Gabriel García Márquez - Die Liebe in den Zeiten der Cholera

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    Ich hoffe, es gibt nicht schon anderswo einen Thread mit Rezensionen zu diesem Roman. Jedenfalls hat meine Suche danach keinen ausgeworfen. Nur den Thread wo es um die kommende Leserunde geht.


    Auf jeden Fall kommt hier jetzt die Rezension zu "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" von Gabriel Garcia Marquez. Gelesen habe ich das Buch im Zusammenhang mit dem <a href="http://www.literaturschock.de/literaturforum/viewtopic.php?t=4355">SUB-Listen-Wettbewerb 2006</a>, da es auf meiner Liste steht.


    Ganz unbestritten ist, daß Gabriel García Márquez zu den herausragenden Schriftstellern unserer Zeit zählt. Nicht umsonst wurde er 1982 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Sein Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" war es, der ihm den internationalen Durchbruch verschaffte und der mir ebenfalls sehr gut gefallen hat. Nun wollte ich also "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" lesen.


    Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe. Ungewöhnlich deswegen weil es Jahrzehnte dauert, bis sie ihre Erfüllung findet. Und auch hier erweist sich Márquez als großartiger Erzähler. Die Geschichte selbst ist ungewöhnlich und irgendwie auch recht traurig (fand ich zumindest). Das Thema des Romans an sich, ist aber eines, für das ich persönlich mich nicht so sehr erwärmen konnte. Es ist glaube ich, nur Marquez herausragender Erzählgabe zu verdanken, daß der Roman fesselt - weniger die Handlung und Figuren an sich, die in seltsamen (veralteten) Konventionen gefangen sind und sich im Grunde erst am Ende ihres Lebens dazu durchringen können ihren eigenen Weg zu gehen, wobei ihnen das scheinbar nur dadurch möglich wird, indem sie sich sozusagen zurückziehen und aus dem normalen Leben ausklinken.


    Was die Erzählkunst angeht, würde ich 4ratten vergeben und eine Empfehlung aussprechen, diesen Roman von Márquez zu lesen. Meine ganz persönliche Wertung bezogen darauf, daß ich mich für die Geschichte an sich nicht so recht erwärmen konnte, sind 3ratten .


    [size=1]EDIT: Autorennamen im Betreff korrigiert. LG, Saltanah[/size]

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Zitat von "Liisa"


    Das Thema des Romans an sich, ist aber eines, für das ich persönlich mich nicht so sehr erwärmen konnte. Es ist glaube ich, nur Marquez herausragender Erzählgabe zu verdanken, daß der Roman fesselt - weniger die Handlung und Figuren an sich, die in seltsamen (veralteten) Konventionen gefangen sind und sich im Grunde erst am Ende ihres Lebens dazu durchringen können ihren eigenen Weg zu gehen, wobei ihnen das scheinbar nur dadurch möglich wird, indem sie sich sozusagen zurückziehen und aus dem normalen Leben ausklinken.



    Ich fand eigentlich, dass der Roman genau deswegen so gut war, weil er nicht Menschen zeigt (wie fast alle romantische Bücher), die immer die Konventionen brechen. Solche Menschen gibt es sehr wenige, vielleicht keine, weil ständig eine Revolution machen ist sehr anstrengend. Das Buch zeigt das alltägliche Leben von Menschen, zeigt wie 2 Menschen miteinander alt werden und zeigt das gar nicht so langweilig, wie man das sich vorstellen würde. Genau deswegen ist Marquez so genial - er kann normale und alltägliche Szenen mit viel Humor zeigen.

  • Im Rahmen der Leserunde, habe ich das Buch beendet. Ich stimme mit Liisa absolut überein, dass Márquez ein überragender Erzähler ist. Nur das (und die Leserunde) hat mich letztendlich dazu gebracht, dass Buch zu Ende zu lesen.
    Die Geschichte selbst, konnte mich nicht sehr fesseln. Die konventionellen Probleme der Hauptfiguren konnte ich nicht nachvollziehen und einiges konnte ich auch nur als Ironie lesen.

  • Inhalt: Doktor Juvenal Urbino stirbt durch einen Unfall beim Versuch, den entflogenen Hauspapagei wieder einzufangen. Bei der Totenfeier kümmert sich unauffällig ein älterer Herr um vieles. Es ist Florentino Ariza, der Urbinos Witwe Fermina Daza in Jugendzeiten ewige Liebe geschworen hat, und ihr nun sogleich versichert, daß er zu diesen Worten noch immer stehe. Rückblickend wird die Geschichte von Florentino, Fermina und Juvenal erzählt. Ferminas Vater, der sich für seine Tochter eine gute Partie und gesellschaftlichen Aufstieg erhoffte, zumal seine Geschäfte zweifelhafter Natur sind, unternimmt mit ihr eine längere Reise, als er das Liebesbriefverhältnis zwischen Florentino und Fermina bemerkt. Zurückgekehrt und gereift erkennt Fermina, daß sie Florentino, trotz ihres Versprechens ihm gegenüber, nicht zum Mann nehmen kann und will. Sie fügt sich schließlich sogar dem Wunsch des Vaters, den angesehenen Arzt Juvenal Urbino zu heiraten. Die Ehe scheint nach außen ausgesprochen glücklich und harmonisch, ist tatsächlich aber mit den ganz normalen Streitigkeiten und Problemen einer Beziehung behaftet. Derweil hält Florentino seinen Schwur ewiger Treue, denn seine vielen, vorwiegend S.e.x.uell inspirierten Beziehungen stehen dem – für ihn – nicht entgegen. Für Fermina bemüht er sich sogar um eine berufliche Karriere, die ihm im Flußschiffahrtsunternehmen seines Onkels auch gelingt. Nach Juvenals Tod sieht er die Chance gekommen, Fermina doch noch für sich zu gewinnen. Ein erneuter Briefwechsel und regelmäßige Besuche setzen ein ...



    Meine Meinung: Ich hatte zunächst durchaus Befürchtungen, hier mit einer ähnlich absurden Geschichte wie z. B. in Hundert Jahre Einsamkeit konfrontiert zu werden, aber ganz im Gegenteil. Im Grunde erzählt García Márquez eine ganz einfache Geschichte von lebenslanger Liebe und später Erfüllung. Dabei sind die Männer eindeutig die Schwächlinge, Fermina ist der starke Pol sowohl in Juvenals als auch Florentinos Leben und macht auch die interessanteste Persönlichkeitsentwicklung durch. Sie braucht aber lange, um sich über ihre eigene Position und ihre Gefühle klar zu werden. Da Florentino Fermina nicht bekommt, driftet er in überwiegend flüchtige Beziehungen mit einer ausgeprägt S.e.x.uellen Komponente. Damit wird er Fermina, für die er eigentlich seine Unschuld bewahren wollte, zwar körperlich untreu, nach seinem Verständnis aber nicht im Herzen, und als unverbesserlicher Romantiker ist dies für ihn das entscheidende. Über Florentinos Liebesleben erfährt man eine Menge Details und ich hatte durchaus den Eindruck, daß etwas weniger hier mehr hätte sein können. Juvenal ist zwar ein ausgemachter Macho, aber andererseits – je älter, je mehr – von seiner Frau abhängig und ihrem starken Willen hat er nichts rechtes entgegenzusetzen.


    Vor allem die drei Protagonisten handelten für mein Empfinden ihrer Sozialisation und ihrem Umfeld gemäß und damit glaubwürdig. Manches daran wirkt heute anachronistisch, ist aber sicher recht realistisch in Anbetracht der Zeit der Handlung und der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die hier zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, daß García Márquez ein toller Erzähler ist, den ich mit Genuß lesen kann. Da ich ein ausgesprochener Kapitelleser bin, also bevorzugt am Ende eines solchen unterbreche, hat mich aber deren Länge hier gestört – mit im Schnitt 70 bis 100 Seiten sind sie doch arg umfangreich geraten.


    4ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Die Geschichte an sich klingt zuerst recht interessant, ein Mann, der über 50 Jahre auf seine große Liebe wartet. Allerdings gestaltet sich das Ganze dann leider doch nicht ganz so spannend, wie man es vielleicht erwartet hätte. Die Liebenden in Wartestellung führen teilweise recht ereignislose Leben und selbst die unzähligen Liebschaften von Florentino Ariza bringen keine Abwechslung. Einzig einige lustige Anekdoten aus Fermina Dazas Ehe vermögen einen zu unterhalten. Keine wirklich guten Vorraussetzungen für einen Roman mit über 600 Seiten. Doch Gabriel Garcia Maquez schafft es, dank seiner unglaubliche Erzählgabe, kaum Langeweile aufkommen zu lassen. Ich bin eigentlich nie sehr begeistert, wenn ein Buch seitenlange Beschreibungen von Orten, Menschen, Gegenständen etc. enthält, aber hier haben sie mich kaum gestört, im Gegenteil, sie haben mir tatsächlich am besten gefallen und ließen einen tief in das Kolumbien des 19/20 Jahrhunderts eintauchen.
    Hätte die Geschichte es nur geschafft, ein klein wenig mitreissender zu sein, wäre dies wirklich ein ganz großartiges Buch geworden.
    Einzig das Ende war sehr passend und gelungen und hat mich dann doch noch ein wenig mit der Geschichte versöhnt.


    Ich kann aber, trotz der eher schwachen Geschichte, mit gutem Gewissen 4ratten vergeben!

  • Inhalt
    51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage wartet Florentino Ariza auf Fermina Daza. Schon als 18jähriger Telegraphist hatte er sich unsterblich in sie verliebt. Es ist bereits von Hochzeit die Rede, als sich Fermina nach einer längeren Reise für Juvenal Urbino entscheidet.
    Fermina führt an der Seite des angesehenen Arztes ein großbürgerliches Leben mit allen Höhen und Tiefen einer 50 Jahre dauernden Ehe.
    Florentino arbeitet unterdessen hart an seiner Karriere und bringt es schließlich sogar zum Direktor der Karibischen Flußschifffahrtsgesellschaft. Keine seiner 622 Geliebten kann jedoch seine tiefe Liebe zu Fermina erschüttern. An eine Ehe mit einer anderen denkt er nie, sein Haus ist vorbereitet für sie, sein Herz hat nie aufgehört sie zu lieben.
    Als Doktor Urbino beim Versuch, den entflogenen Papagei der Familie einzufangen, einen tödlichen Sturz erleidet, sieht sich Florentino endlich am Ziel aller seiner Wünsche.


    Meine Meinung
    Der erste Teil des Romans mit dem 3jährigen Werben des Florentino um Fermina hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Schwerer waren dann schon die endlosen Schilderungen vom Liebesleben unseres Helden nach dem Scheitern der Verlobung zu ertragen. Mein Lesefluß geriet dadurch zeitweise sehr ins Stocken, doch die wunderschöne Sprache hat mich immer wieder zur Lektüre zurückgeholt.
    Die Krisen des Ehepaares Urbino, die Karriere des Florentino, seine im Alter immer seltsamer werdenden Liebesbeziehungen (zuletzt mit einer 14jährigen Verwandten), der Versuch, sich für Fermina seine Jugend und seine Gesundheit zu bewahren, erzählt Marquez mit solch sprachlicher Brillanz, dass man sich dieser Faszination nicht zu entziehen vermag.
    Dabei wurde mir Florentino als Charakter mit zunehmendem Alter nicht unbedingt sympathischer. Marquez zeichnete ihn schon in seiner Jugend als wunderlichen Kauz, und in seiner nicht nachlassenden Verbissenheit kommt er mir auch wie ein ewig pubertierender Jüngling vor. Fermina ist über das Auftauchen ihres hartnäckigen Verehrers nach dem Tode ihres Gatten auch nicht sehr erfreut. Und so muss er sich noch über ein Jahr gedulden, ehe sie ihn erhört. Mir kam fast so vor, als handelte es sich dabei um eine Art der Kapitulation. Fermina ist allein, ihre Trauer um den Verstorbenen beginnt sich zu legen, und Florentino gibt ohnehin keine Ruhe.
    Am Ende habe ich mich auch gefragt, ob das Verhalten Florentinos wirklich etwas mit einer so großen Liebe zu tun hat, wie er das wohl selber glaubt. Oder geht es ihm vielleicht nur noch ums Prinzip? Er hat Fermina eigentlich nie gefragt, was sie möchte, sondern ist immer nur von seinen eigenen Gefühlen ausgegangen. Auch der Liebesakt deutet darauf hin, dass es Florentino weniger um die Empfindungen seiner Angebeteten geht. Vielleicht wäre der Verzicht ein größeres Zeichen seiner Liebe gewesen.
    Die nicht endende Fahrt auf dem Flußdampfer mit der gehißten Choleraflagge habe ich als Symbol für die Gefangenschaft der beiden in ihrer nicht endenden (vermeintlichen?) Liebe gedeutet, die aber bereits die Zeichen von Krankheit und Verfall in sich trägt.
    Meiner Meinung nach ist der Roman ein großartiges, sprachlich brillantes Werk, der auch mit seinen phantasievollen Szenen verschiedener Alltagssituationen besticht und fasziniert.

    Einmal editiert, zuletzt von Büchersylli ()

  • Cover


    Dieses Buch stand schon bei meinen Eltern (ungelesen) im Regal; die Empfehlung hier aus dem Forum und letztendlich auch der Tod des Autors haben mich nun aber doch dazu bewogen, es in die Hand zu nehmen und bisher bereue ich es auch nicht.


    Als der über 80jährige angesehene Arzt Juvenal Urbino beim Versuch, seinen Papageien von einem Baum zu holen, stirbt, mischt sich unter die Trauergäste Florentino Ariza, der 51 Jahre, 9 Monate und 4 Tage lang darauf gewartet hat, der Frau des Arztes, nun Witwe, Fermina Daza, seine immer noch glühende Liebe zu gestehen. Schon als junger Mann war er unsterblich in Fermina verliebt gewesen, die sich damals sogar heimlich mit ihm verlobt hatte, das Verlöbnis aber dann brach und den aufstrebenden und vermögenden Juvenal heiratete.
    Florentino stürzt sich daraufhin in immer neue Affären und Liebschaften und arbeitet sich in der Firma seines Vaters hoch. Sein einziges Ziel ist es allerdings immer noch, Fermina (zurück) zu erobern. So wartet er brav auf den Tod ihres Mannes während sein Leben mehr oder weniger einfach an ihm vorbeizieht.
    Fermina indessen hat am Anfang ihrer Ehe mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Dass ihr Mann sie nicht wirklich liebt war ihr von Anfang an klar, aber als die Schwierigkeiten mit der Schwiegermutter überhand nehmen und jegliche Leidenschaft aus der Beziehung zu ihrem Mann verschwunden ist, fordert sie eine Reise nach Europa, die der eingefahrenen Ehe tatsächlich neuen Aufschwung und, nach dem Sohn, der auf der Hochzeitsreise gezeugt wurde, noch eine Tochter beschert. Als sie aus Europa wieder zurückkommen ist Juvenals Mutter gestorben und Fermina kann nun ganz ohne Gängeleien in der Rolle der Gattin des großen Arztes aufgehen.


    Ein bisschen hat mir der arme Florentino ja schon leid getan, als seine Angebetet ihn so mir nichts dir nichts abservierte, aber wenn man ehrlich ist basierte diese ach so große Liebe ja auch auf nichts anderem als einigen schwülstigen Briefen. Da ist Fermina vielleicht unromantisch, aber realistisch. Juvenal liebt sie zwar auch nicht und er auch sie nicht, aber er bietet ihr etwas und so wählt sie ihn.


    Ich denke dass die Geschichte irgendwann wieder bei dem Punkt anlangen wird, an dem Florentino Fermina nach so vielen Jahren nochmal seine Liebe gesteht und ich bin schon gespannt, wie sie nach der ersten Entrüstung reagieren wird.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Der Kreis hat sich geschlossen, ich bin wieder an der Stelle angelangt, in der Florentino nach über 50 Jahren Fermida seine Liebe gesteht.


    An sich ist es ja schon romantisch, wenn ein Mann so lange auf seine Angebetete wartet, aber Florentino hat sich die Zeit mit so vielen Liebschaften vertrieben (am Ende mit einer 14jährigen, was mich dann doch ziemlich schockiert hat :entsetzt:), dass ich ihm den armen zurückgewiesenen Verliebten nicht mehr abnehme. Wer weiß, vielleicht hat er die Liebe zur bis zum Tod ihres Mannes unerreichbare Fermida nur vorgeschoben, um sich nie ernsthaft auf eine andere Beziehung einlassen zu müssen und sich ohne schlechtes Gewissen überall sexuelle Befriedigung holen zu können? Eigentlich mag ich Sonderlinge und wunderliche Käuze, aber diese Episode mit der 14jährigen wirft kein gutes Licht auf ihn...


    Nun hab ich noch knapp 100 Seiten vor mir, in denen es wohl darum gehen wird, ob Fermida Florentino erhören wird oder nicht. Auf den ersten Blick spricht nichts für ihn, aber dieser Roman wäre wohl kaum als große Liebesgeschichte verkauft worden, wenn die beiden Hauptpersonen gar nicht zusammen kämen.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Das Verhältnis mit der 14jährigen hat mich damals auch schockiert. Ich hatte beim Lesen trotzdem immer das Gefühl, dass Florentino seine Fermina abgöttisch liebt. Er hebt sie auf ein Podest und verehrt sie, ohne sie wirklich zu kennen und tröstet sich in der Zwischenzeit mit unzähligen anderen Frauen. Wenn ich mich richtig erinnere, gab er diesen Frauen allerdings immer das Gefühl etwas Besonderes zu sein, ohne sie dabei im Unklaren zu lassen, dass er mit ihnen keine andere als eine rein sexuelle Beziehung eingehen will. Natürlich kann ich mich täuschen, es ist schon ziemlich lange her, dass ich das Buch zum letzen Mal gelesen habe.
    Übrigens mochte ich Florentinos Onkel, der ihm einen Posten in der Firma gab und so gern auf Begräbnissen Arien sang.

  • Ich habe das Buch gestern beendet und bin noch nicht sicher, was ich nun letztendlich davon halten soll...


    Obwohl Florentino nach seinem ungebührlichem Verhalten nach der Beerdigung von Fermina (wieder) abgewiesen wird, gibt er nicht auf und bombardiert sie mit Briefen, die ihr tatsächlich über die erste schwere Zeit hinweghelfen. Eine Freundschaft entsteht und als Fermina Florentinos Einladung annimmt und mit ihm eine Reise auf einem seiner Flussschiffe unternimmt, wird Florentinos sehnlichster Wunsch, der sein ganzes Leben bestimmt hat, endlich erfüllt.


    Wie bewerte ich das Buch nun? Ich habe das Buch immer gerne in die Hand genommen und gelesen und habe mich nie gelangweilt oder mit dem Gedanken gespielt, es abzubrechen. Nur eine große romantische Liebesgeschichte war es für mich nicht. Vielleicht am Anfang, als Florentino Fermida aus der Ferne anschmachtet und zaghaft versucht, erste Kontakte mit ihr zu knüpfen. Doch dann heiratet sie aus Berechnung einen wohlhabenden Mann und er bespringt alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist (er kann es ja nicht mal lassen, als er nach all den Jahren zum zweiten Mal um Fermida wirbt :rollen:).
    Hm. Es ist eine gut erzählte Geschichte von zwei Menschen, die irgendwie ihr ganzes Leben mal mehr, mal weniger umeinander kreisen und deren kurze Verbindung in der Jugend sie immer begleitet. Die Geschichte einer langjährigen Ehe mit all ihren Höhen und Tiefen und eine Geschichte übers Alter. Aber für mich keine Liebesgeschichte.



    Das Verhältnis mit der 14jährigen hat mich damals auch schockiert. Ich hatte beim Lesen trotzdem immer das Gefühl, dass Florentino seine Fermina abgöttisch liebt. Er hebt sie auf ein Podest und verehrt sie, ohne sie wirklich zu kennen und tröstet sich in der Zwischenzeit mit unzähligen anderen Frauen. Wenn ich mich richtig erinnere, gab er diesen Frauen allerdings immer das Gefühl etwas Besonderes zu sein, ohne sie dabei im Unklaren zu lassen, dass er mit ihnen keine andere als eine rein sexuelle Beziehung eingehen will. Natürlich kann ich mich täuschen, es ist schon ziemlich lange her, dass ich das Buch zum letzen Mal gelesen habe.
    Übrigens mochte ich Florentinos Onkel, der ihm einen Posten in der Firma gab und so gern auf Begräbnissen Arien sang.


    Dodo, du hast schon recht, er verspricht nie einer seiner Liebschaften etwas und benimmt sich so umsichtig, dass nicht einmal jemand etwas davon mitbekommt. Dass er über 50 Jahre enthaltsam lebt nur weil ihn seine Angebetete nicht erhört, hätte ich ja auch nicht erwartet, aber die Episode mit América und die Tatsache, dass er noch munter weitermacht, nachdem er den Kontakt mit Fermida wieder hergestellt lassen, lassen ihn mir dann doch sehr triebgesteuert erscheinen.
    Den Onkel fand ich auch sehr sympathisch!


    Ich vergebe 3ratten und ein :marypipeshalbeprivatmaus: und muss aber hinzufügen, dass ich sicher eine Ratte mehr vergeben hätte wenn ich mich am Ende nicht so über den alten geilen Bock Florentino hätte ärgern müssen. Vielleicht bin ich da aber auch ein wenig "konservativ" eingestellt :zwinker:

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen


  • Nur eine große romantische Liebesgeschichte war es für mich nicht. Vielleicht am Anfang, als Florentino Fermida aus der Ferne anschmachtet und zaghaft versucht, erste Kontakte mit ihr zu knüpfen. Doch dann heiratet sie aus Berechnung einen wohlhabenden Mann und er bespringt alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist (er kann es ja nicht mal lassen, als er nach all den Jahren zum zweiten Mal um Fermida wirbt :rollen:).


    Florentino Arizo war meiner Meinung nach Fermina auf seine eigene Art und Weise sein Leben lang treu. Er stellte sie auf ein Podest und liebte und verehrte sie aus der Ferne. Vielleicht hatte seine anonyme Entjungferung - er hat nie erfahren, welche der drei gemeinsam reisenden Damen in seine Kabine kam - auf der Flussfahrt in einen Außenposten der Firma seines Onkels damit zu tun, denn für ihn hatten all diese rein sexuellen Beziehungen nichts mit seiner Liebe zu Fermina zu tun. Emotional hat er sich ja auf keine einzige seiner Bekanntschaften eingelassen und das obwohl er einigen dieser Frauen sogar ehrliche Freundschaft entgegen brachte.


    Fermina erkannte nach der von ihrem Vater erzwungenen Abwesenheit einfach, dass ihre Schwärmerei zu Florentino vorüber ist und sie ihn nicht wirklich geliebt hatte. Als sie nun den Doktor kennen lernte, hat sie sich für ihn entschieden. Zu dieser Zeit konnte sie als Tochter aus wohlhabenden, aber nicht ganz ehrenwerten Haus sowieso nicht heiraten, wen sie wollte, sondern musste sich den Wünschen ihres Vaters fügen. Für mich ist daher ihre Berechnung bei der Wahl ihres Ehegatten nachvollziehbar. Wer weiß, welchen Kandidat ihr ehrgeiziger Herr Papa noch so daher geschleppt hätte!


    Ich kann deine Irritation über den Roman allerdings gut verstehen. Als ich ihn das erste Mal gelesen hatte, ging es mir nicht anders. Da mich Garcias Sprache und die Geschichte mehr angesprochen hatten, als mir ursprünglich bewusst war, habe ich es ein paar Jahre später noch einmal gelesen. Seither ist es eines meiner Lieblingsbücher mit einer für mich wunderschönen, zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftigen Liebesgeschichte :zwinker:

  • Wir hatten hier ja damals eine Leserunde zu diesem Buch. Für mich war das auch keine Liebesgeschichte, sondern ein Hinweis auf die Trostlosigkeit des Alters.

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Meine Meinung

    Für mich war das auch keine Liebesgeschichte, sondern ein Hinweis auf die Trostlosigkeit des Alters.

    Der Satz deckt sich ziemlich genau mit meiner Meinung. Als Liebesgeschichte habe ich es nicht empfunden. Vielmehr hatte ich oft den Eindruck, als ob sich die beiden den angeblich geliebten Menschen mit allen Mitteln aus dem Kopf schlagen wollten. Dass ihr Alter trostlos ist, hat meiner Meinung nach viel mit dem Verrennen in die Schwärmerei zu tun. Dadurch haben sie zu viele Gelegenheiten verstreichen lassen. Die Liebe in den Zeiten der Cholera ist das zweite Buch, das ich von Gabriel García Márquez gelesen habe. Auch wenn die Lektüre des anderen Buchs 10+ Jahre her ist, kann ich mich erinnern dass es mir ähnlich wenig gefallen hat.

    2ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.