Viola Roggenkamp - Familienleben

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.530 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Thanquola.

  • Hamburg 1967. In einer vom Verfall bedrohten alten Villa leben die 13jährige Fania und ihre ältere Schwester Vera mit ihren Eltern und der Großmutter. Die Mädchen wachsen extrem behütet auf - die Mutter hat als Jüdin den Holocaust überlebt, der Vater wurde wegen seiner Beziehung zu ihr ebenfalls verfolgt, und nun hat Alma Schiefer Angst um ihre beiden Töchter, Angst, sie auf die Straße zu lassen, da ihnen ja etwas zustoßen könnte. Weiter als in den Garten dürfen sie sich alleine nicht vorwagen, nach dem Unterricht müssen sie sofort nach Hause kommen.


    Diese erdrückende Atmosphäre belastet beide Mädchen sehr, vor allem aber die ernste, nachdenkliche Fania, die so gern eine Freundin hätte, sehnlich auf ihre erste Regel wartet und unbedingt wissen will, was in den alten Akten steht, die im Keller versteckt liegen. Fania, eigentlich ein sehr intelligentes Mädchen, leidet an einer unerklärlichen Rechtschreibschwäche, die ihr den Schulalltag verleidet.


    Der Vater ist Brillenvertreter, das Geschäft läuft mittelmäßig - eigentlich ist die Mutter die Geschäftstüchtigere der beiden. Als die Villa verkauft werden soll, weil Hainichen, der Eigentümer, die Kosten für die dringend notwendige Renovierung nicht tragen will, setzt sich Alma in den Kopf, das Haus zu kaufen, in dem sie seit so langer Zeit wohnt.


    Vera hat währenddessen eine Affäre mit dem verheirateten Hainichen - einem Ex-Nazi...


    Schön fand ich an diesem Buch, auch einmal über Juden in Deutschland NACH dem Krieg zu lesen - die meisten Bücher behandeln die Schicksale in der Nazizeit und danach höchstens eine Auswanderung. Die jiddischen Ausdrücke, die Großmutter und ihr "Damenkränzchen" mit einigen Freundinnen, die mit ihr das KZ überlebt haben, die ständigen Schatten der Vergangenheit fand ich sehr gut eingefangen.


    Negativ dagegen fiel mir der teils verworrene Stil auf, die fehlenden Anführungszeichen machten es oft schwer, die wörtliche Rede zu verstehen, manchmal war kaum zu unterscheiden, was Gegenwart und was Vergangenheit ist. Und das Ende empfand ich als aufgesetzt und überflüssig, nämlich Fanias "Initiation" durch

    Zitat von "Spoiler Ende"

    eine Bettszene mit der Mutter ihrer einzigen Freundin


    3ratten


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    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Hallo Valentine,


    toll, dass Du eine Rezension geschrieben hast! Vielen Dank!
    Das Buch gehört schon länger zu meinem SUB: irgendwie hatte ich es schon ein paar Mal in der Hand und doch nie begonnen zu lesen.
    Mag sein, dass mich der Aufkleber (mit dem Zitat von Frau Heidenreich) immer negativ beeinflußt hat... oder die Aussagen einiger Leute, die Familiengeschichte wäre manchmal sehr langatmig und verworren.
    Keine Ahnung - aber nach Deiner Rezi (ich hab auch denSpoiler noch nicht gelesen :zwinker: ) wag ich mich vielleicht doch noch ran...


    Schöne Grüße von dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • :winken: Vielen Dank für die Rezension, ich find, es klingt sehr interessant.


    Und da es das grad sehr günstig gebraucht bei Amazon gibt (immer noch ein paar Ausgaben vorhanden :elch: ), ist es natürlich *schwupps* im Einkaufswagen gelandet. :rollen:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • In der Bibliothek hatte ich mal in dieses Buch reingeschaut, denn die Beschreibung an sich klingt ja sehr interessant. Doch schon beim Reinblättern schien mir der Schreibstil sehr verworren zu sein. Ich hatte sogar in Erinnerung, dass nur indirekte Rede verwendet wird (wahrscheinlich wegen den fehlenden Anführungszeichen), was ich ganz schrecklich finde. Valentines Rezi scheint meinen Eindruck genau widerzuspiegeln.


    Schade, denn die Geschichte hätte mich schon interessiert. Vor allem, weil mal auf das Schicksal von Juden im NACHkriegs-Deutschland eingegangen wird. Aber ich glaube, ich hätte mich nur durchgequält...


    Valentine: Dein Spoiler schreckt mich gleich doppelt ab! :entsetzt: :breitgrins:


    Weratundrina: Ich bin auf deinen Eindruck gespannt!

  • Zitat von "Thanquola"

    Valentine: Dein Spoiler schreckt mich gleich doppelt ab! :entsetzt: :breitgrins:


    Die Szene fand ich völlig deplaziert und "drangeklatscht".

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich lese das Buch ja gerade und ich muss sagen, ich genieße jede Zeile!
    Es hat einen ganz besonderen Stil und man kann sich kein einziges Wort entgehen lassen, daher lese ich auch sehr langsam und bewußt.


    Die Geschichte ist mir schmerzlich bekannt (Mutter/Tochter-Beziehung).


    Also, bisher (bin etwa bei Seite 200) bin ich restlos begeistert!

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


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    ~ IDLES ~


  • Bin seit gestern durch und fand es durchgehend gelungen.


    Besagte Szene fand ich sehr schön und für mich eine logische Folge aus der Geschichte, weil sich ja zum einen stark andeutete, dass Fania es nicht so mit dem männlichen Geschlecht hat und zum anderen hatte sie die "Erfahrungen" mit ihrer Schwester ja auch genossen und nicht nur als Spiel angesehen.


    Fania - eine tolle Figur! Ebenso die gojsche Geliebte. :zwinker:


    Den Vater empfand ich auch als sehr gelungen, wobei ich nie nachvollziehen konnte, was er an dieser Frau Mutter gefunden hat. Schrecklich! Hat mich stellenweise richtig beim Lesen geschüttelt, aber wie gesagt, das mag auch an meiner eigenen Mutter/Tochter-Geschichte liegen.


    Verworren und langatmig fand ich das Buch zu keiner Zeit! Man muss halt den Schreibstil mögen (lernen?).


    Für mich schon ein richtiger :tipp: 4ratten

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Also gut, ich nehm's zurück, ich bin zufällig noch mal über das Buch gestolpert und war beim Reinlesen so begeistert, dass ich es mir gekauft habe. :elch:
    Jetzt bin ich bloss gespannt, wann ich es mal lesen werde. :rollen:


    Vielleicht noch irgendwelche anderen Meinungen in der Zwischenzeit?