Eric Maron - Die Fürstin

Es gibt 75 Antworten in diesem Thema, welches 22.487 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Claudi.

  • Hallo Eric,


    vielen Dank für die ausführliche Erklärung!
    Mir gefällt das Buch immer besser. Es ist einfach supergut zu lesen, obwohl ich überrascht bin, wieviele Informationen drin stecken. Über die Zeit liest man ja wirklich nicht so viel.


    Ich muss unbedingt zusehen, dass ich irgendwoher "Die Rebellinnen von Mallorca" kriege! Da ich kein Clubmitglied bin, ist das immer recht schwierig. Aber bei eBay werden die Bücher bestimmt angeboten. Vor allem, da ich im letzten Jahr auf Mallorca Urlaub gemacht habe und wirklich sehr begeistert war von der tollen Landschaft, muss ich das Buch einfach lesen!


    Liebe Grüße
    nimue, kann nicht viel mehr zum Buch sagen, da erst auf Seite 72

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • @Nimue
    Ich kann Dir das Buch besorgen und zuschicken :smile: .



    So, endlich habe auch ich mit dem Buch angefangen und wurde auch sogleich mitgerissen. Wie nimue schon sagte, ist es ein typisches "Wohlfühlbuch", mit allem, was dazugehört.


    Eine Frage hätte ich schon einmal zu einer Redewendung: Am Anfang fiel der Begriff "ein Kleid wenden", was genau ist damit gemeint?


    Die dargestellte Homosexualität kommt mir etwas seltsam vor, da die Herren ja wirklichen Ekel vor Frauen empfinden, sich nicht von ihnen anfassen wollen...hat das einen speziellen Hintergrund? Zumindest in der heutigen Zeit kenne ich persönlich keinen Schwulen, der solche Berührungsängste vor Frauen hat :hm:


    Die Handlung reißt mich richtig mit und ich bin wahnsinnig gespannt, wie es weitergehen wird...:leserin:

  • Zitat von "Eric zu Friedrich"


    Zunächst scheint es ihm durchaus Spaß gemacht zu haben. Friedrich soll sich aber bei seinem Besuch in Dresden eine galante Krankheit, wie man das damals nannte, zugezogen haben und war danach "kuriert".

    :breitgrins: Vielen Dank für die Information. Erst recht nachdem wir den bedauernswerten Friedrich inzwischen ja selbst kennen lernen konnten. Da ich jeden Tag direkt in einem Haus im Park Sanssouci verbringe, interessiert er mich natürlich besonders. Bisher hatte sich das Bild vom alten Fritz mit seinen Hunden bei mir eingegraben, schön ihn mal als Jugendlichen zu sehen.

    Die lebensechten Beschreibungen von historischen Persönlichkeiten wie August dem Starken, Friedrich den Großen etc. gefallen mir an dem Buch besonders gut. Toll mal ein Buch über diese Periode zu lesen. Schließlich sind gerade diese Könige immer noch stark im Bewusstsein der Menschen. Zumindest hier bei uns in Potsdam und sicher auch besonders in Dresden und Umgebung. Wie das anderswo aussieht kann ich natürlich nicht sagen. In München ist es ja eher König Ludwig.


    Ach ja, bin jetzt auf Seite 343.

    Zitat

    Friedrich Wilhelm hat gerade erfahren, dass die Hochzeit geplatzt ist und Maria Theresia hat sich ja nicht gerade sehr prinzessinnenhaft benommen.

  • Bin auf Seite 180 angekommen...


    Zitat von "Spoiler bis Seite 180"


    Die Vorstellung, wie Charlotte das Schneiderlein mit dem Besen verdrischt ist einfach zu köstlich :totlach: , eingach genial.


    Das Schneiderlein wird mir übrigens zunehmend zuwider, und daß er Charlotte auch noch vergewaltigen wollte, setzt dem Ganzen ja wirklich die Krone auf :grmpf:


    Das Buch ist sooo toll, die Charaktere erscheinen so lebendig und liebenswert, man fühlt sich richtig "im Buch" :herz:

  • Hallo Nimue, Bianca und Kiala,


    euer Lob macht mich fast verlegen, aber auch stolz. Ich freue mich riesig, dass euch der Roman gefällt. Das habe ich zwar schon gesagt, aber das ist kein Grund, es nicht noch einmal zu wiederholen.


    Nun zu euren Fragen:


    Ein Kleid wenden. Nun, das heißt, die Nähte eines Kleides auftrennen und es wieder so zusammen zu nähen, dass die vorige Außenseite, die doch etwas gelitten hat, nun innen ist und die geschütztere Innenseite nach außen kommt. Das hört sich für heutige Zeiten seltsam an, war aber bei weniger wohlhabenden Kreisen noch bis in das beginnende 20. Jahrhundert so üblich.


    Was Zinggen und seine Abscheu davor, Frauen zu berühren, angeht, so ist diese wahrscheinlich auf traumatische Erfahrungen zurückzuführen. Carl Anton lehnte Frauen in seiner Umgebung zwar ab, vermochte sie aber zu berühren. Anders hätte er die Ehe mit Charlotte auch nicht vollziehen können. Außerdem war er hier nicht viel anders als z.B. der alte Fritz, der auch nicht gerade viel Weiblichkeit um sich herum geduldet hat.


    Übrigens sollte man nicht außer acht lassen, dass Zinggens Geschmack für Mode usw. von Damen durchaus geschätzt wurde. Ein Feind der Frauen war er also gewiss nicht!


    Was Friedrich und Maria Theresia betrifft, so hat es mir riesigen Spaß gemacht, eine Begegnung der beiden zu zeigen. Sie, ganz Dame und im Vollgefühl, einer auserwählten Dynastie anzugehören, er linkisch und unsicher und dadurch leicht verletzbar. Auch den schlagkräftigen Herrn Vater und den Musikus auf dem Wiener Thron, sowie August den Starken habe ich stark nach den Informationen ausgeformt, die meine Recherchen ergeben. Eine Szene mit der Mutter Maria Theresias musste ich allerdings auf Anweisung meiner Agenturbetreuerin streichen, weil sie zwar logisch nachvollziehbar war, aber nicht mit den Jubelperserarien der bezahlten Hofschreiberlinge übereinstimmte, die das Bild der guten Frau bis heute prägen.


    Die Szene mit dem Besen musste einfach sein. Da ich im Roman sehr stark durch die Augen der entsprechenden Personen schaue, war mir dieser Kerl so was von unsympathisch, dass ich nicht anders konnte.


    Damit noch viel Spaß mit dem Rest des Romanes


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Was mir übrigens besonders gefallen hat, war die Idee Reinhold Schneider in Rainaud de Tailleur umzubenennen. :geil:
    Ich komme ja aus Köln, wo man so was öfter hört, aber ich musste beim Lesen wirklich herzhaft lachen!

  • Gestern abend bin ich noch bis Seite 245 gekommen...


    Zitat von "Spoiler bis Seite 245"


    Wow, mit Carl Antons Tod hatte ich ja jetzt so gar nicht gerechnet, ebensowenig mit des Schneiderleins Ableben :entsetzt: . Ich dachte, daß die Fehde der beiden sich jetzt wie ein roter Faden durch das Buch ziehen wird. Aber so ist es definitiv besser, ich lasse mich gerne überraschen :breitgrins:
    Charlottes Hochzeit und die Hochzeitsnacht erschienen mir übrigens auch sehr alptraumhaft. Es mag damals üblich gewesen sein, aber den Streß der beiden Brautleute kann ich mir lebhaft vorstellen :entsetzt: Da wurde insgesamt so auf Protokoll und Etikette geachtet und dann so was *kopfschüttel*


    So, ich freue mich jetzt aufs Weiterlesen :leserin:

  • :klatschen: Fertig! War das schön!
    Ich werde das Buch aber erst noch etwas sacken lassen müssen, bevor ich noch mehr schreibe.
    Nur das Eine schon mal:

    Zitat

    Besonders gut hat mir das Ende gefallen! Endlich mal ausführlich! Der ganze letzte Teil! Wunderbar.
    Das ist nämlich ein Punkt, der mich sonst oft (auch bei Büchern, die ich über alles liebe) stört. Ein "richtiges" Ende zu schreiben, ist anscheinend gar nicht so einfach. Oft wirken Romane nach dem großen Höhepunkt geradezu abgehackt.

  • Hallo Claudi, Bianca und Kiala,


    Was die männliche Mätresse betrifft, so hört sich ein Rainaud de Tailleur nun einmal besser an als ein schlichtes von Schneider, auch wenn es das selbe bedeutet. Übrigens war ich früher öfters in Köln und habe dabei mehrere Exemplare des Homo Colonius kennen gelernt.


    Zitat

    Carl Antons Tod war in meinen Augen unabänderlich, um dem Roman die richtige Wendung zu geben. Ein Hin und Her zwischen ihm und dem Schneider wäre wirklich nicht das wahre gewesen. Außerdem konnte Charlotte danach beweisen, welchen Wert sie besitzt.


    Kiala, es freut mich, dass dir das Ende gefallen hat. Ich habe den Roman genau auf dieses Ende hingeschrieben und bin damit sehr zufrieden.


    Zitat

    Ich wollte den Roman nicht so einfach enden lassen mit dem "jetzt ist alles gut, Charlotte hat Ulrich von Mittstadt beerbt und spielt jetzt die große Fürstin. Auch wollte ich Max nicht als den Geliebten im Hintergrund enden lassen.


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Ich habe heute morgen mit dem Dritten Teil angefangen und bin erstmal etwas verwundert über den großen Zeitsprung. Außerdem fehlt mir Carl Anton und ein bischen auch der fiese de Tailleur. (natürlich nur wegen der Spannung!) Das ist jetzt wie, wenn man ein zweites Buch anfängt. :sauer: Ich hoffe, dass ich schnell wieder rein finde!


    Gruß, Horusina

  • Guten Morgen,


    nun muss ich auch endlich mal wieder etwas zum Buch schreiben!


    Ich bin inzwischen auf Seite 300 und wirklich sehr begeistert. Die Geschichte lässt sich so spannend lesen, dass ich kaum aufhören will. Sehr schön!


    Eines stört mich bisher aber auch


    Zitat von "Bianca"

    Die dargestellte Homosexualität kommt mir etwas seltsam vor, da die Herren ja wirklichen Ekel vor Frauen empfinden, sich nicht von ihnen anfassen wollen...hat das einen speziellen Hintergrund? Zumindest in der heutigen Zeit kenne ich persönlich keinen Schwulen, der solche Berührungsängste vor Frauen hat :hm:


    Das ist mir auch aufgefallen. Nicht nur Zinggen empfindet so großen Ekel, sondern auch Schneider Zwirn. Die Beschreibung der Homosexuellen kommt mir sehr klischeehaft vor und wenn das Buch ansonsten nicht so wunderbar zu lesen wäre, würde mich das verärgern ;)


    Dann habe ich noch ein paar Fragen - ist jetzt meiner Meinung nach nicht wirklich spoilerhaft:


    1. Maria Theresia - wie kann eine neunjährige bereits die Preußen hassen? Ich vermute, dass sie am Hofe Wiens noch keine schlechten Erfahrungen machen musste.


    2. Fanden diese Freilichtopern tatsächlich statt? Die Beschreibung finde ich ja wirklich toll!


    3. Die Schilderung der Jagd - du meine Güte! Wie überaus sportlich, sich eine Herde Hirsche direkt in ein vor einem liegendes Gatter treiben zu lassen. Wer da nicht trifft, ist selbst schuld :rollen: Sag nur, dass die früher wirklich so gejagd haben? :entsetzt:


    4. Der Erbprinz starb ja am Anfang an Syphillis, oder? Ich vermute zumindest, dass Syphillis mit der französischen Krankheit gemeint war?


    5. Wie war das damals mit den Perücken? Bei manchen Personen werden welche erwähnt, bei manchen nicht.


    Was ich ein bißchen vermisse: Zeitangaben. Ich weiß nie, in welcher Zeit das Buch spielt. Natürlich steht es auf dem Klappentext, aber einprägender finde ich es immer, wenn ich es am Anfang des Buches bzw. der Hauptkapitel lese.


    Ich finde die beschriebene Zeit aber sehr interessant. In meinem Regal habe ich eigentlich kaum ein Buch darüber, obwohl ich die Filme sooo gerne sehe (ich muss zugeben: Ich bin Fan der Sissi-Verfilmungen mit Romy Schneider und als Du das spanische Hofzeremoniell erwähntest, hatte ich den Film und dessen Ausstattung ständig vor Augen :breitgrins:).


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • hallo zusammen,


    entschuldigt, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, aber da ich beruflich sehr eingespannt war, habe ich meine geringe Freizeit lieber fürs Lesen als fürs Emailschreiben verwendet :redface: .
    Deshalb bin ich nun auch durch. Bei einem so spannenden Roman, was Wunder.
    Auf der Taschenausgabe steht nach meinen Recherchen die falsche Jahreszahl: 1772. Aber das Geschehen spielt doch zu Beginn des 18. Jahrhunderts, denn diese "Pragmatische Sanktion" oder so ähnlich von Karl dem VI. wurde doch 1713 verabschiedet ?! Und auch August der Starke war 1772 schon 50 Jahre tot. Eine schlimme Schlamperei von Knaur finde ich :grmpf: . Übrigens passt auch das Kostüm auf dem Umschlag nicht, das ist eher strenges Frühbarock, das Buch spielt aber in der Zeit der ausladenden Gewänder und Perücken des Rokoko.
    Mich hat das Buch angeregt ein bisschen über die dargestellte Zeit zu lesen: Du hast nach diesen Büchern zu urteilen, wirklich gut recherchiert, Eric!
    So, das soll jetzt aber nicht so klingen, als würde ich alles nachprüfen, um es besser zu wissen: Ich lese nur deshalb so gerne historische Romane, weil es mich anregt, die Geschichte, Kultur und politische Geografie der dargestellten Zeit noch ein bisschen intensiver zu erleben.
    Und, ich muss nochmal betonen, ich finde es Klasse, dass der Roman nicht in diesen romantechnisch schon ein bisschen ausgelutschten Epochen- Mittelalter, Renaissance - spielt: Dabei bietet doch gerade diese deutsche Kleinstaaterei eine Menge dramatisches Potential: Mehr davon!


    HG finsbury

  • Hallo allerseits Horusina und Nimue,


    nach einem Tag in der Fremde bin ich wieder zurück und freue mich, auf eure Fragen antworten können.


    Bei Horusina hoffe ich, dass sie doch noch gut in Teil zwei hinein gekommen ist. Der Schnitt musste aber sein, um die Dramatik des Romans weiter voranzutreiben. Es handelt sich ja Charlottes Geschichte, und darin ist ihre Ehe mit Carl Anton eben nur eine Episode.


    Um die Darstellung der Homosexualität am Hofe von Tresskau aufzugreifen, sollte man nicht vergessen, wer für diese durchaus klischeehafte Art verantwortlich war. Nämlich der gute Schneider, selbst alles andere als homosexuell und vor allem bestrebt, seine Macht über den Fürsten zu behalten. Er hat diesen in einen Kokon eingehüllt, der seinem eigenen perversen Vorstellungen entsprach.


    Zinggen selbst schrak nur von zu weiblichen, sprich voluminösen Frauen zurück, und das nach einer nicht gerade glorreichen Erfahrung mit einer solchen. Er war aber durchaus in der Lage, Charlotte und andere Frauen zu berühren.


    Aber nun zu Nimues Fragen:


    1. Maria Theresia:
    Eine Neunjährige besitzt durchaus ihren eigenen Willen, noch dazu, da Maria Theresia ja nicht mehr wie ein Kind, sondern wie eine junge Erwachsene behandelt wurde. Sie wusste um ihren Wert als Habsburger Erbtochter, falls nicht doch noch ein Bruder geboren würde, schließlich wurde dieser ihr von ihrem Hofstaat recht deutlich unter die Nase gerieben. Dazu war sie die Nachkommin von Kaisern und Königen, während die Preußen nur bessere Nürnberger Burggrafen waren, deren Königstitel "in" Preußen durch Friedrichs gleichnamigen Großvater erworben worden war, weil er als gleichrangiger Reichsfürst nicht gegen den Wettiner Friedrich August (König von Polen) und den Welfen Georg (König von England) zurück stehen wollte. Er bekam den Titel auch nur deshalb, weil Habsburg-Österreich im spanischen Erbfolgekrieg dringend auf seine Waffenhilfe angewiesen war und dem Kaiser die Unterschrift unter ein solches Dokument billiger erschien, als Subsidien zu zahlen. Laut Prinz Eugen, der weiter blickte als andere, hätte man den Mann, der diesen Vorschlag gemacht hat, aufhängen sollen.
    Dann wurde Maria Theresia strengstens katholisch erzogen und handelte auch Zeit ihres Lebens so. Die Hohenzollern waren hingegen Calvinisten, sprich Ketzer.
    Außerdem gab es dann auch noch den charmanten jungen Lothringer Francoise Stephane, den sein Großvater nicht gewiss nur deshalb an den Kaiserhof geschickt hat, um den Wiener Dialekt zu lernen. Für die bereits in jungen Jahren sehr energische Maria Theresia war er genau der Mann, den sie brauchte, um die Hosen anbehalten zu können.


    2.
    Diese Freilichtopern fanden durchaus statt und die Bemerkung über den Platzregen, der die Leute ins Trockene flüchten ließ, ist nicht aus den Fingern gesogen, sondern wurde aus schriftlichen Quellen entnommen. Karl IV., den Prinz Eugen ebenso verachtete, wie dieser seinen Vater und älteren Bruder verehrt hatte, verstieg sich ja auch zu dem Ausspruch, dass Karl ein besserer Kompositeur geworden wäre als ein Kaiser.


    3.
    Die Schilderung der Jagd wurde ebenfalls historischen Berichten entnommen. Die hohen Herrschaften hielten sich teilweise riesige Wildparks, in denen ihre "Jagdbeute" förmlich gezüchtet wurde. Die Jagd selbst wurde von solchen Plattformen aus betrieben. Die hohen Abschusszahlen von hunderten von Tieren pro Jagd, deren sich auch Karl VI. rühmte, hätten auf anderem Weg gar nicht zustande kommen können. Der hohe Herr stand oben, ließ sich eine Flinge nach der anderen reichen und feuerte in das zusammengetriebene Rudel hinein, bis nichts mehr auf den Beinen stand.


    4.
    Der Erbprinz starb zwar an Syphillis, allerdings war seine Gesundheit durch seinen exzessiven Lebenswandel, zu dem ihn Schneider drängte, schon so zerrüttet, dass er der Krankheit keinen Widerstand mehr entgegen setzen konnte und ihr rascher, als es normal der Fall ist, erlag.


    5.
    Perücken waren damals sehr in Mode, doch muss man bedenken, dass man die großen Galaperücken wohl kaum den ganzen Tag trug, sondern sich mit kleineren Exemplaren benügte, oder mit dem eigenen Schopf, was allerdings als bäuerisch angesehen wurde. Damen und Herren von Stand, die etwas auf sich hielten, besaßen kahl geschorene Köpfe und ganze Perückensammlungen zur Auswahl. Allerdings gab es auch dort Frauen, die sich mit ihrem eigenen Haar begnügten, wenn es entsprechend frisiert werden konnte, und Männer, die Perücken nur dann trugen, wenn es unbedingt nötig war, sprich am kaiserlichen Hof etc..
    Noch einmal zur Jagd: Kaiser Karl VI. hätte mit seiner Perücke schlecht wie ein Lederstrumpf durch den Forst streifen können.


    Zeitangaben: Sind ein bisschen ein Problem, denn oft verschwinden sie durch das Verlagslektorat. Zum andern aber erliegt man als Autor auch öfters der Fachwissenseuche. Man bezieht sich auf ein Ereignis oder eine Person, die einem vollkommen klar sind, und vergisst dabei das eine oder andere Mal die LeserInnen, die sich an dem Roman orientieren müssen.


    Ich werde versuchen, mich beim nächsten Roman an diese Aussage zu erinnern.


    Damit noch viel Spaß mit dem Roman


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Hallo Finsbury,


    Danke für den Hinweis mit der falschen Jahreszahl. Ich werde es an den Verlag weiterleiten. 1772 ist natürlich absolut falsch. Es muss 1722 heißen. Da beginnt nämlich der Roman.


    Über das Kleid will ich mich beschweren, obwohl es auch mir ein wenig zu streng erscheint. Es gibt Schlimmeres. Wer sich das Cover von Titus Müllers "Die Brillenmacherin" ansieht, weiß, was ich meine. Es hätte weitaus besser zu Charlotte gepasst als in die Zeit, in der Titus Roman spielt.


    Mit gefällt die Zeit der deutschen Kleinstaaterei auch sehr gut uns ich würde gerne wieder einen Roman darüber schreiben, doch bis jetzt winkt der Verlag jedes Mal ab, wenn ich in dieser Richtung äußere. Aber ich werde nicht aufgeben, versprochen. Dafür habe ich auch zu viele Ideen in dieser Zeit.


    Ich muss allerdings sagen, dass mich die Herausforderung, einen Roman über das mittelalterliche Königreich Mallorca zu schreiben, auch sehr gereizt hat und ich fande "Die Rebellinnen von Mallorca" ebenfalls gut gelungen.


    Herzlichen Dank übrigens für dein Lob, dass ich deiner Ansicht nach gut recheriert habe.


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Huhu,


    den Zeitsprung fand ich anfangs auch kurz gewöhnungsbedürftig, aber das hat sich nach ein paar Seiten gegeben. Ich denke, Horusina geht das ähnlich?


    Zitat von "Eric"

    Um die Darstellung der Homosexualität am Hofe von Tresskau aufzugreifen, sollte man nicht vergessen, wer für diese durchaus klischeehafte Art verantwortlich war. Nämlich der gute Schneider, selbst alles andere als homosexuell und vor allem bestrebt, seine Macht über den Fürsten zu behalten. Er hat diesen in einen Kokon eingehüllt, der seinem eigenen perversen Vorstellungen entsprach.


    Ah.. kleines Missverständnis, weil ich mich nicht richtig ausgedrückt habe. Mit Schneider meinte ich gar nicht Charlottes Widersacher, sondern diesen Schneider Zwirn, der ihr die Männerkleidung schneidert. Der empfand ja auch starken Ekel bei Berührungen.


    Wow... vielen vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen!


    Maria Theresia ist nun für mich auch etwas greifbarer.


    Zitat

    Karl IV., den Prinz Eugen ebenso verachtete, wie dieser seinen Vater und älteren Bruder verehrt hatte, verstieg sich ja auch zu dem Ausspruch, dass Karl ein besserer Kompositeur geworden wäre als ein Kaiser.


    Danke! Das war auch eine Sache, die ich zu fragen vergessen habe. Diesen Ausspruch gab es also wirklich :lol:


    Zitat

    Die hohen Abschusszahlen von hunderten von Tieren pro Jagd, deren sich auch Karl VI. rühmte, hätten auf anderem Weg gar nicht zustande kommen können. Der hohe Herr stand oben, ließ sich eine Flinge nach der anderen reichen und feuerte in das zusammengetriebene Rudel hinein, bis nichts mehr auf den Beinen stand.


    Unglaublich! :vogelzeigen: Und da regen sich manche über das Fischen mit Sprengstoff auf :lachen:


    Zitat

    Der Erbprinz starb zwar an Syphillis, allerdings war seine Gesundheit durch seinen exzessiven Lebenswandel, zu dem ihn Schneider drängte, schon so zerrüttet, dass er der Krankheit keinen Widerstand mehr entgegen setzen konnte und ihr rascher, als es normal der Fall ist, erlag.


    Es ist aber nicht belegt, dass er einem Attentat zum Opfer fiel, oder?


    Zitat

    Damen und Herren von Stand, die etwas auf sich hielten, besaßen kahl geschorene Köpfe und ganze Perückensammlungen zur Auswahl.


    Ach Du Sch.... Schande.... geschorene Köpfe? Ist ja eigentlich logisch! Aber wenn man sich das vorstellt!


    Zitat

    Zeitangaben: Sind ein bisschen ein Problem, denn oft verschwinden sie durch das Verlagslektorat. Zum andern aber erliegt man als Autor auch öfters der Fachwissenseuche. Man bezieht sich auf ein Ereignis oder eine Person, die einem vollkommen klar sind, und vergisst dabei das eine oder andere Mal die LeserInnen, die sich an dem Roman orientieren müssen.


    Das dachte ich mir - genau deshalb habe ich es auch erwähnt :breitgrins: Wenn man sich eine Weile mit einem bestimmten Stoff beschäftigt, dann übersieht man meist Offensichtliches. Das geht jedem so (lass mal einen Softwareentwickler seine eigens programmierte Software testen und setze danach einen "Fremduser" dran).


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Liebe Nimue,


    in aller Kürze, weil U- und S-Bahnen die Frechheit haben, nicht auf mich zu warten.


    Die Zeitsprünge sind bei diesem Roman nun einmal notwendig, da er doch etliche Jahre überspannen soll. Da musste ich einfach Schnitte machen.


    Noch mal zur Homosexualität. Man sollte bei Zwirn und den anderen betreffenden Personen nicht den Gruppendruck vergessen, dem sie ausgesetzt worden sind. In jener Zeit wurde alles getan, um die Leute zu verheiraten. Ihr zurückzucken vor Frauen ist aus dieser Hinsicht verständlich. Es stellt einfach eine Abwehrhaltung dar. Das diese nicht grundsätzlich ist, sieht man ja an Zinggen und seinem freundschaflichen Verhältnis zu Charlotte, aber auch zu Rosa.


    Prinz Eugens Ausspruch ist original überliefert. Ihm ging die Politik Karls VI. ziemlich gegen den Strich. Obwohl er der berühmteste Heerführer Österreichs war, waren seinem Einfluss Grenzen gesetzt. Die wiener Hofkamarilla wurde nicht müde, gegen ihn zu hetzen.


    Zu den Jagden und den dazu gehörigen Wildgehegen konnte ich von einem guten Bekannten aus dem Saarland erfahren, dass einer der dortigen Herzöge sich ein Riesenrevier einzäunen hat lassen, das etliche Dörfer mit umschloss. Die Leutchen wurden quasi als Schauobjekte mit einbezogen und hatten als Wildhüter und Treiber zu fungieren.


    Das Fischen mit Dynamit zeigt nur, dass die Menschheit seit damals nicht besser geworden ist.


    Der Erbprinz fiel keinem direkten Attentat zum Opfer, sondern der bewussten Zerstörung seines Charakters und seiner Gesundheit durch Reinhold Schneider im Auftrag des Mittstädter Ulrichs. Sein Tod wurde dabei mit ins Kalkül gezogen, auch wenn es zunächst nur darum ging, zu verhindern, dass er je selbst Kinder zeugen konnte.


    Die geschorenen Köpfe und Perücken bedeckten auch die äußeren Anzeichen von Syphillis auf dem Kopf. Nicht jeder, der ein solches Riesending trug, tat es nur aus modischen Gründen, sondern um Narben und Haarausfall im Folge der Krankheit und ihrer Behandlungsmithoden mit dem äußerst gesunden Quecksilber zu verbergen.


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Hallo,


    Zitat von "Eric"


    Noch mal zur Homosexualität. Man sollte bei Zwirn und den anderen betreffenden Personen nicht den Gruppendruck vergessen, dem sie ausgesetzt worden sind. In jener Zeit wurde alles getan, um die Leute zu verheiraten. Ihr zurückzucken vor Frauen ist aus dieser Hinsicht verständlich. Es stellt einfach eine Abwehrhaltung dar.


    Ja, der Gruppendruck war zu dieser Zeit sicherlich enorm :entsetzt: . Daß das Zurückzucken eine Abwehrhaltung war, habe ich wohl sicherlich falsch verstanden- ich dachte wirklich, es sei mit Ekel verbunden. Danke für diese Info.



    Ich bin mittlerweile auch seit ein paar Tagen mit dem Buch durch. Mir hat der Schluß noch einmal ganz besonders gefallen, da er mir so realistisch und aus dem Leben gegriffen schien.


    Zitat von "Spoiler bis Ende"


    Daß Charlotte (fast hätte ich Marie geschrieben :breitgrins: ) noch ein Happyend mit Max erleben durfte, fand ich wirklich sehr gut. Sie ist, was menschliche Zuneigung angeht, ja schon die vorigen achtzehn Jahre ganz schön kurz gekommen...erst diese Mussehe und dann lange keine große Liebe in Sicht...


    Das Buch hat mich wirklich begeistert, jetzt bin ich schon sehr auf "Die Rebellinnen von Mallorca" gespannt :breitgrins: .

  • Hallo Bianca,


    gerade den damals herrschenden Gruppendruck kann man in unserer doch recht induvidualistischen Zeit nicht mehr so recht begreifen, und auch nicht die Macht, welche die Kirche ausübte. Der gute Zwirn hätte durchaus gezwungen werden können, zu heiraten, wenn der auch nur den Verdacht erweckt hätte, mit einer Frau besonders gut auszukommen.


    Ekel vor Frauen empfanden nur die wenigsten. Ich erinnere daran, dass Zinggens Modeurteil bei den Damen sehr gefragt war, und sie wären wohl kaum auf ihn zugekommen, wenn er vor ihnen wie vor dem Aussatz zurpck gescheut wäre. Im Gegensatz zu Zwirn konnte er es sich von seinem Stand her leisten, sich mit Frauen sehen zu lassen, ohne in Gefahr zu geraten, von einem energischen Pfarrer zur Ehe gedrängt zu werden.


    Das Ende musste so sein. Es war mit das Erste, was ich bei diesem Roman hatte, neben der Ausgangssituation natürlich. Es musste allerdings auch passend sein, sprich in die Zeit passen.


    Was die Rebellinnen von Mallorca betrifft, bin ich natürlich gespannt, was du einmal dazu sagen wirst.


    Viele Grüße


    Eric :sonne:

    Knaur 2005: Die Fürstin<br />Knaur 2006: Die Rebellinnen von Mallorca

  • Hallo liebe Leserunde,


    ich bin nun auch kurz vor Schluß und bin hin und weg. Was für ein schönes Buch!
    Hut ab vor so einem "Debütroman" :elch:


    Natürlich sind auch schon wieder ein paar Fragen aufgetaucht:


    1. Was hat es mit Friedrich Wilhelms "Langen Kerls" genauer auf sich? Die gab es in seinem Regiment wirklich, oder?


    2. Religion: Wurden damals wirklich Menschen verbrannt, weil sie einen anderen Glauben hatten bzw. nicht konvertieren wollten? Und gab es so starke regionale Unterschiede zwischen katholisch/lutherianisch?


    3. Friedrich & Friedrich: War der Vater wirklich so streng und schlug seinen Sohn? Und war es am Preußischen Hof tatsächlich SO militärisch?


    4. Gab es auch Liebesheiraten? Maria Theresia erweckt den Anschein - aber viele anderen Schilderungen sprechen dagegen.


    5. Saalstein-Tresskau gibt es nicht - hast Du Dich an einem realen Ort und einer Begebenheit orientiert? Gab es so eine Vertreibung, Konvertierung und Zurückeroberung wirklich?


    Fragen über Fragen :breitgrins: - ich hoffe, ich nerve nicht! Ich weiß natürlich, dass ich mir das alles selbst per Google beantworten könnte - aber so finde ich es halt schöner :)


    Für alle, die sich noch ein bißchen einlesen möchten, hier ein paar Wikipedia-Links zu den historischen Personen:


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_VI._(HRR)">Karl VI.</a>


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Theresia">Maria Theresia</a> (seine Tochter)


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_I._Stephan_(HRR)">Franz Stephan von Lothringen</a> (ihr späterer Ehemann)


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Prinz_Eugen">Prinz Eugen</a>


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_I._(Preußen)">Friedrich Wilhelm I. von Preußen</a>


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Sophie_Dorothea_von_Hannover">Sophia Dorothea von Hannover</a> (seine Ehefrau)


    <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_der_Große">Friedrich II. - Friedrich der Große</a> (sein Sohn)


    Huch.. tatsächlich: Lange Kerls


    Eric: Was hältst Du von Wikipedia als Informationsquelle, wenn Du die obigen Links überfliegst? Sind die Angaben korrekt?


    Wegen den Rebellinnen von Mallorca: Da würde mich natürlich auch wieder eine Leserunde sehr freuen ;)


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Zitat von "nimue"


    1. Was hat es mit Friedrich Wilhelms "Langen Kerls" genauer auf sich? Die gab es in seinem Regiment wirklich, oder?


    3. Friedrich & Friedrich: War der Vater wirklich so streng und schlug seinen Sohn? Und war es am Preußischen Hof tatsächlich SO militärisch?

    :entsetzt: Da sieht man mal wieder die regionalen Unterschiede! Als Berlinerin (na gut zugezogen, aber da zur Schule gegangen) und in Potsdam Studierende haben sich solche Fragen gar nicht erst ergeben.
    Hier weiß einfach jeder mit dem Begriff "Lange Kerls" etwas anzufangen.
    Was ich dann wohl für "Bildungslücken" habe?