Kurzgeschichtensammlung
Anna Gavaldas Debüt ist mit 167 Seiten sehr kurz, und man gerät in Versuchung, die Kurzgeschichten hintereinander weg zu lesen. Genau das sollte man nicht tun, denn jede einzelne ist wie eine kleine Perle. Man muss den Geschichten etwas Zeit geben, und man muss sie genießen. Jede einzelne ist etwas Besonderes, und jede einzelne unterscheidet sich von der Vorangegangen.
Die Autorin beschreibt Situationen, die meist alltäglich anfangen, und sich dann zu etwas Ungewöhnlichem steigern. Harmlos fängt die Geschichte einer Tierärztin an, die sich als Frau auf dem Land durchschlagen muss, und noch harmloser beginnt die Erzählung über einen Vertreter, der endlose Kilometer auf der Autobahn fahren muss. Beide steigern sich ins Schreckliche.
Es gibt auch schöne unter den kurzen Geschichten, von Lieben, die unmöglich scheinen und dann doch klappen. Sie ist grandios, wenn sie Abgründe schildert. Sie kann traurig sein (wie in der Geschichte, in der ein Mann seine Jugendliebe ein letztes Mal trifft, bevor sie an schwerer Krankheit stirbt) und unglaublich komisch (wie in der Geschichte zweier Yuppie-Teens, wie sie wohl jeder im Bekanntenkreis hat, und die eine unschöne Begegnung mit einem Wildschwein haben).
Sie schreibt in kurzen Abschnitten, ihr Stil ist wie eine Aneinanderreihung verschiedener Bilder, aber das ist großartig. Ich kann mir vorstellen, dass einige Leser ein Problem mit dieser Art des Schreibens haben. Wer Ungewöhnliches mag, und den Blick für Details, dem kann ich Anna Gavalda nur empfehlen. Ihre Dialoge sind das Gerüst der Erzählungen und fantastisch geschrieben, was sich hier schon andeutet, aber dann in ihrem Roman ‚Zusammen ist man weniger allein’ perfektioniert wird. Dieser hat mir insgesamt noch mal ein Stück besser gefallen als diese Sammlung von Kurzgeschichten, weil es doch einfach schöner ist, wenn sich Charaktere und Geschichte über längere Passagen hin entwickeln können, aber trotzdem vergebe ich 4 Leseratten.
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