Amos Oz - Plötzlich tief im Wald

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 2.660 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tina.

  • Ich befinde mich grade auf Seite 30 besagten Buches und bin sehr begeistert, weshalb ich mich gerne mit ein paar Leuten, die das Buch schon gelesen haben bzw. es noch lesen wollen, austauschen würde.


    Zum Informieren:

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Meine Eindrücke:
    Mir gefällt besonders die Stimmung und die Sprache des Buches. Beides rechtfertigt die Betitelung "Märchen" durchaus. Oz schreibt sehr poetisch und entführt einen sogleich in sein Buch. Ich bin schon seit den ersten paar Sätzen gespannt, welche Geschichte Oz zu erzählen hat, was es mit den Tieren auf sich hat. Ebenfalls beeindruckend finde ich, dass schon nach so kurzer Zeit (30 Seiten) einige Charaktere mir so nahe gebracht wurden. Ich bin ganz gespannt auf den Fortgang des Buches!


    Lasst mich Eure Meinungen lesen :zwinker:

  • Hallo julhenne,


    aufgrund deines Threads, habe ich mich gerade hingesetzt und die restlichen 30 Seiten gelesen.


    Zuerst aber mal der Klappentext: Ein Dorf, umschlossen von Bergen und dunklen Wäldern, am Ende der Welt: Eine seltsame Stille und Traurigkeit liegt über ihm, ein Bannfluch. Einmal war es ein Dorf wie andere auch - dann aber verschwanden auf mysteriöse Weise in einer Winternacht vor vielen Jahren alle Tiere, zahme wie wilde, und nie wieder zeigte sich dort auch nur ein Vogel am Horizont. Die Erwachsenen, die sich noch daran erinnern, hüllen sich in Schweigen. Sobald es dunkel wird, schließen sich alle Menschen in ihre Häuser ein, und nur eines wissen die Kinder: Nie, unter gar keinen Umständen, dürfen sie den umgebenden Wald betreten. Doch eines Tages brechen ein Mädchen und ein Junge die stillschweigende Übereinkunft aller Dorfbewohner: Maja und Mati entschließen sich zu ergründen, was einst geschah, und begeben sich in den Wald, in den unheimlichen Herrschaftsbereich des gefürchteten Bergteufels Nehi. Amos Oz Märchen für Kinder und Erwachsene führt uns in eine Welt, die der unseren zugleich enthoben und nahe ist, erzählt mit poetischer Dichte von einer Gemeinschaft im Schatten einer verschwiegenen Geschichte, die erst durch den Mut zweier Kinder sich enthüllt: Plötzlich tief im Wald.


    Wie schon in einem anderen Thread erwähnt, war das Buch bisher immer meine Lektüre auf dem Home-Trainer. Mehr als 5-6 Seiten habe ich dann nie geschafft und während Wochen habe ich auch gar nicht drin gelesen. Das war nicht fair, denn jetzt nach Beendigung der Lektüre muss ich zugeben dass das dem Buch nicht gerecht wurde. Die Sprache ist einfach, aber trotzdem wunderschön melodiös, wodurch diese schöne zarte Stimmung des Buches hervorgebracht wird. (der wundervoll gestaltete Einband trägt auch einiges dazu bei). Diese ruhige Stimmung ist eigentlich der Punkt der mir am Besten an dem Buch gefällt. Die beiden Kinder Maja und Mati wurden mir nicht vertraut und blieben bis zum Schluss farblos. Und auch Nehi, der Bergteufel erschliesst sich mir nicht. Mal wird erzählt er wäre ernst, lieb und harmlos ein andermal erscheint er niederträchtig, böse, verschlossen. Richtig Charakter bekam er durch solche Aussagen jedoch nicht. Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass das Buch nur 111 Seiten umfasst und detailreicher Tiefgang bei Charakteren somit nicht möglich war. Bis zum Schluss hatte ich den Eindruck, Oz habe ein sozialkritisches Märchen mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger geschrieben. Das erschien mir für diese zarte Geschichte einfach zu plump. Dass bei mir anfangs keine Märchenstimmung aufkam, lag wohl an den Umständen in denen ich das Buch las. Jetzt zum Schluss hat sich diese dann doch noch eingestellt und ich würde jedem empfehlen das Buch nicht einfach so nebenbei zu lesen. Da es nicht dick ist, eignet es sich wunderbar für einen Nachmittag auf dem Sofa. Mir tut es etwas leid, dass ich es nicht so geniessen konnte wie gedacht. In ein paar Jahren lese ich es am Besten nochmal in der richtigen Umgebung und dann ist mein Eindruck vielleicht auch positiver. Somit vergebe ich heute hier


    2ratten und eine halbe Ratte

    LG, resca

  • Ich habe das Buch in der Tat vollkommen anders empfunden. Hier meine Eindrücke:


    "Plötzlich tief im Wald" ist eine Geschichte, die von so vielem erzählt. Von dem Verhältnis der Menschen untereinander, von dem Verhalten der Menschen Tieren gegenüber, von gesellschaftlichen Strukturen. Es ist aber ebenso eine Geschichte von zwei Kindern und ihrer (zumindest in größten Teilen) unvoreingenommenen Sicht auf die Dinge. Ebenso ist das Buch ein Plädoyer des Schriftstellers für gegenseitiges Verständnis, Dinge Hinterfragen und neue Sichtweisen zu zu lassen. Dabei habe ich nichts von einem erhobenen Zeigefinger gelesen. Ich meine sogar, dass Oz letztendlich ein pessimistisches Bild von den Menschen hat, denn mit dem letzten Wort des Buches "Morgen" verschiebt Mati alle guten Vorsätze in die ferne und somit ungewisse Zukunft. Ob Mati und Maja wirklich von dem berichten, was sie erlebt haben?! Auch die beiden sind schon ein Produkt ihrer Umwelt und haben somit viel von den Erwachsenen übernommen.
    Mir sind die Protagonisten des Buches sehr nahe gekommen, wohl auch wegen der bildhaften Sprache Oz'. Und wirklich beeindruckend fand ich, dass er keine Schwarz-Weiß-Malerei betrieben hat und zB Nehi in nur wenigen Sätzen doch kontrovers dargestellt wurde.


    Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch Lesern gefällt, denen auch E.E. Schmitts "Oskar und die Dame in Rosa" und "M.Ibrahim und die Blumen des Koran" gefallen haben.


    Zudem wage ich zu behaupten, dass Oz in seinem Buch die Thematik der Vertreibung aus dem Paradies aufgegriffen hat und darstellt, warum es nicht so einfach ist bzw. unmöglich ist, dorthin zurück zu kehren, selbst unter Zuhilfenahme solch toller "Erfindungen" wie diesen Fleischbeeren.

  • [size=13pt]Amos Oz – Plötzlich tief im Wald[/size]

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links



    OT: Pit'om Be-Omek Ha-Ja'ar
    OA: 2005
    112 Seiten
    ISBN:978-3518417485


    Kurzbeschreibung:
    Ein Dorf, umschlossen von Bergen und dunklen Wäldern, am Ende der Welt: Eine seltsame Stille und Traurigkeit liegt über ihm, ein Bannfluch. Einmal war es ein Dorf wie andere auch - dann aber verschwanden auf mysteriöse Weise in einer Winternacht vor vielen Jahren alle Tiere, zahme wie wilde, und nie wieder zeigte sich dort auch nur ein Vogel am Horizont. Die Erwachsenen, die sich noch daran erinnern, hüllen sich in Schweigen. Sobald es dunkel wird, schließen sich alle Menschen in ihre Häuser ein, und nur eines wissen die Kinder: Nie, unter gar keinen Umständen, dürfen sie den umgebenden Wald betreten. Doch eines Tages brechen ein Mädchen und ein Junge die stillschweigende Übereinkunft aller Dorfbewohner: Maja und Mati entschließen sich zu ergründen, was einst geschah, und begeben sich in den Wald, in den unheimlichen Herrschaftsbereich des gefürchteten Bergteufels Nehi. Amos Oz Märchen für Kinder und Erwachsene führt uns in eine Welt, die der unseren zugleich enthoben und nahe ist, erzählt mit poetischer Dichte von einer Gemeinschaft im Schatten einer verschwiegenen Geschichte, die erst durch den Mut zweier Kinder sich enthüllt: Plötzlich tief im Wald.


    Eigene Meinung:
    Das Buch Plötzlich tief im Wald, ist ein Buch wie man es von Amos Oz kennt und fast schon erwartet. Auf dem Titelbild steht das Wort "Märchen", aber liest man zwischen den Zeilen, dann wird dieses Märchen bittere Realität.
    Die Geschichte handelt davon, dass Menschen immer wieder nur an eigenen Maßstäben messen, keinen Raum lassen für Toleranz, sich nicht auf Fremdes einlassen; sondern alles, was sie nicht kennen, ablehnen. Das was die Mehrheit sagt, ist normal, die Wahrheit, wenn sie nicht vorteilhaft ist, wird unter den Teppich gekehrt, auch wenn man noch so unter den Folgen leidet. Die Geschichte ist ein Appell an Toleranz und eine Hommage an den Frieden und die Buntheit des Lebens, die man sich aber nur erhalten kann, in dem man über seinen Tellerrand hinausschaut, Stärke besitzt sich von Spott nicht beeinflussen zu lassen und sich nicht dem Rudel anschließt, wenn es andere verstößt. Es kann friedliche Koexistenzen geben, aber man muss die Angst vor dem Unbekannten ablegen und stattdessen lernen zu verstehen, denn das ist es doch, was man auch von anderen möchte.
    Ein wunderschönes sehr tiefsinniges Buch, von einem Menschen, der sich auch im wirklichen Leben, für den Frieden einsetzt.


    5ratten + :tipp:

  • Ein Dorf am Ende der Welt. Stille, Schweigen, beredetes Schweigen.
    Kein einziger Laut eines nicht menschlichen Wesens dringt durch diese Stille. Keinen Vogel sieht man kreisen, keine Kuh wiederkäuen; man hört kein Pferd wiehern, keinen Hund bellen. Auf dem Feld sieht man keinen Ochsen vor dem Pflug, keine milchgebende Kuh im Stall; nicht einmal Ameisen oder anderes Ungeziefer kreucht und fleucht durch Ställe, Scheunen und Haushalte.
    In diesem Dorf lebt kein einziges Tier. Nur die Menschen, die sich ihrem Schicksal ergeben haben und darüber schweigen, wie es dazu kam. Sie erzählen nicht, und wenn sie es wollen, werden sie zum Schweigen gebracht. Dass diese Lebewesen existieren, wissen die Kinder nur die Lehrerin Emanuela, die ihnen Tierlaute beibringt oder aber vom (ehemaligen) Fischer Almon, der gut und gerne und mit viel Traurigkeit von seinem getreuen Hund Sito erzählt, der zusammen mit allen anderen Tieren in einer Novembernacht verschwand.
    Nur Mati und Maya, sie haben ein Geheimnis. Sie haben einen Fisch gesehen. Vielleicht nur ein Sonnenstrahl, der sich auf dem Fluss spiegelte? Was auch immer zutrifft, sie beide zieht es in den Wald, um das Schweigen der Dorfbewohner zu brechen, um herauszufinden, warum selbst Reisende diesen Ort meiden, warum die Tiere einfach so verschwanden.


    Dieses Buch ist eine Reise. Eine Reise, von Vergangenheit zur Gegenwart in die Zukunft, die von diesen beiden Kindern getragen wird. Erinnern und Vergessen sind ihre ständigen Begleiter. Die Bewohner des Dorfes verweigern sich beharrlich die Wahrheit zu sagen, ja, überhaupt darüber zu sprechen. Sie verweigern sich der Realität bzw. irgendeiner Form der Aufarbeitung von Traumata aus der Vergangenheit. Veränderungen sind ihnen zuwider, sie leben ihr Leben, sie sterben, wissend oder unwissend. Amos Oz hat diese Verdrängungsmechanismen in diesem Märchen gut herausgearbeitet in einer leichten, sehr direkten und verständlichen Sprache. Schnörkellos, ohne viel zu beschreiben agieren seine Figuren, die er leider nur unzureichend beschreibt. Maya und Mati werden auf den ca. hundert Seiten eher als emotionslose, denn als emotionale, liebende, hassende Figuren dargestellt.


    Das Geheimnis, und die damit verbundene Botschaft, die letztendlich hinter dieser Geschichte stehen, werden in mehreren Szenen beleuchtet, ohne wertend zu sein, ohne zu verurteilen. Und doch mit einem Unterton, der immer wieder fragt: „Warum ist es so gelaufen? Wäre es anders verlaufen, wenn…“ usw. Umso unverständlicher ist das letzte Kapitel dieses Werkes. Ist das Märchen bisher ohne den erhobenen Zeigefinger durch eindringliche Bilder zur Botschaft gekommen, wird sie dem Leser noch einmal recht schulmeisterlich auf dem Weg gegeben (Man solle keine anderen Menschen hänseln, weil er anders ist..), in dem man den Zeigefinger hebt und, ich übertreibe, sagt: „Lieber Kinder, macht das nicht…“, was im übrigen vollkommen unnötig ist bzw. war.


    Und doch, trotz dieser Schönheitsfehler, war dies ein interessantes, sehr nachdenklich machendes Büchlein, was mich noch sehr lange nach der Lektüre verfolgt hat.


    Was bleibt?
    Ein Märchen, eine Parabel, mit einer guten, verständlichen Botschaft, die in einer geradlinigen, direkten, schnörkellosen Sprache vermittelt wird. Einziger Fehler: Ein Leser braucht keinen Schulmeister, keinen Moralprediger, um die Nachricht dieses Werkes zu verstehen, will sagen: Das letzte Kapitel ist vollkommen deplatziert und somit unnötig.


    Bewertung:
    3ratten


  • Ein Märchen, eine Parabel, mit einer guten, verständlichen Botschaft, die in einer geradlinigen, direkten, schnörkellosen Sprache vermittelt wird. Einziger Fehler: Ein Leser braucht keinen Schulmeister, keinen Moralprediger, um die Nachricht dieses Werkes zu verstehen, will sagen: Das letzte Kapitel ist vollkommen deplatziert und somit unnötig.


    Ich lese momentan das Buch mit meiner Tochter. Sie ist sieben Jahre alt und völlig begeistert von dieser Geschichte. Dieses Buch ist durchaus geeignet für Kinder und somit finde ich das letzte Kapitel nicht unnötig.
    Ich war mir anfangs nicht sicher, ob sie nicht doch noch zu klein ist für diese Geschichte, aber sie liegt auf der Couch, macht die Augen zu, damit sie es sich noch besser vorstellen kann und ist völlig gefangen von den Bildern und der Sprache.


    Viele Grüße Tina