Jostein Gaarder - Das Kartengeheimnis

Zitat von "parago"

Asche ueber mein Haupt, ich hab zwei Tage lang ueberhaupt nichts gelesen

Schön, daß ich nicht alleine bin! Ich habe auch schon seit zwei Tagen nichts gelesen, wir sind immer noch am renovieren und ich bin jeden Abend völlig erledigt ins Bett gefallen - aber das neue Bücherregal ist klasse!

Aber heute abend geht's mit dem Kartengeheimnis weiter!

Zitat

Noch wer dabei?

Ja, ich.
Das Jokerkapitel war sehr vielversprechend, und ließ mich auf eine gute zweite Hälfte hoffen.

Zitat von "Joker"

Die Parallele zur Schöpfungsgeschichte hat mich beeindruckt. Frode sitzt vor seiner Hütte und thront gottesgleich über seinen Geschöpfen, die, naiv wie Adam und Eva im Paradies, keine Selbsterkenntnis haben. Gefahr droht vom Joker, der als Schlange im Paradies versucht, den Zwergen genau dazu zu verhelfen. Ja, und Frode fehlt ein "gleichwertiger Gesprächspartner", überlegen wie er seinen Geschöpfen ist, und findet diesen in seinem (Enkel)Sohn Hans (Jesus). Das alles erinnert mich schon sehr an Miltons verlorenes Paradies (in dem ich dringend weiterlesen müsste!). Und schließlich sagt Frode noch von den Zwergen, dass sie ja als Traumgestalten in anderen Menschen weiterleben, also unsterblich sind. Auch zu Adam und Eva kam der Tod ja erst mit dem Sündenfall, mit der Erkenntnis.

Allerdings habe ich jetzt auch das Kapitel "Caro" gelesen, dass in meinen Augen doch wieder abfiel. Zwar ist es inhaltlich interessanter als der Anfang, aber mich stören allzu viele stilistische Kleinigkeiten: Ausdrücke, die m. M. n. "nicht stimmen", bzw. nicht gut genug sind und Wiederholungen, die ich für unnötig halte.

Zitat von "Caro"

Warum muss z. B. die Wirkung der Purpurbrause auch noch ein drittes und gar viertes Mal im Detail beschrieben werden? Auch Kinder haben ein Gedächtnis, und da reichte auch ein kleiner Hinweis, um die Wirkung, so sie denn überhaupt vergessen wurde, wieder präsent zu machen.
Hans Thomas und sein Vater sind für mich auch weiterhin keine "runden" Figuren, sondern bleiben eher schemenhaft.
Dass der gestrandete Seemann sich ausgerechnet als Frodes Enkelsohn entpuppen musste, war wirklich zuviel des Guten. Und wenn der Bäcker aus Dorf nicht der H.T.'s Großvater ist, fress ich einen Besen!
Die Parallelen zwischen H.T.'s Leben und der Geschichte im Brötchenbuch sind mir zu extrem.

Der "Sündenfall" der Zwerge macht mir allerdings wieder etwas Hoffnung. Mal schauen, wie Gaarder im letzten Teil die Kurve kriegt, und ob es ihm gelingt, seinen jungen LeserInnen diese Parallele deutlich (aber nicht überdeutlich) zu machen.

Gut sind die philosophischen Vorträge des Vaters und Hans Thomas Gedanken dazu. Die Umsetzung dieser Ideen in ein Kinder/Jugendbuch finde ich bisher - mit Ausnahme des Jokerkapitels - weniger gut bis schlecht gelungen.
Aber immerhin ist das Buch nicht mehr so langweilig wie am Anfang.

Heute abend will ich noch den Herzteil lesen und morgen kriegt ihr dann meine Abschlussbewertung.

Ich finde, das Buch wird immer spannender! Und die Diskussionen zwischen Hans-Thomas und seinem Vater gewinnen eindeutig an Qualität. Heute abend werde ich das Buch zu Ende lesen und dann morgen posten, was ich insgesamt für einen Eindruck hatte.

Momentan bin ich glatt am Überlegen, ob ich es nicht doch noch mal mit Sofies Welt versuchen sollte

Es freut mich jetzt aber schon, dass es euch auch zusehends besser gefällt. Es wäre nämlich wirklich schade, dieses Buch voreilig abzubrechen.

Liebe Grüße!!

Mein Gesamteindruck nach Beendigung des Buches:
Na ja, braucht man wirklich nicht gelesen haben. :sauer:
1. War die Startphase unendlich lang. So lang, dass ich die Lektüre ohne Leserunde vorher abgebrochen hätte. Das erste Mal mein Interesse geweckt ha es auf S. 145 (von 385), also nach einem Drittel.
2. Gefiel mir, wie schon mehrfach erwähnt, der Stil nicht. Er wirkte auf mich geschraubt und teilweise unglaubwürdig. Zu viele Wiederholungen machen das auch nicht besser.
3. Empfand ich die Figuren und ihre Motivationen als unglaubwürdig. Vor allem gilt das, wie auch creative bemängelt,

Zitat

für die Mutter, über deren Beweggründe wir rein gar nichts erfahren. Mir scheint als ob sie nur so gehandelt hat, damit das Brötchenbuch recht bekommt. Und das ist als Begründung doch recht schwach.

4. Wies das Buch, vor allem in der 2. Hälfte zwar einige interessante philosophische Ideen über das Mensch-sein auf, doch waren mir diese zu wenig in der Handlung verankert.
5. Waren die beiden Erzählstränge nicht ausreichend miteinander verflochten, und zugleich wiesen sie zu viele Parallelen auf. Eigentlich ein Widerspruch, aber so habe ich es empfunden. Die Parallelen waren mir zu künstlich, die Zufälle zu weit hergeholt. Die Verbindung zwischen den Geschichten war künstlich, nicht künstlerisch.
Könnt ihr verstehen was ich meine? Besser kann ich es leider nicht ausdrücken.
6. Besonders schade finde ich, dass das Buch viel Potential hatte. Es hätte gut sein können, war es leider nicht. Gaarder mag ein guter Philosoph sein, als Autor halte ich nicht viel von ihm.

Auf der Rückseite meiner norwegischen Ausgabe steht: Bekam den Preis des Kulturministeriums und den Preis der norwegischen Literaturkritikervereinigung als bestes Kinder- und Jugendbuch 1990. Das kann ich absolut nicht nachvollziehen, es sei denn 1990 war ein miserables Kinderbuchjahr in Norwegen.

Es freut mich jedenfalls für euch, dass euch das Buch besser gefällt.

So... jetzt habe ich das Kartengeheimnis durch. :smile:

Und die Wertung, liebe Leser? Tja...

Zitat

Nach einem etwas mühsamen Anfang wurde die Geschichte noch richtig spannend. Die philosophischen Ausflüge des Vaters wurden interessanter, hätten aber für meinen Geschmack durchaus etwas intensiver sein können. Aber dafür ist es ja ein Jugendbuch.

Die Idee, daß auch wir nur Figuren in einer großen Patience sind, hat mir sehr gefallen. Das hat mich irgendwie an "Men in Black" erinnert, an den Schlußgag in beiden Filmen.
"Und wenn die Welt ein Zauberkunststück ist, dann muß es auch einen Zauberkünstler geben." Auch etwas, das ich schön fand.

Auch die Idee mit dem Joker fand ich gut - der Joker, der nicht alles als gegeben hinnimmt, sondern der das Wundern und Staunen nicht verlernt hat und Dinge hinterfragt. Da bekommt man doch glatt Lust, ebenfalls Joker-Karten zu sammeln... Ich hatte allerdings am Anfang den Eindruck, daß der Joker als recht unsympathischer Zwerg dargestellt wurde - und am Ende war er dann doch ein lieber Kerl? Seltsam.

Gestört haben mich auch die Wiederholungen: ich habe gar nicht gezählt, wie oft der Geschmack von Purpurbrause beschrieben wurde.
Und daß der alte Bäcker der Großvater von Hans-Thomas ist, war schnell klar. Daß dann aber auch noch Frode der Vater des schiffbrüchigen Hans ist, fand ich ein wenig zu platt. Aber irgendwie mußte sich ja der Sippenfluch erklären.
Und daß sich der Großvater von Hans-Thomas nicht bei seiner Geliebten gemeldet hat, obwohl er wußte, daß sie ein Kind von ihm hatte, fand ich etwas befremdlich.

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Insgesamt hat mir das Buch durchaus gefallen, wenn ich auch keine fünf Leseratten vergeben würde. Aber ich habe richtig Lust auf Sofies Welt bekommen. :smile:

Na, wie gut, dass das Buch wieder aufgetaucht ist (und dass es nicht geregnet hat!)

Gut, dass du den Alkoholkonsum des Vaters ansprichst. In meinen Augen ist er eindeutig ein Alkoholiker.

Zitat von "Spoiler bis Ende"

Umso unglaubwürdiger erscheint mir, dass er so mir nichts, dir nichts ohne alle Schwierigkeiten (und ohne Entzugserscheinungen) mit dem Saufen aufhören kann.

Zitat von "parago"

Mir gefiel die Lektion ueber 'Zufall' und was fuer Glueckskinder wir doch alle sind, dass wir es trotz aller Hindernisse (wie z.B. der Pest) geschafft haben, geboren zu werden. Hat mich zum Nachdenken angeregt.

Bei der Überlegung mit der Pest hatte ich übrigens zum ersten Mal das Gefühl, das Buch könne noch was werden. Das war ein faszinierender und verblüffender (und mir völlig neuer) Gedanke.

Zitat von "parago"

Die philosophischen Einlagen werden besser und besser - aber wie vor mir schonmal erwaehnt wurde sind sie of zu aufgesetzt, wirken zu plump und unrealistisch und man fuehlt sich tatasaechlich verscheissert (sorry), was erstens das Alter und die Reife Hans Thomas's angeht und auch, was den ja doch an sich recht argen Alkoholismus des Vaters angeht - irgendwie passt das alles nicht so recht zusammen.

Ja, das war auch mein Eindruck. :sauer: Die philosophischen Einlagen werden tatsächlich besser, sind aber für meinen Geschmack immer noch zu oberflächlich, aber dafür ist es halt ein Jugendbuch.

Zitat von "parago"

Mir gefiel die Lektion ueber 'Zufall' und was fuer Glueckskinder wir doch alle sind, dass wir es trotz aller Hindernisse (wie z.B. der Pest) geschafft haben, geboren zu werden. Hat mich zum Nachdenken angeregt..

Der Gedanke hat mich auch völlig verblüfft.

Zitat von "Saltanah"

Gut, dass du den Alkoholkonsum des Vaters ansprichst. In meinen Augen ist er eindeutig ein Alkoholiker.

Alkoholismus ist ja durchaus ein Thema, das man in einem Jugendbuch ansprechen kann - dann aber bitte nicht so lapidar und nebensächlich abgetan. Der Alkoholkonsum des Vaters wird ganz schön verharmlost. Schlimm fand ich auch die Stelle, an der Hans-Thomas sich ebenfalls betrinkt (ich glaube, mit Martini?).

parago: Na, dann drücke ich dir die Daumen!!! Ein Tornado - *brrr*

Zitat

Trotzdem bin ich enttaeuscht und ueberlege ernsthaft, ob ich Gaarder eine weitere Chance geben soll. Vielleicht in einer weiteren Leserunde, mal sehn

Hm - ich habe "Das Kartengeheimnis" vor vielen Jahren gelesen, vielleicht so mit vierzehn. Da habe ich es sehr gerne gemocht, v. a. de Zahlenspielereien haben mir gut gefallen. Aber mit den Jahren verändert sich der Leseblick schon arg - ich weiß nicht, was ich heute davon halten würde.

Trotzdem solltest du Gaarder noch eine Chance geben. Mein Liebling von ihm ist "Trough a Glass, Darkly", aber auch "Das Weihnachtsgeheimnis" war sehr schön - ein Adventskalender in Buchform!
Nicht so toll fand ich "Maya" und diesen Brief an Augustinus. "Maya" ist voll mit pseudo-geheimnisvoll-philosophischem Geschwafel, gespickt mit Fremdwörtern (nicht dass ich davor Angst hätte, aber es gibt eine Grenze zwischen sinnvoll und protzig), und der Brief ("Vita Brevis - Das Leben ist kurz") gefällt mir nicht, weil er so populistisch gegen das Christentum und Augustinus schimpft, ohne dass ich als Laie die Behauptungen darin nachprüfen kann.

LG
nightfever

Ich habe mir auch vorgenommen,noch mehr von Gaarder zu lesen. Habe mir jetzt "Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort" zugelegt, und "Das Orangenmädchen" steht ganz oben auf meiner Wunschliste.

oder ergibt sich vielleicht zum "Orangenmädchen" eine Leserunde? War ja damals bei der Abstimmung, so glaube ich, Platz 2.

Ich verzichte für's erste auf Gaarder...