Maren Frank - Das Pferd aus dem Moor

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  • Ferienabenteuer mit einem geheimnisvollen Rappen
    Maren Frank: Das Pferd aus dem Moor, Viersen 2005, Rotblatt-Verlag, ISBN: 3-937221-69-7, 104 Seiten, zahlreiche schwarz-weiß-Zeichnungen, Softcover, Format 14,5 x 21 x 0,6 cm, EUR 9,95


    Die 13-jährige Evelina verbringt die Sommerferien ohne ihre Eltern bei ihren Verwandten auf dem Bauernhof. Onkel und Tante leben von der Landwirtschaft und sind von früh bis spät in Stall und Feld beschäftigt. Bis auf zwei jugendliche Ferienarbeiter gibt es so recht keine Gesellschaft für Evelina. Zeichnen und lesen kann man auch nicht immer, und so langweilt sich die junge Urlauberin recht schnell.


    Als bereits die Frage im Raum steht, ob Evelina nicht vorzeitig wieder nach Hause zurückkehren soll, begegnet ihr bei einem Spaziergang im Moor ein geheimnisvoller Rappe. Er lässt sich zunächst weder einfangen noch reiten und scheint Evelina etwas mitteilen zu wollen. So plötzlich, wie er aufgetaucht ist, ist er auch wieder verschwunden, und die verträumte Evelina fragt sich schon, ob sie sich diese Begegnung vielleicht nur eingebildet hat.


    Bei ihrem nächsten Ausflug sieht sie das Pferd wieder. „Onyx“ nennt sie den prachtvollen Rappen, weil sie das Gefühl hat, dass dieser Name perfekt zu ihm passt. Auf einmal ist keine Rede mehr von einer schnellen Rückkehr in die Stadt. Evelina will wissen, was es mit diesem sonderbaren Tier auf sich hat. Woher kommt es? Niemand in der Gegend hält angeblich ein solches Pferd. Wie kann es aus dem Nichts auftauchen und urplötzlich wieder verschwinden? Wie gelingt es ihm, mit Evelina zu kommunizieren? Und wieso weiß es Dinge, die ein gewöhnliches Pferd gar nicht wissen kann?


    Für die pragmatische Tante Ingrid ist der Fall klar: Ihre Nichte Evelina ist ein bisschen versponnen und hat sich den Rappen nur ausgedacht. Er ist ihr Traumpferd. Ein „imaginärer Freund“, weiter nichts. Aber kann das wirklich die Erklärung sein?


    Zweimal führt das rassige schwarze Pferd unsere Heldin zu Kindern in Not. Beiden Kindern kann Evelina auf ganz unterschiedliche Art und Weise helfen. Aber wenn Onyx nichts weiter ist als ein Produkt ihrer Phantasie - wie ist es dann möglich, dass der kleine Jannik ihn ebenfalls sieht?


    Bis Evelina dem Geheimnis auf die Spur kommt, geschieht noch allerhand ...


    Junge Pferdefreundinnen, die sich mit der künstlerisch begabten und phantasievoll-verträumten Heldin identifizieren können und Geschichten mit einem Hauch von Fantasy mögen, werden sich hier ganz ausgezeichnet unterhalten. Auch so mancher Erwachsene wird Freude an der zauberhaften Geschichte haben - besonders wenn er sich daran erinnert, in diesem Alter auch ein wenig wie Evelina gewesen zu sein.


    Wie es sich für ein Buch über ein talentiertes Mädchen gehört, das ständig mit Begeisterung Pferde zeichnet, ist dieser Band mit rund einem Dutzend hervorragender schwarz-weiß-Illustrationen ausgestattet. Die Illustrationen stammen von der Autorin selbst, die auch den Buchtitel gestaltet hat. Das professionelle Niveau der Zeichnungen kommt nicht von ungefähr: Hauptberuflich entwirft Maren Frank Stempelmotive für eine Stempelfirma. Und so kommt der Leser hier in den Genuss eines gelungenen Gesamtkunstwerks bestehend aus Text und Bild.


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  • Hier mal eine Leseprobe aus meinem Buch:


    Die Erlebnisse des Tages hatten sie müde gemacht und kaum, dass sie die Bettdecke über sich gezogen hatte, fiel sie in tiefen, traumlosen Schlaf.
    Ein Geräusch, das sie im ersten Moment nicht definieren konnte, weckte Evelina. Ruckartig setzte sie sich auf. Im Zimmer war es stockfinster und die rote Leuchtanzeige der Uhr auf dem Nachttisch zeigte an, da es erst kurz nach zwei war. Stille herrschte um sie herum. Hatte sie etwa nur geträumt? Nein, da war es wieder, ein Scharren und Klappern, leise zwar, aber doch laut genug, dass sie es hörte. Und viel lauter als eine der Katzen.
    Mit klopfendem Herzen stand Evelina auf und trat zum Fenster. Sie schob die Gardine ein Stück zur Seite und sah hinaus. Der Hof lag still da. Über dem Scheunentor brannte ein kleines Licht, das immer an war. Sein Schein erhellte nur den Bereich direkt vor der Scheune, der Rest war nur schemenhaft zu erkennen, denn es war Halbmond. Von den Hunden war keiner zu sehen. Rufus und Susi hatten beide eine Hütte neben dem Stall, schliefen aber mitunter auch vor der Scheune, doch würden sie niemals ihr Revier verlassen. Was immer das Geräusch verursacht hatte, da es laut genug gewesen war, Evelina zu wecken, mussten es auch die Hunde gehört haben. Und da sie nicht angeschlagen hatten, handelte es sich wohl doch um ein Tier. Und zwar um eines, was die Hunde kannten. Vielleicht eine Eule, überlegte Evelina. Das die nachtaktiv waren, wusste sie aus dem Biologieunterricht, denn darüber hatten sie in den letzten Wochen gesprochen. Auch über andere nachtaktive Tiere, doch ein Wolf hätte die Hunde sicher aufgeschreckt. Und dann fiel Evelina ein, dass es hier gar keine Wölfe gab.
    Sie gähnte, welche anderen Tiere noch nachtaktiv waren, wusste sie im Moment nicht und war zu müde, um genauer darüber nach zu denken. Schon wollte sie die Gardine wieder zurückschieben, als sie es sah.
    Für Sekunden glaubte sie, dass ihr Herzschlag aus setzte, was wohl in Wirklichkeit nicht der Fall war, doch schlagartig war sie hellwach. Das Pferd war so plötzlich vor ihrem Fenster aufgetaucht, dass es an Zauberei grenzte. Obwohl sie nur die Umrisse erkennen konnte, war sie doch sicher, dass es der Rappe aus dem Moor war, der regungslos da stand und zu ihr aufsah. Jedenfalls hatte sie das Gefühl, dass er sie ansah, denn in der Dunkelheit konnte sie seine Augen nicht genau sehen.
    Evelina wagte kaum zu atmen, geschweige denn, sich zu bewegen. Erst nach einigen Sekunden beugte sie sich weiter vor, ganz langsam natürlich. So nah konnte sie ihn besser sehen. Er war wunderschön, wie die Pferde aus ihren Träumen oder den Bildbänden mit edlen Rassen. In den nachtdunklen Augen des Pferdes spiegelte sich die Mondsichel. Woher kam der Rappe bloß und – noch wichtiger – was sollte sie jetzt tun? Wenn sie nach ihrer Tante rief, erschreckte sie damit womöglich das schöne Pferd. Und wenn sie versuchte ihn einzufangen? Aber vielleicht lief er weg, wenn sie auf den Hof kam. Außerdem musste sie dazu durchs halbe Haus. Ihr Zimmer lag im Hochparterre, sie musste durch den langen Flur, drei Stufen runter, die Küche, dann noch ein Flur, aus der Haustür raus und um das halbe Haus, um unter ihr Fenster zu kommen, wo der Rappe stand.
    Mit ganz langsamen Bewegungen öffnete Evelina das Fenster. Der Rappe verharrte noch immer reglos. „So ist es brav“, flüsterte sie. „Bleib ganz ruhig.“
    Die Ohren gespitzt verfolgte er aufmerksam, wie Evelina ein Bein auf das Fensterbrett schwang. Der Blick nach unten war nicht so schlimm, wie sie in der ersten Überlegung befürchtet hatte. Beim Klettern auf dem Abenteuerspielplatz war sie von ganz anderen Höhen runter gesprungen. In Sand zwar, aber hier war Gras unter ihr, was den gleichen abfedernden Effekt haben würde.
    Evelina zog auch ihr zweites Bein über den Sims, so dass sie nun saß und ihre Füße frei in der Luft baumelten. Mit den Händen schob sie sich nach vorn, dann ließ sie sich fallen und landete in gehockter Haltung.
    In ihren Ohren hatte das Aufkommen auf dem Gras laut geklungen, doch scheinbar war das Einbildung. Keiner der Hunde tauchte auf und auch das Pferd war nicht erschrocken. Nun war sie dem Rappen ganz nah, gerade mal ein Meter trennte sie noch. Er war nicht ganz so groß, wie er aus der ferne und von ihrem Zimmer aus gewirkt hatte. Evelina konnte, wenn sie sich reckte, über seinen Rücken schauen. Seine schmale Gestalt und die langen schlanken Beine wiesen auf eine edle Abstammung hin. Er war im ganzen sehr schmal, nicht dünn zwar, doch hatte er keinen Heubauch wie die meisten Ponies die sie kannte und auch viele große Pferde.
    „Hallo“, flüsterte Evelina so leise sie konnte und streckte langsam eine Hand aus. Mit gespitzten Ohren reckte der Rappe seinen Kopf vor und schnupperte. Mit angehaltenem Atem wagte Evelina es, ihn zu berühren, strich vorsichtig seinen Hals entlang.
    Er blieb ruhig, ließ es zu, dass sie sich neben ihn stellte. Evelinas Blick glitt unwillkürlich zu seinem Rücken. Wie es wohl wäre, auf ihm zu sitzen und ihn zu reiten. Aber wie sollte sie da hoch kommen, außerdem trug er keinen Sattel, nicht mal eine Trense. Selbst wenn sie es irgendwie schaffte, rauf zu klettern, sie wüsste nicht, wie sie ihn lenken könnte. In den wenigen Reitstunden hatte sie zwar die Grundbegriffe der Schenkelhilfen gelernt, aber von ohne Sattel oder gar ohne Zügel reiten war natürlich keine Rede gewesen.
    Plötzlich, ohne erkennbaren Grund, wandte der Rappe seinen Kopf, wieherte leise und trabte davon. Evelina lief hinterher, doch innerhalb von Sekunden hatte die Schwärze der Nacht ihn verschluckt. In der Dunkelheit konnte Evelina nur ganz schemenhaft die Kronen der Bäume erkennen. Ein Blick zum Himmel zeigte ihr, dass Wolken aufgezogen waren, die den Mond verdeckten.
    Sie fröstelte plötzlich und rieb sich über die Arme. Weil es so warm gewesen war in ihrem Zimmer, hatte sie zum Schlafen nur ein T-Shirt und eine kurze Short an, die nicht mal die Hälfte ihrer Oberschenkel bedeckte. Außerdem trug sie keine Schuhe. Letzteres war allerdings von Vorteil, denn so verursachte sie kein Geräusch auf ihrem Weg zurück.
    Unter dem Fenster blieb sie stehen und sah hinauf. Es war hoch, selbst wenn sie die Arme weit ausstreckte und sich ganz lang machte, kam sie nur mit den Fingerspitzen an den Sims. Ihn zu ergreifen stand außer Frage. Doch wie sollte sie sonst rein kommen? Die Haustür war abgeschlossen und mit welcher Begründung sollte sie ihre Tante aus dem bett klingeln?
    Schlafwandeln, fiel Evelina spontan ein, aber ob Tante Ingrid ihr das glauben würde? Und wenn sie die Wahrheit sagte? Nein, daß sie das glaubte, war noch unwahrscheinlicher, Evelina hatte ja selbst Mühe daran zu glauben. Sie blickte auf ihre Hand, die eben noch das Pferd gestreichelt hatte, hob sie zur Nase und schnupperte. Ganz leichter Pferdegeruch war zu vernehmen. Allerdings hatte sie vorm Zubettgehen noch kurz an der Weide auf der Tony und Max standen vorbei geschaut und den beiden einige Stücke hartes Brot gebracht. Da sie dabei natürlich ausgiebig mit ihnen geschmust hatte, konnte der Geruch auch davon stammen.
    Doch darüber konnte sie sich später Gedanken machen, jetzt musste sie erst mal zusehen, dass sie in ihr Bett zurück kam. Leise ging sie zur Scheune, eine Leiter würde zu viel Lärm verursachen, aber vielleicht fand sie etwas anderes, worauf sie steigen konnte.
    Etwas kaltes, feuchtes berührte sie an der Kniekehle und Evelina brauchte alle Selbstbeherrschung um nicht laut auf zu schreien. Im Licht der Lampe des Stalls erkannte sie Susi und strich der Hündin flüchtig über den Kopf. „Bist du wahnsinnig, mich so zu erschrecken?“
    Susi wedelte mit dem Schwanz und legte den Kopf leicht schief. In der Nacht hatte sie noch niemand besucht, aber ihr war jede Zeit zum Spielen und spazieren gehen recht.
    „Nein, wir gehen jetzt nicht Gassi“, sagte Evelina und öffnete leise das Scheunentor. Die Hündin folgte ihr hinein. Evelina ließ es offen, so dass das Licht von draußen herein scheinen konnte und sie genug sah. Die Futterkisten wären groß genug, doch sie waren aus dickem Holz und bis zum Rand gefüllt mit Hafer. Selbst mit größter Anstrengung konnte Evelina sie kaum einen Zentimeter von der Stelle bewegen. Sie gab es auf und ließ ihren Blick über die anderen Gegenstände gleiten. Mehrere Eimer, die dazu verwendet wurden die Pferde bei der Feldarbeit mit Wasser zu versorgen, standen übereinander gestapelt an der Wand.
    Evelina nahm einen der Eimer herunter. Er war aus Plastik und wies einige Dellen auf, dennoch wirkte er stabil. Probeweise stellte sie ihn verkehrt herum auf den Boden und kletterte drauf. In der Mitte sank ihr nackter Fuß leicht herab, doch der Boden hielt.
    Erleichtert nahm sie den Eimer auf, lief damit aus der Scheune, vergewisserte sich, dass ihr Susi folgte und schloss das Tor wieder. Die Angeln quietschten leise, in der Stille der Nacht klang es für Evelinas Ohren viel zu laut und sie erwartete, jeden Augenblick Licht im Schlafzimmer aufflammen zu sehen.
    Rufus, der andere Schäferhund, kam angelaufen, wedelte mit dem Schwanz und ließ sich von Evelina kurz über den Kopf streicheln, bevor er zu seiner Hütte zurück lief. Susi folgte ihm, da sie offenbar einsah, dass Evelina ihr seltsames Spiel mit dem Eimer allein spielen wollte.
    Evelina platzierte den Eimer unter ihrem Fenster. Der Boden war nicht ganz eben, so dass er ziemlich hin und her wackelte, als sie darauf kletterte. Doch sie konnte nun gut mit beiden Händen den Sims erreichen. Auf Abenteuerspielplätzen und im Sportunterricht hatte Evelina die Kletterlektionen immer besonders gemocht. Im Laufen war sie nicht sonderlich gut, aber die Geräte lagen ihr.
    Sich nur mit der Kraft ihrer Arme hoch zu ziehen war keine große Schwierigkeit und schon stand sie in ihrem Zimmer und blickte nach unten. Der Eimer würde dank des recht hohen Grases nicht sofort auf fallen, außerdem hatte sie einen gelben ausgesucht, der besser getarnt war als die anderen in rot und blau.
    Evelina schloss das Fenster und huschte ins Bett zurück. Ihr Herzschlag beruhigte sich allmählich und bald fiel sie in tiefen Schlaf.
    So tief, dass sie diesmal sogar nicht vom Krähen des Hahnes geweckt wurde und bis zum späten Vormittag schlief. In der Küche erwartete sie ein Zettel auf dem Tisch, neben einer Thermoskanne mit Kakao und frischen Brötchen. Evelina lächelte, ihre Tante war, wie die anderen, natürlich längst schon auf dem Feld bei der Arbeit. Sie setzte sich an den Tisch, bestrich sich ein Brötchen dick mit Marmelade und ging damit nach draußen.
    Die kleine Bank vor der Scheune war ihr Lieblingsplatz geworden. Gedankenverloren sah sie den beiden jungen Katzen zu, die sich balgten. Die Ereignisse der Nacht erschienen ihr unwirklich, hatte sie sich das Pferd nicht vielleicht doch nur eingebildet? Aber zweimal hintereinander die gleiche Vision? Das war sehr unwahrscheinlich.
    Plötzlich fiel ihr der Eimer ein und noch kauend lief sie los. Er stand noch immer an der gleichen Stelle, an den sie ihn in der Nacht als Kletterhilfe platziert hatte. Rasch nahm Evelina ihn auf und trug ihn in die Scheune zurück.
    Als sie auf den Hof trat, kam gerade Frieder um die Ecke. Er schob eine Schubkarre voller Mist. Mit seinen aufgekrempelten Hemdsärmeln, der blauen Arbeitshose und der schief hängenden Mütze auf dem Kopf sah er fast aus, wie ein richtiger Landwirt. „Hallo Schlafmütze“, grinste er.
    Evelina spürte, wie ihr Röte in die Wangen schoß. Es war ihr ein bisschen peinlich, dass sie so lange geschlafen hatte und alle anderen schon seit stunden fleißig waren. „Soll ich dir helfen?“
    „Die Schubkarre ist zu schwer für dich.“ Er sah, dass sie zum Protest den Mund öffnete und hob rasch eine Hand. „Aber du kannst mir beim Verteilen des Strohs helfen, da hinten im Kuhstall, Lukas ist auch da.“
    Sogleich lief Evelina los. Lukas stand bis zu den Knien in frischem Stroh und da er es um sich warf, hingen einzelne Halme in seinen Haaren und auf seinem karierten Hemd. „Hi, Frieder hat gesagt, dass du Hilfe gebrauchen kannst.“
    „Immer.“ Lukas grinste breit und schubste einen Strohballen in ihren Richtung. „Richtig dick einstreuen, damit die Kühe es auch schön weich haben, wenn sie heute Abend in den Stall kommen.“
    „Okay.“ Evelina packte mit beiden Händen zu. Es machte ihr Spaß so im Stroh herum zu wühlen.
    „Hier kommt das gefährliche Strohmonster, wah!“ Lukas warf dem inzwischen zurück gekehrten Frieder eine ordentliche Ladung entgegen. Der wehrte sich mit entsprechenden Geschützen und bald wälzten sich beide Jungen im Stroh. Evelina sah zu und fand sie kindisch, musste sich allerdings eingestehen, dass sie beide so aussahen, als würde es ihnen sehr viel Spaß machen.
    Sie ging auf den Hof, warf Susi ein Stöckchen und nach einigen Minuten kamen die beiden Jungs aus dem Stall. Obwohl sie sich das gröbste abgeklopft hatten, hingen immer noch reichlich Strohhalme in ihrer Kleidung und ihren Haaren. Vor Aufregung hatte Lukas Gesicht fast die Farbe seiner Haare.
    „He, warum bist du denn so plötzlich verschwunden“, wandte Frieder sich an sie. Er war noch leicht außer Atem und hatte gerötete Wangen.
    Evelina zuckte mit den Schultern. „War doch alles fertig eingestreut. Oder?“
    „Gib´s zu, du hattest nur Angst vor dem Strohmonster“, grinste Lukas.
    Evelina streckte ihm die Zunge raus. „Blödmann.“
    „Recht hast du.“ Doch in Frieders dunkle Augen trat ein schelmisches Blitzen. „Dabei weiß doch jedes Kind, dass es keine Strohmonster gibt. Hier gibt es nur Moormonster, aber die sind wirklich sehr sehr gefährlich.“
    Die letzten Worte hatte er mit leiser, verschwörerischer Stimme gesprochen und Lukas nickte nun bekräftigend. „Oh ja, die Moormonster, die sind echt tückisch. Ein süßes kleines Mädchen wie du holen die sich ruck zuck, ehe einer was merkt.“
    „Ja, die sind echt eine Plage. Sind schon viele Leute im Moor verschwunden und waren nie wiedergesehen. Ab und zu taucht dann mal ein Stück auf, ein Arm oder ein Bein. Nur die Köpfe...“ Er verstummte und war sich der Anspannung seiner Zuhörer durchaus bewusst.
    „Was ist mit den Köpfen?“ fragte Evelina. Eigentlich war es blöd, danach zu fragen, schließlich wusste sie doch, dass er sie nur auf den Arm nehmen wollte.
    „Die Köpfe“, Frieder sprach nun mit leiser, unheimlicher Stimme und beugte sich mit Verschwörermiene zu ihr vor, „die hat man bisher noch nicht wieder gesehen. Wie gesagt, bisher.“
    Evelina schauderte, die Vorstellung bei einem Spaziergang die Überreste eines Menschen zu finden war grässlich. Dabei wusste sie doch, dass die Jungs sie nur ärgern wollten. Natürlich war das Moor gefährlich, wenn es lange Zeit geregnet hatte und wer sich nicht auskannte, konnte sich durchaus leicht verirren, besonders, wenn es dunkel wurde. Von darin verschwundenen kleinen Mädchen war allerdings nichts bekannt. Außerdem war sie kein kleines Mädchen. Der Gedanke gefiel ihr und sie begegnete fest Lukas Blick. „Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“
    Der Junge lachte. „Das sagt meine kleine Schwester auch immer. Die ist genauso alt wie du, ebenso klein und frech.“
    Evelina verzog das Gesicht. Das er sie mit seiner kleinen Schwester verglich, gefiel ihr gar nicht. Frieder bemerkte ihr Schmollen und stieß seinen Freund an. „Sieh mal, sie zieht sogar die gleiche Flunsch.“
    In diesem Moment kam Hans um die Ecke. „Was macht ihr denn hier, kurze Pause, was?“
    „Wir arbeiten bis zum Umfallen, Chef.“ Lukas salutierte übertrieben, zwar mit der falschen Hand, aber das fiel niemandem auf.
    Evelinas Onkel lachte. „Ja ja, das sehe ich. Bringt den Kühen auf der Nordweide bitte Wasser, dann habt ihr für heute frei.“
    „Super.“ Frieder strahlte. „Dann können wir ja in die Stadt fahren und ins Kino gehen.“
    Lukas war schon auf dem Weg zu den Eimern und warf Frieder zwei zu. „He Evelina, hast du Lust mit zu kommen?“
    Sie schnappte sich ebenfalls zwei Eimer. „Klar, die Kühe sind süß.“
    „Ne, ich meine, klar sind die nett, aber ich dachte ans Kino. Dann kommst du doch auch mal raus.“
    Evelina zögerte. Hatte ihre Tante die Jungs darum gebeten? Möglich war es und sie wollte den beiden nicht als lästiges Anhängsel hinter her laufen. „Ich weiß nicht...“
    „Ach komm schon, wir gehen auch in irgendeinen Disney-Film. Oder was anderes, harmloses, damit du keine Alpträume kriegst“, sagte Lukas.
    „Ja, was niedliches mit Tieren“, lockte Lukas. „Und ein Eis kauf ich dir auch.“
    Die Aussicht ins Kino zu gehen, noch dazu mit den beiden Jungs, hatte durchaus was. Sie schaute Lukas an, er wirkte nicht so, als führte er nur einen Auftrag aus. Selbst wenn die Idee wirklich von Tante Ingrid stammte, so schien es ihn nicht zu stören. „Okay, ich komm mit, aber dann will ich auch einen richtigen Film sehen, mit Action. Aber ein Eis kannst du mir trotzdem gern kaufen.“



    Ist der Text, wie ich ihn im PC hab, also unlektoriert. Würde mich sehr über Kommentare dazu freuen.


    liebe Grüße
    Maren

  • Inhalt: Die 13jährige Evelina verbringt die Sommerferien bei ihrer Tante auf dem Bauernhof. Als sie bei einem Spaziergang plötzlich einen Rappen sieht, der auf scheinbar mysteriöse Weise wieder verschwindet, glaubt sie zuerst, nur geträumt zu haben. Doch schon kurz darauf sieht sie den Rappen wieder und erkennt, dass sie mit dem Pferd auf eine gewisse Art sogar kommunizieren kann. Es scheint, als wolle der Rappe ihr etwas sagen und Evelina ist wild entschlossen, das ihn umgebende Geheimnis zu lösen.


    Meine Meinung: Ein schönes Buch für Kinder ... ich werde es direkt an meine kleine Schwester weiterreichen, die wird begeistert sein.
    Schön und einfach geschrieben, für die Kleinen... schöne Illustrationen. Alles in allem ein gutes Buch für beginnende Bücherwürmer. :jumpies:

    Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche die Böden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken.