großen Knalleffekt am Schluss.)


    Auch das Psychogramm der Erzählerin und ihre schleichende Veränderung fand ich sehr authentisch. In manchen Situationen konnte ich mich überhaupt nicht mit ihr identifizieren, in anderen war ich sie, aber die ganze Handlung hindurch blieb die Frau für mich durch und durch glaubwürdig.


    Leicht off-topic: Quasi im Vorbeigehen hat mir Marlen Haushofer außerdem vor Augen geführt, wie weit ich mich selbst vom einfachsten landwirtschaftlichen Grundwissen für den Hausgebrauch entfernt habe. Die Erzählerin findet ja im Prinzip alles vor, was sie zum Überleben braucht, aber sie weiß sich eben auch etwas damit anzufangen. Auch wenn sie mehrmals betont, dass sie sich selbst alles erst aus Bauernkalendern anlesen musste – ihr Vorgehen beim Erdapfelanbau, bei der Heuernte, ihr Umgang mit der Kuh (Stichwort Melken, Milchverwertung etc.) zeugen einfach von ganz einer anderen Grundvoraussetzung, als das bei mir der Fall wäre. Nicht sehr beruhigend! :rollen:


    Das Buch bietet mehrere Lesarten und ich bin tatsächlich richtig in seinen Sog geraten, habe mich auch abseits des Lesens gedanklich damit beschäftigt. Dennoch war ich schließlich froh, als die letzten Seiten näher kamen, weil es mich mehr und mehr bedrückte und ich das Gefühl hatte, diese Beklemmung nicht mehr richtig abschütteln zu können.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    [color=darkblue]&quot;Date a girl who reads. Date a girl who spends her money on books instead of clothes. She has problems with closet space because she has too many books. Date a girl who has a list of b

  • Ich kann verstehen, dass einige das Buch so loben, andere aber so gar nichts damit anfangen können. Da ich einen Großteil nicht gelesen habe, kann ich keine Wertung vornehmen.


    Die Gründe derer, die das Buch gut fanden, kann ich nachvollziehen. Dennoch musste ich das Buch einfach abbrechen, weil ich es nicht mehr aushielt!
    Mir ist klar, dass der Schreibstil haargenau zu der Situation passt und die Stimmung gut vermittelt wird. Wahrscheinlich zu gut, denn ich lasse mich allzu schnell davon beeinflussen und runterziehen, sodass ich das Buch als zu belastend empfand und mich nicht durchquälen wollte. :sauer:

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

  • Ich habe mir das Buch gestern auf den Reader geladen. Ich wollte es vor ein paar Jahren zu Weihnachten lesen (+ Film) und bin froh, das nicht getan zu haben! Mir ging es damals nicht gut und ich zweifelte, ob das nun meine Stimmung heben oder niederdrücken würde.

    Dann habe ich vor einiger Zeit den Film auf youtube gesehen, als der da noch frei geschaltet war und fand ihn eigentlich ganz entspannend. Bedrohlich wirkte er gar nicht, obwohl die Situation der Protagonistin natürlich bedrohlich war, aber aus dem Rückblick erzählt quasi schon verarbeitet (größtenteils; bis auf die Szene in der Mitte und am Ende).

    Gestern habe ich also angefangen abe schnell wieder aufgehört, weil doch eine ziemliche Angst und Einsamkeit vermittelt wird. Ich war allein zu Hause und bekam teilweise beim Lesen schon Beklemmungen!

    Interessant fand ich, dass betont wird, dass die Protagonistin das landwirtschaftliche Wissen eben teilweise früher schon mal gelernt und angewendet hatte (Kuh melken) und anderes halt ausprobieren/ so weit möglich anlesen musste.

    Im Film kam allerdings die ständige (Anfang des Buches) Angst vor der möglichen Bedrohung durch andere Menschen gar nicht so (sehr) rüber (wie im Buch.


    Ich werde demnächst mal weiterlesen, nachdem ich mich auf die doch viel düsterere Stimmung als im Film eingestellt habe.


    LG von

    Keshia


    PS
    Als ich zum ersten Mal von dem Buch hörte, stellte ich mir eine ganz andere Handlung vor. Interessant fände ich es, "Die Wand" und Stephen Kings "Under the Dome" (nur das Buch, nicht die Serie) zu vergleichen. "Under the dome" habe ich noch nicht gelesen bzw. besitze ich nicht, werde es mir aber demnächst mal kaufen, weil beide Autoren die gleiche Idee für völlig unterschiedliche Ansätze (Einzelperson vs. ganze Stadt, Gewalt vs. Friedenfinden etc.) genutzt haben.

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Taschenbuch: 260 Seiten

    Verlag: dtv (2004)

    ISBN-13: 978-3423125970

    Preis: 8,00 €

    auch als E-Book, als Hörbuch und als Hardcover erhältlich


    Beklemmend


    Inhalt:

    Eine Frau übernachtet in einer Hütte in den Bergen. Am Morgen findet sie sich eingesperrt von einer gläsernen Wand. Dahinter scheint es kein Leben mehr zu geben. Mit einem Hund, einer Katze und einer Kuh richtet sie sich in ihrem einsamen und beschwerlichen Leben ein.


    Meine Meinung:

    Es passiert nicht viel in diesem Roman, und doch ist er unheimlich fesselnd. Die namenlose Ich-Erzählerin lebt bereits seit zwei Jahren allein in den Bergen, als sie diesen Bericht verfasst. Darin beschreibt sie das anfängliche Auftauchen der gläsernen Wand und wie sie sich nach und nach in ihrem zum Glück recht weitläufigen Gefängnis einrichtet, indem sie Ackerbau und Viehzucht in kleinem Maßstab betreibt.


    Dabei wiederholt sich vieles, wie zum Beispiel das Melken der Kuh, das Einlegen der Kartoffeln, das Hacken von Holz usw., und doch wird es nie langweilig. Man leidet fasziniert mit dieser Frau mit, fragt sich, wo die Wand herkommt (das wird übrigens nie aufgelöst), und wie lange die Frau wohl noch überleben kann. Das Leben ist hart, Glücksmomente sind rar gesät. Und doch macht sich mit der Zeit eine Art Zufriedenheit breit, wenn die notwendige Arbeit geschafft ist, wenn die Tiere Trost spenden oder sich ihre Streicheleinheiten abholen. Die Grundstimmung ist trotz allem ziemlich beklemmend.


    Man kann sicher viel in diese Geschichte hineininterpretieren. Das bleibt dem Einzelnen überlassen. Es gibt auch philosophische Anklänge, wenn die Frau darüber nachsinnt, was im Leben wirklich wichtig ist. Ganz sicher ist dies kein Buch, das einen so schnell wieder loslässt. Man wird noch lange darüber nachdenken.


    2012 wurde der Roman mit Martina Gedeck in der Rolle der Ich-Erzählerin kongenial verfilmt.


    Fazit:

    Keine leichte Kost. Einfach geschrieben, aber überraschend fesselnd.


    ★★★★☆

  • Die Wand war für mich eine Leselücke, die ich jetzt auch mal gefüllt habe. Ich fand das Buch durchaus lesenswert und mit 280 Seiten auch angenehm kurz.


    Der Überlebenskampf der Erzählerin war sehr interessant, und natürlich überlege ich, wieviel Chancen ich in der Situation wohl hätte. Ich wüsste nicht mal, wann Kartoffeln eingegraben und später wieder ausgegraben werden und würde den richtigen Zeitpunkt vermutlich nicht treffen. Die Erzählerin stürzt sich kopfüber in die harte Arbeit. Ich hätte wohl versucht, an der Wand vorbeizukommen, spätestens im ersten Herbst.


    Kommt der Film auch ohne Auflösung aus, was die Wand betrifft?


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Eine Bewertung fiel mir zuerst schwer, so hin- und hergerissen ließ mich das Buch zurück. Es hat mich tief berührt, über weite Strecken aber auch schrecklich gelangweilt. Vor allem hat es mich gelangweilt, um ehrlich zu sein… Mit einigem zeitlichen Abstand überwiegen die negativen Eindrücke deutlich. Kurz nach dem Lesen habe ich noch indifferente 3 Sterne vergeben, inzwischen würde ich meine Bewertung nach unten korrigieren.


    Die Protagonistin ist keine sympathische Frau und das ist auch nicht notwendig, um ein gutes Buch zu schaffen. Allerdings hätte mehr Sympathie es mir leichter gemacht, mit ihr zu fühlen und ihre Handlungen nachvollziehen zu können. Ihre Vereinsamung nachzuvollziehen und ihre Ängste mitzuerleben - nicht nur den anfänglichen Schock, sondern ihre nachhaltigen existenziellen Ängste - hat mich wirklich mitgenommen. Allerdings überwog insgesamt die Langeweile bei der sehr gleichförmigen Erzählung der alltäglichen Erlebnisse und Gedanken. Manch eine Handlung konnte ich nicht nachvollziehen, trotz der Ausnahmesituation, weil sie ohne Ankerpunkt in den Gedanken und vorherigen Handlungen blieb.


    Richtig genervt war ich von den ständigen Andeutungen über die Dinge, die sie gerne vorher gewusst hätte, und das "große Ereignis", das ihr durcheinander geratenes Leben noch mehr durchrüttelte. Vor allem als dieses Ereignis dann in weniger als einer Seite abgehandelt wurde. Abgesehen von den Andeutungen wurde es nicht erzählerisch vorbereitet und gipfelte in einem Antiklimax, der zwar seinen Schatten voraus warf, aber ohne nennenswerte Konsequenzen blieb.


    Sprachlich passt der sachliche Stil zur Protagonistin, die sich jegliche Gefühle zu verbieten scheint. Auch über die Sprache wird so Distanz geschaffen und eine weitere unsichtbare Wand aufgebaut. Die Eigenheiten, die ich dem Österreichischen zutreffend, haben es mir nicht gerade leichter gemacht.


    2ratten

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Richtig genervt war ich von den ständigen Andeutungen über die Dinge, die sie gerne vorher gewusst hätte, und das "große Ereignis", das ihr durcheinander geratenes Leben noch mehr durchrüttelte. Vor allem als dieses Ereignis dann in weniger als einer Seite abgehandelt wurde. Abgesehen von den Andeutungen wurde es nicht erzählerisch vorbereitet und gipfelte in einem Antiklimax, der zwar seinen Schatten voraus warf, aber ohne nennenswerte Konsequenzen blieb.

    Da habe ich auch ganz schön mit zu kämpfen gehabt.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 91


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