Sven Regener - Herr Lehmann

Es gibt 35 Antworten in diesem Thema, welches 20.341 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Im Rahmen des SLW 2011 habe ich - endlich - "Herr Lehmann" gelesen.


    "Herr Lehmann!"
    "Ja?"
    "Sie faseln."
    "Ja, nun..."


    Dies ist ein Teil des Dialoges, den Herr Lehmann mit einem Grenzbeamten am Übergang Friedrichstraße führt. Die Aktion, Geld nach Ost-Berlin zu schmuggeln endet bekanntlich damit, daß die DDR "auf den Besuch Herrn Lehmanns verzichtet."


    Für mich ist das ein Schlüsseldialog, aber Faseln allein wird dem Buch nicht gerecht. Die Dialoge und inneren Monologe grenzen zwar oft an Faselei und verlangen dem Leser Geduld und manchmal Nachsicht ab, aber sie werden nicht zu weitschweifig oder langweilig. Na okay, weitschweifig vielleicht schon... :rollen: Aber immer, wenn ich das Buch entnervt zuklappen wollte, gab es eine Wendung und ich musste wieder schmunzeln.
    Einzig der Schluss hat mir nicht gefallen. Fast beiläufig wird der Mauerfall erwähnt, fast zufällig stolpert Herr Lehmann in die spontanen Feierlichkeiten um die Grenzöffnung, das kann ich noch verkraften. Aber mit den langwierigen Beschreibungen des "Nervenzusammenbruchs" (oder was auch immer die Künstlerseele quälte) seines Freundes Karl zusammen ergab es - wie ich finde - einen schwachen Schluss für ein ansonsten starkes Buch.


    Ich hatte es als Hin-und-her-Buch für die Busfahrt zur Arbeit ausgewählt, musste aber das letzte Drittel dann schließlich auf einen Schwung lesen, weil viele Unterbrechungen irgendwie den Lesefluss stoppen. Mein Fazit: gute Unterhaltung. Ein Kultbuch wird es für mich wohl nicht, aber ein erneutes Lesen (und dann nicht hin-und-her) ist nicht ausgeschlossen.

    Books. People never really stop loving books. Fifty-first century. By now you've got holovids, direct-to-brain downloads, fiction mist. But you need the smell. The smell of books, Donna. Deep breath!

    Einmal editiert, zuletzt von Lilli ()

  • Meine Meinung:


    Ich kann mich eigentlich in fast allen Punkten den Meinungen meiner Vorgänger anschließen. Herr Lehmann ist ein sehr lockeres Buch, welches leicht zu lesen ist. Die langen Sätze haben den Lesefluss, meiner Meinung nach, überhaupt nicht gestört - im Gegenteil. Herr Lehmanns Gedankengänge werden dadurch eher noch viel deutlicher und der Ablauf der Dinge in seinem Kopf wird somit wunderbar dargestellt.


    Ich habe das Buch gelesen, weil ich den Film absolut klasse fand. Und ich muss sagen, dass beide - das Buch und auch der Film - die gleiche Stimmung bei mir ausgelöst haben. Ich musste, vor allem im Buch, über Herr Lehmanns Gedankengänge ziemlich oft schmunzeln. Am besten waren die Frühstücks-Sache und die Gespräche über die Elektrolyte. :breitgrins: Auch schön fand' ich den Hund, der sich als roter Faden durch das ganze Buch zieht. Der kommt in der Verfilmung vielleicht ein bisschen zu kurz, aber ansonsten sind im Film zwar einige Sachen anders oder weggelassen, aber das ist keine gravierende Veränderung.


    Auf jeden Fall ein locker-fluffiges Buch mit Biernachgeschmack. :zwinker:


    Ja, nun ... ich gebe dem Buch also, weil es etwas schönes für Zwischendurch ist, da man nicht viel darüber nachdenken muss
    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Hallo, ihr Lieben!


    Euren großteils begeisterten Meinungen kann ich mich nicht anschließen. Dieses Buch wird meiner Meinung nach maßlos überschätzt, aber fangen wir von Anfang an.


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Meine Meinung:
    Das erste Kapitel war für mich das beste des gesamten Romans. Herr Lehman torkelt betrunken durch die Straßen von Berlin und trifft auf einen Hund, mit dem er eine Meinungsverschiedenheit hat. Das Kapitel war gut aufgebaut, der Hund ist klasse und das Ende hält einen Lacher bereit. So stelle ich mir das vor.


    Danach fällt die Geschichte aber bereits in eintönige Langeweile und bleibt für ca. 200 Seiten auch so. Herr Lehmann tut eigentlich nichts. Er geht seinem alltäglichen und sehr, sehr langweiligen Leben nach. :schnarch: Einzig erfrischend waren die Dialoge, die immer wieder vorkommen. Vor allem, wenn zwei sich unterhalten und ein dritter immer wieder seinen Senf drunter mischt. Das ist Sven Regener auch gut gelungen - ich hatte nie Probleme zu unterscheiden, wer gerade am Wort ist, obwohl fast nie ein "sagte er/sie" oder "antwortete Herr Lehmann" dabei steht.


    Der Erzählstil wirkt mir aber zu gewollt. Es liest sich für mich wie ein schlechter Abklatsch, oder eher der Versuch eines Abklatsches, von Wolf Haas. Der hat den Wirtshausstil drauf wie kein anderer. Sven Regener probiert zwar unglaublich hart und verkrampft mit seinen langen, schachteligen und oft grammatikalisch nicht ganz korrekten Sätzen, diese Stimmung zu erzielen, scheitert aber zumindest bei mir kläglich. Herr Lehmanns Beobachtungen selbst sind auch weder originell noch interessant geschildert. Ja, er beschreibt die lästigen Kinder im Schwimmbad, trägt dazu aber nichts bei, was sich nicht jeder schon mal selbst gedacht hat. Absolut nichts! Und Herr Lehmann tut ja auch nichts. Er guckt nur und sagt "Ja, nun"... je mehr ich drüber nachdenke, umso weniger mag ich den Kerl.


    Am meisten hat mich aber geärgert, dass das gesamte Buch keinerlei Konflikt oder Handlung hat. Handlung ist für mich näcmlihc nicht gleichzusetzen mit "etwas passiert". Herr Lehmann ist mir unsympathisch und unglaublich langweilig. Wieso sollte ich von so einem Typen lesen wollen? Am interessantesten fand ich noch Karl, seinen besten Freund, aber der kommt leider viel zu kurz. Und zum ersten Mal passiert etwas Spannendes - ich habe zurück geblättert - knappe 50 Seiten vor Ende des Buches. :rollen:


    Für mich war Herr Lehmann eine große Enttäuschung, der Humor hat mich nur ein oder zwei Mal wirklich angesprochen (bei seinem Trip in den Osten und bei dem Treffen mit dem Hund) und ansonsten: Wenn ich den faden Alltag eines noch faderen Menschen miterleben will, schalte ich den Fernseher auf Reality TV.


    2ratten --> und eine davon nur für den Hund!


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Wendy, ich find deine Rezi super und kann dir da nur vollzustimmen. Irgendwie habe ich das gleich gedachte beim Lesen. Allerdings hab ich mir eben meine Ratten angeschaut und würd dann doch lieber weniger vergeben als die 2,5! ;)

    &quot;Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn&#39;t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in y


  • Wendy, ich find deine Rezi super und kann dir da nur vollzustimmen. Irgendwie habe ich das gleich gedachte beim Lesen. Allerdings hab ich mir eben meine Ratten angeschaut und würd dann doch lieber weniger vergeben als die 2,5! ;)


    Ich stimme euch zu. Jedoch kam ich gar nicht dazu, Ratten zu vergeben, weil ich das Buch nach 20 Seiten zugeschlagen und verschenkt habe...

    //Grösser ist doof//

  • Ich stimme euch zu. Jedoch kam ich gar nicht dazu, Ratten zu vergeben, weil ich das Buch nach 20 Seiten zugeschlagen und verschenkt habe...


    Hahaha. Da war ich noch zu motiviert von der Begegnung mit dem Hund. Der war mein eindeutiger Lieblingscharakter, noch vor Karl. :herz: Und ich hätte den Hund sofort adoptiert. Noch ein Grund mehr, Herrn Lehmann nicht zu mögen.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Genau weil Herr Lehmann so mit dem Hund umgesprungen ist, mochte ich die Figur und das Buch nicht. Ich hätte Lehmann von Beginn an gerne einen Tritt verpasst. Da dachte ich, mit solch einer Person will ich nicht über 200 Seiten verbringen :breitgrins:

    //Grösser ist doof//

  • @ Jari: Das ging bei mir leider nicht so leicht, weil ich es für irgendeine Wette/Liste oder sowas lesen musste, denn sonst häte ich wahrscheinlich schon nach 10 Seiten mit dem Zuklappen begonnen! ;)


    @ Wendy: Ach, der Hund war cool und Karl natürlich auch..schade, dass es von denen keine Geschichte mehr gibt!

    &quot;Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn&#39;t do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in y

  • bella*: Oha, wenn ich das Buch hätte lesen müssen, dann wäre wohl eine ziemlich fiese Rezi dabei herausgekommen :D Zum Glück durfte ich es weggeben...

    //Grösser ist doof//

  • Ich dachte immer, ich wäre die einzige, die das Buch total langweilig und völlig überbewertet findet, aber es beruhigt mich, dass es nicht so ist. In meiner Leseliste hat es die Bewertung "4" bekommen, ich glaub, das entspricht so 1,5 Ratten.

    Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei völlig verschiedene Hobbys.

  • Hallo!


    Dottie: das bist Du sicher nicht :winken: Ich kann mich erinnern, dass Herr Lehmann auch auf mich keinen allzu starken Eindruck gemacht hat. Allerdings bin ich ein großer Fan von Element of Crime, deshalb hatte das Buch bei mir einen großen Bonus. Neue Vahr Süd hat mir deutlich besser gefallen.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • "Neue Vahr Süd" ist quasi das Prequel. "Herr Lehmann" war zuerst da, aber "Neue Vahr Süd" erzählt die Vorgeschichte.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Nö, nicht zwingend (find ich jedenfalls). Bei mir lag ziemlich viel Zeit zwischen "Herr Lehmann" und "Neue Vahr Süd", so dass ich mich an nicht mehr allzuviel aus ersterem erinnern konnte - das tat dem Verständnis und dem Spaß keinen Abbruch.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ach ja, am Anfang lauter begeisterte Rezis. Aber hinten raus doch ein paar Leute, die es - genau wie ich - nicht so toll fanden.


    Sven Regener


    Herr Lehmann


    Lehmann 1


    Frank wird von seinen Kumpels nur noch Herr Lehmann genannt, was er mittlerweile nicht mehr witzig findet. Er lebt seit 10 Jahren in Berlin und wird demnächst 30. Er arbeitet als Bedienung in einer Kneipe, gammelt ansonsten gern rum, bandelt mit einer netten Frau an und trinkt recht viel. Sein bester Freund Karl hat eine Krise.


    Tja, sonst passiert kaum was in den 3 Monaten September bis November 1989, wo doch tatsächlich seinerzeit jede Menge Interessantes in Berlin und vor allem um Berlin herum stattgefunden hat. Aber davon merkt man in Herrn Lehmanns Kneipenlebenblase nix. Soll das der Witz an dem Buch sein?


    Mir ist unverständlich, warum das Buch allgemein so gut angekommen ist.


    2ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.