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Originaltitel: Rasmus på luffen
Inhalt:
Der 9-jährige, im Waisenhaus aufwachsende Rasmus wünscht sich nichts sehnlicher als von einem kinderlosen Ehepaar adoptiert zu werden, doch diese wählen immer nur Mädchen mit lockigen Haaren. Da sieht es schlecht aus für einen Jungen mit glattem Haar. Als er eines Tages der Vorsteherin Fräulein Hök (=Habicht) einen Eimer Wasser über den Kopf schüttet und für den nächsten Morgen zwecks Bestrafung in ihr Büro bestellt wird, entschließt er sich, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, denn: wenn die potentiellen Eltern ihn nicht finden, muss er sie eben selbst suchen gehen. Nachts haut er ab, trifft auf den Landstreicher Oscar, der ihm erlaubt, ihn eine Weile zu begleiten. Zufällig wird Rasmus Zeuge eines Raubes, für den Oscar verdächtigt wird. Von da an sucht die Polizei nicht nur nach einem entlaufenen Waisenhausjungen, sondern auch nach einem diebischen Landstreicher. Doch trotz aller Verwicklungen stößt Rasmus schließlich auf ein kinderloses, sehr nettes und noch dazu wohlhabendes Bauernehepaar, das nach einen Sohn und Erben braucht. Wird sich sein größter Traum verwirklichen?
Meine Meinung:
Astrid Lindgren konnte schreiben!
Obwohl es ein Buch für jüngere Kinder ist, hat es mich von Anfang bis Ende gefesselt. Selten habe ich eine Verfolgungsjagd gelesen, bei mir das Herz so im Halse stecken blieb, selten habe ich so sehr mit einer Figur mitgefiebert. Und selten war ich mir so unsicher, wie die (eigentlich in vielen Kinderbüchern vorkommenden) Szenen enden werden, denn Astrid Lindgren folgt nicht den altbekannten Klischees - z. B. ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass Rasmus nicht doch von seinem Verfolger gefangen wird. Immer wieder kommen Überraschungen, die meine Erwartungen über den Haufen warfen.
Die Personen sind keine Abziehbilder; auch dort werden wir überrascht. Die Vorsteherin des Waisenhauses ist keine grausame Kindesmisshandlerin à la "Oliver Twist". Der fälschlicherweise den Landstreicher Oscar verdächtigende Polizeikommissar kann seinen Fehler durchaus eingestehen, und selbst einer der Bösewichte zeigt versöhnliche Züge. Eher ungewöhnlich in einem Kinderbuch. Auch Rasmus ist keinesfalls ein Held, sondern ein Junge, der auch Angst haben kann, und selbst Oscar ist nicht fehlerlos.
Ich möchte auch Lindgrens perfekte Sprache hervorheben. Da stimmt jedes Wort und jeder Satz. (Wie das allerdings mit der deutschen Übersetzung aussieht, weiß ich nicht.) Wieder einmal begeistert mich, wie sie tiefste Gefühle beschreiben kann, ohne gefühlsduselig zu werden.
Genau so muss hervorgehoben werden, mit wieviel Respekt sie Rasmus (und andere Personen) schildert. Da wird nicht von hoher Warte aus über "Probleme" der Kinder gelächelt und weise/nachsichtig der Kopf geschüttelt; nein, sie nimmt ihre Figuren ernst, obwohl es nicht an Humor fehlt.
Was das Buch aber besonders macht, ist, dass es über ein gewöhnliches Kinderabenteuer hinauswächst. Hinter der Handlung finden sich grundsätzliche Fragen des menschlichen Daseins. Es handelt von Einsamkeit, der Notwendigkeit, zu jemandem zu gehören, der Sehnsucht nach Freiheit, der Wichtigkeit, seiner Überzeugung zu folgen und der Verantwortung, die man für sein eigenes Leben hat.
Fraglos